Kurs:Mathematik (Osnabrück 2009-2011)/Teil II/Vorlesung 48/latex
\setcounter{section}{48}
\zwischenueberschrift{Die Taylor-Formel}
\inputfaktbeweis
{Mehrere Variablen/Taylor-Formel/Abschätzung auf Ballumgebung/Fakt}
{Satz}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G
}
{ \subseteq }{ \R^n
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
\definitionsverweis {offen}{}{,}
\maabbdisp {f} {G} {\R} {}}
\faktvoraussetzung {eine $k$-mal
\definitionsverweis {stetig differenzierbare}{}{}
\definitionsverweis {Funktion}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P
}
{ \in }{G
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein Punkt und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \epsilon
}
{ > }{0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
derart, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U { \left( P,\epsilon \right) }
}
{ \subseteq }{G
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ist.}
\faktfolgerung {Dann gilt für alle $v$ mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P+v
}
{ \in }{ U { \left( P,\epsilon \right) }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
die Beziehung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f(P+v)
}
{ =} { \sum_{ \betrag { \, r \, } \leq k } { \frac{ 1 }{ r! } } D^r f(P) \cdot v^r + R_{k}(v)
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{,}
wobei
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{lim}_{ v \rightarrow 0 } \, { \frac{ \Vert {R_{k}(v)} \Vert }{ \Vert {v} \Vert^{k} } }
}
{ =} { 0
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
ist.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Nach
Satz 47.5
gibt es zu jedem
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v
}
{ \in }{ U { \left( 0,\epsilon \right) }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein
\zusatzklammer {von $v$ abhängiges} {} {}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{c
}
{ \in }{[0,1]
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
mit
\mavergleichskettealignhandlinks
{\vergleichskettealignhandlinks
{f(P+v)
}
{ =} { \sum_{ \betrag { \, r \, } \leq k-1 } { \frac{ 1 }{ r! } } D^r f(P) \cdot v^r + \sum_{ \betrag { \, r \, } = k } { \frac{ 1 }{ r! } } D^r f(P+cv) \cdot v^r
}
{ =} { \sum_{ \betrag { \, r \, } \leq k } { \frac{ 1 }{ r! } } D^r f(P) \cdot v^r + \sum_{ \betrag { \, r \, } = k } { \frac{ 1 }{ r! } } { \left( D^r f(P+cv) -D^rf(P) \right) } v^r
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}
{}{.}
Die rechte Summe ist also die Abweichungsfunktion $R_k$, die wir abschätzen müssen. Wegen
\mavergleichskettealignhandlinks
{\vergleichskettealignhandlinks
{ \Vert {R_k(v)} \Vert
}
{ \leq} { \sum_{ \betrag { \, r \, } = k } { \frac{ 1 }{ r! } } \Vert { D^r f(P+cv) -D^rf(P) } \Vert \cdot \Vert {v^r} \Vert
}
{ =} { \sum_{ \betrag { \, r \, } = k } { \frac{ 1 }{ r! } } \Vert { D^r f(P+cv) -D^rf(P) } \Vert \cdot \betrag { v_1^{r_1} } \cdots \betrag { v_n^{r_n} }
}
{ \leq} { \sum_{ \betrag { \, r \, } = k } { \frac{ 1 }{ r! } } \Vert { D^r f(P+cv) -D^rf(P) } \Vert \cdot \Vert {v } \Vert^{r_1} \cdots \Vert {v} \Vert^{r_n}
}
{ =} { \sum_{ \betrag { \, r \, } = k } { \frac{ 1 }{ r! } } \Vert { D^r f(P+cv) -D^rf(P) } \Vert \cdot \Vert {v } \Vert^k
}
}
{}
{}{}
ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ \Vert {R_k(v)} \Vert }{ \Vert {v} \Vert^k } }
}
{ \leq} { \sum_{ \betrag { \, r \, } = k } { \frac{ 1 }{ r! } } \Vert { D^r f(P+cv) -D^rf(P) } \Vert
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Da nach Voraussetzung die $k$-ten
\definitionsverweis {Richtungsableitungen}{}{}
\definitionsverweis {stetig}{}{}
sind, existiert für jede einzelne Funktion
\mathl{D^r f(P+cv) -D^rf(P)}{} der Limes für
\mathl{v \rightarrow 0}{} und ist gleich $0$. Daher gilt dies auch für die Summe rechts und damit auch für den Ausdruck links.
\zwischenueberschrift{Hinreichende Kriterien für lokale Extrema}
Wir kommen jetzt zu hinreichenden Kriterien für die Existenz von lokalen Extrema einer Funktion \maabbdisp {f} {G} {\R } {,} die auf Eigenschaften der zweiten Richtungsableitungen, genauer der Hesse-Form, beruhen und die entsprechenden Kriterien in einer Variablen verallgemeinern. Zunächst brauchen wir ein Lemma, das beschreibt, wie die Definitheit der Hesse-Form vom Punkt abhängt.
\inputfaktbeweis
{Zweimal stetig differenzierbare Funktion/Offenheit der positiv definiten Hesse-Form/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei $V$ ein
\definitionsverweis {endlichdimensionaler}{}{}
\definitionsverweis {reeller Vektorraum}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G
}
{ \subseteq }{V
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {offene}{}{}
Teilmenge
und
\maabbdisp {f} {G} {\R} {}
eine zweimal
\definitionsverweis {stetig differenzierbare}{}{}
\definitionsverweis {Funktion}{}{.}}
\faktvoraussetzung {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P
}
{ \in }{G
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein Punkt, in dem die
\definitionsverweis {Hesse-Form}{}{}
\mathl{\operatorname{Hess}_{ P } \, f}{}
\definitionsverweis {positiv (negativ) definit}{}{}
sei.}
\faktfolgerung {Dann gibt es eine offene Umgebung
\mathbed {U} {}
{P \in U \subseteq G} {}
{} {} {} {,}
derart, dass die Hesse-Form
\mathl{\operatorname{Hess}_{ Q } \, f}{} in jedem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Q
}
{ \in }{U
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
positiv
\zusatzklammer {negativ} {} {}
definit ist.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Es sei
\mathl{v_1 , \ldots , v_n}{} eine
\definitionsverweis {Basis}{}{}
von $V$, und sei
\mathl{H (Q)}{} die
\definitionsverweis {Gramsche Matrix}{}{}
zur Hesse-Form
\mathl{\operatorname{Hess}_{ Q } \, f}{} im Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Q
}
{ \in }{G
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
bezüglich dieser Basis. Aufgrund der Differenzierbarkeitsvoraussetzungen hängt
\mathl{H(Q)}{}
\definitionsverweis {stetig}{}{}
von $Q$ ab. Daher hängen auch die
\definitionsverweis {Determinanten}{}{}
der quadratischen Untermatrizen von
\mathl{H(Q)}{} stetig von $Q$ ab. Die Determinanten
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ D_k(P)
}
{ =} { \det ((H(P)_{i,j} )_{1 \leq i,j \leq k} )
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
sind
nach Korollar 47.2
alle von $0$ verschieden. Daher gibt es eine offene Umgebung
\mathbed {U} {}
{P \in U \subseteq G} {}
{} {} {} {,}
derart, dass für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Q
}
{ \in }{U
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
die Determinanten
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ D_k(Q)
}
{ =} { \det ((H (Q)_{i,j} )_{1 \leq i,j \leq k} )
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
das gleiche Vorzeichen haben wie
\mathl{D_k(P)}{.} Da diese Vorzeichen nach
Korollar 47.2
über die Definitheit entscheiden, folgt die Behauptung.
\inputfaktbeweis
{Zweimal stetig differenzierbare Funktion/Definitheit der Hesse-Form/Extrema/Fakt}
{Satz}
{}
{
\faktsituation {Es sei $V$ ein
\definitionsverweis {endlichdimensionaler}{}{}
\definitionsverweis {reeller Vektorraum}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G
}
{ \subseteq }{V
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {offene}{}{}
Teilmenge
und
\maabbdisp {f} {G} {\R} {}
eine zweimal
\definitionsverweis {stetig differenzierbare}{}{}
\definitionsverweis {Funktion}{}{.}
Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P
}
{ \in }{G
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \left(Df\right)_{P}
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}}
\faktuebergang {Dann gelten folgende Aussagen.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungdrei{Wenn
\mathl{\operatorname{Hess}_{ P } \, f}{}
\definitionsverweis {negativ definit}{}{}
ist, so besitzt $f$ ein
\definitionsverweis {isoliertes}{}{}
\definitionsverweis {lokales Maximum}{}{}
in $P$.
}{Wenn
\mathl{\operatorname{Hess}_{ P } \, f}{}
\definitionsverweis {positiv definit}{}{}
ist, so besitzt $f$ ein
\definitionsverweis {isoliertes}{}{} \definitionsverweis {lokales Minimum}{}{}
in $P$.
}{Wenn
\mathl{\operatorname{Hess}_{ P } \, f}{}
\definitionsverweis {indefinit}{}{}
ist, so besitzt $f$ in $P$ weder ein lokales Minimum noch ein lokales Maximum.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
\teilbeweis {}{}{}
{(1). Aufgrund von
Lemma 48.2
gibt es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \delta
}
{ > }{0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
derart, dass die
\definitionsverweis {Hesse-Form}{}{}
\mathl{\operatorname{Hess}_{ Q } \, f}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Q
}
{ \in }{ U { \left( P,\delta \right) }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
\definitionsverweis {negativ definit}{}{}
ist. Für alle Vektoren
\mathbed {v \in V} {}
{v \in U { \left( 0,\delta \right) }} {}
{} {} {} {,}
gibt es nach
Satz 47.5
ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{c
}
{ = }{c(v)
}
{ \in }{[0,1]
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f(P+v)
}
{ =} { f(P) + \sum_{ \betrag { \, r \, } = 2 } { \frac{ 1 }{ r! } } D^r f(P+c v) \cdot v^r
}
{ =} { f(P) + { \frac{ 1 }{ 2 } } \operatorname{Hess}_{ P+cv } \, f ( v,v)
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{,}
wobei die erste Formulierung sich auf eine fixierte Basis bezieht und wobei die zweite Identität auf
Aufgabe 48.7
beruht. Da die Hesse-Form negativ definit ist, steht rechts für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{v
}
{ \neq }{0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine Zahl, die echt kleiner als
\mathl{f(P)}{} ist. Daher liegt ein isoliertes lokales Maximum vor.}
{}
\teilbeweis {}{}{}
{(2) wird wie (1) bewiesen oder durch Betrachten von $-f$ darauf zurückgeführt.}
{}
\teilbeweis {}{}{}
{(3). Es sei
\mathl{\operatorname{Hess}_{ P } \, f}{}
\definitionsverweis {indefinit}{}{.}
Dann gibt es Vektoren
\mathkor {} {v} {und} {w} {}
mit
\mathdisp {\operatorname{Hess}_{ P } \, f ( v,v) > 0 \text{ und } \operatorname{Hess}_{ P } \, f ( w,w) < 0} { . }
Wegen der stetigen Abhängigkeit der Hesse-Form gelten diese Abschätzungen auch für
\mathl{\operatorname{Hess}_{ Q } \, f}{} für $Q$ aus einer offenen Umgebung von $P$
\zusatzklammer {mit den gleichen Vektoren $v$ und $w$} {} {.}
Wir können durch Skalierung von
\mathkor {} {v} {und} {w} {}
annehmen, dass
\mathkor {} {P+v} {und} {P+w} {}
zu dieser Umgebung gehören. Wie im Beweis zu Teil (1) gilt daher
\zusatzklammer {$v$ und $w$ sind nicht $0$} {} {}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f(P+v)
}
{ =} { f(P) + { \frac{ 1 }{ 2 } } \operatorname{Hess}_{ P+cv } \, f ( v,v)
}
{ >} { f(P)
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f(P+w)
}
{ =} { f(P) + { \frac{ 1 }{ 2 } } \operatorname{Hess}_{ P+dw } \, f ( w,w)
}
{ <} { f(P)
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{c,d
}
{ \in }{[0,1]
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Also kann in $P$ kein lokales Extremum vorliegen.}
{}
\inputbeispiel{}
{
Wir betrachten die
\definitionsverweis {Funktion}{}{}
\maabbeledisp {f} {\R^2} {\R
} {(x,y)} {x+3x^2-2xy-y^2+y^3
} {.}
Die
\definitionsverweis {partiellen Ableitungen}{}{}
sind
\mathdisp {{ \frac{ \partial f }{ \partial x } } = 1+6x-2y \text{ und } { \frac{ \partial f }{ \partial y } } = -2x-2y+3y^2} { . }
Zur Berechnung der
\definitionsverweis {kritischen Punkte}{}{}
dieser Funktion eliminieren wir $x$ und erhalten die Bedingung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{9y^2-8y+1
}
{ =} { 0
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{,} die zu
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{y
}
{ =} { { \frac{ \pm \sqrt{7} }{ 9 } } + { \frac{ 4 }{ 9 } }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
führt. Die kritischen Punkte sind also
\mathdisp {P_1 = \left( { \frac{ 2 \sqrt{7} -1 }{ 54 } } , \, { \frac{ \sqrt{7} }{ 9 } } + { \frac{ 4 }{ 9 } } \right) \text{ und } P_2 = \left( { \frac{ -2 \sqrt{7} -1 }{ 54 } } , \, { \frac{ - \sqrt{7} }{ 9 } } + { \frac{ 4 }{ 9 } } \right)} { . }
Die
\definitionsverweis {Hesse-Form}{}{}
ist in einem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Q
}
{ = }{ (x,y)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
gleich
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{Hess}_{ Q } \, f
}
{ =} { \begin{pmatrix} 6 & -2 \\ -2 & -2+6y \end{pmatrix}
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Zur Bestimmung des Definitheitstyps ziehen wir
Satz 47.1
heran, wobei der erste Minor, also $6$, natürlich positiv ist. Die Determinante der Hesse-Matrix ist
\mathdisp {-16 +36 y} { , }
was genau bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{y
}
{ > }{ { \frac{ 4 }{ 9 } }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
positiv ist. Dies ist im Punkt $P_1$ der Fall, aber nicht im Punkt $P_2$. Daher ist die Hesse-Matrix im Punkt $P_1$ nach
Satz 47.1
positiv definit und somit besitzt die Funktion $f$ im Punkt $P_1$ nach
Satz 48.3
ein isoliertes
\definitionsverweis {lokales Minimum}{}{,}
das zugleich ein
\definitionsverweis {globales Minimum}{}{}
ist. In $P_2$ ist die Determinante negativ, sodass dort die Hesse-Form
\definitionsverweis {indefinit}{}{}
ist und somit, wiederum nach
Satz 48.3,
kein Extremum vorliegen kann.
}
\inputbeispiel{}
{
Wir betrachten die
\definitionsverweis {Abbildung}{}{}
\maabbeledisp {\varphi} {\R_+ \times \R} { \R
} {(x,y)} { x^y
} {.}
Nach
Aufgabe 26.10
ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ x^y
}
{ =} { e^{ ( \ln x) \cdot y }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Die
\definitionsverweis {partiellen Ableitungen}{}{}
sind
\mathdisp {{ \frac{ \partial \varphi }{ \partial x } } = { \frac{ y }{ x } } \cdot e^{ ( \ln x) \cdot y} = { \frac{ y }{ x } } \cdot x^y \text{ und } { \frac{ \partial \varphi }{ \partial y } } = ( \ln x ) \cdot e^{ ( \ln x) \cdot y} = ( \ln x ) \cdot x^y} { . }
Da die Exponentialfunktion stets positiv ist, ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P
}
{ = }{(1,0)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
der einzige
\definitionsverweis {kritische Punkt}{}{.}
Die
\definitionsverweis {Hesse-Matrix}{}{}
in einem Punkt
\mathl{(x,y)}{} ist
\mavergleichskettedisphandlinks
{\vergleichskettedisphandlinks
{ \begin{pmatrix} { \frac{ -y+y^2 }{ x^2 } } \cdot e^{ ( \ln x) \cdot y} & { \frac{ 1 + y \ln x }{ x } } \cdot e^{ ( \ln x) \cdot y} \\ { \frac{ 1 + y \ln x }{ x } } \cdot e^{ ( \ln x) \cdot y} & ( \ln x)^2 \cdot e^{ ( \ln x) \cdot y} \end{pmatrix}
}
{ =} { \begin{pmatrix} { \frac{ -y+y^2 }{ x^2 } } \cdot x^y & { \frac{ 1 + y \ln x }{ x } } \cdot x^y \\ { \frac{ 1 + y \ln x }{ x } } \cdot x^y & ( \ln x)^2 \cdot x^y \end{pmatrix}
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
In $P$ ist dies
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{Hess}_{ P } \, \varphi
}
{ =} { \begin{pmatrix} 0 & 1 \\ 1 & 0 \end{pmatrix}
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Nach
Korollar 47.2
ist daher die Hesse-Form im kritischen Punkt weder
\definitionsverweis {positiv definit}{}{}
noch
\definitionsverweis {negativ definit}{}{.}
Man kann direkt zeigen, dass diese Matrix
\definitionsverweis {indefinit}{}{}
ist
\zusatzklammer {vom
\definitionsverweis {Typ}{}{}
\mathlk{(1,1)}{}} {} {,}
da diese Bilinearform auf
\mathl{\begin{pmatrix} 1 \\1 \end{pmatrix}}{} positiv und auf
\mathl{\begin{pmatrix} 1 \\-1 \end{pmatrix}}{} negativ definit ist. Nach
Satz 48.3
liegt in diesem Punkt also kein
\definitionsverweis {Extremum}{}{}
vor.
Dies kann man auch ohne Differentialrechnung erkennen. Für
\mathkor {} {x=1} {oder} {y=0} {}
ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x^y
}
{ = }{1
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Ansonsten gelten die folgenden Beziehungen.
\aufzaehlungvier{Für
\mathkor {} {0<x<1} {und} {y>0} {}
ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x^y
}
{ < }{1
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
}{Für
\mathkor {} {x>1} {und} {y>0} {}
ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x^y
}
{ > }{1
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
}{Für
\mathkor {} {0<x<1} {und} {y<0} {}
ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x^y
}
{ > }{1
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
}{Für
\mathkor {} {x>1} {und} {y<0} {}
ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x^y
}
{ < }{1
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
}
Daher gibt es in jeder Umgebung von
\mathl{(1,0)}{} Punkte, an denen die Funktionswerte größer bzw. kleiner als $1$ sind.
}
\zwischenueberschrift{Vollständige metrische Räume}
In den folgenden Vorlesungen werden wir verstärkt topologische Hilfsmittel verwenden, insbesondere werden wir mit allgemeinen vollständigen Räumen \zusatzklammer {einschließlich Funktionenräumen} {} {} arbeiten. Einem Großteil der folgenden Definition sind wir schon bei Aufgaben begegnet.
\inputdefinition
{}
{
Eine
\definitionsverweis {Folge}{}{}
\mathl{{ \left( x_n \right) }_{n \in \N }}{} in einem
\definitionsverweis {metrischen Raum}{}{}
$M$ heißt \definitionswort {Cauchy-Folge}{,} wenn folgende Bedingung erfüllt ist.
Zu jedem
\mathbed {\epsilon \in \R} {}
{\epsilon >0} {}
{} {} {} {,}
gibt es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ n_0
}
{ \in }{ \N
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
derart, dass für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ n,m
}
{ \geq }{ n_0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
die Beziehung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ d { \left( x_n, x_m \right) }
}
{ \leq} { \epsilon
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
gilt.
}
\inputdefinition
{}
{
Ein \definitionsverweis {metrischer Raum}{}{} $M$ heißt \definitionswort {vollständig}{,} wenn jede \definitionsverweis {Cauchy-Folge}{}{} in $M$ \definitionsverweis {konvergiert}{}{.}
}
\inputdefinition
{}
{
Es sei
\maabbeledisp {f} { L} { M
} {x} {f(x)
} {,}
eine
\definitionsverweis {Abbildung}{}{}
zwischen den
\definitionsverweis {metrischen Räumen}{}{}
\mathkor {} {L} {und} {M} {.} Die Abbildung heißt \definitionswort {Lipschitz-stetig}{,} wenn es eine
\definitionsverweis {reelle Zahl}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c
}
{ \geq }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ d { \left( f(x), f(y) \right) }
}
{ \leq} { c \cdot d { \left( x, y \right) }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x,y
}
{ \in }{ L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
gibt.
}
Eine solche Zahl $c$ heißt \stichwort {Lipschitz-Konstante} {.} Lipschitz-stetige Funktionen mit einer Lipschitz-Konstanten
\mathl{< 1}{} bekommen einen eigenen Namen.
\inputdefinition
{}
{
Es sei
\maabbeledisp {f} { L} { M
} {x} {f(x)
} {,}
eine
\definitionsverweis {Abbildung}{}{}
zwischen den
\definitionsverweis {metrischen Räumen}{}{}
\mathkor {} {L} {und} {M} {.} Dann heißt $f$ \definitionswort {stark kontrahierend}{,} wenn es eine nichtnegative
\definitionsverweis {reelle Zahl}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c
}
{ < }{ 1
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
gibt mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ d { \left( f(x), f(y) \right) }
}
{ \leq} { c \cdot d { \left( x, y \right) }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x,y
}
{ \in }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
} Die Zahl $c$ nennt man auch einen \stichwort {Kontraktionsfaktor} {.}
\inputdefinition
{}
{
Es sei $M$ eine Menge und
\maabbdisp {f} {M} {M
} {}
eine
\definitionsverweis {Abbildung}{}{.}
Ein Element
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x
}
{ \in }{M
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(x)
}
{ = }{x
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
heißt \definitionswort {Fixpunkt}{} der Abbildung.
}
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