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Kurs:Algebraische Kurven (Osnabrück 2012)/Vorlesung 14/latex

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\setcounter{section}{14}






\zwischenueberschrift{Algebraische Funktionen auf Varietäten}

Was ist ein Morphismus zwischen zwei affin-algebraischen Mengen $V$ und $W$? Wir betrachten zuerst die Situation, wo
\mathl{W={\mathbb A}^{1}_{K}}{} die affine Gerade ist. Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ = }{ V( {\mathfrak a} ) }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} als abgeschlossene Teilmenge eines affinen Raumes gegeben. Dann liefert jedes Polynom
\mathl{F \in K[X_1 , \ldots , X_n]}{} eine Abbildung \maabb {F} { { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } } { {\mathbb A}^{1}_{K} = K } {} und damit auch eine Abbildung auf $V$. Das haben wir schon bei der Definition des Koordinatenrings betrachtet. Ebenso liefert ein Element
\mathl{F \in R}{} in einer endlich erzeugten $K$-Algebra $R$ eine Funktion auf $K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) }$, nämlich \maabbeledisp {} { K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) }} { {\mathbb A}^{1}_{K} } {P} {F(P) } {.} Dies ist auch die Spektrumsabbildung, die zu
\mathl{K[T] \rightarrow R}{,}
\mathl{T \mapsto F}{,} gehört.

Für die offenen Mengen
\mathl{D(F) \cong K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R_F \right) }}{} ist $1/F$ nach Satz 13.4 eine wohldefinierte Funktion. Wir werden allgemein für eine Zariski-offene Menge
\mathl{U \subseteq V}{} erklären, was eine algebraische Funktion auf $U$ ist. Die folgende Definition ist so strukturiert, dass die Bedingung \anfuehrung{algebraisch}{} eine \stichwort {lokale Eigenschaft} {} ist.




\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {algebraisch abgeschlossener Körper}{}{,} $R$ eine $K$-\definitionsverweis {Algebra von endlichem Typ}{}{} und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ = }{ K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} das $K$-\definitionsverweis {Spektrum}{}{} von $R$. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Punkt,
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Zariski-offene Menge}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{U }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und es sei \maabb {f} {U} { {\mathbb A}^{1}_{K} = K } {} eine Funktion. Dann heißt $f$ \definitionswort {algebraisch}{} \zusatzklammer {oder \definitionswort {regulär}{} oder \definitionswort {polynomial}{}} {} {} im Punkt $P$, wenn es Elemente
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G,H }
{ \in }{R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gibt mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{D(H) }
{ \subseteq }{ U }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und mit
\mathdisp {f(Q)= { \frac{ G(Q) }{ H(Q) } } \text{ für alle } Q \in D(H)} { . }
Die Funktion $f$ heißt \definitionswort {algebraisch}{} \zusatzklammer {oder \definitionswort {algebraisch auf $U$}{}} {} {,} wenn $f$ in jedem Punkt von $U$ algebraisch ist.

}

Natürlich definiert jedes Element
\mathl{f \in R}{} eine algebraische Funktion auf jeder offenen Teilmenge des $K$-Spektrums. Es ist aber im Allgemeinen eher schwierig, die algebraischen Funktionen übersichtlich zu beschreiben.






\inputbemerkung
{ }
{

In der Definition 14.1 ist die vorausgesetzte Stetigkeit überflüssig, da sie aus der lokalen algebraischen Bedingung folgt \zusatzklammer {siehe Aufgabe 16.7} {} {.}

Ebenso ist die Bedingung
\mathl{D(H) \subseteq U}{} nicht wichtig. Wenn es eine Beschreibung für $f$ mit
\mathl{f=G/H}{} auf
\mathl{D(H)}{} mit
\mathl{P\in D(H)}{} gibt, so betrachtet man ein $H'$ mit
\mathl{P\in D(H')}{,}
\mathl{D(H') \subseteq U}{.} Dann kann man zu
\mathl{D(H)\cap D(H')=D(HH')}{} übergehen, und dort die Darstellung
\mathl{f=(GH')/(HH')}{} betrachten.

Wenn es im Punkt $P$ eine Bruchdarstellung für $f$ als
\mathl{f=G/H}{} gibt, so kann man diese Darstellung für alle Punkte aus
\mathl{D(H)}{} verwenden. D.h. $f$ ist auf der ganzen offenen Menge
\mathl{D(H)}{} algebraisch. Insbesondere muss man nicht mit unendlich vielen verschiedenen Darstellungen arbeiten, sondern man kann sich auf die \zusatzklammer {endlich vielen} {} {} Darstellungen
\mathl{G_i/H_i}{} zu einer Überdeckung
\mathl{U= \bigcup_{i \in I} D(H_i)}{} beschränken.

Bei
\mathl{K={\mathbb C}}{} ist eine algebraische Funktion auch stetig bezüglich der metrischen Topologie, und bei
\mathl{R={\mathbb C}[X_1 , \ldots , X_n]}{} ist sie \stichwort {holomorph} {.}

}




\inputbeispiel{ }
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ = }{V(WX-ZY) }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ 4 } } }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ = }{D(X,Y) }
{ = }{D(X) \cup D(Y) }
{ \subset }{ V }
{ }{ }
} {}{}{} die durch $X$ und $Y$ definierte Zariski-offene Menge. Auf $U$ ist die durch
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f }
{ =} { { \frac{ Z }{ X } } }
{ =} { { \frac{ W }{ Y } } }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} definierte Funktion algebraisch. Die beiden rationalen Darstellungen liefern offenbar eine algebraische Funktion auf den beiden offenen Teilmengen $D(X)$ und $D(Y)$. Damit es eine Funktion auf $U$ definiert muss sichergestellt werden, dass die Brüche auf dem Durchschnitt, also auf
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ D(X) \cap D(Y) }
{ = }{ D(XY) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} die gleichen Funktionswerte haben. Es sei also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Q }
{ = }{(w,x,y,z) }
{ \in }{ D(XY) }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Q }
{ \in }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} D.h.
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x,y }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ wx }
{ = }{ zy }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dann ist aber sofort
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \frac{Z}{X}(Q) }
{ =} { \frac{z}{x} }
{ =} { \frac{w}{y} }
{ =} { \frac{W}{Y}(Q) }
{ } { }
} {}{}{.}


}





\inputfaktbeweis
{K-Spektrum/Algebraisch abgeschlossener Körper/Algebraische Funktion auf offener Menge/Ring/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {}
\faktvoraussetzung {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {algebraisch abgeschlossener Körper}{}{,} $R$ eine $K$-\definitionsverweis {Algebra von endlichem Typ}{}{} und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ = }{ K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} das $K$-\definitionsverweis {Spektrum}{}{} von $R$. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{ V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Zariski-offene}{}{} Menge.}
\faktfolgerung {Dann bildet die Menge der \definitionsverweis {algebraischen Funktionen}{}{} auf $U$ einen Unterring \zusatzklammer {und zwar eine $K$-Unteralgebra} {} {} des Rings der Funktionen von $U$ nach $K$}
\faktzusatz {\zusatzklammer {wobei die Operationen in $K$ ausgeführt werden} {} {.}}
\faktzusatz {}

}
{

Wir müssen zeigen, dass die konstante Nullfunktion und die konstante Einsfunktion auf $U$, das Negative einer algebraischen Funktion, und die Summe und das Produkt von zwei algebraischen Funktionen auf $U$ wieder algebraisch sind. Wir beschränken uns auf die Summe der algebraischen Funktionen $f_1$ und $f_2$. Es sei
\mathl{P \in U}{} ein Punkt. Nach Voraussetzung gibt es Elemente
\mathl{G_1,H_1,G_2,H_2 \in R}{} mit
\mathdisp {f_1(Q) = \frac{G_1(Q)}{H_1(Q)} \text{ für alle }
\mathdisplaybruch Q \in D(H_1) \subseteq U, P \in D(H_1)} { , }
und
\mathdisp {f_2(Q) = \frac{G_2(Q)}{H_2(Q)} \text{ für alle }
\mathdisplaybruch Q \in D(H_2) \subseteq U, P \in D(H_2)} { . }
Es sei
\mathl{H:=H_1H_2}{.} Dann ist
\mathl{P \in D(H)=D(H_1) \cap D(H_2) \subseteq U}{.} Für einen beliebigen Punkt
\mathl{Q \in D(H)}{} ist dann
\mavergleichskettedisphandlinks
{\vergleichskettedisphandlinks
{ (f_1+f_2)(Q) }
{ =} {f_1(Q)+f_2(Q) }
{ =} {\frac{G_1(Q)}{H_1(Q)} + \frac{G_2(Q)}{H_2(Q)} }
{ =} { \frac{G_1(Q)H_2(Q) + G_2(Q) H_1(Q)}{H_1(Q) H_2(Q) } }
{ =} {\frac{ (G_1H_2+G_2H_1)(Q) }{(H_1H_2)(Q)} }
} {}{}{,} was eine polynomiale Darstellung der Summenfunktion in der Zariski-offenen Umgebung
\mathl{D(H)}{} des Punktes $P$ ergibt.

}





\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {algebraisch abgeschlossener Körper}{}{,} $R$ eine $K$-\definitionsverweis {Algebra von endlichem Typ}{}{} und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ = }{ K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} das $K$-\definitionsverweis {Spektrum}{}{} von $R$. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{V }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Zariski-offene Menge}{}{.} Dann bezeichnet man mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \Gamma (U, {\mathcal O} ) }
{ =} { { \left\{ f:U \longrightarrow K \mid f \text{ ist algebraisch} \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} den \definitionswort {Ring der algebraischen Funktionen}{} auf $U$. Man bezeichnet ihn auch als \definitionswort {Strukturring zu}{} $U$ oder als \definitionswort {Schnittring}{} zu $U$.

}

Aufgrund von Lemma 14.4 handelt es sich in der Tat um einen Ring. Das Symbol $\mathcal O$ \zusatzklammer {sprich \anfuehrung{O}{}} {} {} bezeichnet die sogenannte \stichwort {Strukturgarbe} {.}





\inputfaktbeweis
{K-Spektrum/Ring der algebraischen Funktionen/Restriktion/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {}
\faktvoraussetzung {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {algebraisch abgeschlossener Körper}{}{,} $R$ eine $K$- \definitionsverweis {Algebra von endlichem Typ}{}{} und sei
\mathl{V=K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) }}{} das $K$-\definitionsverweis {Spektrum}{}{} von $R$. Es seien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U_1 }
{ \subseteq }{U_2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} offene Teilmengen von $V$.}
\faktfolgerung {Dann gibt es einen natürlichen $K$-\definitionsverweis {Algebrahomomorphismus}{}{} \maabbdisp {} { \Gamma (U_2, {\mathcal O} ) } { \Gamma (U_1, {\mathcal O} ) } {.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die Funktion
\mathl{f:U_2 \rightarrow K}{} liefert sofort durch Einschränkung eine auf $U_1$ definierte Funktion. Die lokal-algebraische Beschreibung, die für $f$ an jedem Punkt
\mathl{P \in U_2}{} vorliegt, kann direkt auf der kleineren Teilmenge $U_1$ interpretiert werden.

}


Die im vorstehenden Lemma beschriebene Abbildung heißt \stichwort {Restriktionsabbildung} {} oder \stichwort {Einschränkungsabbildung} {.}





\inputfaktbeweis
{K-Spektrum/Ring der algebraischen Funktionen/U subseteq D(f)/Unabhängigkeit/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {}
\faktvoraussetzung {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {algebraisch abgeschlossener Körper}{}{,} $R$ eine $K$-\definitionsverweis {Algebra von endlichem Typ}{}{} und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ = }{ K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} das $K$-\definitionsverweis {Spektrum}{}{} von $R$. Es sei
\mathl{F \in R}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ \subseteq }{ D(F) }
{ \subseteq }{ V }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine offene Menge.}
\faktfolgerung {Dann ist es egal, ob man
\mathl{\Gamma (U, {\mathcal O} )}{} mit Bezug auf $V$ oder mit Bezug auf
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ D(F) }
{ = }{ K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R_F \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} definiert.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Natürlich hängen die stetigen Funktionen auf $U$ nur von $U$ selbst ab, nicht von einem umgebenden Raum. Wir müssen zeigen, dass die lokal-algebraische Bedingung ebenfalls nur von $U$ abhängt. Es sei
\mathl{P\in U}{.} Eine Beschreibung
\mathdisp {\varphi = \frac{G}{H} \text{ auf } D(H)
\mathdisplaybruch \text{ mit } P \in D(H) \text{ und mit } G,H \in R} { }
liefert sofort eine Beschreibung als Bruch auf
\mathl{D(HF)}{,} da man ja $H,G$ sofort in $R_F$ auffassen kann.

Es liege nun umgekehrt eine Bruchdarstellung
\mathdisp {\varphi = \frac{\tilde{G} }{\tilde{H} } \text{ auf } D(\tilde{H})
\mathdisplaybruch \text{ mit } P \in D(\tilde{H}) \text{ und mit } \tilde{G},\tilde{H} \in R_F} { }
vor. Es sei
\mathl{\tilde{G}= G/F^r}{} und
\mathl{\tilde{H}= H/F^s}{.} Dann gilt für jeden Punkt
\mathl{Q \in D(HF)}{} die Gleichheit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi(Q) }
{ =} { \frac{\tilde{G}(Q)}{\tilde{H}(Q)} }
{ =} { \frac{G(Q)/F^r(Q)}{ H(Q)/F^s(Q)} }
{ =} { \frac{G(Q)F^s(Q)}{ H(Q)F^r(Q)} }
{ } { }
} {}{}{.} Dabei haben wir im letzten Schritt mit
\mathl{F^{r+s}}{} erweitert. In der letzten Darstellung sind Zähler und Nenner aus $R$, und es ist
\mathl{HF^r(P) \neq 0}{,} also ist
\mathl{D(HF^r)}{} eine offene Umgebung von $P$.

}





\inputfaktbeweis
{K-Spektrum/Algebraisch abgeschlossener Körper/Verschiedene rationale Darstellungen einer aIgebraischen Funktion/Beziehung im Koordinatenring/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {}
\faktvoraussetzung {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {algebraisch abgeschlossener Körper}{}{,} $R$ eine $K$- \definitionsverweis {Algebra von endlichem Typ}{}{} und sei
\mathl{V=K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) }}{} das $K$- \definitionsverweis {Spektrum}{}{} von $R$. Es sei
\mathl{U \subseteq V}{} eine Zariski-offene Menge,
\mathl{P \in U}{} ein Punkt und es sei \maabb {f} {U} {K } {} eine \definitionsverweis {algebraische Funktion}{}{,} für die es die beiden rationalen Darstellungen
\mathdisp {\frac{G_1}{H_1} \text{ und } \frac{G_2}{H_2}} { }
gebe mit
\mathl{G_1,H_1,G_2,H_2 \in R}{} und mit
\mathl{P \in D(H_1), D(H_2) \subseteq U}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es ein
\mathl{r \in \N}{} mit
\mathdisp {H_1^rH_2^r(G_1H_2-G_2H_1)^r=0 \text{ in } R} { . }
}
\faktzusatz {Ist $R$ \definitionsverweis {reduziert}{}{,} so gilt sogar
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ H_1H_2(G_1H_2-G_2H_1) }
{ =} { 0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}

}
{

Wir betrachten das Element
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F }
{ = }{ H_1H_2 { \left( G_1H_2-G_2H_1 \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} auf $V$ und behaupten, dass dies die Nullfunktion induziert. Es sei
\mathl{Q \in V}{.} Bei
\mathl{H_1(Q)=0}{} oder
\mathl{H_2(Q)=0}{} ist
\mathl{F(Q)=0}{,} sei also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ H_1(Q),H_2(Q) }
{ \neq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} vorausgesetzt. Dann ist
\mathl{Q \in D(H_1) \cap D(H_2)}{,} und dort gelten die beiden rationalen Darstellungen für $f$, nämlich
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \frac{G_1(Q)}{H_1(Q)} }
{ =} { f(Q) }
{ =} { \frac{G_2(Q)}{H_2(Q)} }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Daraus folgt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ G_1(Q)H_2(Q) }
{ = }{ G_2(Q)H_1(Q) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und somit ist die Differenz $0$. Insgesamt ist also $F$ die Nullfunktion auf $V$ und daher gibt es nach dem Hilbertschen Nullstellensatz ein $r$ mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F^r }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}

}







\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Monkey_Saddle_Surface_(Shaded).png} }
\end{center}
\bildtext {Der Graph einer globalen Funktion auf ${\mathbb A}^{2}_{K}$.} }

\bildlizenz { Monkey Saddle Surface (Shaded).png } {} {Inductiveload} {Commons} {PD} {}





\inputfaktbeweis
{K-Spektrum/Algebraisch abgeschlossener Körper/Algebraische (reguläre) Funktion auf offener Menge/Globaler Schnittring ist Koordinatenring/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {}
\faktvoraussetzung {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {algebraisch abgeschlossener Körper}{}{,} $R$ eine \definitionsverweis {reduzierte}{}{} $K$-\definitionsverweis {Algebra von endlichem Typ}{}{} und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ = }{ K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} das $K$-\definitionsverweis {Spektrum}{}{} von $R$.}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \Gamma (V, {\mathcal O} ) }
{ =} { R }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Ein Element
\mathl{F \in R}{} liefert direkt eine algebraische Funktion auf ganz $V$, was einen $K$-\definitionsverweis {Algebrahomomorphismus}{}{} \maabbdisp {} {R} { \Gamma (V, {\mathcal O} ) } {} ergibt. Wenn dabei $F$ an jedem Punkt die Nullfunktion induziert, so ist nach Satz 11.1 und wegen der Reduziertheit auch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} D.h. die Abbildung ist injektiv.

Es sei nun \maabb {f} {V} {K } {} ein algebraische Funktion. Dann gibt es zu jedem Punkt
\mathl{P \in V}{} zwei Elemente
\mathl{G_P,H_P \in R}{} mit
\mathl{P \in D(H_P)}{} und mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ = }{ { \frac{ G_P }{ H_P } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} auf
\mathl{D(H_P)}{.} Die $D(H_P)$ bilden eine offene Überdeckung von $V$ und das bedeutet nach Korollar 11.5, dass die $H_P$ in $R$ das \definitionsverweis {Einheitsideal}{}{} erzeugen. Dann gibt es aber auch eine endliche Auswahl davon, die das Einheitsideal erzeugen, sagen wir
\mathl{H_i=H_{P_i}}{,}
\mathl{i=1, \ldots, m}{.} Dann wiederum überdecken diese
\mathl{D(H_i)}{,} $i=1, \ldots, m$, ganz $V$.

Auf den Durchschnitten
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ D(H_iH_j) }
{ = }{ D(H_i) \cap D(H_j) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} haben wir die Identitäten
\mathdisp {f(Q) = \frac{G_i(Q)}{H_i(Q)} = \frac{G_j(Q)}{H_j(Q)} \text{ für alle } Q \in D(H_iH_j)} { . }
Daraus folgt nach Lemma 14.8 und der Reduziertheit, dass
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ H_iH_j G_iH_j }
{ =} { H_iH_j G_j H_i }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} in $R$ gilt. Wir ersetzen $H_i$ durch $H_i^2$ und $G_i$ durch
\mathl{G_iH_i}{.} Dann ist nach wie vor $G_i/H_i$ eine lokale Beschreibung für $f$, und die letzte Bedingung vereinfacht sich zu
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ H_iG_j }
{ =} { H_jG_i }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}

Da die $H_i$ das Einheitsideal erzeugen, gibt es Elemente
\mathl{A_i \in R}{} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \sum_{i = 1}^m A_i H_i }
{ =} { 1 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} in $R$. Wir behaupten, dass das Element
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{F }
{ =} { \sum_{i = 1}^m A_i G_i }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} auf ganz $V$ die Funktion $f$ induziert. Dazu sei
\mathl{Q \in V}{} ein beliebiger Punkt, und zwar sei ohne Einschränkung
\mathl{Q \in D(H_1)}{.} Dann ist
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ f(Q) }
{ =} {\frac{G_1(Q)}{H_1(Q)} }
{ =} { \frac{G_1(Q)}{H_1(Q)} { \left( \sum_{i = 1}^m A_i H_i \right) } (Q)) }
{ =} {\sum_{i = 1}^m A_i(Q) \frac{ G_1(Q) H_i(Q) }{H_1(Q)} }
{ =} { \sum_{i = 1}^m A_i(Q)G_i(Q) }
} {
\vergleichskettefortsetzungalign
{ =} { F(Q) }
{ } {}
{ } {}
{ } {}
} {}{.}

}





\inputfaktbeweis
{K-Spektrum/Algebraisch abgeschlossener Körper/Algebraische (reguläre) Funktion auf D(f)/Ist R_f/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {}
\faktvoraussetzung {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {algebraisch abgeschlossener Körper}{}{,} $R$ eine \definitionsverweis {reduzierte}{}{} $K$- \definitionsverweis {Algebra von endlichem Typ}{}{} und sei
\mathl{V=K\!-\!\operatorname{Spek}\, { \left( R \right) }}{} das $K$- \definitionsverweis {Spektrum}{}{} von $R$. Es sei
\mathl{F \in R}{} mit zugehöriger offener Menge
\mathl{D(F) \subseteq V}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \Gamma (D(F), {\mathcal O} ) }
{ =} { R_F }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies folgt direkt aus Lemma 14.7 und Satz 14.9.

}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Cone_intersects_line.png} }
\end{center}
\bildtext {Nicht jede außerhalb der Gerade auf dem Kegel definierte Funktion lässt sich auf den affinen Raum ohne die Gerade fortsetzen.} }

\bildlizenz { Cone intersects line.png } {} {Pmidden} {Commons} {PD} {}





\inputbeispiel{}
{

Wir betrachten den Standardkegel, der als abgeschlossene Teilmenge
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{V }
{ =} {V(X^2+Y^2-Z^2) }
{ \subseteq} { { {\mathbb A}_{ K }^{ 3 } } }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gegeben sei. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{U }
{ = }{ D(X,Z-Y) }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ 3 } } }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die offene Teilmenge mit dem Durchschnitt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ V \cap U }
{ = }{ D(X,Z-Y) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \zusatzklammer {in $V$} {} {,} der eine offene Menge in $V$ ist. Wir behaupten, dass der zugehörige Ringhomomorphismus \maabbdisp {} {\Gamma (U, {\mathcal O} ) } { \Gamma (U \cap V, {\mathcal O} ) } {} nicht surjektiv ist. Das liegt daran, dass links einfach der Polynomring in drei Variablen steht \zusatzklammer {vergleiche Aufgabe 14.6} {} {.} Dagegen ergibt sich aus der Gleichung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ X^2 }
{ =} { Z^2-Y^2 }
{ =} {(Z-Y)(Z+Y) }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} dass es auf
\mathl{U \cap V}{} die algebraische Funktion
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \frac{X}{Z-Y} }
{ =} { \frac{Z+Y}{X} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gibt, die nicht im Bild der Abbildung liegt, da es keine Funktion auf dem ganzen Kegel ist.


}