Komplexe Zahlen/2/Einführung/Textabschnitt
Die Produktmenge ist mit komponentenweiser Addition und komponentenweiser Multiplikation ein kommutativer Ring (wobei das Nullelement und das Einselement ist). Es handelt sich aber nicht um einen Körper, da beispielsweise zeigt, dass es darin Nullteiler gibt. Allerdings kann man mit einer anderen Multiplikation zu einem Körper machen.
Die Menge mit und , mit der komponentenweisen Addition und der durch
definierten Multiplikation nennt man Körper der komplexen Zahlen. Er wird mit
bezeichnet.
Die Addition ist also einfach die vektorielle Addition im , während die Multiplikation eine neuartige Verknüpfung ist, die zwar numerisch einfach durchführbar ist, an die man sich aber dennoch gewöhnen muss.
Hierbei sind nur das Assoziativgesetz für die Multiplikation, das Distibutivgesetz und die Existenz der Inversen nicht unmittelbar klar.
Wir lösen uns von der Paarschreibweise und schreiben
Insbesondere ist , diese Zahl heißt imaginäre Einheit. Diese Zahl hat die wichtige Eigenschaft
Aus dieser Eigenschaft ergeben sich sämtliche algebraischen Eigenschaften der komplexen Zahlen durch die Körpergesetze. So kann man sich auch die obige Multiplikationsregel merken, es ist ja
Wir fassen eine reelle Zahl als die komplexe Zahl auf. In diesem Sinne ist eine Körpererweiterung. Es ist gleichgültig, ob man zwei reelle Zahlen als reelle Zahlen oder als komplexe Zahlen addiert oder multipliziert.
Man sollte sich allerdings die Menge der komplexen Zahlen nicht als etwas vorstellen, das weniger real als andere Zahlensysteme ist. Die Konstruktion der komplexen Zahlen aus den reellen Zahlen ist bei Weitem einfacher als die Konstruktion der reellen Zahlen aus den rationalen Zahlen. Allerdings war es historisch ein langer Prozess, bis die komplexen Zahlen als Zahlen anerkannt wurden; das Irreale daran ist, dass sie einen Körper bilden, der nicht angeordnet werden kann, und dass es sich daher scheinbar um keine Größen handelt, mit denen man sinnvollerweise etwas messen kann.
Man kann sich die komplexen Zahlen als die Punkte in einer Ebene vorstellen; für die additive Struktur gilt ja einfach . In diesem Zusammenhang spricht man von der Gaussschen Zahlenebene. Die horizontale Achse nennt man dann die reelle Achse und die vertikale Achse die imaginäre Achse.
Real- und Imaginärteil von komplexen Zahlen erfüllen folgende Eigenschaften (für und aus ).
- Es ist .
- Es ist .
- Es ist .
- Für
ist
- Es ist genau dann, wenn ist, und dies ist genau dann der Fall, wenn ist.
Beweis
Zu heißt die konjugiert-komplexe Zahl von . Geometrisch betrachtet ist die komplexe Konjugation zu einfach die Achsenspiegelung an der reellen Achse.
Für die komplexe Konjugation gelten die folgenden Rechenregeln (für beliebige ).
- Es ist .
- Es ist .
- Es ist .
- Für ist .
- Es ist .
- Es ist genau dann, wenn ist.
Beweis
Für eine komplexe Zahl gelten die folgenden Beziehungen.
- Es ist .
- Es ist .
- Es ist .
Beweis
Das Quadrat einer reellen Zahl ist stets nichtnegativ, und die Summe von zwei nichtnegativen reellen Zahlen ist wieder nichtnegativ. Zu einer nichtnegativen reellen Zahl gibt es nach
Fakt
eine eindeutige nichtnegative Quadratwurzel . Daher liefert folgende Definition eine wohldefinierte nichtnegative reelle Zahl.
Der Betrag einer komplexen Zahl ist aufgrund des Satzes des Pythagoras der Abstand von zum Nullpunkt . Insgesamt ist der Betrag eine Abbildung
Die Menge aller komplexen Zahlen mit einem bestimmten Betrag bilden einen Kreis mit dem Nullpunkt als Mittelpunkt und mit dem Betrag als Radius. Insbesondere bilden alle komplexen Zahlen mit dem Betrag den komplexen Einheitskreis. Es sei hier erwähnt, dass das Produkt von zwei komplexen Zahlen auf dem Einheitskreis sich ergibt, indem man die zugehörigen Winkel, gemessen von der positiven reellen Achse aus gegen den Uhrzeigersinn, addiert.
Für den Betrag von komplexen Zahlen gelten folgende Eigenschaften.
- Es ist .
- Für reelles stimmen reeller und komplexer Betrag überein.
- Es ist genau dann, wenn ist.
- Es ist .
- Es ist .
- Für ist .
- Es ist .
- Es ist (Dreiecksungleichung).
Beweis
Zunächst gilt nach (5) für jede komplexe Zahl die Abschätzung . Daher ist
und somit ist