Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2019-2020)/Teil I/Vorlesung 11/latex

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\setcounter{section}{11}


\epigraph { Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern Kunst macht sichtbar } { Paul Klee }






\zwischenueberschrift{Der Zwischenwertsatz}

Wir interessieren uns dafür, was unter einer stetigen Abbildung \maabb {f} {\R} {\R } {} mit einem Intervall
\mathl{[a,b]}{} passiert. Die Werte \mathkor {} {f(a)} {und} {f(b)} {} gehören natürlich zum Bild. Der Zwischenwertsatz besagt, dass alle Zahlen zwischen \mathkor {} {f(a)} {und} {f(b)} {} ebenfalls zum Bild des Intervalls gehören.




\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Intermediatevaluetheorem.svg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Intermediatevaluetheorem.svg } {Enoch Lau} {Kpengboy} {Commons} {CC-by-sa 3.0} {}





\inputfaktbeweis
{Reelle Analysis/Zwischenwertsatz/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es seien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \leq }{ b }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {reelle Zahlen}{}{} und sei \maabb {f} {[a,b]} { \R } {} eine \definitionsverweis {stetige Funktion}{}{.} Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ u }
{ \in }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine reelle Zahl zwischen \mathkor {} {f(a)} {und} {f(b)} {.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c }
{ \in }{ [a,b] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(c) }
{ = }{ u }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wir beschränken uns auf die Situation
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(a) }
{ \leq }{u }
{ \leq }{f(b) }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und zeigen die Existenz von einem solchen $c$ mit Hilfe einer Intervallhalbierung. Dazu setzt man \mathkor {} {a_0 \defeq a} {und} {b_0 \defeq b} {,} betrachtet die Intervallmitte
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c_0 }
{ \defeq }{ { \frac{ a_0 + b_0 }{ 2 } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und berechnet
\mathdisp {f(c_0)} { . }
Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f { \left( c_0 \right) } }
{ \leq }{ u }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} setzt man
\mathdisp {a_1 \defeq c_0 \text{ und } b_1 \defeq b_0} { }
und bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f { \left( c_0 \right) } }
{ > }{ u }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} setzt man
\mathdisp {a_1 \defeq a_0 \text{ und } b_1 \defeq c_0} { . }
In jedem Fall hat das neue Intervall
\mathl{[a_1,b_1]}{} die halbe Länge des Ausgangsintervalls und liegt in diesem. Da es wieder die Voraussetzung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f { \left( a_1 \right) } }
{ \leq }{ u }
{ \leq }{ f { \left( b_1 \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} erfüllt, können wir darauf das gleiche Verfahren anwenden und gelangen so rekursiv zu einer \definitionsverweis {Intervallschachtelung}{}{.} Sei $c$ die durch diese Intervallschachtelung gemäß Satz 8.12 definierte \definitionsverweis {reelle Zahl}{}{.} Für die unteren Intervallgrenzen gilt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f { \left( a_n \right) } }
{ \leq }{ u }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und das überträgt sich wegen der Stetigkeit nach dem Folgenkriterium auf den Grenzwert $c$, also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f { \left( c \right) } }
{ \leq }{ u }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Für die oberen Intervallgrenzen gilt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f { \left( b_n \right) } }
{ \geq }{ u }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und das überträgt sich ebenfalls auf $c$, also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f(c) }
{ \geq }{ u }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}  Also ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f(c) }
{ = }{ u }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}

}


Die in diesem Beweis beschriebene Methode ist konstruktiv und kann zu einem expliziten Verfahren ausgebaut werden.





\inputfaktbeweis
{Reelle Analysis/Nullstellensatz/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es seien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \leq }{ b }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {reelle Zahlen}{}{} und sei \maabb {f} {[a,b]} { \R } {} eine \definitionsverweis {stetige Funktion}{}{}}
\faktvoraussetzung {mit \mathkor {} {f(a) \leq 0} {und} {f(b) \geq 0} {.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{\R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \leq }{x }
{ \leq }{b }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(x) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,}}
\faktzusatz {d.h. $f$ besitzt eine Nullstelle zwischen \mathkor {} {a} {und} {b} {.}}
\faktzusatz {}

}
{

Dies folgt direkt aus Satz 11.1.

}





\inputverfahren{}
{

Es seien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a }
{ \leq }{ b }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {reelle Zahlen}{}{} und sei \maabb {f} {[a,b]} { \R } {} eine \definitionsverweis {stetige Funktion}{}{} mit \mathkor {} {f(a) \leq 0} {und} {f(b) \geq 0} {.} Dann besitzt die Funktion aufgrund des Zwischenwertsatzes eine Nullstelle in diesem Intervall. Diese kann man wie im Beweis des Zwischenwertsatzes beschrieben durch eine \stichwort {Intervallhalbierung} {}
\mathl{[a_n,b_n]}{} finden. Dabei setzt man \mathkor {} {a_0=a} {und} {b_0=b} {,} die weiteren Intervallgrenzen werden induktiv derart definiert, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(a_n) }
{ \leq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(b_n) }
{ \geq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt. Man setzt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x_n }
{ = }{ { \frac{ a_n+b_n }{ 2 } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und berechnet $f(x_n)$. Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f { \left( x_n \right) } }
{ \leq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} setzt man
\mathdisp {a_{n+1} \defeq x_n \text{ und } b_{n+1} \defeq b_n} { }
und bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f { \left( x_n \right) } }
{ > }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} setzt man
\mathdisp {a_{n+1} \defeq a_n \text{ und } b_{n+1} \defeq x_n} { . }
In jedem Fall hat das neue Intervall
\mathl{[a_{n+1}, b_{n+1}]}{} die halbe Länge des Vorgängerintervalls und es liegt eine Intervallhalbierung vor. Die durch die Intervallschachtelung definierte \definitionsverweis {reelle Zahl}{}{} $x$ ist eine Nullstelle der Funktion.

}




\inputbeispiel{}
{

Wir wollen eine Nullstelle des Polynoms
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f(x) }
{ =} {x^3-4x+2 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit Hilfe von Verfahren 11.3 approximieren. Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(1) }
{ = }{-1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(2) }
{ = }{2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} es muss also nach Korollar 11.2 eine Nullstelle im Intervall
\mathl{[1,2]}{} geben. Wir berechnen den Funktionswert an der Intervallmitte
\mathl{{ \frac{ 3 }{ 2 } }}{} und erhalten
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f { \left( { \frac{ 3 }{ 2 } } \right) } }
{ =} { { \frac{ 27 }{ 8 } } - 4 \cdot { \frac{ 3 }{ 2 } } +2 }
{ =} { { \frac{ 27- 48+16 }{ 8 } } }
{ =} { { \frac{ -5 }{ 8 } } }
{ <} { 0 }
} {}{}{.} Wir müssen also mit dem rechten Teilintervall
\mathl{[ { \frac{ 3 }{ 2 } } , 2]}{} weitermachen. Dessen Intervallmitte ist
\mathl{{ \frac{ 7 }{ 4 } }}{.} Der Funktionswert an dieser Stelle ist


\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f { \left( { \frac{ 7 }{ 4 } } \right) } }
{ =} { { \left( { \frac{ 7 }{ 4 } } \right) }^3 - 4 \cdot { \frac{ 7 }{ 4 } } +2 }
{ =} { { \frac{ 343 }{ 64 } } -5 }
{ =} { { \frac{ 343 - 320 }{ 64 } } }
{ =} { { \frac{ 23 }{ 64 } } }
} {
\vergleichskettefortsetzung
{ >} { 0 }
{ } {}
{ } {}
{ } {}
}{}{.} Jetzt müssen wir mit dem linken Teilintervall
\mathl{[ { \frac{ 3 }{ 2 } } , { \frac{ 7 }{ 4 } } ]}{} weitermachen, dessen Mitte ist
\mathl{{ \frac{ 13 }{ 8 } }}{.} Der Funktionswert an dieser Stelle ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f { \left( { \frac{ 13 }{ 8 } } \right) } }
{ =} { { \left( { \frac{ 13 }{ 8 } } \right) }^3 - 4 \cdot { \frac{ 13 }{ 8 } } +2 }
{ =} { { \frac{ 2197 }{ 512 } } - { \frac{ 13 }{ 2 } } +2 }
{ =} { { \frac{ 2197 -3328+1024 }{ 512 } } }
{ =} { { \frac{ -107 }{ 512 } } }
} {
\vergleichskettefortsetzung
{ <} { 0 }
{ } {}
{ } {}
{ } {}
}{}{.} Somit wissen wir, dass es eine Nullstelle zwischen \mathkor {} {{ \frac{ 13 }{ 8 } }} {und} {{ \frac{ 7 }{ 4 } } = { \frac{ 14 }{ 8 } }} {} gibt.


}






\inputbemerkung
{}
{

Die Existenz von beliebigen Wurzeln aus nichtnegativen reellen Zahlen folgt aus dem Zwischenwertsatz, da die stetige Funktion
\mathl{X^k - c}{} zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{c }
{ \geq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} sowohl negative als auch positive Werte annimmt und daher auch eine Nullstelle haben muss. Der Beweis zu Satz 8.13 beruht auf dem Verfahren des Zwischenwertsatzes, ohne dass explizit auf die Stetigkeit Bezug genommen wird.

}




\inputbeispiel{}
{

Ein regelmäßiger quadratischer Tisch mit vier Beinen
\mathl{A,B,C,D}{} steht auf einem unebenen, aber stufenfreien Untergrund. Im Moment steht er auf den Beinen
\mathl{A,B,C}{} und das Bein $D$ ragt in die Höhe \zusatzklammer {wenn man $B,C$ in ihrer Position belässt und $D$ auf den Boden drückt, würde $A$ versinken} {} {.} Wir behaupten, dass man den Tisch durch eine \zusatzklammer {maximal Viertel} {} {-}Drehung um die eigene Achse \zusatzklammer {sagen wir gegen den Uhrzeigersinn} {} {} in eine Position bringen kann, wo er auf allen vier Beinen steht \zusatzklammer {wobei der Tisch nicht unbedingt genau horizontal stehen muss} {} {.} Dazu betrachten wir die Funktion, die einem Drehwinkel \zusatzklammer {zwischen \mathkork {} {0} {und} {90} {} Grad} {} {} die Höhe des Beines $D$ über dem Grund zuordnet, wenn die drei übrigen Beine auf dem Boden stehen \zusatzklammer {würden} {} {.} Dabei kann diese Höhe auch negativ werden \zusatzklammer {was sich bei einem sandigen Untergrund praktisch realisieren lässt; sonst denke man sich dies \anfuehrung{virtuell}{}} {} {.} Bei $0$ Grad ist die Höhe positiv. Bei
\mathl{90}{} Grad erhält man eine Situation, die symmetrisch zur Ausgangssposition ist, wobei aber nach wie vor die Beine
\mathl{A,B,C}{} auf dem Boden sein sollen. Wegen der in der Klammer formulierten Beobachtung muss die Höhe von $D$ negativ sein. Die Funktion hat also auf dem Intervall
\mathl{[0 , 90]}{} sowohl positive als auch negative Werte. Da sie wegen der Stufenfreiheit stetig ist, besitzt sie nach dem Zwischenwertsatz auch eine Nullstelle.


}






\zwischenueberschrift{Stetige bijektive Funktionen und ihre Umkehrfunktion}

Für eine bijektive stetige Funktion auf einem reellen Intervall ist die Umkehrabbildung wieder stetig. Dies ist keineswegs selbstverständlich.





\inputfaktbeweisnichtvorgefuehrt
{Reelles abgeschlossenes Intervall/Streng wachsend/Umkehrfunktion/Stetig/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{I }
{ \subseteq }{\R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {Intervall}{}{} und \maabbdisp {f} {I} {\R } {} eine \definitionsverweis {stetige}{}{,} \definitionsverweis {streng wachsende}{}{} \definitionsverweis {Funktion}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist das \definitionsverweis {Bild}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ J }
{ \defeq} { f(I) }
{ =} { { \left\{ f(x) \mid x \in I \right\} } }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ebenfalls ein Intervall, und die \definitionsverweis {Umkehrabbildung}{}{} \maabbdisp {f^{-1}} {J} {I } {} ist ebenfalls stetig.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

\teilbeweis {}{}{}
{Dass das Bild wieder ein Intervall ist folgt aus Satz 11.1.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Die Funktion $f$ ist \definitionsverweis {injektiv}{}{,} da sie streng wachsend ist und damit ist die Abbildung \maabbdisp {f} {I} {J } {} auf das Bild \definitionsverweis {bijektiv}{}{.}}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Die Umkehrfunktion \maabbdisp {f^{-1}} {J} {I } {} ist ebenfalls streng wachsend.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{g }
{ \defeq }{ f^{-1} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{y }
{ \defeq }{ f(x) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} vorgegeben. \fallunterscheidungzwei {Es sei zunächst $y$ kein \definitionsverweis {Randpunkt}{}{} von $J$. Dann ist auch $x$ kein Randpunkt von $I$. Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \epsilon }
{ > }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} vorgegeben und ohne Einschränkung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ [x- \epsilon, x+ \epsilon] }
{ \subseteq }{ I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} angenommen. Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \delta }
{ \defeq} { {\min { \left( y-f(x- \epsilon) , f(x + \epsilon)-y \right) } } }
{ >} { 0 }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{y' }
{ \in }{[ y- \delta, y + \delta ] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt wegen der Monotonie
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ g(y') }
{ \in} { [g(y-\delta), g(y+ \delta)] }
{ \subseteq} { [x- \epsilon, x+ \epsilon] }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Also ist $g$ stetig in $y$.}
{Wenn $y$ ein Randpunkt von $J$ ist, so ist auch $x$ ein Randpunkt von $I$, sagen wir der rechte Randpunkt. Dann ist zu vorgegebenem
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \epsilon }
{ > }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} wieder
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ [x- \epsilon, x] }
{ \subseteq }{ I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \delta }
{ \defeq }{ y-f(x- \epsilon) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} erfüllt die geforderte Eigenschaft.}
}
{}

}







\zwischenueberschrift{Wurzelfunktionen}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {RacineNieme.svg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { RacineNieme.svg } {} {HB} {Commons} {CC-by-sa 3.0} {}





\inputfaktbeweis
{Reelle Zahlen/kte Wurzeln aus reellen Zahlen/Über Zwischenwertsatz/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n }
{ \in }{ \N_+ }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktvoraussetzung {Für $n$ ungerade ist}
\faktfolgerung {die Potenzfunktion \maabbeledisp {} {\R} {\R } {x} {x^n } {,} \definitionsverweis {stetig}{}{,} \definitionsverweis {streng wachsend}{}{,} \definitionsverweis {bijektiv}{}{} und die \definitionsverweis {Umkehrfunktion}{}{} \maabbeledisp {} {\R} {\R } {x} { x^{1/n} } {,} ist streng wachsend und stetig.}
\faktzusatz {Für $n$ gerade ist die Potenzfunktion \maabbeledisp {} {\R_{\geq 0} } {\R_{\geq 0} } {x} {x^n } {,} stetig, streng wachsend, bijektiv und die \definitionsverweis {Umkehrfunktion}{}{} \maabbeledisp {} {\R_{\geq 0}} {\R_{\geq 0} } {x} { x^{1/n} } {,} ist streng wachsend und stetig.}
\faktzusatz {}

}
{

Die Stetigkeit ergibt sich aus Korollar 10.7. Das strenge Wachstum für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \geq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} folgt aus der allgemeinen binomischen Formel. Für ungerades $n$ folgt das strenge Wachstum für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ < }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} aus der Beziehung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x^n }
{ = }{ - (-x)^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und dem Verhalten im positiven Bereich. Daraus ergibt sich die Injektivität. Für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \geq }{1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x^n }
{ \geq }{x }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} woraus die Unbeschränktheit des Bildes nach oben folgt. Bei $n$ ungerade folgt ebenso die Unbeschränktheit des Bildes nach unten. Aufgrund des Zwischenwertsatzes ist das Bild daher \mathkor {} {\R} {bzw.} {\R_{\geq 0}} {.} Somit sind die angegebenen Potenzfunktionen surjektiv und die Umkehrfunktionen existieren. Die Stetigkeit der Umkehrfunktionen folgt aus Satz 11.7.

}





\inputbeispiel{}
{

Die Schallgeschwindigkeit auf der Erde ist abhängig von der Temperatur. Wenn man mit der absoluten Temperatur $T$ (gemessen in Kelvin) arbeitet, so gilt die Beziehung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ v }
{ = }{ 20,06 \sqrt{T} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} wobei die Schallgeschwindigkeit in
\mathl{m/s}{} gemessen wird. Für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ T }
{ = }{ 300K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist also die Schallgeschwindigkeit ungefähr gleich
\mathl{347,5 m/s}{.}


}






\zwischenueberschrift{Der Satz von Bolzano-Weierstraß}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Karl_Weierstrass_2.jpg} }
\end{center}
\bildtext {Karl Weierstraß (1815-1897)} }

\bildlizenz { Karl Weierstrass 2.jpg } {Conrad Fehr} {} {Commons} {PD} {}


Die folgende Aussage heißt \stichwort {Satz von Bolzano-Weierstraß} {.}




\inputfaktbeweis
{Reelle Zahlen/Bolzano Weierstraß/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mathl{{ \left( x_n \right) }_{n \in \N }}{} eine \definitionsverweis {beschränkte}{}{} \definitionsverweis {Folge}{}{} von \definitionsverweis {reellen Zahlen}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann besitzt die Folge eine \definitionsverweis {konvergente}{}{} \definitionsverweis {Teilfolge}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die Folge
\mathl{{ \left( x_n \right) }_{n \in \N }}{} sei durch
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{a_0 }
{ \leq} { x_n }
{ \leq} { b_0 }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} beschränkt. Wir definieren zuerst induktiv eine \definitionsverweis {Intervallhalbierung}{}{} derart, dass in den Intervallen unendlich viele Folgenglieder liegen. Das Startintervall ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ I_0 }
{ \defeq }{ [a_0,b_0] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es sei das $k$-te Intervall
\mathl{I_{ k }}{} bereits konstruiert. Wir betrachten die beiden Hälften
\mathdisp {[a_{ k }, \frac{ a_{ k }+b_{ k } }{2}] \text{ und } [ \frac{a_{ k }+b_{ k } }{2},b_{ k }]} { . }
In mindestens einer der Hälften liegen unendlich viele Folgenglieder, und wir wählen als Intervall
\mathl{I_{ k +1}}{} eine Hälfte mit unendlich vielen Gliedern. Da sich bei diesem Verfahren die Intervalllängen mit jedem Schritt halbieren, liegt eine Intervallschachtelung vor. Als Teilfolge wählen wir nun ein beliebiges Element
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ x_{n_k} }
{ \in} { I_k }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ n_{ k } }
{ > }{ n_{ k-1 } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dies ist möglich, da es in diesen Intervallen unendlich viele Folgenglieder gibt. Diese Teilfolge konvergiert nach Aufgabe 8.18 gegen die durch die Intervallschachtelung bestimmte Zahl $x$.

}







\zwischenueberschrift{Minima und Maxima}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Extrema_example_it.svg} }
\end{center}
\bildtext {} }

\bildlizenz { Extrema example it.svg } {} {KSmrq} {Commons} {CC-by-sa 3.0} {}




\inputdefinition
{}
{

Es sei $M$ eine Menge und \maabbdisp {f} {M} {\R } {} eine \definitionsverweis {Funktion}{}{.} Man sagt, dass $f$ in einem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} das \definitionswort {Maximum}{} annimmt, wenn
\mathdisp {f(x) \geq f(x') \text { für alle } x' \in M \text{ gilt}} { , }
und dass $f$ das \definitionswort {Minimum}{} annimmt, wenn
\mathdisp {f(x) \leq f(x') \text { für alle } x' \in M \text{ gilt}} { . }

}

Die gemeinsame Bezeichnung für ein Maximum oder ein Minimum ist \stichwort {Extremum} {.} In der vorstehenden Definition spricht man auch von dem \stichwort {globalen Maximum} {,} da darin Bezug auf sämtliche Elemente der Definitionsmenge genommen wird. Interessiert man sich nur für das Verhalten in einer offenen, eventuell kleinen Umgebung, so gelangt man zum Begriff des lokalen Maximums.




\inputdefinition
{}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{D }
{ \subseteq }{\R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine Teilmenge und sei \maabbdisp {f} {D} {\R } {} eine \definitionsverweis {Funktion}{}{.} Man sagt, dass $f$ in einem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{D }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionswort {lokales Maximum}{} besitzt, wenn es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \epsilon }
{ > }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} derart gibt, dass für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x' }
{ \in }{ D }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \betrag { x-x' } }
{ \leq }{ \epsilon }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die Abschätzung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f(x) }
{ \geq} { f(x') }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gilt. Man sagt, dass $f$ in
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{D }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionswort {lokales Minimum}{} besitzt, wenn es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \epsilon }
{ > }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} derart gibt, dass für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x' }
{ \in }{ D }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \betrag { x-x' } }
{ \leq }{ \epsilon }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die Abschätzung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f(x) }
{ \leq} { f(x') }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gilt.

}

Wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(x) }
{ > }{f(x') }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x' }
{ \neq }{x }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt, so spricht man von einem \stichwort {isolierten Maximum} {.}





\inputfaktbeweisnichtvorgefuehrt
{Stetige Funktion/Abgeschlossenes beschränktes Intervall/Maximum wird angenommen/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ [a,b] }
{ \subseteq }{ \R }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein abgeschlossenes beschränktes \definitionsverweis {Intervall}{}{} und sei \maabbdisp {f} {[a,b]} {\R } {} eine \definitionsverweis {stetige Funktion}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{[a,b] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mathdisp {f(x) \geq f(x') \text{ für alle } x' \in [a,b]} { . }
}
\faktzusatz {D.h., dass die Funktion ihr Maximum \zusatzklammer {und ihr Minimum} {} {} annimmt.}
\faktzusatz {}

}
{

Nach dem Zwischenwertsatz wissen wir, dass das Bild
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{J }
{ \defeq }{ f([a,b]) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Intervall ist. \teilbeweis {Wir zeigen zunächst, dass $J$ \zusatzklammer {nach oben und nach unten} {} {} beschränkt ist.\leerzeichen{}}{}{}
{ Wir nehmen dazu an, dass $J$ nicht nach oben beschränkt ist. Dann gibt es eine Folge
\mathl{{ \left( x_n \right) }_{n \in \N }}{} in $I$ mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f(x_n) }
{ \geq }{ n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Nach Satz 11.10 besitzt
\mathl{{ \left( x_n \right) }_{n \in \N }}{} eine konvergente Teilfolge. Da
\mathl{[a,b]}{} abgeschlossen ist, gehört der Grenzwert der Teilfolge zu
\mathl{[a,b]}{.} Wegen der Stetigkeit muss dann auch die Bildfolge konvergieren. Die Bildfolge ist aber unbeschränkt, so dass sie nach Lemma 7.9 nicht konvergieren kann, und sich ein Widerspruch ergibt.}
{}

\teilbeweis {}{}{}
{Es sei nun $y$ das Supremum von $J$, das es nach Satz 18.8 gibt. Es gibt nach Aufgabe ***** eine Folge
\mathl{{ \left( y_n \right) }_{n \in \N }}{} in $J$, die gegen das Supremum konvergiert. Nach Definition von $J$ gibt es eine Folge
\mathl{{ \left( x_n \right) }_{n \in \N }}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f(x_n) }
{ = }{ y_n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Für diese Folge gibt es wieder nach Satz 11.10 eine konvergente Teilfolge. Es sei $x$ der Grenzwert dieser Teilfolge. Somit ist aufgrund der Stetigkeit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f(x) }
{ = }{ y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und daher
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ y }
{ \in }{ J }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
{}

}


Mit der Differentialrechnung werden wir bald schlagkräftige Methoden kennenlernen, um Minima und Maxima zu bestimmen.