Hikayat Faridah Hanom 11 - Übersetzung

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Elftes Kapitel
DER VORZUG VON HEIMATLAND, VOLK UND NATION

Shafik Efendi wurde an diesem Tag von seinem Vater dazu eingeladen, seinem König, dem Chediven [Fn.] von Ägypten, die Aufwartung zu machen, denn es war der Geburtstag des Chediven. Alle prominenten Persönlichkeiten, hohen Beamten und großen Kaufleute gingen, um dem König im Abidin-Palast [Fn.] zu gratulieren. Da Talaat Bey ein bedeutender reicher Mann von königlichem Geblüt war, hatte er noch nie in einem Jahr seine Pflicht gegenüber dem König vernachlässigt. Da er aber in diesem Jahr seinen Sohn Shafik Efendi etwas aufmuntern wollte, nahm er ihn mit in den Abidin-Palast, um seinem König die Aufwartung zu machen und zu gratulieren. Als Talaat Bey zusammen mit Shafik Efendi in der Menschenmenge eintrat, um dem Chediven zu gratulieren, bedeutete dieser Talaat Bey, dass er zusammen mit seinem Sohn draußen warten solle, bis die offizielle königliche Audienz mit der Öffentlichkeit und den ausländischen Konsuln vorüber sei. Talaat Bey verweilte mit seinem Sohn draußen, bis sie um ein Uhr, als alle Menschen zurückgekehrt waren, vom Chediven hineingerufen wurden, um mit ihm eine Mahlzeit einzunehmen. Die beiden aßen also zusammen mit dem König und plauderten dabei über einige erfreuliche Neuigkeiten. Der Chedive war sehr erfreut über die guten Manieren und die Eloquenz von Shafik Efendi sowie seine Kenntnisse in einigen Wissenschaften, die beim Essen besprochen wurden. So fragte er: „Warum wollte Talaat Bey diesen Shafik Efendi nicht jedes Mal,…


wenn er mit Beta zusammentraf, mitbringen, selbst außerhalb der königlichen Audienz? Ist es angemessen, dass Tuan seinen Sohn, der schon so groß und gebildet ist, mit Beta nicht zusammenbringen wollte?“ Als Shafik Efendi hörte, wie der König seinetwegen an seinem Vater herumnörgelte, stand er von seinem Stuhl auf und brachte seine Freude über den großzügigen Gunstbeweis, den Seine Exzellenz ihm, dem schwachen Diener, mit seinem Lob erwiesen hatte, zum Ausdruck. Der Chedive freute sich sehr über die elegante und wohlstrukturiere Ansprache von Shafik Efendi und forderte ihn auf, an seiner Seite Platz zu nehmen. Shafik Efendi setzte sich und dachte bei sich: „Heute habe ich die Gelegenheit, die Erlaubnis von meinem Vater zu erhalten, in eine Militärschule einzutreten und in den Krieg im Sudan zu ziehen, denn es gibt keine Hoffnung mehr für mein Leben, da ich nicht mit meiner Geliebten Faridah Hanom zusammenkommen kann. Und anstatt mich selbst zu töten und mein Leben vergeblich zu verlieren, sollte ich besser mein Leben für mein Heimatland und zum Nutzen meines Volkes und meiner Nation hingeben.

Während Shafik Efendi so überlegte, stand der Chedive auf, nahm Shafik Efendi an der Hand und führte ihn in die Audienzhalle, gefolgt von Talaat Bey und seinem Gefolge. Dann setzte er ihn an seine linke Seite, und die beiden unterhielten sich mit verschiedenen Geschichten und Nachrichten, die das Herz des Königs erfreuten, bis das Gespräch auf die Geschichte des Krieges kam, der sich zu jener Zeit zwischen Ägypten und den Sudanesen zutrug, die im Sudan Verwirrung stifteten, wobei sie dem Aufruf des Mannes folgten, der sich als der Mahdi ausgab.


Shafik Efendi konnte sich nicht mehr beherrschen, stand auf, verbeugte sich vor dem Chediven und sagte: „Eure Majestät, von Patik [Fn.] verehrt, die Ihr das gesamte Territorium Ägyptens und Sudans mit dem, was in ihm ist, besitzt. Patik bittet um die Gunst der Erlaubnis Eurer Majestät, ihn in eine Organisation von kämpfenden Volksdienern Eurer Majestät aufzunehmen, um Reich und Nation Eurer Majestät, die Patik heilig sind, zu dienen, denn solche Wünsche und Vorstellungen quälen Patik schon einige Zeit, weil er die Empfindung hat, dass es die menschliche Pflicht der Söhne dieses Landes ist, zu einem Bündnis aufzurufen, um jede Gefahr für ihr Heimatland und Volk abzuwenden.“

Der Chedive sprach: „Dieses Werk wird gerne erfüllt, o Shafik. Wer ist es, der das Tuan bisher verboten hat?“ Shafik antwortete ehrerbietig: „Patiks Eltern sind es, Eure Majestät, die es Patik schon einige Male verboten haben, wenn er um ihre Erlaubnis gebeten hat, in eine Kriegsschule eintreten zu dürfen.“

Der Chedive schaute zu Talaat hinüber und fragte: „Ist das wahr, was Shafik Efendi sagt, o Talaat Bey?“ Talaat Bey antwortete: „Ja, es ist wahr, was er geantwortet hat, Eure Majestät. Gestern Abend hat er Patik sehr inständig gebeten, in die Kriegsschule eintreten zu dürfen, aber Patik ist seiner Bitte nicht nachgekommen, weil das Reich Eurer Majestät den Sudanesen den Krieg erklärt hat und Patik für seinen Sohn fürchtet, dass ihm etwas zustoßen könnte, weil er kein anderes Kind außer ihm hat.“

Shafik Efendi antwortete: „Verzeiht Patik, Euer Exzellenz! Patik ist sehr betrübt, weil er eine Bitte vorgebracht hat, die den Eltern Verdruss bereitet, aber…


die Schuld gegenüber seinen Eltern war es auch, die Patik gezwungen hat, von Klein auf von einer Schule zur anderen zu gehen und zu lernen, bis er erkannte, dass die Natur des menschlichen Wesens daraus besteht, in der Weise zu leben, dass man zusammenkommt und sich gegenseitig hilft [Fn. Zoon politikon]. Grundsätzlich wird jede Volksgruppe und Nation, deren Gelehrte sich mehrheitlich darum bemühen, die Natur ihres Wesens zu stärken, groß und stark in dieser Welt. Und jede Volksgruppe und Nation, deren Gelehrte und hochstehende Persönlichkeiten nachlässig sind, sich nur selbst verteidigen, Besitz anhäufen und sich mit Essen, Trinken und Lustbarkeiten vergnügen, wird bestimmt untergehen und aus dieser Welt verschwinden. Oder sie existiert weiter, wird aber von den großen und starken Volksgruppen und Nationen unterjocht. Alle Lehrer Patiks in allen Schulen, die er besucht hat, um die verschiedenen historischen Schicksale der Menschen der Vergangenheit zu studieren, haben ihn wirklich übereinstimmend gelehrt und darauf verwiesen, dass die historischen Berichte alle Menschen loben und preisen, die beim Dienst für ihr Heimatland und ihre Nation gestorben sind [Fn. Horaz: dulce et decorum est pro patria mori]. Patik hat bisher weder ein Geschichtswerk noch eine Erzählung gelesen, die Menschen rühmen oder loben, die sich mit Essen und Trinken vergnügt und sich der Vermehrung ihres Reichtums und der Pracht der Gebäude ihres Heimatorts geprahlt haben. Gott bewahre! Gewiss gibt es auch Erzählungen, die die Pracht und den Reichtum Pharaos, Qārūns und Hāmāns [Fn.] erwähnen, aber ihr Gedenken ist mit Verwünschung von Seiten derjenigen, die sie lesen, verbunden. Verzeiht tausend Mal, Euer Majestät, die Pracht und Herrlichkeit der Verdienste Seiner Majestät, des seligen Monarchen Muhammad Ali Pascha, der vor ungefähr…


100 Jahren verstorben ist, haben die Landeskinder seinen Namen und seine edlen Verdienste vergessen? Sind nicht alle Landeskinder vereint darin, seinen Namen hochleben zu lassen und seine Verdienste jedes Jahr zu rühmen? Dass die Bewohner dieses Landes seiner gedenken, liegt aber nicht an der Schönheit seiner Kleidung, der Menge seines Reichtums, der Größe seines Hauses oder Schmackhaftigkeit seiner Speisen, sondern an seinen Verdiensten für sein Land und seine Nation. Ebenso hören und sehen wir, dass die europäischen Nationen in dieser Zeit jedes Jahr den Todes- oder Geburtstag irgendeiner großen Persönlichkeit feiern. Man gedenkt dieser Menschen nicht, weil sie reich waren, ihr Haus groß war oder sie viel Geld hatten, sondern wegen ihrer verdienstvollen Taten für ihr Heimatland und ihre Nation.“

Während Shafik Efendi dies sagte, achtete er ständig auf das Gesicht des Chediven, ob auf ihm irgendwelche Zeichen des Überdrusses oder der Unzufriedenheit über seine Rede erschienen, um sie eventuell abzukürzen, doch sah er, dass das Gesicht des Chediven sehr erfreut war, seine Lippen stets lächelten, während er seine Rede hielt, und er bei den Aussagen seiner Rede, mit denen er besonders einverstanden war, mit der Hand auf den Tisch klopfte.

Der Chedive war ja ein sehr junger König und besaß eine hohe Bildung. Und da dies sein Geburtstag war, waren alle Staatsbehörden geschlossen. So waren an diesem Tag viele seiner Minister und großen Beamten in seiner Audienzversammlung. Deshalb war er sehr erfreut, die Rede Shafik Efendis vor allen Beamten seines Reichs zu hören. Außerdem war er sehr erstaunt,…


von dem Wunsch Shafik Efendis zu hören, denn noch nie war es in seinem Land geschehen, dass der Sohn eines großen reichen Mannes den Wunsch geäußert hatte, in das Militär einzutreten. Üblicherweise rekrutierte man in seinem Land die Männer jedes Jahr nur zwangsweise. Und wenn es welche gab, die gerne in die Kriegsschule eintraten, dann waren es meistens arme Kinder, die keine Eltern hatten. Deshalb war er sehr froh, von der Empfindung zu hören, die Shafik Efendi hatte, und überlegte, dass es gut wäre, wenn sie alle gebildeten jungen Leute erfüllen würde. Da er den wirklichen Grund wissen wollte, der Shafik Efendi dazu brachte, dass er in die Kriegsschule eintreten wollte, sprach er zu ihm: „Sagt die Wahrheit, Shafik! Was ist es wirklich, was Euch dazu bringt, auf dem Feld des Krieges dem Heimatland dienen zu wollen?“

Shafik Efendi antwortete: „Verzeiht, Euer Majestät. Die Wahrheit ist, dass Patik seit dem Zeitpunkt, da er seine Schulausbildung abgeschlossen hat, nicht zufrieden damit ist, herumzusitzen, zu trinken und zu essen oder mit dem großen Vermögen seiner Eltern, das ihm schon jetzt übergeben wurde, Vergnügungen nachzugehen. Denn nachdem Patik zu der Auffassung gelangt ist, dass sich das Wesen des Menschen hinsichtlich seines Lebenszwecks von allen anderen Wesen unterscheidet... Verzeiht, Euer Majestät.“ Shafik Efendi stoppte in seiner Rede und schaute auf das Gesicht des Chediven, weil ihm nicht wohl war, etwas auszusprechen, was man eigentlich nicht vor anständigen Menschen, geschweige denn vor einem großen König, aussprechen sollte. Der Chedive verstand den Grund, warum Shafik Efendi stockte, und sagte: „Sprecht ruhig, Shafik, es ist in Ordnung, auszusprechen, was in einer solch wissenschaftlichen Erörterung notwendig ist.“


Shafik Efendi verbeugte sich und sagte: „Verzeiht tausend Mal, Euer Majestät. Nach Patiks bescheidener Meinung gibt es auf dieser Welt zwei Arten von Leben, die funktionieren und über die alle Arten von Gottes Schöpfung auf der Welt verfügen. Die erste ist der Mensch, die zweite das Tier.

Was die Tiere betrifft, so hat Gott wahrhaftig in ihre Schöpfung einen Instinkt gelegt, die ihr Leben zu schützen vermag, ohne Absicht zu freundschaftlicher Hilfe, noch zu Unterricht. Jedes von ihnen sucht, sobald die Sonne aufgeht, nach seiner Nahrung und stellt seinen Wohnort her. Wenn dann die Sonne wieder untergeht, kehrt es langsam zu seinem Ort zurück, frohen Herzens darüber, dass es seinen Bauch füllen konnte, unbesorgt in seinem Bau, und ohne Wunsch nach Zusammensein mit seinen Artgefährten, mit Ausnahme der Ameisen und Bienen.

Die Menschen unterscheiden sich dagegen in ihrem Wesen von den Tieren. Ihr Wesen besteht darin, zusammenzuleben und sich gegenseitig zu helfen, weil es unmöglich ist, dass ein Mensch seine Lebensbedürfnisse an Nahrung und Kleidung erfüllt, ohne dass andere Menschen zusammenarbeiten und alles davon anfertigen. Ein Brotlaib zum Beispiel oder eine Schale Reis, die zum Leben eines jeden von uns notwendig ist, kann nicht vor uns gestellt werden, ohne dass vorher viele Menschen dafür gearbeitet haben: Die einen haben den Boden bearbeitet, andere haben ihn bepflanzt, wiederum andere ihn gemäht, einige habe das Getreide zerstoßen, andere den Teig geknetet und gebacken, wiederum andere haben ihn schließlich verkauft. Und…


die Kleidung kann nicht auf den Körper gelangen, ohne dass die einen den Faden herstellen, andere ihn zu Stoff weben, wiederum andere diesen zuschneiden und vernähen. Und wenn es so viele Menschen sind, die für einen Laib Brot, eine Schale Reis oder ein Kleidungsstück, die wir zum Leben benötigen, zusammenarbeiten müssten, wie erst recht bei unseren anderen Bedürfnissen?

Gott ist sehr gerecht und gleichzeitig barmherzig. Als er den Menschen mit dieser Lebensweise erschaffen hat, hat er ihn mit Vernunft und Wissen ausgestattet, die ihn von allen anderen Wesen unterscheiden. Deswegen wird gesagt, dass die Menschen, die ihre Vernunft und ihr Wissen allein für ihren persönlichen Nutzen einsetzen, Menschen sind, die tierische Eigenschaften haben. An dieser Stelle hielt Shafik Efendi inne, schaute auf das Gesicht des Chediven und bat um Verzeihung dafür, dass er Worte geäußert habe, die vor der Versammlung auszusprechen sich nicht zieme. Der Chedive war aber sehr froh, die Worte und Auffassungen Shafik Efendis zu hören, und sagte: „Sprecht nur, Shafik, es gibt nichts zu entschuldigen. Vervollständigt Eure Erörterung, denn Beta ist froh, sie zu hören.“

Shafik Efendi verbeugte sich und sagte: „Patik bittet Euer Majestät tausend Mal um Verzeihung. Nachdem wir nun durch unsere Vernunft wissen, dass unser Leben erfordert, dass Menschen zusammenkommen und sich gegenseitig helfen, um die Bedarfsgegenstände für unser Leben zu erhalten, dann sagt uns unser Wissen, dass es besser ist, wenn wir uns mit unserem Volk und unserer Nation in unserem Heimatland versammeln,…


als wenn wir uns mit anderen Völkern und Nationen versammeln und auf ihrem Territorium Handel treiben. Und wenn wir alle Arten von Bedarfsgegenständen für unser Leben aus der Produktion und Arbeit unserer Nation auf unserem Heimatterritorium erhalten, dann ist das besser, als wenn wir sie aus der Produktion und Arbeit anderer Nationen aus Ländern oder Heimatgebieten anderer Menschen erhalten.[Fn.]

Wenn wir nun wissen, dass Vernunft und Wissen beide übereinstimmend sagen, dass der Mensch, dessen Leben sich von den Tieren unterscheidet, sich in bester Weise für sein Leben anstrengen und arbeiten muss, dann wissen wir auch, dass unsere größte Pflicht darin besteht, dass wir unser Volk und unsere Nation dazu befähigen, alle Waren, die wir für unser Leben brauchen, zu produzieren und unser Heimatland vor allen Arten von Aufruhr, die seine Sicherheit bedrohen, zu schützen.

Verzeiht Euer Majestät, Patiks Vorväter, die dieser Versammlung beigewohnt haben, haben nacheinander ihren Beitrag zu dem Werk geleistet, das Volk, Nation und Heimatland Nutzen bringt. So ist auch Patik selbst froh, einen Beitrag dazu zu leisten. Nachdem nun Patiks Entschluss feststeht, nach Möglichkeiten zu suchen, um die ihm obliegende Pflicht gegenüber seinem Volk, seiner Nation und seinem Heimatland zu erfüllen, empfindet er ein sehr starkes Gefühl, das ihm in dieser Zeit zuruft, in den Krieg einzutreten, den Eure Majestät den Sudanesen erklärt hat, die Aufruhr machen, weil die Sicherheit dieses Landes die vordringlichste Pflicht für alle seine Bewohner ist,…


hinter der alle anderen Angelegenheiten zurückstehen. Aus diesem Grund wagt es Patik, die Bitte gegenüber Euer Majestät vorzubringen, mit Einwilligung seines Vaters in diesen Krieg eintreten zu dürfen. Möge er die Ausbildung erhalten, die ihn dazu befähigt, seinem Volk mit seinem Schwert zu dienen. Verzeiht tausend Mal, Euer Majestät!“ Dann verbeugte sich Shafik Efendi und setzte sich auf seinen Platz.

Der Chedive war sehr erfreut über die Rede von Shafik Efendi und seine guten Manieren, die ihr in nichts nachstanden. Dann schaute er zu Talaat Bey. Dieser stand auf und sagte: „Von heute an widmet Patik sich selbst und seine Besitztümer der Sache, die der Gesellschaft seines Volkes Nutzen bringt. Gott möge die Herrschaft Eurer Majestät fortbestehen lassen und Ägypten den Ägyptern [Fn.] in die Hand geben.

Der Chedive freute sich sehr über die Worte von Talaat Bey und sagte: „So erhofft es sich Beta von Leuten von der Klasse wie Talaat Bey. Grundsätzlich bringt auch das Zurückhalten des Wunsches der Kinder, einzig und allein um jetzt unsere Kraft und Stärke zu zeigen, nach Betas Meinung Schaden über sie, weil es im Widerspruch zur richtigen Erziehung steht. Das Einnehmen einer harten Haltung bei der Zurückweisung der Wünsche der Kinder ohne Bezeigen von Interesse für das abweichende Gefühl, das im Herzen dieser Kinder bestehen bleibt, ist eine große Gefahr für sie, wie von den Erziehungswissenschaftlern dieser Zeit entdeckt wurde.[Fn.] Denn diese Kinder denken ständig an ihren Wunsch oder diese Sache, müssen sich aber beherrschen, sich diesen Wunsch…


nicht zu erfüllen, allein aus Furcht vor dem Vater. Dann warten sie die ganze Zeit nur auf die Gelegenheit, wie sie diesen Wunsch oder diesen Plan umsetzen können, den sie für richtig halten, sobald sie sich von dem Zorn ihres Vaters befreit wähnen. Deshalb sind sich alle Wissenschaftler, die die Regeln der Kindererziehung untersucht haben, einig, dass es keinen Nutzen für die Kinder bringt, wenn man ihnen alles, was Gefahren für sie mit sich mitbringt, verbietet, nur um ihre Furcht vor ihrem Vater oder ihrer Erziehungsperson zu benutzen.

Grundsätzlich ist die Erziehungsregel heute, dass man die Aufzucht, die ausprobiert wird und deren Nutzen für die Kinder erreicht wird, den Kindern mit Worten und Regeln mitteilt, die Verständnis vermitteln und ihrer Vernunft die Schlechtigkeit und Gefahr verständlich machen, die eintreten, wenn sie ihren Wunsch erfüllen oder ihre Handlungsweise fortsetzen, indem man ihnen Beispiele und Erzählungen beibringt, die sie von der Richtigkeit unserer Ermahnung überzeugen. Dann geben sie nämlich gewiss ihre Pläne freiwillig auf. So ist es jetzt auch mit Shafik Efendi. Sein Vater Talaat Bey hat ihm verboten, in die Kriegsschule einzutreten. So hat er davon Abstand genommen, weil er seinen Vater fürchtet, nicht weil er denkt, dass sein Wunsch falsch oder nutzlos ist. Deshalb besteht dieser Wunsch in seinem Herzen weiter, weil Talaat Bey zu der Zeit, als er verboten hat, ihm nicht alle Gefahren dieser Kriegsschule in der Weise…


mitgeteilt hat, dass ihm die Richtigkeit seiner Worte einleuchtet. Deshalb ergreift er die erste Gelegenheit, bei der er glaubt, Hilfe erlangen zu können, um die Zustimmung seines Vaters zu erhalten, um seinen Wunsch, den er für richtig und gut hält, auszusprechen. Nehmen wir an, Talaat Bey hätte ihm vorher die Nutzlosigkeit seines Plans, in diese Schule einzutreten, klargemacht, dann hätte er diesen Wunsch bestimmt ein für alle Mal vergessen. Nur wo kann Talaat Bey die Worte finden, die die Fehlerhaftigkeit von Shafik Efendis Wunsch aufzeigen? Denn ein solcher Wunsch entspringt dem aufrichtigen Gefühl von Menschen, die Kenntnis und wahres humanitäres Empfinden für Volk, Nation und Heimatland besitzen. Deshalb freut sich Beta, wenn Talaat Bey den Wunsch seines Sohnes billigt, denn das Lebensende liegt allein in der Hand Gottes.“

Talaat Bey stand auf, verbeugte sich und sagte ehrerbietig: „Patiks Huldbeweis hat sich in der Zwischenzeit nicht verändert. Patik hofft auch auf Gnade.“ Der Chedive stand auf und ging in seine Gemächer, und die Anwesenden gingen nach und nach auseinander und kehrten nach Hause zurück. Talaat Bey bestieg mit seinem Sohn eine Kutsche und fuhr ebenfalls nach Hause. Am nächsten Tag ging Shafik Efendi zu seinen Eltern. Talaat Bey und seine Frau versuchten noch einmal, ihren Sohn durch gutes Zureden von seinem Plan, in die Kriegsschule einzutreten, abzubringen.

Seine Mutter sagte: „Mein geliebter Sohn, wie kann Tuan so sehr wegen Faridah Hanom verzweifelt sein? Er möge seine Eltern um die Tochter jedes beliebigen Mannes bitten, den er wünscht. Die Eltern können um ihre Hand anhalten. Es gibt so viele schöne Frauen in Ägypten, schön wie Bidadaris [Fn.].“


Shafik Efendi antwortete: „Anakanda bittet um die Erlaubnis der Eltern, in die Kriegsschule eintreten zu dürfen. Er hofft, dort eine Ausbildung zu erhalten. Nach sechs Monaten wird er dann von der Regierung auf das Schlachtfeld geschickt, damit er dort ehrenhaft beim Dienst für Volk und Heimatland sein Leben hingibt, anstatt sich umsonst zu töten, denn der Sohn hält dieses unglückliche Leben nicht mehr aus. Er glaubt, dass ihm das größte Unglück widerfahren ist, das einem verliebten Mann widerfahren kann. Was kann er sich noch von diesem Leben erhoffen, nachdem ihm die Geliebte, die er selbst als Lebenspartnerin erwählt hatte, entglitten und ihr Vater ihn abgelehnt hat. Leer und vergeblich ist die Hoffnung, diesen Kummer zu überwinden, nachdem er ihm den Cousin seiner Tochter vorgezogen hat. Es stimmt, was Mutter sagt, dass der Sohn eine andere Frau in Ägypten finden kann, die schöner ist als Faridah Hanom. Aber wo soll er eine Frau finden, die eine Gesinnung, einen Charakter und eine Bildung hat wie sie? Faridah Hanom ist eine Frau, wie sie Gott sonst auf der Welt nirgendwo erschaffen hat, ganz zu schweigen von Ägypten. Sie ist eine Frau, die völlig mit Anakandas Nyawa verschmolzen und ihm in Fleisch und Blut übergegangen ist. Bei Gott, dem Allmächtigen, ist es Anakanda verboten, sich mit anderen Frau als ihr zu vermählen.“ Shafik Efendi sprach diese Worte aus, brach in Tränen aus und begrub sein Gesicht im Schoß seiner Mutter. Die Mutter umarmte und küsste ihren Sohn und weinte ebenfalls bitterlich. Dann, nachdem er seiner Mutter im Arm gelegen und mit ihr geweint hatte, stand er auf, trat vor…


seinen Vater und sagte: „Anakanda bittet um die Zustimmung und Erlaubnis des Vaters, in die Kriegsschule eintreten zu dürfen. Möge er danach von seiner Regierung zum Kampf in den Sudan geschickt werden. Dort kann er einen ehrenhaften Tod sterben, indem er seinem Heimatland und Volk dient. Denn er hält es nicht mehr aus, in dieser Welt zu leben, weil das Leben in dieser Welt keinen Wert mehr für ihn hat, nachdem Faridah Hanom in die Hand eines anderen gelangt ist.“ Talaat Bey sagte, wobei er sich die Tränen abwischte: „Mein Sohn, Tuan folge nicht zu sehr seinem Herzen, denn er kennt nicht die Mühsal derjenigen, die Soldaten geworden sind. Die Gefahren sind sehr groß, ohne dass es einen festen Wohnsitz gibt, während Tuan ein reicher Mann ist und ihm alles Vermögen zur Verfügung steht, so dass er erreichen kann, was immer er wünscht. Er möge all diesen Reichtum zur Zerstreuung nutzen, um das Elend seines Herzens verschwinden zu lassen.“ Shafik antwortete: „Das kann Anakandas Herz niemals trösten, aber wenn er in das Militär eintritt und dann gezwungen sein wird, den Befehlen der Kriegsführer zu gehorchen und von einem Ort zum nächsten zu ziehen, dann hofft er, vielleicht Trost zu finden.“

Während Talaat Bey und sein Sohn so zusammensaßen und miteinander sprachen, bekamen sie Besuch von einem nahen Freund namens Muhsin Bey, der ein pensionierter Offizier der ägyptischen Armee war. Talaat Bey und sein Sohn standen auf, hießen ihn willkommen, verbeugten sich und setzen sich wortlos zusammen mit ihm hin. Muhsin Bey erkannte, dass die beiden,…


Vater und Sohn, in einem Zustand des Kummers waren. Und da er sehr eng mit ihnen befreundet war, fragte er Talaat Bey nach dem Grund. Da erzählte ihm Talaat die ganze Geschichte von Shafik Efendi von Anfang bis Ende. Muhsin Bey sagte: „Beta stimmt in seiner Eigenschaft als Offizier, der schon einige Male im Krieg gewesen ist, mit Shafik überein, dass es sinnvoll ist, wenn er an der Kriegsschule studiert, damit er einer der Helden wird, die sein Heimatland beschützen.“ Dann wandte er sich Shafik Efendi zu und sagte: „Wenn Tuan eine Ausbildung an der Kriegsschule erhalten hat und von der Regierung in den Sudan geschickt wird, dann wird sich, sobald er Ägypten verlassen hat, sein Denken ändern und bei ihm Mut zu Reisen hervorrufen. Und deshalb wird sich das gewohnte Verhalten, das mit Behaglichkeit einhergeht, verändern. Tuan wird dem Ideal nachstreben, ständig den Wohnsitz zu wechseln, von einem Land zum nächsten.“ Shafik Efendi antwortete: „Beta stimmt ganz mit Tuans Erwägungen überein, weil er wirklich in diesem Augenblick fühlt, dass er den Zustand, in dem er schon so lange lebt, verändern muss, denn sein Empfinden heute hat sich gegenüber seinem Empfinden gestern verändert. Denn er hat den Gedanken an die zärtliche Liebe hinter sich geworfen und an die Stelle der Liebschaft die vielfach größere Empfindung gesetzt, die Heimatlandsliebe genannt wird. Diese Heimatlandsliebe ist es, die Beta mit Kraft auf das Feld der Zerstörung treibt, von einem Zeitraum zum nächsten.“


Talaat Bey war zunächst sprachlos und sagte dann zu Muhsin Bey: „Beta sieht sich nicht mehr imstande, Shafik Efendi zurückzuhalten, denn er hat schon Seiner Majestät ein Versprechen gegeben.“

Shafik Efendi sprang erfreut auf, als er die Worte seines Vaters hörte, ging zu ihm und küsste seine Hände und Knie[Fn.]. Talaat Bey umarmte und küsste ihn und hielt dabei seine Tränen zurück, aus Scham, dass Muhsin Bey ihn weinen sehen könnte. Dann verließ Shafik Efendi das Zimmer seines Vaters und ging in sein Zimmer. Dort traf er seine Amme Aliah an, die auf ihn wartete. Shafik Efendi fragte sie, woher sie komme und wozu sie gekommen sei. Aliah sagte: „Gestern Abend ist die Dayang gekommen, um hier auf Tuan zu warten, aber Tuan ist nicht gekommen. Da hat die Dayang Angst bekommen, dass im Haus nur noch Diener sind, und ist vorzeitig zurückgekehrt. Früh am Morgen ist die Dayang gekommen, aber Tuan war schon weggegangen, um den Vater zu treffen. Die Dayang möchte Tuan mitteilen, dass gestern seine Geliebte ins Haus gekommen ist.“ Dann erzählte Aliah alles, was passiert war, von Anfang bis Ende. Und sie teilte Shafik Efendi mit, dass Faridah Hanom ihn aufgefordert hatte, wie gewohnt zu ihrem Haus zu kommen. Shafik Efendi wurde nachdenklich, als er diese Botschaft von Faridah Hanom hörte. Dann sagte er zu Aliah: „Es hat keinen Zweck mehr, Ibu, dass Beta mit ihr zusammentrifft, denn gewiss wird es seinen Liebesschmerz noch vergrößern, da es schon feststeht, dass sich Beta nicht im Erlaubten und mit der Zustimmung ihrer Eltern mit ihr vereinigen kann, wie es Betas Treueschwur mit ihr vorsah, denn sie ist ja schon mit jemandem anders verlobt. Aber Beta wird gewiss niemals eine andere Frau berühren, so wie er ihr die Treue geschworen hat, eher…


stirbt er. Deshalb wird er morgen zur Kriegsschule gehen, um in den Krieg nach Sudan zu ziehen und dort in Ehre zu sterben. Soll sie in Freuden leben, Beta ist zufrieden mit dem traurigen Schicksal, das ihn ereilt hat. Deshalb kann Ibu morgen den ganzen Hausrat hierherbringen lassen und den Mietvertrag über das Haus kündigen. Dann kehre Ibu wieder hierher zurück, wie immer.“ Shafik Efendi schaute zu Ibrahim und sagte: „Ibrahim, geh heute zusammen mit meiner Ibu Aliah und hilf ihr dabei, den ganzen Hausrat hierherzubringen. Fordere den Kutscher auf, dass er Dir dabei hilft.“ Shafik Efendi sagte dies mit hochrotem Gesicht, wobei ihm die Tränen herunterrannen. Deshalb traute sich Aliah auch nicht, noch etwas zu fragen oder zu sagen, sondern ging wortlos hinaus, wobei Ibrahim ihr folgte.

Als sie das Zimmer Shafik Efendis verlassen hatten, wandte sich Aliah zu Ibrahim und fragte ihn: „Kennt Ibrahim Suad, die Dayang Faridah Hanoms, und weiß er, wie er zu ihrem Haus kommt?“ Ibrahim antwortete: „Ja, Hamba kennt sie und ihr Haus, denn Hambas Schwester Khatun arbeitet als Kleiderdienerin von Faridah Hanom.“ Aliah freute sich, das zu hören, und sagte zu Ibrahim: „Geht doch bitte auch jetzt zu Khatun und sagt ihr, dass Beta noch diese Stunde Suad treffen möchte. Sie möge doch bitte, falls irgendwie möglich, herauskommen. Ibrahim bringt sie dann nach hinten in die Nähe unseres Kutschenstalls.“ Ibrahim war einverstanden und lief hinaus zum Haus von Kasim Bey. Wenig später kehrte er mit Suad zurück. Aliah…


ging hinaus, um Suad zu treffen. Sie unterrichtete sie über die Worte und Pläne ihres Tuans Shafik Efendi und trug ihr auf, Faridah Hanom darüber in Kenntnis zu setzen. Suad sagte mit Tränen in den Augen: „Beta kann das ihrer Tuan nicht mitteilen, denn sie ist in dieser Zeit wie eine Verrückte.“ Dann erzählte sie alles, was bei Faridah Hanom vorgefallen war, dass sie nicht mehr aß, trank und schlief, und ihre Wut auf Badruddin Efendi. „Da gerade die Dinge so stehen, wird Beta sehen, dass sie irgendwann eine günstige Gelegenheit findet, in der sie ihr das mitteilen kann.“ Dann verabschiedete sich Suad und ging schnell nach Hause, weil sie ohne Wissen Faridah Hanoms das Haus verlassen hatte. Aliah forderte den Kutscher und Ibrahim auf, zu ihrem Haus zu fahren und dort alles einzupacken, das in das andere Haus transportiert werden musste.