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Kurs:Singularitätentheorie (Osnabrück 2019)/Vorlesung 23/latex

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\setcounter{section}{23}






\zwischenueberschrift{Komplexe}

In der nächsten Vorlesung wollen wir die homologische Charakterisierung von regulären Ringen beweisen. Dazu geben wir hier eine Einführung in die homologische Algebra und insbesondere zu freien Auflösungen.




\inputdefinition
{}
{

Es sei $R$ ein \definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{.} Ein \definitionswort {Kettenkomplex}{} \zusatzklammer {oder einfach Komplex} {} {} ist eine Folge
\mathbed {M_n} {}
{n \in \Z} {}
{} {} {} {,} von $R$-\definitionsverweis {Moduln}{}{} zusammen mit einer Folge von \definitionsverweis {Modulhomomorphismen}{}{\zusatzfussnote {Diese Indizierung wählen wir in Hinblick auf die freien Auflösungen weiter unten} {.} {}} \maabbdisp {d_n} {M_{n+1} } {M_n } {} mit der Eigenschaft
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ d_{n-1} \circ d_n }
{ =} { 0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} für alle
\mathl{n \in \Z}{.}

}

Dies bedeutet, dass an jeder Stelle
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{bild} d_n }
{ \subseteq} {\operatorname{kern} d_{n-1} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gilt.




\inputdefinition
{}
{

Ein \definitionsverweis {Kettenkomplex}{}{} über einem kommutativen Ring heißt \definitionswort {exakt}{} an der Stelle $n$, wenn
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{kern} d_{n-1} }
{ =} { \operatorname{bild} d_n }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gilt. Er heißt \definitionswort {exakt}{,} wenn er an jeder Stelle exakt ist.

} Dies bedeutet wiederum, dass an jeder Stelle
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{bild} d_n }
{ \supseteq} {\operatorname{kern} d_{n-1} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gilt.

In der Form von kurzen exakten Sequenzen haben wir dieses Konzept bereits kennengelernt.






\zwischenueberschrift{Flache Moduln}

Zu einer \definitionsverweis {exakten Sequenz}{}{} von $R$-\definitionsverweis {Moduln}{}{}
\mathdisp {U \longrightarrow V \longrightarrow W \longrightarrow 0} { }
und einem weiteren $R$-Modul $M$ ist nach Proposition Anhang 5.4 auch die tensorierte Sequenz
\mathdisp {U \otimes_{ R } M \longrightarrow V \otimes_{ R } M \longrightarrow W \otimes_{ R } M \longrightarrow 0} { }
exakt. Allerdings ist zu einer injektiven Abbildung \maabb {} {U} {V } {} \zusatzklammer {man denke beispielsweise an die Situation einer kurzen exakten Sequenz, bei der oben noch eine $0$ links steht} {} {} die tensorierte Abbildung \maabbdisp {} {U \otimes_{ R } M} {V \otimes_{ R } M } {} im Allgemeinen nicht injektiv. Wenn beispielsweise $f \in R$ ein Nichtnullteiler ist, so ist die Multiplikationsabbildung \maabbeledisp {\mu_f} {R} {R } {x} {fx } {,} injektiv. Für den zu einem Ideal
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{I }
{ \subseteq }{R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ \in }{I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gehörenden Restklassenring
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{M }
{ =} {R/I }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ist aber die tensorierte Abbildung \maabbdisp {\mu_f \otimes_{ R } R/I} { R \otimes_{ R } R/I = R/I } {R \otimes_{ R } R/I = R/I } {} die Nullabbildung, da ja
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{[f] }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} in $R/I$ ist. Diese ist nicht \zusatzklammer {mit der einzigen Ausnahme bei
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{I }
{ = }{R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}} {} {} injektiv.




\inputdefinition
{}
{

Es sei $R$ ein \definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{.} Ein $R$-\definitionsverweis {Modul}{}{} $M$ heißt \definitionswort {flach}{,} wenn die \definitionsverweis {Tensorierung}{}{} mit $M$ die \definitionsverweis {Exaktheit}{}{} von beliebigen Sequenzen erhält.

}

Ein \definitionsverweis {freier Modul}{}{} ist flach, siehe Aufgabe 23.1. Restklassenmoduln sind typischerweise nicht flach.


\inputfaktbeweis
{Nenneraufnahme/Flacher Modul/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $R$ ein \definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{S }
{ \subseteq }{R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {multiplikatives System}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist der $R$-\definitionsverweis {Modul}{}{}
\mathl{R_S}{} \definitionsverweis {flach}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 23.2. }


Insbesondere ist eine Lokalisierung $R_{\mathfrak p}$ an einem \definitionsverweis {Primideal}{}{} und der \definitionsverweis {Quotientenkörper}{}{} zu einem \definitionsverweis {Integritätsbereich}{}{} flach.






\zwischenueberschrift{Projektive Moduln}




\inputdefinition
{}
{

Es sei $R$ ein \definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{} und $M$ ein $R$-\definitionsverweis {Modul}{}{.} Der Modul $M$ heißt \definitionswort {projektiv}{,} wenn es zu jedem \definitionsverweis {surjektiven}{}{} $R$-\definitionsverweis {Modulhomomorphismus}{}{} \maabbdisp {\theta} {A} { B } {} und jedem Modulhomomorphismus \maabbdisp {\varphi} {M } {B } {} einen Modulhomomorphismus \maabbdisp {\psi} {M } {A } {} mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi }
{ =} { \theta \circ \psi }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gibt.

}

Ähnlich wie flache Moduln werden projektive Moduln unter Bezug auf eine universelle Eigenschaft innerhalb der Kategorie aller Moduln definiert. Dies ist innerhalb der homologischen Algebra eine weitverbreitete Vorgehensweise. Eine unmittelbare Konsequenz der universellen Eigenschaft, die von projektiven Moduln gefordert wird, ergibt sich aus dem folgenden Spezialfall. Wir betrachten die Identität \maabbdisp {\varphi} {M} {M } {} \zusatzklammer {also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{B }
{ = }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}} {} {} und eine surjektive Abbildung \maabbdisp {p} {F} {M } {} mit einem freien Modul $F$. Für $M$ projektiv gibt es dann ein \maabbdisp {\psi} {M} {F } {} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ p \circ \psi }
{ = }{ \operatorname{Id}_{ M } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dies bedeutet
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{M \oplus \operatorname{kern} p }
{ =} { F }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und das heißt, dass ein projektiver Modul ein direkter Summand eines freien Moduls ist. Umgekehrt ist ein direkter Summand eines freien Moduls selbst projektiv, siehe Aufgabe 23.4.





\inputfaktbeweis
{Kommutativer Ring/Lokal/Projektiver Modul/Frei/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $R$ ein kommutativer \definitionsverweis {lokaler Ring}{}{} und $M$ ein \definitionsverweis {endlich erzeugter}{}{} $R$-\definitionsverweis {Modul}{}{.}}
\faktuebergang {Dann ist $M$ genau dann \definitionsverweis {frei}{}{,} wenn $M$ ein \definitionsverweis {projektiver Modul}{}{} ist.}
\faktfolgerung {}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dass freie Moduln projektiv sind wurde in Lemma Anhang 17.2 bewiesen. Es sei also $M$ projektiv. Es sei
\mathl{m_1 , \ldots , m_n}{} ein minimales Erzeugendensystem von $M$ und sei \maabbdisp {p} {R^n} {M } {} der zugehörige surjektive Modulhomomorphismus. Wegen der Minimalität ist \maabbdisp {} { { \left( R/ {\mathfrak m} \right) }^n } {M/ {\mathfrak m} M } {} eine $R/ {\mathfrak m}$-\definitionsverweis {lineare}{}{} bijektive Abbildung. Wegen der Projektivität gibt es einen Modulhomomorphismus \maabb {i} {M} {R^n } {} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{p \circ i }
{ = }{ \operatorname{Id}_{ M } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{R^n }
{ \cong} { M \oplus N }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{N }
{ = }{ \operatorname{kern} p }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und wobei wir $M$ mit
\mathl{i(M)}{} identifizieren. Wir betrachten nun
\mathdisp {R^n \stackrel{\cong}{ \longrightarrow } M \oplus N \longrightarrow M} { }
und die induzierten $R/ {\mathfrak m}$-linearen Abbildungen
\mathdisp {{ \left( R/ {\mathfrak m} \right) }^n \longrightarrow M/ {\mathfrak m} M \oplus N/ {\mathfrak m} N \longrightarrow M/ {\mathfrak m} M} { . }
Hierbei ist sowohl die Abbildung links als auch die Gesamtabbildung bijektiv. Daher muss
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ N/ {\mathfrak m} N }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} sein. Aus Lemma Anhang 7.1 folgt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{N }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und somit ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{R^n }
{ = }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} frei.

}





\inputdefinition
{}
{

Ein $R$-\definitionsverweis {Modul}{}{} $M$ über einem \definitionsverweis {kommutativen Ring}{}{} $R$ heißt \definitionswort {lokal frei}{,} wenn für jedes \definitionsverweis {Primideal}{}{} ${\mathfrak p}$ von $R$ die \definitionsverweis {Lokalisierung}{}{} $M_{\mathfrak p}$ ein \definitionsverweis {freier}{}{} $R_{\mathfrak p}$-Modul ist.

}





\inputfaktbeweis
{Kommutativer Ring/Noethersch/Lokal frei/Projektiv/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei $R$ ein \definitionsverweis {noetherscher}{}{} \definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{} und $M$ ein \definitionsverweis {endlich erzeugter}{}{} $R$-\definitionsverweis {Modul}{}{.}}
\faktuebergang {Dann ist $M$ genau dann \definitionsverweis {lokal frei}{}{,} wenn $M$ ein \definitionsverweis {projektiver Modul}{}{} ist.}
\faktfolgerung {}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die eine Richtung folgt direkt aus Lemma 23.6 unter Berücksichtigung von Aufgabe 23.8. Zum Beweis der Umkehrung sei \maabb {p} {L} {M } {} ein surjektiver Modulhomomorphismus mit einem endlich erzeugten freien $R$-Modul $L$. Es ist zu zeigen, dass es einen Homomorphismus \maabb {i} {M} {L } {} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ p \circ i }
{ = }{ \operatorname{Id}_{ M } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gibt. Dies ist insbesondere dann gesichert, wenn man zeigen kann, dass der natürliche Homomorphismus \maabbeledisp {} { \operatorname{Hom}_{ R } { \left( M , L \right) } } { \operatorname{Hom}_{ R } { \left( M , M \right) } } {\varphi} { p \circ \varphi } {,} surjektiv ist, da ja dann insbesondere die Identität getroffen wird. Nach Lemma Anhang 18.4 kann man die Surjektivität lokal testen. Für die Homomorphismenmoduln gilt unter den gegebenen Endlichkeitsvoraussetzungen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \left( \operatorname{Hom}_{ R } { \left( M , L \right) } \right) }_{\mathfrak p} }
{ =} { \operatorname{Hom}_{ R_{\mathfrak p} } { \left( M_{\mathfrak p} , L_{\mathfrak p} \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Die Surjektivität von \maabbdisp {} { \operatorname{Hom}_{ R_{\mathfrak p} } { \left( M_{\mathfrak p} , L_{\mathfrak p} \right) } } { \operatorname{Hom}_{ R_{\mathfrak p} } { \left( M_{\mathfrak p} , M_{\mathfrak p} \right) } } {} folgt aber für jedes Primideal ${\mathfrak p}$ aus der Freiheit von $M_{\mathfrak p}$ und Lemma Anhang 17.2.

}





\inputfaktbeweis
{Varietät/Glatt/Kählermodul/Lokal frei/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{V }
{ \subseteq }{ { {\mathbb A}_{ K }^{ n } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {zusammenhängende}{}{} \definitionsverweis {glatte Varietät}{}{} über einem \definitionsverweis {vollkommener Körper}{}{} $K$ und es sei $R$ der \definitionsverweis {affine Koordinatenring}{}{} zu $V$.}
\faktfolgerung {Dann ist der \definitionsverweis {Modul der Kähler-Differentiale}{}{}
\mathl{\Omega_{ R {{|}} K }}{} \definitionsverweis {lokal frei}{}{} von konstantem Rang $\operatorname{dim} { \left( R \right) }$ und insbesondere ein \definitionsverweis {projektiver Modul}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

}





\inputbeispiel{}
{

Wir betrachten die reelle Sphäre
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{S^2 }
{ =} { { \left\{ (x,y,z) \mid x^2+y^2+z^2 = 1 \right\} } }
{ \subseteq} { \R^3 }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit dem \definitionsverweis {affinen Koordinatenring}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{R }
{ =} { \R [X,Y,Z]/ { \left( X^2+Y^2+Z^2-1 \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Der $R$-\definitionsverweis {Modul der Kählerdifferentiale}{}{} ist nach Korollar 13.2 gleich
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \Omega_{ R {{|}} \R } }
{ =} { R dX \oplus R dY \oplus R dZ /( XdX+YdY +ZdZ) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Eine direkte Überprüfung zeigt, dass die reelle Sphäre \definitionsverweis {glatt}{}{} ist. Nach Satz 21.7 ist somit
\mathl{\Omega_{ R {{|}} \R }}{} \definitionsverweis {lokal frei}{}{} \zusatzklammer {von konstantem Rang $2$} {} {.} Dies kann man auch direkt von der Darstellung her begründen, siehe Aufgabe 23.11. Dagegen ist
\mathl{\Omega_{ R {{|}} \R }}{} nicht frei. Dies ist eine algebraische Version des Satzes vom Igel, dass man ihn nicht glattkämmen kann, also die Stacheln nicht wirbelfrei tangential an die Kugel anlegen kann.


}






\zwischenueberschrift{Freie Auflösungen}




\inputdefinition
{}
{

Es sei $R$ ein \definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{} und $M$ ein $R$-Modul. Eine \definitionswort {freie Auflösung}{} ist ein \zusatzklammer {linksseitig unendlicher} {} {} \definitionsverweis {exakter Komplex}{}{}
\mathdisp {\ldots \longrightarrow F_2 \longrightarrow F_1 \longrightarrow F_0 \longrightarrow M \longrightarrow 0} { , }
wobei die $F_i$ \definitionsverweis {freie}{}{} \definitionsverweis {endlich erzeugte}{}{} $R$-Moduln sind.

}

Die $F_i$ haben somit die Form
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F_i }
{ = }{ R^{r_i} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mathl{r_i \in \N}{.} Die $R$-Modulhomomorphismen \maabbdisp {\theta_i} { F_{i+1} = R^{r_{i+1} } } {F_i = R^{r_i} } {} werden durch Matrizen beschrieben. Da \maabb {} {F_0} {M } {} surjektiv ist, muss $M$ endlich erzeugt sein, wenn es für ihn eine freie Auflösung gibt. Den Modul $M$ kann man aus der Auflösung $F_\bullet$, bei der man $M$ weglässt, als Kokern von $\theta_0$ rekonstruieren. Die Bedeutung von freien Auflösungen liegt darin, beliebig komplizierte und insbesondere hochgradig nichtfreie Moduln durch freie Moduln zu beschreiben.





\inputfaktbeweis
{Noetherscher Ring/Modul/Endlich erzeugt/Freie Auflösung/Existenz/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $R$ ein \definitionsverweis {noetherscher}{}{} \definitionsverweis {kommutativer Ring}{}{} und $M$}
\faktvoraussetzung {ein \definitionsverweis {endlich erzeugter}{}{} $R$-Modul.}
\faktfolgerung {Dann besitzt $M$ eine \definitionsverweis {freie Auflösung}{}{} mit endlich erzeugten freien Moduln.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Znächst gibt es einen surjektiven $R$-\definitionsverweis {Modulhomomorphismus}{}{} \maabbdisp {\theta_{-1}} {F= R^{r_0}} {M } {,} wobei die Standardvektoren $e_i$ auf ein \zusatzklammer {endliches} {} {} Erzeugendensystem $m_i$ von $M$ abgebildet werden. Somit hat man eine kurze exakte Sequenz
\mathdisp {0 \longrightarrow M_0 = \operatorname{kern} \left( \theta_{-1} \right) \longrightarrow F_0 \longrightarrow M \longrightarrow 0} { . }
Nach Satz 10.4 (Algebraische Kurven (Osnabrück 2017-2018)) ist $F_0$ ein \definitionsverweis {noetherscher Modul}{}{} und somit ist $M_0$ ebenfalls endlich erzeugt. Man findet daher wieder eine Surjektion \maabbdisp {\theta_0} {F_1} {M_0 } {} und so kann man induktiv fortfahren.

}





\inputdefinition
{}
{

Eine \definitionsverweis {freie Auflösung}{}{}
\mathdisp {\ldots \longrightarrow F_2 \longrightarrow F_1 \longrightarrow F_0 \longrightarrow M \longrightarrow 0} { }
eines $R$-\definitionsverweis {Moduls}{}{} heißt \definitionswort {minimal}{,} wenn in jedem Schritt die Abbildung \maabbdisp {\theta_i} { F_{i+1}} { M_i \subseteq F_i } {} durch ein \definitionsverweis {Erzeugendensystem}{}{} von
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{M_i }
{ =} { \operatorname{kern} \theta_{i-1} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} von minimaler Anzahl gegeben ist.

}


\inputfaktbeweis
{Lokaler Ring/Modul/Freie Auflösung/Minimal/Ränge/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $R$ ein \definitionsverweis {lokaler}{}{} \definitionsverweis {noetherscher Ring}{}{,} $M$ ein \definitionsverweis {endlich erzeugter}{}{} $R$-\definitionsverweis {Modul}{}{} und
\mathdisp {\ldots \longrightarrow F_2 \longrightarrow F_1 \longrightarrow F_0 \longrightarrow M \longrightarrow 0} { }
eine \definitionsverweis {minimale freie Auflösung}{}{} von $M$.}
\faktfolgerung {Dann ist der Rang von $F_i$ gleich der $R/ {\mathfrak m}$-\definitionsverweis {Dimension}{}{} von
\mathl{M_i \otimes_{ R } R/ {\mathfrak m}}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{M_i }
{ = }{ \operatorname{kern} \left( \theta_{i-1} \right) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 23.12. }





\inputfaktbeweis
{Lokaler Ring/Modul/Freie Auflösung/Minimal/Eindeutigkeit/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei $R$ ein \definitionsverweis {lokaler}{}{} \definitionsverweis {noetherscher Ring}{}{} und $M$ ein \definitionsverweis {endlich erzeugter}{}{} $R$-\definitionsverweis {Modul}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist die \definitionsverweis {minimale freie Auflösung}{}{} von $M$ im folgenden Sinne eindeutig bestimmt: Wenn
\mathdisp {\ldots \longrightarrow F_2 \longrightarrow F_1 \longrightarrow F_0 \longrightarrow M \longrightarrow 0} { }
und
\mathdisp {\ldots \longrightarrow G_2 \longrightarrow G_1 \longrightarrow G_0 \longrightarrow M \longrightarrow 0} { }
minimale freie Auflösungen von $M$ sind, dann gibt es $R$-\definitionsverweis {Modulisomorphismen}{}{} \maabbdisp {\Psi_i} {F_i } {G_i } {} derart, dass die Diagramme
\mathdisp {\begin{matrix} F_{i+1} & \stackrel{ \theta_i }{\longrightarrow} & F_i & \\ \!\!\!\!\! \Psi_{i+1} \downarrow & & \downarrow \Psi_i \!\!\!\!\! & \\ G_{i+1} & \stackrel{ \theta_i' }{\longrightarrow} & G_i & \!\!\!\!\! \\ \end{matrix}} { }
kommutieren.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wir konstruieren induktiv die
\mathbed {\Psi_i} {}
{i \in \N} {}
{} {} {} {.} Für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{i }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} betrachten wir die Situation
\mathdisp {\begin{matrix}F_0 & \stackrel{ \theta_{-1} }{\longrightarrow} & M & \\ \!\!\! \!\! ? \downarrow & \nearrow \theta_{-1}' \!\!\! \!\! & \\ G_0 & & & & \!\!\!\!\! \!\!\! . \\ \end{matrix}} { }
Wegen der Minimalität rühren beide Abbildungen von einem minimalen Modulerzeugendensystem der Länge $n$ von $M$ her, sagen wir
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\theta_{-1} (e_j) }
{ =} { u_j }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\theta_{-1}' (e_j) }
{ =} { v_j }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Es ist dann
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \theta_{-1} (e_j) }
{ =} { u_j }
{ =} { \sum_{i =1}^n r_{ij} v_i }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Durch die Festlegung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \Psi_0 (e_j) }
{ \defeq} { \sum_{i =1}^n r_{ij} e_i }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} erhält man dann einen $R$-Modulhomomorphismus von $F_0$ nach $G_0$, der mit den gegebenen Abbildungen kommutiert. Die Abbildung ist surjektiv, da andernfalls ein echter Untermodul von $G_0$ schon surjektiv auf $M$ abbildet würde, was der Minimalität von $G_0$ widerspricht \zusatzklammer {siehe Aufgabe 23.15} {} {.} Dieser Isomorphismus führt somit auch die Kerne
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{M_0 }
{ =} { \operatorname{kern} \theta_{-1} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ N_0 }
{ =} { \operatorname{kern} \theta_{-1}' }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ineinander über. Es sei nun vorausgesetzt, dass die Isomorphismen $\Psi_i$ schon konstruiert sind und die Kerne ineinander überführen. Dann liegt die Situation
\mathdisp {\begin{matrix} F_{i+1} & \stackrel{ \theta_i }{\longrightarrow} & M_i & \stackrel{ }{\longrightarrow} & F_i & \\ \!\!\!\!\! ? \downarrow & & \!\!\!\!\! \Psi_i {{|}}_{M_i} \downarrow & & \downarrow & & \\ G_{i+1} & \stackrel{ \theta_i' }{\longrightarrow} & N_i & \stackrel{ }{\longrightarrow} & G_i & \!\!\!\!\! \\ \end{matrix}} { }
vor, wobei das Quadrat rechts kommutiert. Sowohl \mathkor {} {\theta_i} {als auch} {\theta_i'} {} rühren von einem minimalen Erzeugendensystem von \mathkor {} {M_i} {bzw.} {N_i} {} her. Das im Wesentlichen gleiche Argument wie am Induktionsanfang zeigt, dass es einen Isomorphismus \maabbdisp {\Psi_{i+1}} {F_{i+1}} {G_{i+1} } {} gibt, der die Kerne ineinander überführt.

}






\zwischenueberschrift{Endliche projektive Dimension}




\inputdefinition
{}
{

Es sei $R$ ein \definitionsverweis {noetherscher}{}{} \definitionsverweis {lokaler Ring}{}{} und $M$ ein \definitionsverweis {endlich erzeugter}{}{} $R$-\definitionsverweis {Modul}{}{.} Man sagt, dass $M$ eine \stichwort {endliche projektive Dimension} {} besitzt, wenn es eine freie Auflösung
\mathdisp {\ldots \longrightarrow F_2 \longrightarrow F_1 \longrightarrow F_0 \longrightarrow M \longrightarrow 0} { }
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F_n }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ \geq }{n_0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gibt. In diesem Fall nennt man das Minimum der $n$ mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F_{n+1} }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle freie Auflösungen die \definitionswort {projektive Dimension}{} von $M$.

}

Die projektive Dimension eines Moduls ist also das Maximum des Indexes, wo in jeder freien Auflösung ein Modul $\neq 0$ stehen muss. Ein endlich erzeugter freier Modul $\neq M$ besitzt demnach die projektive Dimension $0$, der Nullmodul die projektive Dimension $-1$. Zu einem Nichtnullteiler
\mathl{f \in {\mathfrak m}}{} besitzt der Restklassenmodul $R/(f)$ die projektive Dimension $1$, da eine freie Auflösung
\mathdisp {0 \longrightarrow R \stackrel{f}{ \longrightarrow} R \longrightarrow R/(f) \longrightarrow 0} { }
vorliegt, und
\mathl{R/(f)}{} selbst nicht frei ist.




\inputbeispiel{}
{

Es sei $R$ ein zweidimensionaler \definitionsverweis {lokaler}{}{} \definitionsverweis {regulärer Ring}{}{} mit dem \definitionsverweis {maximalen Ideal}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak m} }
{ = }{ (x,y) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dann ist
\mathdisp {0 \longrightarrow R \stackrel{ \begin{pmatrix} y \\-x \end{pmatrix} }{ \longrightarrow} R^2 \stackrel{ (x,y)}{\longrightarrow} R \longrightarrow R/ {\mathfrak m} \longrightarrow 0} { }
eine \definitionsverweis {freie Auflösung}{}{} des \definitionsverweis {Restklassenkörpers}{}{} $R/ {\mathfrak m}$. Dieser besitzt also die \definitionsverweis {projektive Dimension}{}{} $2$. Die einzige Stelle, an der die Exaktheit nicht direkt klar ist, ist für $R^2$. Es seien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{(a,b) }
{ \in }{R^2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ax+by }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dies bedeutet
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ax }
{ = }{-by }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und dies bedeutet
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ ax }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} in $R/(y)$. Nach Lemma 21.4 ist dies ein regulärer Ring der Dimension $1$ und $x$ erzeugt darin das maximale Ideal. Wegen Satz 21.5 ist $R/(y)$ ein Integritätsbereich und somit ist dort
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dies heißt zurückübersetzt nach $R$, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ = }{cy }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist. Da $y$ ein Nichtnullteiler in $R$ ist, folgt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{b }
{ = }{-cx }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und somit ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \begin{pmatrix} a \\b \end{pmatrix} }
{ =} { c \begin{pmatrix} y \\-x \end{pmatrix} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}


}





\inputfaktbeweis
{Lokaler Ring/Endliche freie Auflösung/Direkter Summand/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $R$ ein \definitionsverweis {lokaler}{}{} \definitionsverweis {noetherscher Ring}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L }
{ = }{M \oplus N }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {endlich erzeugter}{}{} $R$-\definitionsverweis {Modul}{}{} mit einer \definitionsverweis {endlichen projektiven Dimension}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann besitzen auch die direkten Summanden \mathkor {} {M} {und} {N} {} eine endliche projektive Dimension, die höchstens so groß wie die von $L$ ist.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wir führen Induktion über die projektive Dimension von $L$. Wenn diese gleich $0$ ist, so bedeutet dies, dass $L$ frei ist. Doch dann sind \mathkor {} {M} {und} {N} {} als direkte Summanden \definitionsverweis {projektiv}{}{} und somit nach Lemma 23.6 selbst frei. Es sei die Aussage nun für endliche projektive Dimension $e$ bewiesen und
\mathl{M \oplus N}{} habe die projektive Dimension $e+1$. Es sei \maabbdisp {} {R^n} {M \oplus N } {} surjektiv und minimal. Dabei kann man annehmen, dass dies von surjektiven Abbildungen \maabb {} {R^{n_1}} {M } {} und \maabb {} {R^{n_2}} {N } {} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n_1+n_2 }
{ = }{n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} herrührt. Dann ist der Kern davon von der Form
\mathl{M' \oplus N'}{} und man kann darauf die Induktionsvoraussetzung anwenden.

}