Zum Inhalt springen

Eigentheorie/2/Einführung/Textabschnitt

Aus Wikiversity

Unter einer Achsenspiegelung in der Ebene verhalten sich gewisse Vektoren besonders einfach. Die Vektoren auf der Spiegelungsachse werden auf sich selbst abgebildet, und die dazu senkrechten Vektoren werden auf ihr Negatives abgebildet. Beiden Vektoren ist gemeinsam, dass ihr Bild unter der linearen Abbildung in dem von diesem Vektor aufgespannten eindimensionalen Unterraum bleibt. In der Theorie der Eigenwerte und Eigenvektoren untersucht man, ob es zu einer linearen Abbildung Geraden (also eindimensionale Unterräume) gibt, die unter der Abbildung auf sich selbst abgebildet werden.

Eine Achsenspiegelung besitzt zwei Eigengeraden, die Spiegelungsachse zum Eigenwert und die dazu senkrechte Gerade zum Eigenwert .


Definition  

Es sei ein Körper, ein -Vektorraum und

eine lineare Abbildung. Dann heißt ein Element , , ein Eigenvektor von (zum Eigenwert ), wenn

mit einem gilt.

Ein Eigenvektor ist also ein Vektor , der zu linear abhängig ist.

Eine Scherung hat eine Eigengerade zum Eigenwert und keine weiteren Eigenwerte.
Bei einer Drehung der Ebene um gibt es keine Eigenvektoren, außer bei einer Halbdrehung oder einer Volldrehung.


Definition  

Es sei ein Körper, ein -Vektorraum und

eine lineare Abbildung. Dann heißt ein Element ein Eigenwert zu , wenn es einen von verschiedenen Vektor mit

gibt.

Die Menge aller Eigenwerte zu nennt man, vor allem im funktionalanalytischen Kontext, das Spektrum von .


Definition  

Es sei ein Körper, ein -Vektorraum und

eine lineare Abbildung. Zu nennt man

den Eigenraum von zum Wert .

Wir erlauben also beliebige Werte in der Definition der Eigenräume. Wir werden gleich zeigen, dass es sich dabei um Untervektorräume handelt. Einen eindimensionalen Eigenraum nennen wir auch Eigengerade. Für die meisten (nämlich alle bis auf endlich viele) ist der Eigenraum einfach der Nullraum.

Für Matrizen verwenden wir die entsprechenden Begriffe, die von der zugehörigen linearen Abbildung auf dem nahegelegt werden. Ein -Tupel heißt Eigenvektor zur -Matrix , wenn

gilt, und heißt dann Eigenwert der Matrix.

Bei einer Streckung mit dem Streckungsfaktor ist jeder Vektor ein Eigenvektor zum Eigenwert . Der Eigenraum zum Eigenwert ist der Gesamtraum. Umgekehrt kann man einen Endomorphismus auf einen Eigenraum (vorne und hinten) einschränken, nämlich die Abbildung

betrachten. Diese Abbildung ist einfach die Streckung mit dem Faktor .


Beispiel  

Wir betrachten die durch eine Diagonalmatrix

gegebene lineare Abbildung

Die Diagonaleinträge sind Eigenwerte von , und zwar ist der -te Standardvektor ein zugehöriger Eigenvektor. Die Eigenräume sind

Diese Räume sind genau dann von verschieden, wenn mit einem Diagonaleintrag übereinstimmt. Die Dimension der Eigenräume ist durch die Anzahl gegeben, wie oft der Wert in der Diagonalen vorkommt. Die Summe dieser Dimensionen ergibt .



Beispiel  

Wir betrachten die durch die Matrix

definierte lineare Abbildung

Die Frage, ob diese Abbildung Eigenwerte besitzt, führt zur Frage, ob es derart gibt, dass die Gleichung

eine nichtriviale Lösung besitzt. Bei gegebenem kann dies auf ein lineares Problem zurückgeführt werden, das mit dem Eliminationsalgorithmus einfach gelöst werden kann. Die Frage aber, ob es Eigenwerte überhaupt gibt, führt wegen des variablen „Eigenwertparameters“ zu einem nichtlinearen Problem. Das obige Gleichungssystem bedeutet ausgeschrieben

Bei ist auch , der Nullvektor ist aber kein Eigenvektor. Es sei also . Aus den beiden Gleichungen erhält man die Bedingung

woraus folgt. Da in die Zahl keine Quadratwurzel besitzt, gibt es keine Lösung und das bedeutet, dass keine Eigenwerte und damit auch keine Eigenvektoren besitzt.

Wir fassen nun die Matrix als eine reelle Matrix auf und untersuchen die zugehörige Abbildung

Die gleichen Rechnungen führen auf die notwendige Lösungsbedingung , die jetzt von den beiden reellen Zahlen

erfüllt wird. Für diese beiden Werte kann man unabhängig voneinander nach Eigenvektoren suchen. Wir betrachten zuerst den Fall , was zum linearen Gleichungssystem

führt. Dies schreibt man als

bzw. als lineares Gleichungssystem

Dieses ist einfach lösbar, der Lösungsraum ist eindimensional und

ist eine Basislösung.

Für führen dieselben Umformungen zu einem weiteren linearen Gleichungssystem, für das der Vektor

eine Basislösung ist. Über sind also und Eigenwerte und die zugehörigen Eigenräume sind




Lemma  

Es sei ein Körper, ein -Vektorraum

eine lineare Abbildung und . Dann gelten folgende Aussagen.

  1. Der Eigenraum

    ist ein Untervektorraum von .

  2. ist genau dann ein Eigenwert zu , wenn der Eigenraum nicht der Nullraum ist.
  3. Ein Vektor , ist genau dann ein Eigenvektor zu , wenn ist.

Beweis  

(1). Es seien und sei . Dann ist

(2) und (3) folgen direkt aus den Definitionen.