Komplexe Zahl

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Erweiterung des Zahlbereiches[Bearbeiten]

Die komplexen Zahlen erweitern den Zahlenbereich der reellen Zahlen derart, dass die Gleichung lösbar wird, die in nicht lösbar ist, da für alle gilt. Die Lösbarkeit gelingt durch Einführung einer neuen imaginären Zahl mit der Eigenschaft . Diese Zahl wird als imaginäre Einheit bezeichnet.

Darstellung komplexer Zahlen[Bearbeiten]

Komplexe Zahlen können in der Form dargestellt werden, wobei jeweils reelle Zahlen sind und die imaginäre Einheit ist. Durch die Identifikation mit einem Vektor kann man komplexe Zahlen in einem Koordinatensystem (Gaußsche Zahlenebene) darstellen.

Realteil und Imaginärteil[Bearbeiten]

Die reellwertigen Koeffizienten werden als Real- bzw. Imaginärteil von bezeichnet.

  • und

Gaußsche Zahlenebene[Bearbeiten]

Kartesische Koordinatensystem

Polarkoordinaten[Bearbeiten]

Verwendet man anstelle der kartesischen Koordinaten und Polarkoordinaten und mit als der Argument-Funktion, kann man die komplexe Zahl auch in der folgenden, auf der eulerschen Relation beruhenden sogenannten Polarform (auch Polardarstellung)[1]

darstellen, die sich aus und ergibt.

 

Darstellung Polarkoordinaten[Bearbeiten]

Polarkoordinaten und kartesisches Koordinatensystem

e-Funktion und Trigonometrie[Bearbeiten]

Die Darstellung mit Hilfe der komplexen e-Funktion heißt dabei auch Exponentialdarstellung (der Polarform), die Darstellung mittels des Ausdrucks trigonometrische Darstellung (der Polarform).

Eigenschaften[Bearbeiten]

Der konstruierte Zahlenbereich der komplexen Zahlen bildet einen Erweiterungskörper der reellen Zahlen und hat eine Reihe vorteilhafter Eigenschaften, die in nicht gelten:

Fundamentalsatz der Algebra[Bearbeiten]

Die komplexen Zahlen sind algebraische abgeschlossenen. der komplexen Zahlen. Dies bedeutet, dass in jede algebraische Gleichung positiven Grades über den komplexen Zahlen eine Lösung besitzt, was für reelle Zahlen nicht gilt.

hat keine Lösung in und in die Lösungsmenge

(siehe Fundamentalsatzes der Algebra).

Trigonometrie und Exponentialfunktion[Bearbeiten]

In wird der Zusammenhang von trigonometrischen Funktionen und der Exponentialfunktion deutlich

siehe Eulerformel.

Unterschied: komplexe und reelle Differenzierbarkeit[Bearbeiten]

Jede auf einer offenen Menge einmal komplex differenzierbare Funktion dort auch beliebig oft differenzierbar. In der reellen Analysis ist die Funktion

nur 2x reell differenzierbar, während mit dem Definitionsbereich lediglich stetig ist und auf keine Umgebung komplex differenzierbar ist.

Teilmengenbeziehung zwischen reellen und komplexen Zahlen[Bearbeiten]

Die reellen Zahlen lassen sich als Teilmenge der komplexen Zahlen im Sinne einer Teilmengenbeziehung zwischen Zahlbereichen auffassen. Dabei wird eine relle Zahl mit der komplexen Zahl identifiziert. In der Gaußschen Zahlenebene entsprichen die rellen Zahlen den Punkten auf der -Achse.

Komplexe Konjugation[Bearbeiten]

Ändert man das Vorzeichen des Imaginärteils einer komplexen Zahl so erhält man die zu konjugiert komplexe Zahl .

Rechenregeln Konjugation[Bearbeiten]

Die Konjugation ist ein (involutorischer) Körperautomorphismus, da sie mit Addition und Multiplikation verträglich ist, d. h., für alle gilt

Geometrische Darstellung der Konjugation[Bearbeiten]

In der Polardarstellung hat die konjugiert komplexe Zahl einen unveränderten Abstand zum Koordinatenursprung (also ) und besitzt gerade den negativen Winkel von . Man kann die Konjugation in der komplexen Zahlenebene also als die Spiegelung an der reellen Achse interpretieren. Insbesondere werden unter der Konjugation genau die reellen Zahlen auf sich selbst abgebildet.

Geometrische Darstellung der Konjugation[Bearbeiten]

Konjugation in Gaußschen Zahlenebene

Eine komplexe Zahl und die zu ihr konjugiert komplexe Zahl

Betrag[Bearbeiten]

Der Betrag einer komplexen Zahl ist die Länge ihres Vektors in der Gaußschen Zahlenebene und lässt sich z. B. zu

aus ihrem Realteil und Imaginärteil berechnen. Als eine Länge ist der Betrag reell und nicht negativ.

Beispiel: Betrag[Bearbeiten]

Pythagoras[Bearbeiten]

Der reelle Betrag vom Realteil und Imaginärteil kann man als Länge der Katheten in einem rechwinkligen Dreieck mit Hypotenusenlänge auffassen.

Eigenschaften[Bearbeiten]

In gelten die folgenden Eigenschaften:

  • (AG/KG) Das Assoziativgesetz und das Kommutativgesetz gelten für die Addition und die Multiplikation komplexer Zahlen.
  • (DG) Das Distributivgesetz gilt.
  • (NE) O und 1 sind die neutralen Elemente der Addition bzw. der Multiplikation.
  • (IE)Für jede komplexe Zahl existiert eine komplexe Zahl mit .
  • (IE) Für jede von null verschiedene komplexe Zahl existiert eine komplexe Zahl mit .

Rechnen in der algebraischen Form[Bearbeiten]

Die algebraischen Eigenschaften ergeben sich unmittelbar aus der Definition der beiden Verknüpfungen.

Addition[Bearbeiten]

Für die Addition zweier komplexer Zahlen mit und mit gilt

Vektorielle Veranschaulichung Addition[Bearbeiten]

Die Addition zweier komplexer Zahlen in der komplexen Ebene veranschaulicht

Subtraktion[Bearbeiten]

Für die Subtraktion zweier komplexer Zahlen und (siehe Addition) gilt

Multiplikation[Bearbeiten]

Für die Multiplikation zweier komplexer Zahlen und (siehe Addition) gilt

Division[Bearbeiten]

Für die Division der komplexen Zahl durch die komplexe Zahl (siehe Addition) mit erweitert man den Bruch mit der zum Nenner konjugiert komplexen Zahl . Der Nenner wird dadurch reell (und ist gerade das Quadrat des Betrages von ):

Rechenbeispiel Addition:[Bearbeiten]

Rechenbeispiel Subtraktion:[Bearbeiten]

Rechenbeispiel Multiplikation:[Bearbeiten]

Rechenbeispiel Division:[Bearbeiten]

Aufgabe[Bearbeiten]

  • Sei gegeben. Lösen Sie das Gleichungssystem:
mit und
  • Zwei komplexe Zahl sind gleich, wenn diese bzgl. Realteil und Imaginärteil übereinstimmen. Dadurch entsteht ein Gleichungssystem mit zwei Gleichungen und den beiden Unbekannten

Komplexe Zahlen als reeller Vektorraum[Bearbeiten]

Der Körper der komplexen Zahlen ist einerseits ein Oberkörper von , andererseits ein zweidimensionaler -Vektorraum. Der Isomorphismus wird auch als natürliche Identifikation bezeichnet. In der Regel nutzt man dies auch, um formell als mit der entsprechenden komplexen Multiplikation zu definieren und dann zu setzen, was die Frage klärt, welche der beiden Lösungen von nun als und welche als zu bezeichnen ist.

Basis des Vektorraumes[Bearbeiten]

Als -Vektorraum besitzt die Basis . Daneben ist wie jeder Körper auch ein Vektorraum über sich selbst, also ein eindimensionaler -Vektorraum mit Basis .

Keine Ordnungsrelation in komplexen Zahlen[Bearbeiten]

ist im Gegensatz zu kein geordneter Körper, d. h., es gibt keine mit der Körperstruktur verträgliche lineare Ordnungsrelation auf . Von zwei unterschiedlichen komplexen Zahlen kann man daher nicht sinnvoll (bezogen auf die Addition und Multiplikation in ) festlegen, welche von beiden die größere bzw. die kleinere Zahl ist.

Zusammenhang Darstellungsformen[Bearbeiten]

Gaußsche Ebene mit einer komplexen Zahl in kartesischen Koordinaten (a,b) und in Polarkoordinaten (r,φ)

Algebraische Form - Polarform[Bearbeiten]

Während sich die Menge der reellen Zahlen durch Punkte auf einer Zahlengeraden veranschaulichen lässt, kann man die Menge der komplexen Zahlen als Punkte in einer Ebene (komplexe Ebene, gaußsche Zahlenebene) darstellen. Dies entspricht der „doppelten Natur“ von als zweidimensionalem reellem Vektorraum.

Punkte - Vektoren[Bearbeiten]

Gemäß Definition entspricht die Addition komplexer Zahlen der Vektoraddition, wobei man die Punkte in der Zahlenebene mit ihren Ortsvektoren identifiziert. Die Multiplikation ist in der gaußschen Ebene eine Drehstreckung, was nach Einführung der Polarform weiter unten klarer werden wird (siehe Geogebra-Beispiel).

Umrechnungsformeln: algebraische Form in die Polarform[Bearbeiten]

Für in algebraischer Form ist

Für kann das Argument mit 0 definiert werden, bleibt aber meist undefiniert. Für kann das Argument im Intervall mit Hilfe einer trigonometrischen Umkehrfunktion, bspw. mit Hilfe des Arkuskosinus

ermittelt werden.

Umrechnungsformeln: Polarform in die algebraische Form[Bearbeiten]

Wie weiter oben stellt den Realteil und den Imaginärteil jener komplexen Zahl dar.

Arithmetische Operationen in der Polarform[Bearbeiten]

Durch arithmetische Operationen sind folgende Operanden miteinander zu verknüpfen:

Bei der Multiplikation werden die Beträge und miteinander multipliziert und die zugehörigen Phasen bzw. addiert. Bei der Division wird der Betrag des Dividenden durch den Betrag des Divisors geteilt und die Phase des Divisors von der Phase des Dividenden subtrahiert. Für die Addition und die Subtraktion existiert auch eine, etwas kompliziertere, Formel:

Trigonometrische Form - Multiplikation[Bearbeiten]

Die Multiplikation von zwei komplexen Zahlen entspricht dem Addieren der Winkel und dem Multiplizieren der Beträge.

Trigonometrische Form - Division[Bearbeiten]

Die Division von zwei komplexen Zahlen entspricht dem Subtrahieren der Winkel und dem Dividieren der Beträge.

Exponentialform[Bearbeiten]

Realteil- und Imaginärteilfunktion[Bearbeiten]

Sei so definiert man die Realteilfunktion und Imaginärteilfunktion als reellwertige Abbildung wie folgt.

  • mit und mit
  • für alle

(siehe auch Cauchy-Riemann-Differentialgleichungen)

Geschichte[Bearbeiten]

Der Begriff „komplexe Zahlen“ wurde von Carl Friedrich Gauß (Theoria residuorum biquadraticorum, 1831) eingeführt, der Ursprung der Theorie der komplexen Zahlen geht auf die italienischen Mathematiker Gerolamo Cardano (Ars magna, Nürnberg 1545) und Rafael Bombelli (L’Algebra, Bologna 1572; wahrscheinlich zwischen 1557 und 1560 geschrieben) zurück.[2]

Literatur[Bearbeiten]

  • Paul Nahin: An imaginary tale. The story of . Princeton University Press, 1998.
  • Reinhold Remmert: Komplexe Zahlen. In D. Ebbinghaus u. a. (Hrsg.): Zahlen. Springer, 1983.

Siehe auch[Bearbeiten]

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Verwandte Themen[Bearbeiten]

Literaturquellen[Bearbeiten]

  1. Ehrhard Behrends: Analysis Band 1. 6. Auflage. Springer Spektrum - ISBN: 978-3-658-07122-6, Wiesbaden 2015, doi:10.1007/978-3-658-07123-3.
  2. Helmuth Gericke: Geschichte des Zahlbegriffs. Bibliographisches Institut, Mannheim 1970, S. 57–67.


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