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Kurs:Analysis (Osnabrück 2013-2015)/Teil III/Vorlesung 69/latex

Aus Wikiversity

\setcounter{section}{69}






\zwischenueberschrift{Integrierbare Funktionen}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Volume_under_surface.png} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Volume under surface.png } {} {Oleg Alexandrov} {Commons} {PD} {}

Wir führen nun das \stichwort {Lebesgue-Integral} {} für messbare Funktionen auf einem Maßraum ein. Dieser Integralbegriff hat gegenüber dem Riemann-Integral folgende Vorteile. \aufzaehlungsechs{Der Integralbegriff bekommt ein maßtheoretisches Fundament. }{Es kann über einer \zusatzklammer {fast} {} {} beliebigen Menge integriert werden. }{Es kann eine weit größere Funktionenklasse integriert werden. }{Das Grenzwertverhalten von Funktionenfolgen ist einfacher. }{Man kann Funktionen auf Nullmengen abändern, ohne das Integral zu verändern. }{Die Summe einer abzählbaren Familie reeller Zahlen ist ein Spezialfall. }




\inputdefinition
{}
{

Es sei $M$ eine Menge und \maabbdisp {f} {M} { \overline{ \R }_{\geq 0} } {} eine \definitionsverweis {nichtnegative Funktion}{}{.} Dann nennt man die Menge
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ S(f) }
{ =} { { \left\{ (x,y) \in M \times \overline{ \R } \mid 0 \leq y \leq f(x) \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} den \definitionswort {Subgraphen}{} der Funktion.

}





\inputfaktbeweis
{Messraum/Messbare Funktion/Subgraph ist messbar/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mathl{(M, {\mathcal A })}{} ein Messraum und \maabbdisp {f} {M} { \overline{ \R } } {} eine \definitionsverweis {messbare Funktion}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann sind der \definitionsverweis {Graph}{}{}
\mathl{\Gamma(f)}{} und der \definitionsverweis {Subgraph}{}{}
\mathl{S(f)}{} \definitionsverweis {messbare Teilmengen}{}{} in
\mathl{M \times \overline{ \R }}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die \definitionsverweis {Projektion}{}{} \maabbeledisp {p_2} {M \times \overline{ \R }} {\overline{ \R } } {(x,y)} {y } {,} ist nach Lemma 64.9 messbar, und ebenso ist
\mathdisp {\psi: M \times \overline{ \R } \stackrel{p_1}{\longrightarrow} M \stackrel{f}{\longrightarrow } \overline{ \R }} { }
messbar. Nach Lemma 64.11 und Lemma 68.3 ist dann auch die Abbildung\zusatzfussnote {Für diese Argumentation setzt man
\mathl{\infty- \infty= - \infty - (- \infty)=0}{} und ansonsten
\mathl{\infty -x = \infty}{} u.s.w. Man kann auch die messbaren Mengen
\mathl{f^{-1}(\infty) \times \{\infty\}}{} und
\mathl{f^{-1}(-\infty) \times \{- \infty\}}{} aus dem Graphen bzw. Subgraphen herausnehmen und nur $\R$-wertige Funktionen betrachten} {.} {}
\mathdisp {\varphi: M \times \overline{ \R } \stackrel{ \psi \times p_2 }{\longrightarrow} \overline{ \R } \times \overline{ \R } \stackrel{-}{\longrightarrow } \overline{ \R }} { }
messbar. Es ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \Gamma(f) }
{ =} { { \left\{ (x,y) \in M \times \overline{ \R } \mid y = f(x) \right\} } }
{ =} { \varphi^{-1} ( 0 ) }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ S(f) }
{ =} { { \left\{ (x,y) \in M \times \overline{ \R } \mid 0 \leq y \leq f(x) \right\} } }
{ =} { p_2^{-1} { \left( \overline{ \R }_{\geq 0} \right) } \cap \varphi^{-1} { \left( \overline{ \R }_{\geq 0} \right) } }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} sodass diese beiden Mengen messbar sind.

}





\inputdefinition
{}
{

Es sei
\mathl{(M, {\mathcal A }, \mu)}{} ein $\sigma$-\definitionsverweis {endlicher}{}{} \definitionsverweis {Maßraum}{}{} und \maabbdisp {f} {M} {\overline{ \R }_{\geq 0} } {} eine \definitionsverweis {messbare}{}{} \definitionsverweis {numerische}{}{} \definitionsverweis {nichtnegative Funktion}{}{.} Dann heißt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \int_{ M } f \, d \mu }
{ \defeq} { { \left( \mu \otimes \lambda^1 \right) } (S(f)) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} das \definitionswort {Integral}{} von $f$ über $M$ \zusatzklammer {zum Maß $\mu$} {} {.}

} Diese Definition ist sowohl unmittelbar anschaulich als auch vom theoretischen Standpunkt her sehr schlagkräftig, da sie auf dem Maßbegriff beruht. Dagegen ist sie für Berechnungen direkt nicht geeignet, weshalb wir im Folgenden entsprechende Rechentechniken entwickeln werden. Diese Definition lässt die Möglichkeit zu, dass die Funktion den Wert $\infty$ annimmt, und dass das Integral diesen Wert annimmt. Im Fall von numerischen Funktion, die auch negative Werte annehmen können, führt man den Integralbegriff auf die Integrale der positiven und negativen Teilfunktion zurück. Dies ergibt aber nur dann Sinn, wenn beide Teilintegrale endlich sind.




\inputdefinition
{}
{

Es sei
\mathl{(M, {\mathcal A }, \mu)}{} ein $\sigma$-\definitionsverweis {endlicher}{}{} \definitionsverweis {Maßraum}{}{} und \maabbdisp {f} {M} {\overline{ \R } } {} eine \definitionsverweis {messbare}{}{} \definitionsverweis {numerische}{}{} Funktion. Dann heißt $f$ \definitionswort {integrierbar}{,} wenn die beiden \definitionsverweis {Integrale}{}{} \mathkor {} {\int_{ M } f_+ \, d \mu} {und} {\int_{ M } f_- \, d \mu} {} endlich sind. In diesem Fall nennt man
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \int_{ M } f \, d \mu }
{ =} { \int_{ M } f_+ \, d \mu - \int_{ M } f_- \, d \mu }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} das \definitionswort {Integral}{} von $f$.

} Mit dieser Situation ergibt sich der leicht paradoxe Sprachgebrauch, dass eine nichtnegative Funktion stets ein Integral besitzt, dass aber, wenn dieses Integral unendlich ist, die Funktion nicht integrierbar ist. Die Integrierbarkeit ist, abgesehen von der vorausgesetzten Messbarkeit, die aber nahezu immer erfüllt ist, in erster Linie ein Endlichkeitsbegriff. In diese Richtung weist auch das folgende Lemma.





\inputfaktbeweis
{Sigma-endlicher Maßraum/Messbare Funktion/Charakterisierung der Integrierbarkeit/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mathl{(M, {\mathcal A }, \mu)}{} ein $\sigma$-\definitionsverweis {endlicher}{}{} \definitionsverweis {Maßraum}{}{} und \maabbdisp {f} {M} {\overline{ \R } } {} eine \definitionsverweis {messbare}{}{} \definitionsverweis {numerische}{}{} Funktion.}
\faktuebergang {Dann sind folgende Eigenschaften äquivalent.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungvier{$f$ ist \definitionsverweis {integrierbar}{}{.} }{Der \definitionsverweis {positive}{}{} und der \definitionsverweis {negative Teil}{}{} von $f$ sind integrierbar. }{Die Betragsfunktion
\mathl{\betrag { f }}{} ist integrierbar. }{Es gibt eine integrierbare messbare Funktion \maabbdisp {h} {M} { \overline{ \R }_{\geq 0} } {} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \betrag { f(x) } }
{ \leq }{ h(x) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

\teilbeweis {}{}{}
{Die Äquivalenz von (1) und (2) ist die Definition von integrierbar.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Für die Äquivalenz von (2) und (3) verwendet man die Beziehung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \betrag { f } }
{ = }{ f_+ + f_- }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dabei ist der \definitionsverweis {Subgraph}{}{} von $\betrag { f }$ die Vereinigung der beiden Subgraphen zu \mathkor {} {f_+} {bzw.} {f_-} {,} wobei der Durchschnitt dieser Subgraphen aus der Menge
\mathl{M \times \{0\}}{} besteht und somit nach Aufgabe 69.4 das Maß $0$ besitzt. Also ist\zusatzfussnote {Wir werden später sehen, dass generell das Integral mit der Addition von Funktionen verträglich ist, das haben wir hier aber noch nicht zur Verfügung} {.} {}
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ \int_{ M } \betrag { f } \, d \mu }
{ =} { { \left( \mu \otimes \lambda^1 \right) } (S( \betrag { f } )) }
{ =} { { \left( \mu \otimes \lambda^1 \right) } (S(f_+)) + { \left( \mu \otimes \lambda^1 \right) } (S(f_-)) }
{ =} { \int_{ M } f_+ \, d \mu + \int_{ M } f_- \, d \mu }
{ } { }
} {} {}{,} und die beiden Summanden sind genau dann endlich, wenn die Summe endlich ist.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Aus (3) folgt (4), indem man
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ h }
{ = }{ \betrag { f } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} nimmt.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Wenn (4) erfüllt ist, so ist der Subgraph von
\mathl{\betrag { f }}{} im Subgraphen von $h$ enthalten, und die Monotonie des Maßes
\mathl{\mu \otimes \lambda^1}{} ergibt die Endlichkeit von
\mathl{\int_{ M } \betrag { f } \, d \mu}{,} also (3). Aus (3) folgt entsprechend (2), da der Subgraph von $f_+$ bzw. von $f_-$ eine Teilmenge des Subgraphen zu $\betrag { f }$ ist.}
{}

}


Für eine messbare Teilmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ T }
{ \subseteq }{ M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} setzt man
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \int_{ T } f \, d \mu }
{ \defeq} {\int_{ T } (f {{|}}_T) \, d \mu }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} d.h. man schaut sich die auf den Teilmaßraum $T$ eingeschränkte Funktion an. Man könnte genauso gut die Funktion $f$ durch diejenige Funktion $\tilde{f}$ ersetzen, die auf $T$ mit $f$ übereinstimmt und die außerhalb davon gleich $0$ ist. Wenn man die \definitionsverweis {Indikatorfunktion}{}{}
\mathl{e_{ T }}{} zu einer messbaren Teilmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ T }
{ \subseteq }{ M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} heranzieht, so ergibt sich
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \int_{ M } e_{ T } \, d \mu }
{ =} { \int_{ T } 1 \, d \mu }
{ =} { \mu(T) }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Diese Beschreibung des Maßes als ein Integral kann durchaus nützlich sein.

Man kann den Subgraphen als
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{S(f) }
{ =} {S^o(f) \uplus \Gamma(f) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} schreiben, wobei
\mathl{\Gamma(f)={ \left\{ (x,y) \in M \times \overline{ \R } \mid y = f(x) \right\} }}{} der Graph ist und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ S^o(f) }
{ =} { { \left\{ (x,y) \in M \times \overline{ \R } \mid y < f(x) \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gesetzt wird. Das folgende Lemma zeigt, dass der Graph eine Nullmenge ist und dass man somit den Subgraphen durch dieses
\mathl{S^o(f)}{} ersetzen kann. Dies ist für einige Ausschöpfungseigenschaften von Vorteil.





\inputfaktbeweis
{Messbare Funktion/Auf sigmaendlichem Maßraum/Graph hat Maß null/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mathl{(M, {\mathcal A }, \mu)}{} ein $\sigma$-\definitionsverweis {endlicher}{}{} \definitionsverweis {Maßraum}{}{} und \maabbdisp {f} {M} {\overline{ \R } } {} eine \definitionsverweis {messbare}{}{} \definitionsverweis {numerische}{}{} Funktion.}
\faktfolgerung {Dann ist der \definitionsverweis {Graph}{}{}
\mathl{\Gamma(f)}{} eine \definitionsverweis {Nullmenge}{}{} in
\mathl{M \times \overline{ \R }}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die Mengen
\mathl{f^{-1}(\infty) \times \{ \infty \}}{} und
\mathl{f^{-1}(-\infty) \times \{- \infty \}}{,} die beide Teilmengen des Graphen sind, sind Nullmengen in
\mathl{M \times \overline{ \R }}{.} Man kann also annehmen, dass von vornherein eine messbare Funktion \maabbdisp {f} {M} {\R } {} vorliegt. Ferner können wir annehmen, dass $\mu$ ein endliches Maß ist, da zu einer \definitionsverweis {Ausschöpfung}{}{}
\mathl{M_n \uparrow M}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \mu(M_n) }
{ < }{ \infty }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} auch
\mathl{M_n \times \R}{} eine Ausschöpfung von
\mathl{M \times \R}{} ist. Wenn der Durchschnitt des Graphen mit allen
\mathl{M_n \times \R}{} das Maß $0$ hat, so auch der Gesamtgraph.  Nehmen wir nun an, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { \left( \mu \otimes \lambda^1 \right) } { \left( \Gamma(f) \right) } }
{ > }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist. Es ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \Gamma(f) }
{ =} { \biguplus_{n \in \Z} { \left( \Gamma(f) \cap ( M \times [n,n+1[) \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {disjunkte}{}{} \definitionsverweis {abzählbare Vereinigung}{}{,} sodass mindestens einer dieser \anfuehrung{Streifen}{} ein positives Maß haben muss. Wir können $M$ durch
\mathl{f^{-1}([n,n+1[)}{} ersetzen und daher annehmen, dass das Bild von $f$ in
\mathl{[n,n+1]}{} liegt. Wir betrachten die abzählbar unendlich vielen \definitionsverweis {Verschiebungen}{}{}
\mathdisp {\Gamma(f) + q \text{ mit } q \in \Q \cap [0,1]} { . }
Diese sind \definitionsverweis {paarweise disjunkt}{}{} und sie liegen alle in
\mathl{M \times [n,n+2]}{.} Wegen der Translationsinvarianz von $\lambda^1$ ist auch für jedes $q$ die Abbildung \maabbeledisp {} {M \times \R} { M \times \R } {(x,t)} {(x,t+q) } {,} \definitionsverweis {maßtreu}{}{} \zusatzklammer {man betrachte die Quader, die das Produktmaß festlegen, siehe Aufgabe 69.12} {} {,} und daher besitzt jede Verschiebung des Graphen das gleiche Maß wie der Graph selbst. Aus
\mavergleichskettealignhandlinks
{\vergleichskettealignhandlinks
{ \sum_{ q \in \Q \cap [0,1]} { \left( \mu \otimes \lambda^1 \right) } { \left( \Gamma(f) +q \right) } }
{ =} { (\mu \otimes \lambda^1) { \left( \biguplus_{ q \in \Q \cap [0,1]} (\Gamma(f) +q) \right) } }
{ \leq} { (\mu \otimes \lambda^1) (M \times [n,n+2]) }
{ =} { \mu(M) \cdot 2 }
{ <} { \infty }
} {} {}{} ergibt sich ein Widerspruch.

}


Für einen endlichen Maßraum $M$ und eine integrierbare Funktion \maabbdisp {f} {M} {\R } {} ist
\mathl{\int_M f d \mu}{} eine reelle Zahl. Den Quotienten
\mathl{h={ \frac{ \int_M f d \mu }{ \mu(M) } }}{} nennt man den \stichwort {Durchschnittswert} {} oder \stichwort {Mittelwert} {} der Funktion $f$, da ja
\mathl{\int_M f d \mu}{} den gleichen Wert hat wie das Integral
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \int_M h d \mu }
{ =} { h \cdot \mu(M) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} zur konstanten Funktion $h$.







\zwischenueberschrift{Die Tschebyschow-Abschätzung}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Chebyshev.jpg} }
\end{center}
\bildtext {Pafnuti Lwowitsch Tschebyschow (1821-1894)} }

\bildlizenz { Chebyshev.jpg } {} {Maksim} {Commons} {PD} {}


Die folgende Aussage nennt man \stichwort {Tschebyschow-Abschätzung} {} oder \stichwort {Tschebyschow-Ungleichung} {.}




\inputfaktbeweis
{Messbare Funktion/Tschebyschow-Abschätzung/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mathl{(M, {\mathcal A }, \mu)}{} ein $\sigma$-\definitionsverweis {endlicher}{}{} \definitionsverweis {Maßraum}{}{} und \maabbdisp {f} {M} {\overline{ \R }_{\geq 0} } {} eine \definitionsverweis {messbare}{}{} \definitionsverweis {numerische}{}{} \definitionsverweis {nichtnegative Funktion}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gilt für jedes
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \in }{ \R_{\geq 0} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die Abschätzung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \int_{ M } f \, d \mu }
{ \geq} { a \cdot \mu { \left\{ x \in M \mid f(x) \geq a \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ T }
{ = }{ { \left\{ x \in M \mid f(x) \geq a \right\} } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ T \times [0, a] }
{ \subseteq} {S(f) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} also
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{a \cdot \mu(T) }
{ =} { (\mu \otimes \lambda^1 ) ( T \times [0, a]) }
{ \leq} { ( \mu \otimes \lambda^1 ) (S(f) ) }
{ =} { \int_{ M } f \, d \mu }
{ } { }
} {}{}{.}

}







\zwischenueberschrift{Bildmaße und allgemeine Transformationsformel}





\inputfaktbeweis
{Bildmaß/Allgemeine Transformationsformel/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mathl{(M, {\mathcal A }, \mu)}{} ein $\sigma$-\definitionsverweis {endlicher}{}{} \definitionsverweis {Maßraum}{}{,}
\mathl{(N, {\mathcal B })}{} ein \definitionsverweis {Messraum}{}{} und \maabbdisp {\varphi} {M} {N } {} eine \definitionsverweis {messbare Abbildung}{}{.} Es sei $\nu$ das \definitionsverweis {Bildmaß}{}{} von $\mu$ unter $\varphi$, das ebenfalls als $\sigma$-\definitionsverweis {endlich }{}{} vorausgesetzt sei, und es sei \maabbdisp {f} {N} { \overline{ \R } } {} eine $\nu$-\definitionsverweis {integrierbare Funktion}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist auch
\mathl{f \circ \varphi}{} $\mu$-\definitionsverweis {integrierbar}{}{,} und es gilt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \int_{ N } f \, d \nu }
{ =} { \int_{ M } (f \circ \varphi) \, d \mu }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Für nichtnegatives $f$ ergibt sich dies unter Verwendung von Aufgabe 65.1 und Aufgabe 69.1 aus
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ \int_{ N } f \, d \nu }
{ =} { { \left( \nu \otimes \lambda^1 \right) } (S(f)) }
{ =} { { \left( { \left( \varphi \times \operatorname{Id} \right) }_* { \left( \mu \otimes \lambda^1 \right) } \right) } (S(f)) }
{ =} { { \left( \mu \otimes \lambda^1 \right) } { \left( { \left( \varphi \times \operatorname{Id} \right) }^{-1} ( S(f)) \right) } }
{ =} { { \left( \mu \otimes \lambda^1 \right) } ( S(f \circ \varphi )) }
} {
\vergleichskettefortsetzungalign
{ =} { \int_{ M } (f \circ \varphi) \, d \mu }
{ } { }
{ } { }
{ } {}
} {}{.} Daraus ergibt sich auch der allgemeine Fall.

}







\inputbemerkung
{}
{

Wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ M }
{ = }{ [c,d] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ N }
{ = }{ [a,b] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und \maabbdisp {\varphi} {M} {N } {} eine differenzierbare bijektive streng wachsende Funktion ist, so gilt für eine \definitionsverweis {stetige Funktion}{}{} \maabbdisp {f} {N} {\R } {} die Substitutionsregel
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \int_{ a }^{ b } f ( t) \, d t }
{ =} { \int_{ c }^{ d } f( \varphi(s)) \cdot \varphi'(s) \, d s }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Um eine mit der allgemeinen Transformationsformel vergleichbare Substitutionsformel zu haben, muss man auf $M$ die Funktion
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ g }
{ = }{ f \circ \varphi }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit dem Maß $\lambda^1$ und auf $N$ die Funktion
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f }
{ = }{ (f \circ \varphi) \circ \varphi^{-1} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} betrachten. Die Substitutionsregel liefert dann
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \int_c^d f( \varphi(s)) ds }
{ =} { \int_a^b f( \varphi( \varphi^{-1}(t) )) \cdot ( \varphi^{-1}) ' (t) dt }
{ =} { \int_a^b f(t) { \frac{ 1 }{ \varphi'( \varphi^{-1}(t)) } } d t }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Links steht das Integral
\mathl{\int_M f \circ \varphi d \lambda^1}{,} also muss rechts das Integral
\mathl{\int_N f d\varphi_* \lambda^1}{} stehen. Somit wird das Bildmaß
\mathl{\varphi_* \lambda^1}{} durch die \definitionsverweis {Dichte}{}{}
\mathl{{ \frac{ 1 }{ \varphi'( \varphi^{-1}(t)) } }}{} bezüglich $\lambda^1$ gegeben. Das Bildmaß ist auch durch
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ { \left( \varphi_* \lambda^1 \right) } { \left( [r,s] \right) } }
{ =} { \lambda^1 { \left( \varphi^{-1}([r,s]) \right) } }
{ =} { \lambda^1 { \left( [ \varphi^{-1}(r), \varphi^{-1}(s) ] \right) } }
{ =} { \varphi^{-1}(s) - \varphi^{-1}(r) }
{ =} { \int_r^s { \frac{ 1 }{ \varphi ' ( \varphi^{-1} (u)) } } du }
} {} {}{} bestimmt.

}