Kurs:Algebraische Zahlentheorie (Osnabrück 2020-2021)/Vorlesung 22/latex
\setcounter{section}{22}
\zwischenueberschrift{Das Zerlegungsverhalten bei Galoiserweiterungen}
Es sei $R$ eine
\definitionsverweis {Dedekindbereich}{}{}
mit
\definitionsverweis {Quotientenkörper}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ = }{Q(R)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {endliche Galoiserweiterung}{}{}
vom
\definitionsverweis {Grad}{}{}
$n$. Die
\definitionsverweis {Galoisgruppe}{}{,}
d.h. die Gruppe der
$K$-\definitionsverweis {Algebraautomorphismen}{}{}
von $L$, besteht also aus $n$ Automorphismen. Die Untergruppen der Galoisgruppe entsprechen nach
dem Satz über die Galoiskorrespondenz
den Zwischenkörpern der Erweiterung. Die Galoisgruppe operiert nach
Satz 21.2
auch auf dem ganzen Abschluss $S$ von $R$ in $L$. Hier besprechen wir Untergruppen, ihre zugehörigen Zwischenkörper und Zwischenringe, die mit dem Zerlegungsverhalten von Primidealen unter der Erweiterung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{R
}
{ \subseteq }{S
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
zusammenhängen. Zuerst formulieren wir, wie sich die fundamentale Gleichung aus
Satz 20.4
im Galoisfall vereinfacht.
\inputfaktbeweis
{Dedekindbereich/Ganzer Abschluss/Zerlegung/Galoisfall/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei $R$ ein
\definitionsverweis {Dedekindbereich}{}{}
mit
\definitionsverweis {Quotientenkörper}{}{}
$K$,
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {Galoiserweiterung}{}{}
vom
\definitionsverweis {Grad}{}{}
$n$ und sei $S$ der
\definitionsverweis {ganze Abschluss}{}{}
von $R$ in $L$. Es sei ${\mathfrak p}$ ein von $0$ verschiedenes
\definitionsverweis {Primideal}{}{}
von $R$.}
\faktfolgerung {Dann stimmen in der Primidealzerlegung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ {\mathfrak p} S
}
{ =} { {\mathfrak q}_1^{e_1} \cdots {\mathfrak q}_k^{e_k}
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
die Exponenten $e_i$ überein und ebenso stimmen die
\definitionsverweis {Trägheitsgrade}{}{}
$f_i$ überein. Dabei ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{n
}
{ =} { kef
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Es seien
\mathkor {} {{\mathfrak q}} {und} {{\mathfrak q}'} {}
Primideale oberhalb von ${\mathfrak p}$. Nach
Lemma 21.9
gibt es einen Automorphismus
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\sigma
}
{ \in }{ \operatorname{Gal}\, ( L {{|}} K )
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \sigma ( {\mathfrak q} )
}
{ = }{ {\mathfrak q}'
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Daher gibt es einen
$R_{\mathfrak p}$-\definitionsverweis {Algebraisomorphismus}{}{}
\maabb {\sigma} {S_{\mathfrak q}} { S_{ {\mathfrak q}' }
} {,}
weshalb die Verzweigungsordnungen gleich sind, und einen
$\kappa ({\mathfrak p} )$-\definitionsverweis {Isomorphismus}{}{}
der Restekörper
\maabbdisp {} { \kappa ({\mathfrak q} ) } { \kappa ({\mathfrak q}' )
} {,}
weshalb die Trägheitsgrade gleich sind. Die Formel aus
Satz 20.4
nimmt daher die angegebene Gestalt an.
Es sei ${\mathfrak p}$ ein Primideal aus $R$ und seien
\mathl{{\mathfrak q}_1 , \ldots , {\mathfrak q}_k}{} die Primideale von $S$ oberhalb von ${\mathfrak p}$. Gemäß
Lemma 21.9
und wie eben verwendet lassen sich diese Primideale ineinander mit isomorphen Restekörpern überführen. Dies bedeutet natürlich nicht, dass der Gruppenhomomorphismus
\maabbdisp {} {G} { \operatorname{Perm} \,( {\mathfrak q}_1 , \ldots , {\mathfrak q}_k)
} {}
bijektiv ist, wobei rechts die Permutationsgruppe zur Faser über ${\mathfrak p}$ steht. Dabei ist die Bijektivität oft schon wegen der Anzahl ausgeschlossen. Wenn der Grad $n$ ist, und wenn, im
\definitionsverweis {total zerlegten}{}{}
Fall, die Faser aus $n$ Primidealen besteht, so steht links
\zusatzklammer {im Galoisfall} {} {}
eine Gruppe mit $n$ Elementen und rechts eine Gruppe mit $n!$ Elementen, was nur bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{n
}
{ \leq }{2
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
übereinstimmt. Wenn hingegen, im
\definitionsverweis {unzerlegten}{}{}
Fall, die Faser aus nur einem Primideal besteht, so steht rechts die triviale Gruppe. Ein Automorphismus
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\sigma
}
{ \in }{G
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
gehört genau dann zum Kern, wenn jedes Primideal der Faser unter $\sigma$ auf sich selbst abgebildet wird. Diese Bedingung führt, auf ein einzelnes Primideal angewendet, zum Begriff der Zerlegungsgruppe.
\inputdefinition
{}
{
Es sei $R$ eine
\definitionsverweis {Dedekindbereich}{}{}
mit
\definitionsverweis {Quotientenkörper}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ = }{Q(R)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {endliche Galoiserweiterung}{}{}
mit
\definitionsverweis {Galoisgruppe}{}{}
$G$. Es sei $S$ der
\definitionsverweis {ganze Abschluss}{}{}
von $R$ in $L$ und sei ${\mathfrak q}$ ein
\definitionsverweis {Primideal}{}{}
von $S$. Dann nennt man
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ G_{ {\mathfrak q} }
}
{ =} { { \left\{ \sigma \in G \mid \sigma( {\mathfrak q}) = {\mathfrak q} \right\} }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
die
\definitionswort {Zerlegungsgruppe}{}
zu ${\mathfrak q}$.
}
Man spricht auch von der \stichwort {Isotropiegruppe} {} oder dem \stichwort {Stabilisator} {} zu ${\mathfrak q}$. Man beachte, dass die Bedingung besagt, dass ${\mathfrak q}$ auf sich selbst abgebildet wird, nicht, dass die Einschränkung auf ${\mathfrak q}$ die Identität ist.
\inputfaktbeweis
{Dedekindbereich/Galoiserweiterung/Zerlegungsgruppe/Einfache Eigenschaften/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei $R$ ein
\definitionsverweis {Dedekindbereich}{}{}
mit
\definitionsverweis {Quotientenkörper}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ = }{Q(R)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {endliche Galoiserweiterung}{}{}
mit
\definitionsverweis {Galoisgruppe}{}{}
$G$. Es sei $S$ der
\definitionsverweis {ganze Abschluss}{}{}
von $R$ in $L$ und sei ${\mathfrak q}$ ein
\definitionsverweis {Primideal}{}{}
von $S$ über ${\mathfrak p}$.}
\faktuebergang {Dann gelten folgende Eigenschaften.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungvier{Die
\definitionsverweis {Zerlegungsgruppe}{}{}
$G_{ {\mathfrak q} }$ ist genau dann trivial, wenn ${\mathfrak p}$
\definitionsverweis {voll zerlegt}{}{}
ist.
}{Die Zerlegungsgruppe $G_{ {\mathfrak q} }$ ist genau gleich $G$, wenn ${\mathfrak p}$
\definitionsverweis {unzerlegt}{}{}
ist.
}{Zu einem weiteren Primideal ${\mathfrak q}'$ oberhalb von ${\mathfrak p}$ sind die Zerlegungsgruppen
\mathkor {} {G_{ {\mathfrak q} }} {und} {G_{ {\mathfrak q}' }} {}
\definitionsverweis {isomorph}{}{.}
}{Es ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \# \left( G_{ {\mathfrak q} } \right) }
}
{ =} { ef
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{,}
wobei $e$ der gemeinsame
\definitionsverweis {Verzweigungsindex}{}{}
und $f$ der gemeinsame
\definitionsverweis {Trägheitsgrad}{}{}
der Primideale oberhalb von ${\mathfrak p}$ ist.
}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
(1) und (2) sind klar und folgen auch aus (4).
(3). Nach
Lemma 21.9
gibt es ein
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\tau
}
{ \in }{G
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \tau ({\mathfrak q})
}
{ = }{ {\mathfrak q}'
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Mittels $\tau$ kann man direkt den Isomorphismus
\maabbeledisp {} { G_{ {\mathfrak q} } } {G_{ {\mathfrak q}' }
} { \sigma} { \tau \circ \sigma \circ \tau^{-1}
} {,}
angeben. Es ist ja
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \left( \tau \circ \sigma \circ \tau^{-1} \right) } ({\mathfrak q}' )
}
{ =} { \tau ( \sigma( \tau^{-1}( {\mathfrak q}' )))
}
{ =} { \tau ( \sigma( {\mathfrak q} ))
}
{ =} { \tau ( {\mathfrak q} )
}
{ =} { {\mathfrak q}'
}
}
{}{}{.}
(4). Wir zerlegen $G$ abhängig davon, auf welches Primideal ${\mathfrak q}$ abgebildet wird, also
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{G
}
{ =} { \biguplus_{ {\mathfrak q}'} { \left\{ \rho \in G \mid \rho( {\mathfrak q} ) = {\mathfrak q}' \right\} }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Dabei ist die Untergruppe $G_{ {\mathfrak q} }$ ein Teil davon und die anderen Teile sind die
\definitionsverweis {Nebenklassen}{}{}
zu dieser Untergruppe, da ja
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \left\{ \rho \in G \mid \rho({\mathfrak q}) = {\mathfrak q}' \right\} }
}
{ =} { \tau G_{ {\mathfrak q} }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{,}
wenn $\tau$ ein fixierter Automorphismus ist, der ${\mathfrak q}$ in ${\mathfrak q}'$ überführt. Insbesondere sind diese Nebenklassen alle gleich groß. Wenn es $k$ Primideale in der Faser gibt, und die Körpererweiterung den Grad $n$ hat und die Galoisgruppe somit $n$ Elemente besitzt, so enthält die Zerlegungsgruppe ${ \frac{ n }{ k } }$ Elemente, was nach
Lemma 22.1
mit $ef$ übereinstimmt.
\inputdefinition
{}
{
Es sei $R$ eine
\definitionsverweis {Dedekindbereich}{}{}
mit
\definitionsverweis {Quotientenkörper}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ = }{Q(R)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {endliche Galoiserweiterung}{}{}
mit
\definitionsverweis {Galoisgruppe}{}{}
$G$. Es sei $S$ der
\definitionsverweis {ganze Abschluss}{}{}
von $R$ in $L$ und sei ${\mathfrak q}$ ein
\definitionsverweis {Primideal}{}{}
von $S$. Dann nennt man den
\definitionsverweis {Fixkörper}{}{}
zur
\definitionsverweis {Zerlegungsgruppe}{}{}
$G_{ {\mathfrak q} }$ den
\definitionswort {Zerlegungskörper}{}
zu ${\mathfrak q}$. Er wird mit
\mathl{Z_{\mathfrak q}}{} bezeichnet.
} Den \definitionsverweis {Ganzheitsring}{}{} zum Zerlegungskörper nennt man \stichwort {Zerlegungsring} {.}
\inputfaktbeweis
{Dedekindbereich/Galoiserweiterung/Zerlegungsgruppe/Restekörper/Einfache Eigenschaften/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei $R$ ein
\definitionsverweis {Dedekindbereich}{}{}
mit
\definitionsverweis {Quotientenkörper}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ = }{Q(R)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {endliche Galoiserweiterung}{}{}
mit
\definitionsverweis {Galoisgruppe}{}{}
$G$. Es sei $S$ der
\definitionsverweis {ganze Abschluss}{}{}
von $R$ in $L$ und sei ${\mathfrak q}$ ein
\definitionsverweis {Primideal}{}{}
von $S$ über ${\mathfrak p}$.}
\faktuebergang {Dann gelten folgende Eigenschaften.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungdrei{Es gibt einen natürlichen Gruppenhomomorphismus
\maabbdisp {} { G_{ {\mathfrak q} } } { \operatorname{Gal}\, ( \kappa ( {\mathfrak q} ) {{|}} \kappa ( {\mathfrak p} ) )
} {.}
}{Wenn die Erweiterung der Restekörper
\definitionsverweis {separabel}{}{}
ist, so handelt es sich bereits um eine Galoiserweiterung, und der Gruppenhomomorphismus ist
\definitionsverweis {surjektiv}{}{.}
}{Wenn ${\mathfrak q}$ zusätzlich
\definitionsverweis {unverzweigt}{}{}
ist, so liegt ein
\definitionsverweis {Isomorphismus}{}{}
vor.
}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
\aufzaehlungdrei{
Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\sigma
}
{ \in }{ G_{ {\mathfrak q} }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \sigma^{-1}( {\mathfrak q} )
}
{ = }{ {\mathfrak q}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Dies induziert einen Ringautomorphismus
\zusatzklammer {der $R$ fest lässt} {} {}
\maabbdisp {\sigma} {S_{\mathfrak q} } {S_{\mathfrak q}
} {}
und einen Körperautomorphismus
\maabbdisp {\sigma} { \kappa ({\mathfrak q} ) } {\kappa ({\mathfrak q} )
} {,}
der $\kappa ( {\mathfrak p} )$ fest lässt, also ein Element der Galoisgruppe zur Körpererweiterung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \kappa ( {\mathfrak p} )
}
{ \subseteq }{ \kappa ( {\mathfrak q} )
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Diese Zuordnung ist insgesamt ein Gruppenhomomorphismus aufgrund der Kommutativität des Diagramms
\mathdisp {\begin{matrix} S_{\mathfrak q} & \stackrel{ \sigma }{\longrightarrow} & S_{\mathfrak q} & \stackrel{ \tau }{\longrightarrow} & S_{\mathfrak q} & \\ \downarrow & & \downarrow & & \downarrow & & \\ \kappa ({\mathfrak q}) & \stackrel{ \sigma }{\longrightarrow} & \kappa ({\mathfrak q}) & \stackrel{ \tau }{\longrightarrow} & \kappa ({\mathfrak q}) &\!\!\!\!\! . \\ \end{matrix}} { }
}{Nach
Aufgabe 22.6
können wir davon ausgehen, indem wir $K$ durch den
\definitionsverweis {Zerlegungskörper}{}{}
und ${\mathfrak p}$ durch den Schnitt von ${\mathfrak q}$ mit dem Zerlegungsring ersetzen, dass die Zerlegungsgruppe die volle Galoisgruppe ist, dass also ${\mathfrak q}$ das einzige Primideal oberhalb von ${\mathfrak p}$ ist. Aufgrund der Voraussetzung über die Separabilität können wir
nach dem Satz vom primitiven Element
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \kappa ( {\mathfrak p} )
}
{ \subseteq} {\kappa ( {\mathfrak q} )
}
{ =} { \kappa ( {\mathfrak p} ) [z]
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
ansetzen, wobei wir unmittelbar
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{z
}
{ \in }{S
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
annehmen können. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P
}
{ \in }{R[X]
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
das Minimalpolynom von $z$ über $R$. Es ist also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P(z)
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
in $S$ und damit insbesondere
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P(z)
}
{ = }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
in
\mathl{\kappa ( {\mathfrak q} )}{.} Da
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine Galoiserweiterung ist, zerfällt wegen
Satz 16.6 (Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019))
$P$ in $L[X]$ und damit wegen
Satz 21.2
auch in $S[X]$ in Linearfaktoren. Dies gilt dann auch in
\mathl{\kappa ( {\mathfrak q} )[X]}{} und überträgt sich auf das Minimalpolynom von $z$ über $\kappa ({\mathfrak p} )$, was wiederum nach
Satz 16.6 (Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019))
bedeutet, dass die Restekörpererweiterung galoissch ist.
Es sei nun
\maabbdisp {\tau} { \kappa ( {\mathfrak q} ) = \kappa ( {\mathfrak p} ) [z] } { \kappa ( {\mathfrak q} ) = \kappa ( {\mathfrak p} ) [z]
} {}
ein $\kappa ( {\mathfrak p} )$-Körperautomorphismus, der den Erzeuger $z$ auf ein Element
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{w
}
{ \in }{ \kappa ( {\mathfrak q} )
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
schickt, das wir wiederum als repräsentiert durch eine Nullstelle $w$ von $P$ annehmen dürfen. Nach
Korollar 15.9 (Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019))
gehört dazu ein $K$-Automorphismus von $L$, der $z$ in $w$ überführt, und dessen Einschränkung stimmt mit $\tau$ überein, da er auf einem Erzeuger damit übereinstimmt.
}{Nach
Lemma 22.3 (4)
ist im unverzweigten Fall
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { \# \left( G_{ {\mathfrak q} } \right) }
}
{ = }{ f
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und dies ist nach Definition der Grad der Körpererweiterung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \kappa ( {\mathfrak p})
}
{ \subseteq} { \kappa ( {\mathfrak q})
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Da nach (2) die Restekörpererweiterung galoissch ist, besitzt deren Galoisgruppe ebenfalls $f$ Elemente und deshalb folgt aus der Surjektivität bereits die Bijektivität.
}
\inputdefinition
{}
{
Es sei $R$ eine
\definitionsverweis {Dedekindbereich}{}{}
mit
\definitionsverweis {Quotientenkörper}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ = }{Q(R)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {endliche Galoiserweiterung}{}{}
mit
\definitionsverweis {Galoisgruppe}{}{}
$G$. Es sei $S$ der
\definitionsverweis {ganze Abschluss}{}{}
von $R$ in $L$ und sei ${\mathfrak q}$ ein
\definitionsverweis {Primideal}{}{}
von $S$. Dann nennt man
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ I_{ {\mathfrak q} }
}
{ =} { { \left\{ \sigma \in G_{ {\mathfrak q} } \mid \sigma {{|}}_{ \kappa ( {\mathfrak q} ) } =
\operatorname{Id} \right\} }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
die
\definitionswort {Trägheitsgruppe}{}
zu ${\mathfrak q}$.
}
Es liegt also eine Kette von Untergruppen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ I_{ {\mathfrak q} }
}
{ \subseteq} { G_{ {\mathfrak q} }
}
{ \subseteq} {G
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
vor.
\inputdefinition
{}
{
Es sei $R$ eine
\definitionsverweis {Dedekindbereich}{}{}
mit
\definitionsverweis {Quotientenkörper}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ = }{Q(R)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {endliche Galoiserweiterung}{}{}
mit
\definitionsverweis {Galoisgruppe}{}{}
$G$. Es sei $S$ der
\definitionsverweis {ganze Abschluss}{}{}
von $R$ in $L$ und sei ${\mathfrak q}$ ein
\definitionsverweis {Primideal}{}{}
von $S$. Dann nennt man den
\definitionsverweis {Fixkörper}{}{}
zur
\definitionsverweis {Trägheitsgruppe}{}{}
$I_{ {\mathfrak q} }$ den
\definitionswort {Trägheitskörper}{}
zu ${\mathfrak q}$. Er wird mit
\mathl{T_{ {\mathfrak q} }}{} bezeichnet.
}
\inputfaktbeweis
{Dedekindbereich/Galoiserweiterung/Trägheitsgruppe/Verzweigungsindex/Fakt}
{Lemma}
{}
{
\faktsituation {Es sei $R$ eine
\definitionsverweis {Dedekindbereich}{}{}
mit
\definitionsverweis {Quotientenkörper}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ = }{Q(R)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {endliche Galoiserweiterung}{}{}
mit
\definitionsverweis {Galoisgruppe}{}{}
$G$. Es sei $S$ der
\definitionsverweis {ganze Abschluss}{}{}
von $R$ in $L$ und sei ${\mathfrak q}$ ein
\definitionsverweis {Primideal}{}{}
von $S$.}
\faktvoraussetzung {Die Erweiterung der
\definitionsverweis {Restekörper}{}{}
sei
\definitionsverweis {separabel}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist die
\definitionsverweis {Ordnung}{}{}
der
\definitionsverweis {Trägheitsgruppe}{}{}
$I_{ {\mathfrak q} }$ gleich dem
\definitionsverweis {Verzweigungsindex}{}{}
von ${\mathfrak q}$.}
\faktzusatz {Insbesondere ist die Trägheitsgruppe genau dann trivial, wenn in ${\mathfrak q}$ keine
\definitionsverweis {Verzweigung}{}{}
vorliegt.}
\faktzusatz {}
}
{
Nach
Lemma 22.5 (2)
liegt eine
\definitionsverweis {kurze exakte Sequenz}{}{}
\mathdisp {0 \, \stackrel{ }{\longrightarrow} \, I_{ {\mathfrak q} } \, \stackrel{ }{ \longrightarrow} \, G_{ {\mathfrak q} } \, \stackrel{ }{\longrightarrow} \, \operatorname{Gal}\, ( \kappa ( {\mathfrak q} ) {{|}} \kappa ( {\mathfrak p} ) )
\,\stackrel{ } {\longrightarrow} \, 0} { }
vor. Die Ordnung der Galoisgruppe rechts ist der
\definitionsverweis {Trägheitsgrad}{}{}
$f$ und die Ordnung der
\definitionsverweis {Zerlegungsgruppe}{}{}
$G_{ {\mathfrak q} }$ ist nach
Lemma 22.3
gleich
\mathl{ef}{,} wobei $e$ den Verzweigungsindex bezeichnet. Deshalb ist die Ordnung der Trägheitsgruppe gleich $e$.
Wir besprechen weiter Besonderheiten in der zahlentheoretischen Situation, die insbesondere damit zusammenhängen, dass Körpererweiterungen zwischen endlichen Körper zyklisch sind und vom Frobenius \zusatzklammer {bzw. einer Frobeniuspotenz} {} {} erzeugt werden.
\inputfaktbeweis
{Zahlbereich/Galoiserweiterung/Zerlegungsgruppe/Restekörper/Zerlegungseigenschaft/Fakt}
{Korollar}
{}
{
\faktsituation {Es sei $R$ ein
\definitionsverweis {Zahlbereich}{}{}
mit
\definitionsverweis {Quotientenkörper}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ = }{Q(R)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine
\definitionsverweis {endliche Galoiserweiterung}{}{}
mit einer nicht
\definitionsverweis {zyklischen}{}{}
\definitionsverweis {Galoisgruppe}{}{}
$G$.}
\faktfolgerung {Dann sind alle Primideale ${\mathfrak p}$ aus $R$ bis auf endlich viele Ausnahmen im
\definitionsverweis {ganzen Abschluss}{}{}
von $R$ in $L$
\definitionsverweis {zerlegt}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Es sei ${\mathfrak p}$ nicht verzweigt und sei ${\mathfrak q}$ ein Primideal oberhalb von ${\mathfrak p}$. Nehmen wir an, dass ${\mathfrak p}$ unzerlegt ist, dass also ${\mathfrak q}$ das einzige Primideal darüber ist. Dann liegt nach Lemma 22.5 (3) ein Gruppenisomorphismus \maabbdisp {} { G = G_{ {\mathfrak q} } } { \operatorname{Gal}\, ( \kappa ( {\mathfrak q} ) {{|}} \kappa ( {\mathfrak p} ) ) } {} vor. Da die Gruppe rechts nach Satz 5.23 bzw. nach Korollar 16.10 (Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019)) zyklisch ist, ergibt sich ein Widerspruch zur Voraussetzung.
\inputbemerkung
{}
{
Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{R
}
{ \subseteq }{S
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
eine Erweiterung von
\definitionsverweis {Zahlbereichen}{}{}
zu einer
\definitionsverweis {Galoiserweiterung}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{Q(R)
}
{ = }{K
}
{ \subseteq }{Q(S)
}
{ = }{L
}
{ }{
}
}
{}{}{}
mit
\definitionsverweis {Galoisgruppe}{}{}
$G$. Wenn ein Primideal ${\mathfrak p}$ aus $R$
\definitionsverweis {unverzweigt}{}{}
in $S$ und ${\mathfrak q}$ ein Primideal darüber ist, so liegt nach
Lemma 22.5 (3)
ein kanonischer Isomorphismus zwischen der Zerlegungsgruppe $G_{ {\mathfrak q} }$ und der zyklischen Galoisgruppe
\mathl{\operatorname{Gal}\, ( \kappa ( {\mathfrak q} ) {{|}} \kappa ( {\mathfrak p} ) )}{,} die vom Frobenius bzw. einer Frobeniuspotenz
\zusatzklammer {siehe
Korollar 16.10 (Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019))} {} {}
erzeugt wird. Man nennt daher auch den entsprechenden Erzeuger der Zerlegungsgruppe $G_{ {\mathfrak q} }$ den \stichwort {Frobenius} {.} Dafür schreibt man
\mathdisp {{ \left( {\mathfrak q}, L / K \right) }} { }
und spricht vom Frobenius. Es ist also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { \left( {\mathfrak q}, L / K \right) }
}
{ \in }{ G_{ {\mathfrak q} }
}
{ \subseteq }{ G
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
und man betrachtet diesen Frobenius als Element der Galoisgruppe. Wenn ${\mathfrak q}'$ ein weiteres Primideal über ${\mathfrak p}$ ist, so sind
nach Lemma 22.3
die Zerlegungsgruppen über
\maabbeledisp {} { G_{ {\mathfrak q} } } {G_{ {\mathfrak q}' }
} { \sigma} { \tau \circ \sigma \circ \tau^{-1}
} {,}
zueinander isomorph und zwar
\definitionsverweis {konjugiert}{}{}
in $G$. Insbesondere sind dann die Frobenii zueinander
\definitionsverweis {konjugiert}{}{}
und bilden eine
\definitionsverweis {Konjugationsklasse}{}{.}
Wenn zusätzlich eine abelsche Erweiterung vorliegt, so stimmen diese Frobenius-Automorphismen überein und hängen nur von dem Primideal ${\mathfrak p}$ aus $R$ ab. Man bezeichnet diesen Frobenius mit
\mathl{{ \left( {\mathfrak p}, L / K \right) }}{} und spricht vom \stichwort {Artinsymbol} {.}
}
\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Chebotarev Nikolai Grigoryevich.jpg} }
\end{center}
\bildtext {Nikolai Grigorjewitsch Tschebotarjow (1894-1947)} }
\bildlizenz { Chebotarev Nikolai Grigoryevich.jpg } {} {} {Commons} {gemeinfrei} {}
Der \stichwort {Dichtigkeitssatz von Tschebotarjow} {} besagt, dass bei einer Galoiserweiterung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\Q
}
{ \subseteq }{L
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
mit
\zusatzklammer {der Einfachheit halber kommutativen} {} {}
Galoisgruppe $G$ die Menge der Primzahlen, für die ein bestimmtes Gruppenelement
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{g
}
{ \in }{G
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
der Frobenius ist, gleichverteilt ist. Insbesondere ist die \anfuehrung{Wahrscheinlichkeit}{,} dass die Identität der Frobenius ist, was ja einfach bedeutet, dass die Zerlegungsgruppe trivial ist, was wiederum nach
Lemma 22.3 (1)
bedeutet, dass $p$
\definitionsverweis {voll zerlegt}{}{}
ist, gleich $1/ { \# \left( G \right) }$ ist.