Dedekindscher Schnitt/Vollständigkeit/Einführung/Textabschnitt

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Definition  

Unter einem Dedekindschen Schnitt versteht man ein Paar bestehend aus Teilmengen der rationalen Zahlen, die folgende Eigenschaften erfüllen.

  1. und sind nicht leer.
  2. d.h. es liegt eine Zerlegung der Menge aller rationalen Zahlen in zwei Teilmengen vor.

  3. Für jedes und jedes ist .
  4. Zu gibt es ein mit .

Bemerkung  

Die Mengen bzw. heißen auch die Untermenge bzw. Obermenge des Dedekindschen Schnittes. Sie legen sich wegen der Bedingung (2) gegenseitig fest. Jede reelle Zahl (und auch jedes Element in einem angeordneten Körper) definiert einen Dedekindschen Schnitt, indem man

und

setzt. Die Eigenschaften sind erfüllt, wie eine direkte Überprüfung zeigt. Man spricht von einem Punktschnitt. Ob ein Dedekindscher Schnitt ein Punktschnitt ist, hängt wesentlich vom Körper ab. Der durch definierte Dedekindsche Schnitt ist in ein Punktschnitt, in aber nicht.


Die Vollständigkeit der reellen Zahlen hat folgende Auswirkungen auf die Dedekindschen Schnitte.


Satz  

In den reellen Zahlen ist jeder Dedekindsche Schnitt

ein Punktschnitt, d.h. es gibt ein mit

Beweis  

Es seien und . Wir definieren rekursiv eine Intervallschachtelung mit und . Wir setzen und . Wenn und schon definiert sind, so setzen wir

und

Damit ist stets , und insbesondere , die Folgen sind wachsend bzw. fallend und die Intervalllänge wird in jedem Schritt halbiert. Somit liegt eine Intervallschachtelung vor. Nach Fakt gibt es genau eine reelle Zahl , die in allen Intervallen liegt. Wir behaupten, dass dieses der trennende Punkt ist, d.h. wir müssen

zeigen. Es sei zunächst . Dann ist für jedes und somit ist . Da mit auch noch größere Elemente enthält, sagen wir , gilt sogar . Wenn dagegen , also ist, so zeigt die gleiche Argumentation mit vertauschten Rollen die Beziehung .


Bemerkung  

Mit den Dedekindschen Schnitten kann man, wie mit Cauchy-Folgen, die reellen Zahlen konstruieren; Bei diesem Zugang definiert man direkt die reellen Zahlen als die Menge aller Dedekindschen Schnitte. Man muss dann natürlich auf der Ebene der Schnitte eine Addition, eine Multiplikation und eine Ordnungsrelation einführen und die gewünschten Eigenschaften nachweisen, siehe Aufgabe, Aufgabe, Aufgabe, Aufgabe. Dies ist ein gangbarer Weg. Der Vorteil liegt darin, dass es direkt eine Korrespondenz zwischen Dedekindschen Schnitten und den reellen Zahlen gibt, man muss nicht verschiedene Darstellungen (mit Hilfe einer Äquivalenzrelation) identifizieren. Der Nachteil ist, das Dedekindsche Schnitte abgesehen von dieser Konstruktion keine wichtige Rolle in der Mathematik spielen, während Folgen und Intervallschachtelungen überall in der Mathematik begegnen. Auch der rechnerisch-approximative Aspekt ist bei Dedekindschen Schnitten nicht wirklich vorhanden.