Kurs:Zahlentheorie (Osnabrück 2016-2017)/Vorlesung 20/latex
\setcounter{section}{20}
\zwischenueberschrift{Quadratische Zahlbereiche}
\inputdefinition
{}
{
Ein \definitionswort {quadratischer Zahlbereich}{} ist der \definitionsverweis {Ring der ganzen Zahlen}{}{} in einem \definitionsverweis {Erweiterungskörper}{}{} von $\Q$ vom \definitionsverweis {Grad}{}{} $2$.
}
Quadratische Zahlbereiche sind zwar die einfachsten Zahlbereiche, sind aber keineswegs einfach, sondern zeigen bereits die Reichhaltigkeit der algebraischen Zahlentheorie.
\inputdefinition
{}
{
Eine ganze Zahl heißt \definitionswort {quadratfrei}{,} wenn jeder Primfaktor von ihr nur mit einem einfachen \definitionsverweis {Exponenten}{}{} vorkommt.
}
\inputnotation{}{
Zu einer
\definitionsverweis {quadratfreien}{}{}
Zahl
\mathl{D \neq 0,1}{} bezeichnet man den zugehörigen
\definitionsverweis {quadratischen Zahlbereich}{}{,}
also den
\definitionsverweis {Ring der ganzen Zahlen}{}{}
in
\mathl{\Q[\sqrt{D}]}{,} mit
\mathdisp {A_D} { . }
}
Eine quadratische Körpererweiterung der rationalen Zahlen wird durch ein normiertes irreduzibles Polynom beschrieben, das man durch quadratisches Ergänzen auf die Form
\mathl{X^2-q}{} bringen kann. Durch Multiplikation mit einem Quadrat
\zusatzklammer {siehe
Aufgabe 12.1} {} {}
kann man $q$ durch eine quadratfreie ganze Zahl ersetzen. Die quadratische Körpererweiterung kann man als
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\Q
}
{ = }{ \Q[ \sqrt{D}]
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
mt einer quadratfreien Zahl
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{D
}
{ \neq }{0,1
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ansetzen. Ein großer Unterschied besteht je nachdem, ob $D$ positiv oder negativ ist. Im positiven Fall ist $\sqrt{D}$ eine reelle irrationale Zahl, im negativen Fall handelt es sich um eine imaginäre Zahl. Man definiert:
\inputdefinition
{}
{
Sei
\mathl{D \neq 0,1}{}
\definitionsverweis {quadratfrei}{}{}
und $A_D$ der zugehörige
\definitionsverweis {quadratische Zahlbereich}{}{.}
Dann heißt $A_D$ \definitionswort {reell-quadratisch}{,} wenn $D$ positiv ist, und \definitionswort {imaginär-quadratisch}{,} wenn $D$ negativ ist.
}
\inputdefinition
{}
{
Sei
\mathl{D \neq 0,1}{} eine
\definitionsverweis {quadratfreie}{}{}
Zahl und sei
\mathl{\Q[\sqrt{D}]}{} die zugehörige quadratische
\definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{}
und $A_D$ der zugehörige
\definitionsverweis {quadratische Zahlbereich}{}{.}
Dann wird der Automorphismus
\zusatzklammer {auf
\mathl{\Q[\sqrt{D}]}{,} auf
\mathl{\Z[\sqrt{D}]}{} und auf $A_D$} {} {}
\mathdisp {a+b \sqrt{D} \longmapsto a -b \sqrt{D}} { }
als \definitionswort {Konjugation}{} bezeichnet.
}
Wir bezeichnen die Konjugation von $z$ mit $\bar{z}$.
\inputbemerkung
{}
{
Im
\definitionsverweis {imaginär-quadratischen}{}{}
Fall, wenn also
\mathl{D < 0}{} ist, so ist
\mathl{\sqrt{D} = { \mathrm i} \sqrt{-D}}{} mit
\mathl{\sqrt{-D}}{} reell. Die
\definitionsverweis {Konjugation}{}{}
schickt dies dann auf
\mathl{- \sqrt{D} = - { \mathrm i} \sqrt{-D}}{,} so dass diese Konjugation mit der
\definitionsverweis {komplexen Konjugation}{}{}
übereinstimmt. Im reell-quadratischen Fall allerdings hat die Konjugation
\mathl{\sqrt{D} \mapsto -\sqrt{D}}{} nichts mit der komplexen Konjugation zu tun.
}
\inputbemerkung
{}
{
Bei einer endlichen Körpererweiterung
\mathl{K \subseteq L}{} werden
\definitionsverweis {Norm}{}{}
und
\definitionsverweis {Spur}{}{}
eines Elementes
\mathl{z \in L}{} über die Determinante und die Spur der Multiplikationsabbildung
\maabb {f} {L} {L
} {}
definiert. Im Fall einer quadratischen Erweiterung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\Q
}
{ \subset} { \Q[\sqrt{D}]
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
sind diese beiden Invarianten einfach zu berechnen: Da $1$ und $\sqrt{D}$ eine $\Q$-Basis bilden, ist
\mathl{z=a+b\sqrt{D}}{} und damit ist die Multiplikationsmatrix durch
\mathdisp {\begin{pmatrix} a & bD \\ b & a \end{pmatrix}} { }
gegeben. Somit ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ N(z)
}
{ =} { a^2-b^2 D
}
{ =} { (a+b \sqrt{D})(a -b \sqrt{D})
}
{ =} { z \overline{z}
}
{ } {
}
}
{}{}{}
und
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ S(z)
}
{ =} { 2a
}
{ =} { (a+b \sqrt{D}) + (a -b \sqrt{D})
}
{ =} { z + \overline{z}
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
}
\inputfaktbeweis
{Zahlentheorie/Quadratischer Zahlbereich/Ganz, wenn Spur und Norm ganz ist/Fakt}
{Lemma}
{}
{
Sei
\mathl{{\mathbb Q} \subset L}{} eine quadratische Körpererweiterung und
\mathl{f \in L}{.} Dann ist $f$ genau dann
\definitionsverweis {ganz}{}{} über $\Z$, wenn sowohl die Norm als auch die Spur von $f$ zu $\Z$ gehören.
}
{
Dies folgt aus
Satz 18.6,
aus
Satz 15.15,
und aus der Gestalt des Minimalpolynoms
\zusatzklammer {nämlich gleich
\mathl{f^2 +S(f)f +N(f)}{,} falls
\mathl{f \notin \Q}{}} {} {}
im quadratischen Fall.
Wir kommen zur expliziten Beschreibung eines quadratischen Zahlbereiches.
\inputfaktbeweis
{Quadratischer Zahlbereich/Beschreibung/Fakt}
{Satz}
{}
{
Sei
\mathl{D \neq 0,1}{} eine
\definitionsverweis {quadratfreie Zahl}{}{}
und $A_D$ der zugehörige
\definitionsverweis {quadratische Zahlbereich}{}{.}
Dann gilt
\mathdisp {A_D = {\Z}[\sqrt{D}], \text{ wenn } D= 2,3 \mod 4} { }
und
\mathdisp {A_D= {\Z}[\frac{1+\sqrt{D} }{2}], \text{ wenn } D= 1 \mod 4} { . }
}
{
Sei
\mathl{x \in A_D}{} gegeben,
\mathl{x=a+b \sqrt{D}}{,}
\mathl{a,b \in {\mathbb Q}}{.} Aus
Lemma 20.8
folgt
\mathdisp {N(x)= a^2- D b^2 \in {\Z} \text{ und } S(x)=2a \in {\Z}} { . }
Aus der zweiten Gleichung folgt, dass
\mathl{a = { \frac{ n }{ 2 } }}{} mit
\mathl{n \in \Z}{} ist. Sei
\mathl{b= { \frac{ r }{ s } }}{} mit $r,s$ teilerfremd,
\mathl{s \geq 1}{.} Die erste Gleichung wird dann zu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { \left( { \frac{ n }{ 2 } } \right) }^2 - D { \left( { \frac{ r }{ s } } \right) }^2
}
{ = }{ k
}
{ \in }{ \Z
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
bzw.
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ n^2 - 4 D { \left( { \frac{ r }{ s } } \right) }^2
}
{ = }{ 4k
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Dies bedeutet, da $r$ und $s$ teilerfremd sind, dass $4D$ von $s^2$ geteilt wird. Da ferner $D$ quadratfrei ist, folgt, dass
\mathl{s=1}{} oder
\mathl{s=2}{} ist. Im ersten Fall ist $n$ ein Vielfaches von $2$
\zusatzklammer {da $n^2$ ein Vielfaches von $4$ ist} {} {,}
so dass
\mathl{x \in \Z[\sqrt{D}]}{} ist.
Sei also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{s
}
{ = }{2
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
was zur Bedingung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ n^2 - D r^2
}
{ =} { 4k
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
führt. Wir betrachten diese Gleichung modulo $4$. Bei $n$ und $r$ gerade ist
\mathl{x \in \Z[\sqrt{D}]}{.} Die einzigen Quadrate in
\mathl{\Z/(4)}{} sind $0$ und $1$, so dass für
\mathl{D=2,3 \mod 4}{} keine weitere Lösung existiert. Für
\mathl{D=1 \mod 4}{} hingegen gibt es auch noch die Lösung
\mathl{n=1 \mod 2}{} und
\mathl{r =1 \mod 2}{,} also $n$ und $r$ beide ungerade. Diese Lösungen gehören alle zu
\mathl{{\mathbb Z}[\frac{1+\sqrt{D} }{2}]}{.}
Die umgekehrte Inklusion
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \Z[\sqrt{D}]
}
{ \subseteq }{ A_D
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ist klar, sei also
\mathl{D=1 \mod 4}{.} Dann ist aber
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \left( \frac{1 + \sqrt{D} }{2} \right) }^2 - \frac{1 + \sqrt{D} }{2}
}
{ =} {\frac{1+ D +2 \sqrt{D}-2-2 \sqrt{D} }{4}
}
{ =} {\frac{D-1}{4} \in \Z
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{,}
und dabei ist
\mathl{\frac{D-1}{4}}{} eine ganze Zahl, so dass dies sofort eine Ganzheitsgleichung über $\Z$ ergibt.
In den im vorstehenden Satz beschriebenen Fällen kann man jeweils den Ring der ganzen Zahlen durch eine Variable und eine Gleichung beschreiben. Für
\mathl{D= 2,3 \mod 4}{} ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{A_D
}
{ \cong} { \Z[ \sqrt{D} ]
}
{ \cong} { \Z[X]/(X^2-D)
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Für
\mathl{D= 1 \mod 4}{} setzt man häufig
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \omega
}
{ = }{ \frac{1+\sqrt{D} }{2}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
für den Algebra-Erzeuger. Dieser Erzeuger erfüllt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \omega ^2 - \omega - \frac{D-1}{4}
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Wir haben also
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{A_D
}
{ \cong} { {\Z}[\omega]/ { \left( \omega^2- \omega - \frac{D-1}{4} \right) }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Wie werden häufiger in beiden Fällen diese Ganzheitsbasis
\mathl{1, \omega}{} nennen, mit
\mathl{\omega= \sqrt{D}}{} im ersten Fall und
\mathl{\omega=\frac{1 + \sqrt{D} }{2}}{} im zweiten Fall.
\inputfaktbeweis
{Zahlentheorie/Quadratischer Zahlbereich/Diskriminante/Fakt}
{Lemma}
{}
{
Sei
\mathl{D \neq 0,1}{} eine
\definitionsverweis {quadratfreie Zahl}{}{}
und $A_D$ der zugehörige
\definitionsverweis {quadratische Zahlbereich}{.}{}
Dann ist die
\definitionsverweis {Diskriminante}{}{}
von $A_D$ gleich
\mathdisp {\triangle = 4D , \text{ wenn } D= 2,3 \mod 4} { }
und
\mathdisp {\triangle =D, \text{ wenn } D= 1 \mod 4} { . }
}
{
Im Fall
\mathl{D= 2,3 \mod 4}{} ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ A_D
}
{ = }{ \Z[X]/(X^2-D)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und daher bilden $1$ und $X$ eine Ganzheitsbasis. Die möglichen Produkte zu dieser Basis sind in Matrixschreibweise
\mathdisp {\begin{pmatrix} 1 & X \\ X & D \end{pmatrix}} { . }
Wendet man darauf kompoentenweise die
\definitionsverweis {Spur}{}{}
an so erhält man
\mathdisp {\begin{pmatrix} 2 & 0 \\ 0 & 2D \end{pmatrix}} { }
und die Determinante davon ist $4D$.
Im Fall
\mathl{D= 1 \mod 4}{} ist hingegen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ A_D
}
{ =} {\Z[\omega]/ { \left( \omega^2-\omega - \frac{D-1}{4} \right) }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
und eine Ganzheitsbasis ist $1$ und $\omega$. Die Matrix der Basisprodukte ist dann
\mathdisp {\begin{pmatrix} 1 & \omega \\ \omega & \omega + \frac{D-1}{4} \end{pmatrix}} { . }
Wendet man darauf die Spur an
\zusatzklammer {die Spur von $\omega$ ist $1$} {} {,}
so erhält man
\mathdisp {\begin{pmatrix} 2 & 1 \\ 1 & 1 + \frac{D-1}{2} \end{pmatrix}} { }
und die Determinante davon ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ 2 { \left( 1+ \frac{D-1}{2} \right) } -1
}
{ =} { 2 +D-1-1
}
{ =} { D
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
\zwischenueberschrift{Primideale in quadratischen Zahlbereichen}
\inputbemerkung
{}
{
Das Verhalten von Primzahlen in einer quadratischen Erweiterung lässt sich aus der oben erzielten Beschreibung mit Gleichungen erhalten.
Generell wird bei
\mathl{R=\Z[X]/(F)}{} das Verhalten von $p$ in $R$ durch
\mathl{( \Z/(p) )[X]/(\overline{F})}{} beschrieben, wobei $\overline{F}$ bedeutet, dass die ganzzahligen Koeffizienten durch ihre Restklasse modulo $p$ ersetzt werden. Wir nennen den Ring
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ R/(p)
}
{ =} { \Z/(p) [X]/(\overline{F})
}
{ =} { \Z[X](p, F)
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
den \stichwort {Faserring} {} über $p$.
Bei
\mathl{D=2,3 \mod 4}{} hat man einfach
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{R/(p)
}
{ =} {\Z/(p) [X]/(X^2-D )
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{,}
wobei man $D$ durch
\mathl{D \mod p}{} ersetzen kann. Die prinzipiellen Möglichkeiten werden in
Lemma 19.9
beschrieben. Ob über $p$ ein oder zwei Primideale liegen hängt davon ab, ob $D$ ein Quadratrest modulo $p$ ist und ob $p$ ungerade ist, und $p$ ist prim genau dann, wenn $D$ kein Quadratrest modulo $p$ ist.
Bei
\mathl{D=1 \mod 4}{} hat man
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ R/(p)
}
{ =} { \Z/(p) [\omega]/ { \left( \omega^2-\omega - \frac{D-1}{4} \right) }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Ist $p$ ungerade, so ist $2$ eine Einheit in
\mathl{\Z/(p)}{} und man kann quadratisch ergänzen. Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \omega^2-\omega - \frac{D-1}{4}
}
{ =} { { \left( \omega - \frac{1}{2} \right) }^2 - \frac{1}{4}- \frac{D-1}{4}
}
{ =} { { \left( \omega - \frac{1}{2} \right) }^2 - \frac{D}{4}
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Der Faserring hat daher die Form
\mathl{\Z/(p) [Y]/ { \left( Y^2- \frac{D}{4} \right) }}{} und nach Multiplikation der Gleichung mit der Einheit $4$ kann man dies als
\mathl{\Z/(p) [Z]/(Z^2-D)}{} schreiben, so dass es wieder darum geht, ob $D$ ein Quadratrest modulo $p$ ist.
Ist hingegen
\mathl{p=2}{,} so schreibt sich die Gleichung als
\mathl{\omega^2+\omega + c}{,} wobei
\mathl{c=1}{} ist, wenn
\mathl{D=5 \mod 8}{} ist, und
\mathl{c=0}{,} wenn
\mathl{D=1 \mod 8}{.} Im ersten Fall ist die Gleichung irreduzibel über $\Z/(2)$ und $2$ ist prim in $R$, im zweiten Fall ist die Gleichung reduzibel und $2$ zerfällt in zwei Primideale.
}
Damit können wir entscheiden, wie viele Primideale in $A_D$ über einer Primzahl $p$ liegen. Wir wollen darüber hinaus genau beschreiben, wie das Zerlegungsverhalten einer Primzahl in einer quadratischen Erweiterung aussieht, und beginnen mit der Situation, wo $p$ die Diskriminante teilt.
\inputfaktbeweis
{Zahlentheorie/Quadratischer Zahlbereich/Teiler der Diskriminante/verzweigt/Fakt}
{Lemma}
{}
{
Sei
\mathl{D \neq 0,1}{} eine
\definitionsverweis {quadratfreie Zahl}{}{}
und $A_D$ der zugehörige
\definitionsverweis {quadratische Zahlbereich}{}{.}
Die
\definitionsverweis {Primzahl}{}{}
$p$ sei ein Teiler der
\definitionsverweis {Diskriminante}{}{}
$\triangle$ von $A_D$. Dann gibt es oberhalb von $p$ genau ein
\definitionsverweis {Primideal}{}{}
${\mathfrak p}$ und es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak p}^2
}
{ = }{(p)A_D
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
}
{
Sei zunächst
\mathl{D= 2,3 \mod 4}{,} so dass
\mathl{\triangle = 4D}{}
nach Lemma 20.10
ist und als Primteiler $p$ der Diskriminante $2$ und die Teiler von $D$ in Frage kommen. Es ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ A_D/(p)
}
{ =} { (\Z[X]/(X^2-D)/(p))
}
{ =} { ( \Z/(p)) [X]/ { \left( X^2-D \right) }
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Bei
\mathl{p {{|}} D}{} steht hier
\mathl{( \Z/(p) ) [X]/(X^2)}{} und dieser Ring hat das einzige Primideal
\mathl{(X)}{} mit
\mathl{X^2=0}{.} Diesem Primideal entspricht in $A_D$ das Primideal
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak p}
}
{ = }{(p,X)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak p}^2
}
{ = }{(p)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Einerseits gilt für
\mathl{f \in {\mathfrak p}^2}{} im Faserring modulo $p$ die Beziehung
\mathl{f \in (X^2)=0}{,} woraus
\mathl{f \in (p)}{} folgt. Andererseits ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{X^2
}
{ = }{D
}
{ = }{ up
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
\zusatzklammer {in $A_D$} {} {}
mit
\mathl{u \in \Z}{.} Da $D$ quadratfrei ist, ist $u$ teilerfremd zu $p$ und daher kann man mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{1
}
{ = }{ ru+sp
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
schreiben
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{p
}
{ =} { p(ru+sp)
}
{ =} {rup+sp^2
}
{ =} {rX^2+sp^2
}
{ \in} { {\mathfrak p}^2
}
}
{}{}{.}
Bei $p=2$ gilt in
\mathl{\Z/(2) [X]}{} die Beziehung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (X-D)^2
}
{ = }{X^2-D^2
}
{ = }{X^2-D
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
so dass eine analoge Situation vorliegt.
Sei jetzt
\mathl{D= 1 \mod 4}{} und sei $p$ ein Primteiler von
\mathl{\triangle=D}{.} Es ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ A_D/(p)
}
{ =} { { \left( \Z[\omega]/ { \left( \omega^2- \omega - \frac{D-1}{4} \right) } \right) } /(p)
}
{ =} { ( \Z/(p)) [\omega]/ { \left( \omega^2- \omega - { \frac{ D-1 }{ 4 } } \right) }
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Da $D$ ungerade ist, ist $2$ eine Einheit in
\mathl{\Z/(p)}{,} so dass man die Gleichung modulo $p$ als
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \left( \omega- \frac{1}{2} \right) }^2 - \frac{1}{4} - \frac{D-1}{4}
}
{ =} { { \left( \omega- \frac{1}{2} \right) }^2 -\frac{D}{4}
}
{ =} { { \left( \omega- \frac{1}{2} \right) }^2
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
schreiben kann, so dass wieder eine analoge Situation vorliegt.
Zu einem Ideal ${\mathfrak a}$ bezeichnet $\overline{ {\mathfrak a} }$ das \stichwort {konjugierte Ideal} {,} das aus allen konjugierten Elementen aus ${\mathfrak a}$ besteht.
\inputfaktbeweis
{Zahlentheorie/Quadratischer Zahlbereich/Primzahlverhalten/Fakt}
{Satz}
{}
{
Sei $D \neq 0,1$ eine
\definitionsverweis {quadratfreie Zahl}{}{}
und $A_D$ der zugehörige
\definitionsverweis {quadratische Zahlbereich}{}{.}
Dann gibt es für eine
\definitionsverweis {Primzahl}{}{}
$p$ die folgenden drei Möglichkeiten:
\aufzaehlungdrei{$p$ ist prim in $A_D$.
}{Es gibt ein
\definitionsverweis {Primideal}{}{}
${\mathfrak p}$ in $A_D$ derart, dass
\mathl{(p)= {\mathfrak p}^2}{} ist.
}{Es gibt ein Primideal ${\mathfrak p}$ in $A_D$ derart, dass
\mathl{(p)= {\mathfrak p} \overline{ {\mathfrak p} }}{} ist mit
\mathl{{\mathfrak p} \neq \overline{ {\mathfrak p}}}{.} }
}
{
Sei
\mathl{R=A_D}{.} Wir betrachten den Restklassenring
\mathl{L=R/(p)}{,} der eine quadratische Erweiterung des Körpers
\mathl{\Z/(p)}{} ist. Damit gibt es nach
Lemma 19.9
die drei Möglichkeiten:
\aufzaehlungdrei{$L$ ist ein
\definitionsverweis {Körper}{}{.}
}{$L$ ist von der Form
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L
}
{ = }{ \Z/(p) [\epsilon]/\epsilon^2
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
}{$L$ ist der
\definitionsverweis {Produktring}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L
}
{ \cong }{ \Z/(p) \times \Z/(p)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
}
Im ersten Fall ist $p$ ein Primelement in $R$. Im zweiten Fall besitzt $L$ genau einen Restklassenkörper als einzigen nicht-trivialen Restklassenring, nämlich
\mathl{\Z/(p)}{.} Nach der in
Aufgabe 9.15
bewiesenen Korrespondenz gibt es also genau ein Primideal ${\mathfrak p}$ mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (p)
}
{ \subseteq }{ {\mathfrak p}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
\zusatzklammer {das dem Ideal $(\epsilon)$ im Restklassenring entspricht} {} {.}
Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak p}
}
{ = }{ (p, \epsilon)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
\zusatzklammer {wobei hier $\epsilon$ ein Repräsentant in $R$ sei} {} {}
und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathfrak p}^2
}
{ = }{ (p)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Im dritten Fall besitzt $L$ zwei Restklassenkörper und damit zwei maximale Ideale, deren Durchschnitt, das zugleich deren Produkt ist, das Nullideal ist. Zurückübersetzt nach $R$ heißt das, dass es zwei verschiedene Primideale $\mathfrak p$ und $\mathfrak q$ gibt mit
\mathl{(p) \subset {\mathfrak p}, {\mathfrak q}}{} und mit
\mathl{(p) = {\mathfrak p} \cap {\mathfrak q}}{.} Nach
Aufgabe 18.11 ist
\mathl{{\mathfrak p} \cap { \mathfrak q} = {\mathfrak p} \cdot { \mathfrak q}}{.} Mit
\mathl{(p) \subset {\mathfrak p}}{} ist auch
\mathl{(p) \subset \overline{ {\mathfrak p} }}{.} Wir zeigen, dass
\mathl{\overline{ {\mathfrak p} } = {\mathfrak q}}{} ist, d.h., dass die beiden Primideale über $p$ konjugiert vorliegen. Da nach
Lemma 20.12
bei
\mathl{p {{|}} \triangle}{} der zweite Fall vorliegt, wissen wir, dass $p$ die Diskriminate nicht teilt.
Bei
\mathl{D=2,3 \mod 4}{} ist $p$ ungerade und $D$ ist ein Quadratrest modulo $p$. Seien $a$ und $-a$ die beiden verschiedenen
\zusatzklammer {!} {} {}
Quadratwurzeln modulo $p$. Dann werden die beiden Primideale durch
\mathl{(p, a \pm \sqrt{D})}{} beschrieben, und diese sind konjugiert.
Bei
\mathl{D=1 \mod 4}{} und $p$ ungerade ist nach der
Bemerkung 20.11
über die explizite Beschreibung der Faserringe $D$ wieder ein Quadratrest modulo $p$. Seien $a$ und $-a$ die beiden verschiedenen
\zusatzklammer {!} {} {}
Quadratwurzeln von $D$ modulo $p$. Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \omega - \frac{1}{2}
}
{ = }{ \pm \frac{a}{2}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und daher sind die beiden Primideale gleich
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { \left( p, \omega \pm a -\frac{1}{2} \right) }
}
{ = }{ { \left( p, \frac{a \pm \sqrt{D} }{2} \right) }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
so dass wieder ein konjugiertes Paar vorliegt.
Bei
\mathl{D=1 \mod 4}{} und
\mathl{p=2}{} ist nach der
Fakt
\mathl{D = 1 \mod 8}{.} Die Nullstellen des beschreibenden Polynoms sind dann $0$ und $1$. Daher sind die Primideale darüber gegeben durch
\mathl{(2, \omega)}{} und
\mathl{(2, \omega - 1)}{.} Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{(2,\omega)
}
{ = }{ { \left( 2, \frac{\sqrt{D}+1}{2} \right) }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (2, \omega - 1)
}
{ = }{ { \left( 2, \frac{\sqrt{D}+1}{2} - 1 \right) }
}
{ = }{ { \left( 2, \frac{\sqrt{D}-1}{2} \right) }
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
so dass wieder ein konjugiertes Paar vorliegt.
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