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Lineares Gleichungssystem/Motivation/Einführung/Textabschnitt

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Bei einem linearen Gleichungssystem gibt es mehrere lineare Gleichungen in einer gegebenen Menge von Variablen, die gleichzeitig erfüllt werden sollen. Wir beginnen mit drei einführenden Beispielen.


Lucy Sonnenschein befindet sich an einem Obststand und möchte für Euro Obst kaufen. Gleichzeitig möchte sie, dass das Obst genau Milligramm Vitamin C enthält. Die Kirschen kosten (jeweils pro hundert Gramm) Euro und besitzen Milligramm Vitamin C, die Heidelbeeren kosten Euro und besitzen Milligramm Vitamin C, die Himbeeren kosten Euro und besitzen Milligramm Vitamin C und die Trauben kosten Euro und besitzen Milligramm Vitamin C. Ein Einkauf wird durch ein Tupel repräsentiert, wobei sich die einzelnen Zahlen auf die gekauften Mengen (in hundert Gramm) der Obstsorten beziehen. Die Geldbedingung führt auf die lineare Gleichung

und die Vitaminbedingung führt auf die lineare Gleichung

Beide Bedingungen sollen simultan erfüllt sein, gesucht sind also die Tupel , die beide linearen Gleichungen erfüllen.



Mustafa Müller und Heinz Ngolo sind im Fanshop von Borussia Dortmund. Mustafa zahlt für sieben Wimpel und fünf Aufnäher zusammen 46 Euro und Heinz zahlt für vier Wimpel und sechs Aufnäher zusammen Euro. Wie viel kostet ein Wimpel und wie viel kostet ein Aufnäher? Dies führt zu einem linearen Gleichungssystem mit zwei Variablen und zwei Gleichungen, die beiden Unbekannten sind die Preise für einen Wimpel (sagen wir ) und einen Aufnäher (sagen wir ). Mustafas Rechnung führt auf die Bedingung

und Heinz' Rechnung führt auf die Bedingung



An einem Stand auf dem Weihnachtsmarkt gibt es drei verschiedene Glühweintöpfe. Alle drei beinhalten die Zutaten Zimt, Gewürznelken, Rotwein und Zucker, allerdings mit unterschiedlichen Anteilen. Die Zusammensetzung der einzelnen Glühweine ist

Jeder Glühwein wird also repräsentiert durch ein Vierertupel, deren einzelne Einträge für die Anteile an den Zutaten stehen. Die Menge aller (möglichen) Glühweine bilden einen Vektorraum und die drei konkreten Glühweine sind drei Vektoren in diesem Raum.

Nehmen wir an, dass keiner dieser drei Glühweine genau den gewünschten Geschmack trifft und dass der Wunschglühwein die Zusammensetzung

hat. Gibt es eine Möglichkeit, den Wunschglühwein durch Zusammenschütten der vorgegebenen Glühweine zu erhalten? Gibt es also Zahlen[1] derart, dass

gilt? Hinter dieser einen vektoriellen Gleichung liegen vier einzelne Gleichungen in den „Variablen“ , wobei die Gleichungen sich aus den Zeilen ergeben. Wann gibt es eine solche Lösung, wann keine, wann mehrere? Das sind typische Fragen der linearen Algebra.


Wir kommen zur allgemeinen Definition eines linearen Gleichungssystems.


Es sei ein Körper und für und . Dann nennt man

ein (homogenes) lineares Gleichungssystem in den Variablen . Ein Tupel heißt Lösung des linearen Gleichungssystems, wenn für alle ist.

Wenn beliebig[2] ist, so heißt

ein inhomogenes lineares Gleichungssystem und ein Tupel heißt Lösung des inhomogenen linearen Gleichungssystems, wenn für alle ist.

Die Menge aller Lösungen eines linearen Gleichungssystems heißt die Lösungsmenge. Im homogenen Fall spricht man auch vom Lösungsraum, da es sich in der Tat, wie wir in Fakt sehen werden, um einen Untervektorraum des handelt.

Ein homogenes lineares Gleichungssystem besitzt immer die sogenannte triviale Lösung . Ein inhomogenes Gleichungssystem braucht nicht unbedingt eine Lösung zu haben. Beispielsweise ist das durch die beiden Gleichungen

und

in der einen Variablen gegebene System offenbar nicht lösbar. Grundsätzlich kann auch eine Gleichung der Form

auftreten, wenn sämtliche Koeffizienten der Gleichung sind und die Störkomponente nicht ist. In diesem Fall gibt es keine Lösung.

Zu einem inhomogenen linearen Gleichungssystem heißt das homogene System, das entsteht, wenn man den Störvektor gleich setzt, das zugehörige homogene System. Dies mag auf den ersten Blick willkürlich erscheinen, da man ja das Gleichungssystem, das man lösen möchte, einfach ändert. Der Lösungsraum des zugehörigen homogenen Systems hat aber mehr Struktur und hilft, die Lösungsmenge des inhomogenen Systems zu verstehen, siehe insbesondere Fakt.

Gelegentlich ist ein lineares Gleichungssystem nicht in der Form gegeben, dass die Variablen nur auf einer Seite der Gleichungen auftauchen, wie beispielsweise bei

In diesem Fall muss man das System zuerst durch einfache Additionen und Zusammenfassen der Koeffizienten in jeder einzelnen Gleichung in die Standardgestalt bringen.

  1. Sinnvoll interpretierbar sind in diesem Beispiel nur positive Zahlen, da man schwerlich aus einem Glühweingemisch die einzelnen verwendeten Glühweinsorten wieder herausziehen kann. In der linearen Algebra spielt sich aber alles über einem Körper ab, sodass wir auch negative Zahlen zulassen.
  2. Ein solcher Vektor heißt manchmal ein Störvektor des Systems.