Funktionentheorie/Wesentliche Singularitäten/Einführung/Textabschnitt

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Definition  

Es sei eine offene Teilmenge, ein Punkt und

eine holomorphe Funktion. Man sagt, dass im Punkt eine wesentliche Singularität besitzt, wenn weder eine hebbare Singularität noch ein Pol von ist.

Dies bedeutet, dass für der Betrag in weder einen Limes besitzt noch gegen bestimmt divergiert. Die beiden Standardbeispiele sind die folgenden.


Beispiel  

Die Funktion

besitzt im Nullpunkt eine wesentliche Singularität. Für jedes feste ist für nicht beschränkt, da (mit ) ja für reelles gilt (die Exponentialfunktion wächst schneller als jedes Polynom, siehe Aufgabe).



Beispiel  

Die Funktion

besitzt im Nullpunkt eine wesentliche Singularität. Die Funktion ist zwar auf beschränkt und die reelle Funktion besitzt eine stetige Fortsetzung nach , doch geht es um das Verhalten der Betragsfunktion über . Mit der Beschreibung

gilt

Für Argumente mit reell ist

und dabei geht für , , der rechte Summand im Zähler gegen und der linke Summand gegen .




Lemma  

Es sei eine offene Teilmenge, ein Punkt und

eine holomorphe Funktion. Dann sind folgende Eigenschaften äquivalent.

  1. besitzt in eine wesentliche Singularität.
  2. In der Laurent-Reihe zu in gibt es unendlich viele Koeffizienten zu negativen Indizes, die nicht gleich sind.

Beweis  

Dies folgt aus Fakt und aus Fakt.


Eine wesentliche Singularität ist nach Definition eine, in der der Betrag der Funktion keinen Limes in besitzt. Darüber hinaus kann man über das Verhalten der Werte der Funktion selbst auf einer punktierten Umgebung eine sehr viel stärkere Aussage machen, dies ist der Inhalt des Satzes von Casorati-Weierstrass.



Satz  

Es sei eine offene Teilmenge,

ein Punkt und

eine holomorphe Funktion. Dann sind folgende Aussagen äquivalent.

  1. besitzt in eine wesentliche Singularität.
  2. Für jede offene Kreisscheibenumgebung ist das Bild dicht in .

Beweis  

Es liege eine wesentliche Singularität vor, wobei wir annehmen können. Nehmen wir an, dass es eine Ballumgebung derart gibt, dass das Bild der punktierten Ballumgebung nicht dicht ist. Dann gibt es einen Punkt und eine Ballumgebung , die disjunkt zum Bild ist. Wir betrachten die holomorphe Funktion

die ja wohldefiniert ist, da gilt. Ferner folgt daraus, dass auf der offenen Menge ist. Daher ist aber nach Fakt nach holomorph fortsetzbar. Eine Umstellung der definierenden Gleichung für ergibt

woraus folgt, dass in eine hebbare Singularität oder einen Pol besitzt, jedenfalls keine wesentliche Singularität.

Von (2) nach (1) ist im hebbaren Fall klar und ergibt sich im Fall eines Poles aus Fakt.