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Kurs:Grundkurs Mathematik (Osnabrück 2016-2017)/Teil I/Vorlesung 14

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„Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern Kunst macht sichtbar“



Division mit Rest

Jede natürliche Zahl lässt sich bekanntlich als eine Ziffernfolge „im Zehnersystem“ ausdrücken. Dies beruht auf der (sukzessiven) Division mit Rest. Eine natürliche Zahl ist nicht durch jede natürliche Zahl teilbar, die Division mit Rest liefert eine Operation, die stets durchführbar ist.



Es sei eine fixierte positive natürliche Zahl.

Dann gibt es zu jeder natürlichen Zahl eine eindeutig bestimmte natürliche Zahl und eine eindeutig bestimmte natürliche Zahl[1] , , mit

Zur Existenz.  Dies wird durch Induktion über bewiesen. Es sei fixiert. Der Induktionsanfang für ergibt sich direkt mit und . Für den Induktionsschluss sei die Aussage für bewiesen, d.h. wir haben eine Darstellung mit und müssen eine ebensolche Darstellung für finden. Wenn ist, so ist

und wegen ist dies eine gesuchte Darstellung. Ist hingegen , so ist

und dies ist eine gesuchte Darstellung.
Zur Eindeutigkeit. Sei , wobei die Bedingungen jeweils erfüllt seien. Es sei ohne Einschränkung . Dann gilt . Diese Differenz ist nichtnegativ und kleiner als , links steht aber ein Vielfaches von , sodass die Differenz sein muss und die beiden Darstellungen übereinstimmen.


Zu gegebenen natürlichen Zahlen mit findet man die Division mit Rest, also die Darstellung , indem man der Reihe nach die Vielfachen von betrachtet. Das größte Vielfache von (gleich oder) unterhalb von ist das gesuchte , insbesondere muss das nächste Vielfache sein. Der Rest ergibt sich dann als .


In der Schule verwendet man häufig eine Darstellung für die Division mit Rest wie

Dies ist in Hinblick auf die mathematische Weiterverarbeitung ungünstiger als die im Satz verwendete Gleichungsform.



Zifferndarstellung für natürliche Zahlen

Mit der Division mit Rest können wir die Existenz und Eindeutigkeit der üblichen Zifferndarstellung einer natürlichen Zahl beweisen. Hinter der Zifferndarstellung verbirgt sich eine Mischung aus Addition, Multiplikation und Potenzierung. Wir konzentrieren uns hauptsächlich auf die Ziffernentwicklung im Dezimalsystem (oder Zehnersystem).


Zu jeder natürlichen Zahl

gibt es eindeutig bestimmte natürliche Zahlen und mit und mit (außer bei ) mit der Eigenschaft

Wir beweisen die Existenzaussage durch Induktion über . Für wählt man und . Es sei nun und die Aussage für kleinere Zahlen schon bewiesen. Nach Satz 14.1 mit gibt es eine Darstellung

mit zwischen und . Es ist , deshalb gilt nach Induktionsvoraussetzung die Aussage für . D.h. man kann

mit (bei ist dies als leere Summe zu lesen) und mit schreiben. Daher ist

eine Darstellung der gesuchten Art. Dabei ist für und .
Die Eindeutigkeit folgt ebenfalls aus der Eindeutigkeit bei der Division mit Rest, siehe Aufgabe 14.11.


Eine natürliche Zahl wird im Zehnersystem einfach dadurch angegeben, dass die Ziffern nebeneinander hingeschrieben werden, wobei links die höchststellige Ziffer (die vorderste Ziffer) und rechts die niedrigststellige Ziffer, also die Einerziffer, steht. Die Zahl

wird also einfach als

geschrieben (in der gemischten Summen-und Produktdarstellung hätte man den Ausdruck auch weglassen können, nicht aber in der Dezimaldarstellung). Eine beliebige natürliche Zahl im Dezimalsystem mit Ziffern gibt man als

an, was die Zahl

bedeutet. Man beachte, dass wegen der gewünschten Kongruenz die Durchnummerierung der Ziffern bei anfängt, und somit bei insgesamt Ziffern die höchststellige Ziffer die Nummer besitzt. Wenn man von der -ten Ziffer spricht, meint man die Ziffer, die sich auf bezieht. Von daher spricht man besser von der Einerziffer (bezieht sich auf ), der Zehnerziffer, der Hunderterziffer, der Tausenderziffer u.s.w. Gelegentlich ist es sinnvoll, auch Ziffernentwicklungen zuzulassen, die vorne mit Nullen beginnen, beispielsweise wenn man bei der Addition zweier natürlicher Zahlen gleich viele Ziffern haben möchte.

Aus dem Beweis zu Satz 14.3 kann man ablesen, wie man zu einer irgendwie gegebenen natürlichen Zahl die Entwicklung im Zehnersystem erhält. Man dividiert die Zahl durch und der Rest ergibt die Endziffer. Dann zieht man von diesen Rest ab und weiß, dass diese Zahl ein Vielfaches von ist. Man dividiert sie durch und bestimmt für das Ergebnis erneut den Rest, der die Zehnerziffer gibt, u.s.w. Bei diesem Verfahren berechnet man also die Ziffern von hinten nach vorne.

Ein anderes Verfahren, bei dem man die Ziffern von vorne nach hinten berechnet, geht folgendermaßen: Man bestimmt die maximale Zehnerpotenz , die in hineinpasst, es muss also

gelten. Dann findet man das maximale Vielfache von , das in hineinpasst, also die Zahl mit

Diese Zahl muss zwischen und liegen. Der Wert

kann nicht sein, da ansonsten im Widerspruch zur Wahl der Zehnerpotenz wäre, ein Wert kann nicht sein, da ansonsten

wäre, was wieder der Wahl der Zehnerpotenz widerspricht. Diese Ziffer ist dann die Anfangsziffer der Dezimalentwicklung. Nun rechnet man

und weiß nach der Wahl von und , dass diese neue Zahl echt kleiner als ist. Man bestimmt das maximale Vielfache von unterhalb von , der Vorfaktor (der jetzt auch sein kann) ergibt die Ziffer und man zieht das Vielfache von ab und wiederholt das Verfahren.


Es sei eine natürliche Zahl in der Form

gegeben, wobei die beliebige natürliche Zahlen sind, also nicht unbedingt kleiner als sein müssen. Die zu gehörige Dezimalentwicklung erhält man sukzessive durch folgende Vorgehensweise. Man führt für die Division mit Rest durch durch und erhält eine Darstellung

mit einem Rest , . Damit ist

Somit haben wir eine neue Darstellung von , bei der die Einerziffer kleiner als ist. Als nächstes arbeitet man den neuen Vorfaktor (also ) zu ab und bringt ihn auf die erlaubte Zifferngestalt, wobei der davor liegenden Vorfaktor wieder geändert wird. Dies führt letztlich zur Darstellung im Dezimalsystem.


Für Rechnungen ist das Dezimalsystem sehr gut geeignet, wie die aus der Schule bekannten und im Laufe der Vorlesung zu entwickelnden Algorithmen zeigen werden, für theoretische Überlegungen und Beweise, auch über das Dezimalsystem selbst, ist die obige gemischte Summen- und Produktdarstellung besser geeignet, da darin die grundlegenden Verknüpfungen auf den natürlichen Zahlen sichtbar werden.


Eine zu Satz 14.3 entsprechende Aussage gilt für jede Basis statt . Bei spricht man vom Dualsystem, die einzigen Ziffern sind und , bei vom Dreiersystem mit den Ziffern u.s.w. Bei spricht man vom Hexadezimalsystem und verwendet die Ziffern .

Dass das Dezimalsystem nur eine unter vielen möglichen Darstellungen einer natürlichen Zahl ist, wird besonders deutlich, wenn man Darstellungen in verschiedenen Ziffernsystemen (oder Stellenwertsystemen) ineinander umrechnet.


Wir wollen die im Dezimalsystem gegebene Zahl im Dreiersystem ausdrücken. Dazu müssen wir (analog zur zweiten Methode aus Bemerkung 14.4) die größte Dreierpotenz finden, die unterhalb liegt. Das ist

(da zu groß ist). Für diese Potenz müssen wir schauen, wie oft sie in hineingeht. Wegen

sind das zweimal. Wir wissen daher, dass die Entwicklung der Zahl im Dreiersystem beinhaltet, die Ziffer steht somit als Anfangsziffer fest. Die weitere Ziffernentwicklung hängt jetzt nur von der Differenz

ab. Diese Zahl ist kleiner als

was bedeutet, dass die dritte Dreierpotenz „gar nicht“ und das heißt hier mit der Ziffer vorkommt. Wir arbeiten dann mit und mit der nächstkleineren Dreierpotenz weiter, also mit

Diese hat wieder zweimal Platz in , die Differenz ist

Die

passt wieder zweimal rein, übrig bleibt . Im Dreiersystem lautet also die Ziffernentwicklung

Diese Ziffernfolge kann man sukzessive notieren (Nullen nicht vergessen) oder aber in der Rechnung stets deutlich machen, auf welche Potenz sich der jeweilige Rechenschritt bezieht und dann zum Schluss daraus die Ziffernfolge ablesen.




Fußnoten
  1. Bei denke man an Quotient und bei an Rest.


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