Kurs:Einführung in die Algebra (Osnabrück 2009)/Vorlesung 18/latex

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\setcounter{section}{18}






\zwischenueberschrift{Faktorielle Ringe}

In der letzten Vorlesung haben wir gesehen, dass in einem Hauptidealbereich einerseits jedes irreduzible Element prim ist und andererseits jedes Element ein Produkt von irreduziblen Elementen und damit auch von Primelementen ist. Wir werden gleich zeigen, dass unter diesen Voraussetzung die Zerlegung in Primelemente sogar im Wesentlichen eindeutig ist. Um dies prägnant fassen zu können, dient der Begriff des faktoriellen Ringes




\inputdefinition
{}
{

Ein \definitionsverweis {Integritätsbereich}{}{} heißt \definitionswort {faktorieller Bereich}{,} wenn jede \definitionsverweis {Nichteinheit}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} sich als ein Produkt von \definitionsverweis {Primelementen}{}{} schreiben lässt.

}





\inputfaktbeweis
{Kommutative Ringtheorie/Verschiedene Charakterisierungen für faktoriell/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei $R$ ein \definitionsverweis {Integritätsbereich}{}{.}}
\faktuebergang {Dann sind folgende Aussagen äquivalent.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungdrei{ $R$ ist \definitionsverweis {faktoriell}{}{.} }{Jede Nichteinheit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} besitzt eine Faktorzerlegung in \definitionsverweis {irreduzible Elemente}{}{,} und diese Zerlegung ist bis auf Umordnung und \definitionsverweis {Assoziiertheit}{}{} eindeutig. }{Jede Nichteinheit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} besitzt eine Faktorzerlegung in irreduzible Elemente, und jedes irreduzible Element ist ein \definitionsverweis {Primelement}{}{.} }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

$(1) \Rightarrow (2)$. Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine Nichteinheit. Die Faktorisierung in Primelemente ist insbesondere eine Zerlegung in irreduzible Elemente, so dass also lediglich die Eindeutigkeit zu zeigen ist. Dies geschieht durch Induktion über die minimale Anzahl der Primelemente in einer Faktorzerlegung. Wenn es eine Darstellung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ = }{p }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit einem Primelement gibt, und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ = }{q_1 { \cdots } q_r }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine weitere Zerlegung in irreduzible Faktoren ist, so teilt $p$ einen der Faktoren $q_i$ und nach Kürzen durch $p$ erhält man, dass das Produkt der übrigen Faktoren rechts eine Einheit sein muss. Das bedeutet aber, dass es keine weiteren Faktoren geben kann. Es sei nun
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ = }{p_1 { \cdots } p_s }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und diese Aussage sei für Elemente mit kleineren Faktorisierungen in Primelemente bereits bewiesen. Es sei
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f }
{ =} {p_1 { \cdots } p_s }
{ =} {q_1 { \cdots } q_r }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} eine weitere Zerlegung mit irreduziblen Elementen. Dann teilt wieder $p_1$ einen der Faktoren rechts, sagen wir
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{p_1 u }
{ = }{q_1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dann muss $u$ eine Einheit sein und wir können durch $p_1$ kürzen, wobei wir
\mathl{u^{-1}}{} mit $q_2$ verarbeiten können, was ein zu $q_2$ assoziiertes Element ergibt. Das gekürzte Element
\mathl{p_2 \cdots p_s}{} hat eine Faktorzerlegung mit
\mathl{s-1}{} Primelementen, so dass wir die Induktionsvoraussetzung anwenden können.
$(2) \Rightarrow (3)$. Wir müssen zeigen, dass ein irreduzibles Element auch prim ist. Es sei also $q$ irreduzibel und es teile das Produkt $fg$, sagen wir
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{qh }
{ =} {fg }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Für $h,\, f$ und $g$ gibt es Faktorzerlegungen in irreduzible Elemente, so dass sich insgesamt die Gleichung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ qh_1 { \cdots } h_r }
{ =} { f_1 { \cdots } f_s g_1 { \cdots } g_t }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ergibt. Es liegen also zwei Zerlegungen in irreduzible Element vor, die nach Voraussetzung im Wesentlichen übereinstimmen müssen. D.h. insbesondere, dass es auf der rechten Seite einen Faktor gibt, sagen wir $f_1$, der assoziiert zu $q$ ist. Dann teilt $q$ auch den ursprünglichen Faktor $f$.
$(3) \Rightarrow (1)$. Das ist trivial.

}





\inputfaktbeweis
{Hauptidealbereich/Faktoriell/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Ein \definitionsverweis {Hauptidealbereich}{}{}}
\faktfolgerung {ist ein \definitionsverweis {faktorieller Ring}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies folgt sofort aus Satz 17.15, Lemma 17.16 und Satz 18.2.

}





\inputfaktbeweis
{Faktorieller Ring/Teilbarkeit/Charakterisierung mit Primexponenten/Fakt}
{Korollar}
{}
{

Es sei $R$ ein \definitionsverweis {faktorieller Ring}{}{} und seien $a$ und $b$ zwei Elemente $\neq 0$ mit Primfaktorzerlegungen
\mathdisp {a = u \cdot p_1^{r_1}\cdot p_2^{r_2} \cdots p_k^{r_k} \text{ und } b = v \cdot p_1^{s_1}\cdot p_2^{s_2} \cdots p_k^{s_k}} { }
\zusatzklammer {wobei die $u,v$ \definitionsverweis {Einheiten}{}{} sind und die Exponenten auch $0$ sein können} {} {.} Dann gilt
\mathl{a {{|}} b}{} genau dann, wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{r_i }
{ \leq }{s_i }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle Exponenten
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{i }
{ = }{ 1 , \ldots , k }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist.

}
{

Wenn die Exponentenbedingung erfüllt ist, so ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ s_i -r_i }
{ \geq }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und man kann
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ b }
{ =} { a { \left( vu^{-1} p_1^{s_1-r_1} \cdots p_k^{s_k-r_k} \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} schreiben, was die Teilbarkeit bedeutet. Die Umkehrung folgt aus der Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung in einem faktoriellen Ring.

}







\zwischenueberschrift{Restklassenringe von Hauptidealbereichen}





\inputfaktbeweis
{Hauptidealbereich/Restklassencharakterisierung von prim/Fakt}
{Satz}
{}
{

Es sei $R$ ein \definitionsverweis {Hauptidealbereich}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{p }
{ \neq }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Element. Dann sind folgende Bedingungen äquivalent. \aufzaehlungdrei{$p$ ist ein \definitionsverweis {Primelement}{}{.} }{
\mathl{R/(p)}{} ist ein \definitionsverweis {Integritätsbereich}{}{.} }{
\mathl{R/(p)}{} ist ein \definitionsverweis {Körper}{}{.} }

}
{

Die Äquivalenz (1) $\Leftrightarrow$ (2) gilt in jedem \definitionsverweis {kommutativen Ring}{}{} \zusatzklammer {auch für
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{p }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}} {} {,} siehe Aufgabe 18.3, und (3) impliziert natürlich (2). Es sei also (1) erfüllt und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \in }{R/(p) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} von $0$ verschieden. Wir bezeichnen einen Repräsentanten davon in $R$ ebenfalls mit $a$. Es ist dann
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \notin }{ (p) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und es ergibt sich eine echte Idealinklusion
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{(p) }
{ \subset }{(a,p) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Ferner können wir
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (a,p) }
{ = }{ (b) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} schreiben, da wir in einem Hauptidealring sind. Es folgt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{p }
{ = }{cb }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Da $c$ keine \definitionsverweis {Einheit}{}{} ist und $p$ prim \zusatzklammer {also nach Lemma 17.11 auch irreduzibel} {} {} ist, muss $b$ eine Einheit sein. Es ist also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (a,p) }
{ = }{ (1) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} und das bedeutet modulo $p$, also in
\mathl{R/(p)}{,} dass $a$ eine Einheit ist. Also ist
\mathl{R/(p)}{} ein Körper.

}


Für die Restklassenringe von Hauptidealbereichen gilt wieder der chinesische Restsatz \zusatzklammer {für beliebige faktorielle Bereiche gilt er nicht, da das Lemma von Bezout dafür im Allgemeinen nicht gilt} {} {.}





\inputfaktbeweis
{Hauptidealbereich/Restklassenring/Chinesischer Restsatz/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei $R$ ein \definitionsverweis {Hauptidealbereich}{}{} und
\mathbed {f\in R} {}
{f \neq 0} {}
{} {} {} {,} ein Element mit kanonischer \definitionsverweis {Primfaktorzerlegung}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f }
{ =} {p_1^{r_1} { \cdots } p_k^{r_k} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gilt für den \definitionsverweis {Restklassenring}{}{}
\mathl{R/(f)}{} die kanonische \definitionsverweis {Isomorphie}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ R/(f) }
{ \cong} { R/(p_1^{r_1}) \times \cdots \times R/(p_k^{r_k}) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wegen
\mathl{p_i^{r_i} {{|}} f}{} gelten die Idealinklusionen
\mathl{(f) \subseteq (p_i^{r_i})}{} und daher gibt es kanonische Ringhomomorphismen \maabbdisp {} {R/(f)} {R/(p_i^{r_i}) } {.} Diese setzen sich zu einem Ringhomomorphismus in den Produktring zusammen, nämlich \maabbeledisp {} {R/(f)} { R/(p_1^{r_1}) \times \cdots \times R/(p_k^{r_k}) } {a} {(a \mod p_1^{r_1} , \ldots , a \mod p_k^{r_k}) } {.} Wir müssen zeigen, dass dieser bijektiv ist. \teilbeweis {}{}{}
{Zur Injektivität sei
\mathl{a \in R}{} derart, dass es in jeder Komponente auf $0$ abgebildet wird. Das bedeutet
\mathl{a \in (p_i^{r_i})}{} für alle $i$. D.h. $a$ ist ein Vielfaches dieser
\mathl{p_i^{r_i}}{} und aufgrund der Primfaktorzerlegung folgt, dass $a$ ein Vielfaches von $f$ sein muss. Also ist
\mathl{\overline{ a }\,=0}{} in $R/(f)$.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Zur Surjektivität genügt es zu zeigen, dass alle Elemente, die in einer Komponente den Wert $1$ und in allen anderen Komponenten den Wert $0$ haben, im Bild liegen. Es sei also
\mathl{(1,0 , \ldots , 0)}{} vorgegeben. Wegen der Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung sind \mathkor {} {p_1^{r_1}} {und} {p_2^{r_2} { \cdots } p_k^{r_k}} {} teilerfremd. Daher gibt es nach dem Lemma von Bezout eine Darstellung der Eins, sagen wir
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ s p_1^{r_1} + t p_2^{r_2} \cdots p_k^{r_k} }
{ =} {1 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Betrachten wir
\mathl{t p_2^{r_2} { \cdots } p_k^{r_k}=1-s p_1^{r_1} \in R}{.} Das wird unter der Restklassenabbildung in der ersten Komponente auf $1$ und in den übrigen Komponenten auf $0$ abgebildet, wie gewünscht.}
{}

}







\zwischenueberschrift{Zerlegung in irreduzible Polynome}

Wir möchten nun, abhängig von einem gewählten Grundkörper $K$, Aussagen über die irreduziblen Elemente in $K[X]$ und über die Primfaktorzerlegung von Polynomen treffen.


\inputfaktbeweis
{Polynomring über Körper/Eine Variable/Eindeutige Zerlegung in normierte Polynome/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und sei
\mathl{K[X]}{} der \definitionsverweis {Polynomring}{}{} über $K$.}
\faktfolgerung {Dann besitzt jedes Polynom
\mathbed {F \in K[X]} {}
{F \neq 0} {}
{} {} {} {,} eine eindeutige Faktorzerlegung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{F }
{ =} {\lambda P_1^{r_1} { \cdots } P_k^{r_k} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} wobei
\mathl{\lambda \in K}{} ist und die $P_i$ verschiedene, \definitionsverweis {normierte}{}{,} \definitionsverweis {irreduzible}{}{} Polynome sind.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{Dies folgt aus Satz 16.11, aus Satz 18.3

und daraus, dass jedes Polynom $\neq 0$ zu einem normierten Polynom assoziiert ist.}


Die irreduziblen Elemente stimmen mit den Primelementen überein, man spricht meist von \stichwort {irreduziblen Polynomen} {.} Diese Eigenschaft hängt wesentlich vom gewählten Körper ab, und nicht für jeden Körper lassen sich die irreduziblen Polynome übersichtlich beschreiben. Bei Irreduzibilitätsfragen kann man stets mit Einheiten multiplizieren, daher muss man nur normierte Polynome untersuchen.

Als echte Faktoren für ein Polynom kommen nur Polynome von kleinerem Grad in Frage. Insbesondere sind daher \stichwort {lineare Polynome} {,} also Polynome von Typ
\mathbed {aX+b} {}
{a\neq 0} {}
{} {} {} {,} stets irreduzibel. Ob ein lineares Polynom ein Faktor eines anderen Polynoms \zusatzklammer {und damit ein Primfaktor davon} {} {} ist, hängt direkt mit den Nullstellen des Polynoms zusammen.






\zwischenueberschrift{Nullstellen von Polynomen}





\inputfaktbeweis
{Polynomring (Körper)/Nullstellen/Linearer Faktor/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und sei
\mathl{K[X]}{} der \definitionsverweis {Polynomring}{}{} über $K$. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{ K[X] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Polynom und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a }
{ \in }{K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist $a$ genau dann eine \definitionsverweis {Nullstelle}{}{} von $P$, wenn $P$ ein Vielfaches des linearen Polynoms
\mathl{X-a}{} ist.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wenn $P$ ein Vielfaches von
\mathl{X-a}{} ist, so kann man
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{P }
{ =} {(X-a)Q }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit einem weiteren Polynom $Q$ schreiben. Einsetzen ergibt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ P(a) }
{ =} { (a-a) Q(a) }
{ =} { 0 }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Im Allgemeinen gibt es aufgrund der Division mit Rest eine Darstellung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ P }
{ =} { (X-a)Q +R }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} wobei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ R }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} oder aber den Grad $0$ besitzt, also so oder so eine Konstante ist. Einsetzen ergibt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ P(a) }
{ =} { R }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Wenn also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P(a) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist, so muss der Rest
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ R }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} sein, und das bedeutet, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ = }{ (X-a)Q }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist.

}





\inputfaktbeweis
{Polynomring über Körper/Bis Grad drei/Irreduzibilitätskriterium/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und sei
\mathl{K[X]}{} der \definitionsverweis {Polynomring}{}{} über $K$.}
\faktvoraussetzung {Dann ist ein Polynom vom \definitionsverweis {Grad}{}{} zwei oder drei genau dann \definitionsverweis {irreduzibel}{}{,}}
\faktfolgerung {wenn es keine Nullstelle in $K$ besitzt.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

In einer echten Primfaktorzerlegung von
\mathbed {P} {}
{\operatorname{grad} \, (P) \leq 3} {}
{} {} {} {,} muss ein Polynom vom Grad eins vorkommen, also ein lineares Polynom. Ein lineares Polynom
\mathl{X-a}{} teilt aber nach Lemma 18.8 das Polynom $P$ genau dann, wenn
\mathl{P(a)=0}{} ist.

}





\inputfaktbeweis
{Polynomring (Körper)/Nullstellen/Anzahl/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und sei
\mathl{K[X]}{} der \definitionsverweis {Polynomring}{}{} über $K$. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{K[X] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Polynom \zusatzklammer {\mathlk{\neq 0}{}} {} {} vom \definitionsverweis {Grad}{}{} $d$.}
\faktfolgerung {Dann besitzt $P$ maximal $d$ Nullstellen.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wir beweisen die Aussage durch Induktion über $d$. Für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ d }
{ = }{ 0,1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist die Aussage offensichtlich richtig. Es sei also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{d }
{ \geq }{2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und die Aussage sei für kleinere Grade bereits bewiesen. Es sei $a$ eine Nullstelle von $P$ \zusatzklammer {falls $P$ keine Nullstelle besitzt, sind wir direkt fertig} {} {.} Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ = }{ Q(X-a) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} nach Lemma 18.8 und $Q$ hat den Grad
\mathl{d-1}{,} so dass wir auf $Q$ die Induktionsvoraussetzung anwenden können. Das Polynom $Q$ hat also maximal
\mathl{d-1}{} Nullstellen. Für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{b }
{ \in }{K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gilt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P(b) }
{ = }{ Q(b)(b-a) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dies kann nach Fakt *****  (5) nur dann $0$ sein, wenn einer der Faktoren $0$ ist, so dass eine Nullstelle von $P$ gleich $a$ ist oder aber eine Nullstelle von $Q$ ist. Es gibt also maximal $d$ Nullstellen von $P$.

}





\inputbeispiel{}
{

Die Irreduzibilität eines Polynoms hängt wesentlich vom Grundkörper ab. Zum Beispiel ist das reelle Polynom
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{X^2+1 }
{ \in }{ \R[X] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} irreduzibel, dagegen zerfällt es als Polynom in
\mathl{{\mathbb C}[X]}{} als
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ X^2+1 }
{ =} {(X+ { \mathrm i} )(X- { \mathrm i} ) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Ebenso ist das Polynom
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{X^2-5 }
{ \in }{\Q[X] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} irreduzibel, aber über $\R$ hat es die Zerlegung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ X^2-5 }
{ =} { { \left( X- \sqrt{5} \right) } { \left( X+ \sqrt{5} \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Übrigens kann die Zerlegung über einem größeren Körper manchmal dazu benutzt werden um zu zeigen, dass ein Polynom über dem gegebenen Körper irreduzibel ist.


}



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