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Kurs:Elemente der Algebra (Osnabrück 2024-2025)/Vorlesung 15/latex

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\setcounter{section}{15}

In dieser Vorlesung wollen wir die Restklassenringe von Hauptidealbereichen verstehen.






\zwischenueberschrift{Restklassenringe von Hauptidealbereichen}





\inputfaktbeweis
{Hauptidealbereich/Restklassencharakterisierung von prim/Fakt}
{Satz}
{}
{

Es sei $R$ ein \definitionsverweis {Hauptidealbereich}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{p }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Element. Dann sind folgende Bedingungen äquivalent. \aufzaehlungdrei{$p$ ist ein \definitionsverweis {Primelement}{}{.} }{
\mathl{R/(p)}{} ist ein \definitionsverweis {Integritätsbereich}{}{.} }{
\mathl{R/(p)}{} ist ein \definitionsverweis {Körper}{}{.} }

}
{

Die Äquivalenz (1) $\Leftrightarrow$ (2) gilt in jedem \definitionsverweis {kommutativen Ring}{}{} \zusatzklammer {auch für
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{p }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}} {} {,} siehe Aufgabe 14.13, und (3) impliziert natürlich (2). Es sei also (1) erfüllt und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \in }{R/(p) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} von $0$ verschieden. Wir bezeichnen einen Repräsentanten davon in $R$ ebenfalls mit $a$. Es ist dann
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \notin }{ (p) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und es ergibt sich eine echte Idealinklusion
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{(p) }
{ \subset }{(a,p) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Ferner können wir
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (a,p) }
{ = }{ (b) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} schreiben, da wir in einem Hauptidealring sind. Es folgt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{p }
{ = }{cb }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Da $c$ keine \definitionsverweis {Einheit}{}{} ist und $p$ prim \zusatzklammer {also nach Lemma 6.7 auch irreduzibel} {} {} ist, muss $b$ eine Einheit sein. Es ist also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (a,p) }
{ = }{ (1) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} und das bedeutet modulo $p$, also in
\mathl{R/(p)}{,} dass $a$ eine Einheit ist. Also ist
\mathl{R/(p)}{} ein Körper.

}





\inputfaktbeweis
{Restklassenringe von Z/Körper/Integer/Primzahl/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei $n\geq 1$ eine natürliche Zahl und
\mathl{\Z/(n)}{} der zugehörige \definitionsverweis {Restklassenring}{}{.}}
\faktuebergang {Dann sind folgende Aussagen äquivalent.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungdrei{
\mathl{\Z/(n)}{} ist ein \definitionsverweis {Körper}{}{.} }{
\mathl{\Z/(n)}{} ist ein \definitionsverweis {Integritätsbereich}{}{.} }{$n$ ist eine \definitionsverweis {Primzahl}{}{.} }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies ist ein Spezialfall von Satz 15.1.

}


Wenn also $p$ eine Primzahl ist, so ist der Restklassenring
\mathl{\Z/(p)}{} ein Körper mit $p$ Elementen, den man auch den
\definitionswortenp{Restklassenkörper}{} nennt. Die Einheitengruppe
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \left( \Z/(p) \right) }^{\times} }
{ =} {\{ 1 , \ldots , p-1 \} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ist eine Gruppe mit $p-1$ Elementen \zusatzklammer {bezüglich der Multiplikation} {} {.} Bei $p=5$ hat man beispielsweise
\mathdisp {\overline{ 2 }\,^0=\overline{ 1 }\, ,\, \overline{ 2 }\,^1= \overline{ 2 }\, ,\, \overline{ 2 }\,^2= \overline{ 4 }\,= \overline{ -1 }\,,\, \overline{ 2 }\,^3= \overline{ 8 }\,= \overline{ 3 }\,} { , }
d.h. die Potenzen von $\overline{ 2 }\,$ durchlaufen sämtliche vier Elemente dieser Gruppe, die sich damit als zyklisch erweist. Es gilt generell, was wir aber nicht beweisen werden, dass für jede Primzahl $p$ die Einheitengruppe des Restklassenkörpers $\Z/(p)$ zyklisch ist! Diese Gruppen nennt man auch die
\definitionswortenp{primen Restklassengruppen}{.} Es gibt aber keine einfache Methode, einen Erzeuger dieser multiplikativen Gruppe zu finden; man muss zu den verschiedenen Elementen ihre Potenzen ausrechen und so ihre Ordnung bestimmen, bis man ein Element der Ordnung $p-1$ findet. Da Potenzen schnell groß werden, sollte man die Rechnungen stets in $\Z/(p)$ ausführen \zusatzklammer {also immer modulo $p$ gehen} {} {} und nicht in $\Z$. Ferner ist der Satz von Lagrange hilfreich, nachdem als Ordung der Elemente in
\mathl{{ \left( \Z/(p) \right) }^{\times}}{} nur Teiler von $p-1$ vorkommen können.




\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Pierre_de_Fermat.jpg} }
\end{center}
\bildtext {Pierre de Fermat (1607/08-1665)} }

\bildlizenz { Pierre de Fermat.jpg } {} {Magnus Manske} {en.wikipedia.org} {PD} {http://www-groups.dcs.st-and.ac.uk/~history/PictDisplay/Fermat.html}


Die folgende Aussage heißt \stichwort {kleiner Fermat} {.}




\inputfaktbeweis
{Zahlentheorie/Primzahlen/Kleiner Fermat/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {}
\faktvoraussetzung {Für eine \definitionsverweis {Primzahl}{}{} $p$ und eine beliebige ganze Zahl $a$ gilt}
\faktfolgerung {
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ a^p }
{ \equiv} { a \mod p }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {Anders ausgedrückt:
\mathl{a^p-a}{} ist durch $p$ teilbar.}
\faktzusatz {}

}
{

Ist $a$ nicht durch $p$ teilbar, so definiert $a$ ein Element $\bar a$ in der \definitionsverweis {Einheitengruppe}{}{}
\mathl{{ \left( \Z/(p) \right) }^{\times}}{;} diese Gruppe hat die \definitionsverweis {Ordnung}{}{}
\mathl{p-1}{,} und nach dem Satz von Lagrange gilt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\bar a}^{p-1} }
{ = }{1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Durch Multiplikation mit $a$ ergibt sich die Behauptung. Für Vielfache von $p$ gilt die Aussage ebenso, da dann beidseitig $0$ steht.

}


Für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{p }
{ = }{5 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt beispielsweise in
\mathl{\Z/(5)}{}
\mathdisp {1^5 = 1,\, 2^5 =32 =2,\, 3^5 = 243 =3, \ 4^5 =1024= 4} { , }
Für Zahlen, die keine Primzahlen sind, gilt die entsprechende Aussage nicht. So ist etwa in
\mathl{\Z/(4)}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{3^4 }
{ =} { 81 }
{ =} { 1 }
{ \neq} {3 }
{ } { }
} {}{}{.}

Wenn man mit dem Polynomring $K[X]$ über einem Körper $K$ startet, so erhält man zu einem irreduzbilen Polynom
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ F }
{ \in }{ K[X] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} den Körper $K[X]/(F)$. Dies ist eine wichtige Methode, um neue Körper zu konstruieren. Wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ F }
{ = }{ X+a }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein lineares Polynom ist, so ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K[X]/(X+a) }
{ \cong }{ K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Bei irreduziblen Polynomen von höherem Grad ergeben sich aber neue Körper, wie schon das Beispiel
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \R[X]/ { \left( X^2+1 \right) } }
{ \cong} { {\mathbb C} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} zeigt. Insbesondere kann man mit dieser Methode viele endliche Körper konstruieren: Ein irreduzibles Polynom
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ F }
{ \in }{ \Z/(p) [X] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} vom Grad $d$ führt zum Körper
\mathl{\Z/(p) [X] /(F)}{} mit
\mathl{p^d}{} Elementen. Siehe Aufgabe 15.5.






\zwischenueberschrift{Produktringe}

Um die Restklassenringe von $\Z$ besser verstehen zu können, insbesondere dann, wenn man $n$ als Produkt von kleineren Zahlen schreiben kann \zusatzgs {z.B., wenn die Primfaktorzerlegung von $n$ bekannt ist} {,} braucht man den Begriff des Produktringes.




\inputdefinition
{}
{

Es seien
\mathl{R_1 , \ldots , R_n}{} \definitionsverweis {kommutative Ringe}{}{.} Dann heißt das Produkt
\mathdisp {R_1 \times \cdots \times R_n} { , }
versehen mit komponentenweiser Addition und Multiplikation, der \definitionswort {Produkt\-ring}{} der
\mathbed {R_i} {}
{i=1 , \ldots , n} {}
{} {} {} {.}

}

Eng verwandt mit dem Begriff des Produktringes ist das Konzept der idempotenten Elemente.


\inputdefinition
{}
{

Ein Element $e$ eines \definitionsverweis {kommutativen Ringes}{}{} heißt \definitionswort {idempotent}{,} wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{e^2 }
{ = }{e }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt.

}

Die Elemente \mathkor {} {0} {und} {1} {} sind trivialerweise idempotent, man nennt sie die trivialen idempotenten Elemente. In einem Produktring sind auch diejenigen Elemente, die in allen Komponenten nur den Wert \mathkor {} {0} {oder} {1} {} besitzen, idempotent, also beispielsweise
\mathl{(1,0)}{.} In einem Integritätsbereich gibt es nur die beiden trivialen idempotenten Elemente: Ein idempotentes Element $e$ besitzt die Eigenschaft
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{e(1-e) }
{ =} {e-e^2 }
{ =} {e-e }
{ =} {0 }
{ } {}
} {}{}{.} Im nullteilerfreien Fall folgt daraus \mathkor {} {e=1} {oder} {e=0} {.}





\inputfaktbeweis
{Produktring/Einheitengruppe/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{R }
{ = }{ R_1 \times \cdots \times R_n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {Produkt}{}{} aus \definitionsverweis {kommutativen Ringen}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gilt für die \definitionsverweis {Einheitengruppe}{}{} von $R$ die Beziehung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ R^{\times} }
{ =} { R_1^{\times} \times \cdots \times R_n^{\times} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies ist klar, da ein Element genau dann eine Einheit ist, wenn es in jeder Komponente eine Einheit ist.

}






\zwischenueberschrift{Der chinesische Restsatz}

Für die Restklassenringe von Hauptidealbereichen gilt der sogenannte \stichwort {chinesische Restsatz} {} \zusatzklammer {für beliebige faktorielle Bereiche gilt er nicht, da das Lemma von Bezout dafür im Allgemeinen nicht gilt} {} {.}





\inputfaktbeweis
{Hauptidealbereich/Restklassenring/Chinesischer Restsatz/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei $R$ ein \definitionsverweis {Hauptidealbereich}{}{} und
\mathbed {f\in R} {}
{f \neq 0} {}
{} {} {} {,} ein Element mit kanonischer \definitionsverweis {Primfaktorzerlegung}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f }
{ =} {p_1^{r_1} { \cdots } p_k^{r_k} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gilt für den \definitionsverweis {Restklassenring}{}{}
\mathl{R/(f)}{} die kanonische \definitionsverweis {Isomorphie}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ R/(f) }
{ \cong} { R/(p_1^{r_1}) \times \cdots \times R/(p_k^{r_k}) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wegen
\mathl{p_i^{r_i} {{|}} f}{} gelten die Idealinklusionen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (f) }
{ \subseteq }{ (p_i^{r_i}) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und daher gibt es kanonische Ringhomomorphismen \maabbdisp {} { R/(f) } { R/(p_i^{r_i}) } {.} Diese setzen sich zu einem Ringhomomorphismus in den Produktring zusammen, nämlich \maabbeledisp {} { R/(f) } { R/(p_1^{r_1}) \times \cdots \times R/(p_k^{r_k}) } { a } { (a \mod p_1^{r_1} , \ldots , a \mod p_k^{r_k}) } {.} Wir müssen zeigen, dass dieser bijektiv ist. \teilbeweis {}{}{}
{Zur Injektivität sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \in }{ R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} derart, dass es in jeder Komponente auf $0$ abgebildet wird. Das bedeutet
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \in }{ (p_i^{r_i}) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle $i$. D.h. $a$ ist ein Vielfaches dieser
\mathl{p_i^{r_i}}{} und aufgrund der Primfaktorzerlegung folgt, dass $a$ ein Vielfaches von $f$ sein muss. Also ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \overline{ a }\, }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} in $R/(f)$.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Zur Surjektivität genügt es nach Aufgabe 15.17 zu zeigen, dass alle Elemente, die in einer Komponente den Wert $1$ und in allen anderen Komponenten den Wert $0$ haben, im Bild liegen. Es sei also
\mathl{(1, 0 , \ldots , 0)}{} vorgegeben. Wegen der Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung sind \mathkor {} {p_1^{r_1}} {und} {p_2^{r_2} { \cdots } p_k^{r_k}} {} teilerfremd. Daher gibt es nach dem Lemma von Bezout eine Darstellung der Eins, sagen wir
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ s p_1^{r_1} + t p_2^{r_2} \cdots p_k^{r_k} }
{ =} {1 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Betrachten wir
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ t p_2^{r_2} { \cdots } p_k^{r_k} }
{ = }{ 1-s p_1^{r_1} }
{ \in }{ R }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Das wird unter der Restklassenabbildung in der ersten Komponente auf $1$ und in den übrigen Komponenten auf $0$ abgebildet, wie gewünscht.}
{}

}


Die kanonische Primfaktorzerlegung führt also zu einer kanonischen Zerlegung des Restklassenringes $R/(f)$ als ein Produkt von Ringen. Restklassenringe der Form $R/(p^r)$ kann man nicht weiter zerlegen. Beispielsweise ist
\mathl{\Z/(4)}{} nicht isomorph zum Produktring
\mathl{\Z/(2) \times \Z/(2)}{.}