Hikayat Faridah Hanom 10 - Übersetzung

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Zehntes Kapitel
DAS ENDE DER HOFFNUNG

Nachdem Suad Shafik Efendi verlassen hatte, machte er sich auf und ging nach Hause, wobei er völlig erschöpft war und kaum die Schritte richtig setzen konnte. Als er zu seinem Haus gelangte, kam seine Mutter ihm im Salon entgegen. Sie umarmte und küsste ihr Kind. Dann sah sie, dass Shafik Efendi nicht wie sonst war, sondern sein Körper schwach und sein Gesicht ganz fahl war. Sie erschrak und fragte: „Warum ist mein Kind so? Was ist der Grund, dass Tuan so anders ist als sonst?“ Shafik Efendi umarmte seine Mutter und führte sie in sein Zimmer. Dort setzte er sich auf einen Stuhl und setzte seine Mutter neben sich. Dann schwieg er und senkte seinen Kopf, wobei ihm die Tränen über die Wangen liefen. Seine Mutter erschrak und fragte traurig: „Es scheint, dass mein Kind weint. Was ist der Grund? Was ist es, was Tuan Schmerzen bereitet?“

Shafik Efendi antwortete: „Es ist jede Bedeckung der Scham verschwunden, o meine Mutter. Es hat keinen Zweck mehr, etwas zu verbergen. Anakanda [Fn.] hier ist leidenschaftlich verliebt und der Mensch, den er liebt, ist ihm aus den Händen geglitten. Wenn Anakanda seine Geliebte nicht erhält, wird er bestimmt in seiner Trauer sterben.“


Seine Mutter fragte: „Wer ist es denn, in den Anakanda verliebt ist?“

Da erzählte Shafik Efendi seine ganze Geschichte mit Faridah Hanom von ihrem ersten Anfang, als er sie erblickt hatte, bis zum Ende. Und er teilte seiner Mutter mit, dass diese Faridah Hanom die Tochter von Kasim Bey war. Seine Mutter, die die Familie seiner Geliebten kannte, sagte: „Anakanda möge sich keine Sorgen machen. Gleich wird es die Mutter Tuans Vater mitteilen und ihn zwingen, für mein Kind um die Hand Faridah Hanoms anzuhalten, und das noch diesen Abend.“ Shafik Efendi freute sich sehr über die Worte seiner Mutter, stand auf und küsste ihre Hände. Er vertraute auf das Versprechen seiner Mutter. Wenig später stand seine Mutter auf und ging zu Talaat Bey, um ihm über den Zustand von Shafik Efendi, die Frau, die er liebte, und ihre Meinung dazu Mitteilung zu machen. Talaat Bey freute sich sehr, als er hörte, dass sein Sohn die Tochter von Kasim Bey heiraten wollte, weil er sich schon lange wünschte, dass sich Shafik Efendi eine Frau nehmen würde, dieser es jedoch war, der nicht wollte.

Nach Sonnenuntergang bestieg Talaat Bey mit seiner Frau und seinem Sohn Shafik Efendi eine Kutsche und fuhr zum Haus von Kasim Bey. Als die drei dort ankamen, wurden sie von Kasim Bey und seiner Frau willkommen geheißen. Die Männer gingen zusammen hinein, während die Frauen zusammen ins obere Stockwerk gingen und sich dort hinsetzten. Shafik Efendi nahm zusammen mit seinem Vater Platz, wobei sein Herz heftig klopfte. Zu Beginn des Treffens plauderten sie etwas und fragten gegenseitig nach ihrem Befinden,…


dann stand Talaat Bey auf, wandte sich Kasim Bey zu und sagte: „Dies ist Kakandas Sohn Shafik Efendi. Adinda kennt ihn [Fn.].“ Kasim Bey schaute zu Shafik Efendi, hob seine Hand zum Gruß, und Shafik Efendi erwiderte ihn höflich. Dann sagte Talaat Bey: „Kakandas Sohn ist von klein auf verständig und verfügt über eine moderne Bildung. Kakanda hat kein anderes Kind als ihn. Da er nun alt genug ist, um zu heiraten, findet Kakanda, dass niemand geeigneter ist, seine Frau zu werden, als Adindas Tochter Faridah Hanom. Deshalb ist Kakanda zu Adinda gekommen. Und er hofft, dass Tuan bereit ist, zu akzeptieren, dass er der Partner jener Anakanda wird. Wenn Adinda Kakandas Bitte akzeptieren würde, würden Kakanda und sein Sohn äußerst glücklich sein.“

Kasim Bey schlug sehr ärgerlich die Hände zusammen und rief aus: „Lā ḥaula wa-lā qūwata illā bi-Llāh al-ʿalī al-ʿaẓīm. Adindas Herz ist vor Unglück ganz schwer und bekümmert. Wenn doch Kakanda einen Tag früher gekommen wäre, dann hätte er ihm gewissen seinen Wunsch erfüllt. Aber Adindas Bruder ist gestern Abend aus Alexandria gekommen, um für seinen Sohn Badruddin um Faridahs Hand anzuhalten, und Adinda hat seinen Antrag schon angenommen.“

Die Mine von Talaat Bey verfinsterte sich, als er die Antwort Kasim Beys hörte, und er sagte: „Kann man nicht doch einen Weg finden, dass Adinda Kakandas Antrag annehmen kann und sein Wort gegenüber seinem Bruder zugunsten von Kakanda zurückzieht?“


Kasim Bey seufzte und sagte mit äußerst bekümmerter Stimme: „Adinda ist sehr betrübt, denn er kann nicht daran denken, sein Wort gegenüber seinem Bruder zurückzuziehen. Denn wenn er dies täte, hätte er gewiss Streit mit seinem Bruder. Und ein solcher Streit und Bruch mit meinem Bruder würde gewiss auch Kakanda selbst nicht amüsieren.“

Talaat Bey schwieg und antwortete darauf nicht mehr, weil es wahr war, was Kasim Bey sagte. Dann sprach er noch eine Weile über andere Dinge und verabschiedete sich, um nach Hause zu fahren und seine Frau zu informieren. Sie gingen hinaus, bestiegen eine Kutsche und fuhren heim.

Als sie zu Hause angekommen waren, sagte Talaat Bey zu seinem Sohn Shafik Efendi: „Seid nicht betrübt, Tuan, der Vater kann Euch mit der schönsten Frau in Ägypten vermählen, wenn Tuan wünscht, sogar aus der Familie des ägyptischen Königs.“

Shafik Efendi antwortete niedergeschlagen: „Wenn Faridah Hanom Anakandas Händen entglitten ist, dann verspürt er auch keinen Wunsch nach einer anderen Frau in dieser Welt, auch nicht nach einer Prinzessin. Anakanda wird dann vom heutigen Tag allen Freuden, die es in dieser Welt gibt, Lebewohl sagen.“

Seine Eltern grämten sich, als sie die Worte ihres Sohnes hörten und seinen bekümmerten Zustand sahen, und machten sich Sorgen, das ihm etwas zustoßen könnte. Dann legten sich alle in diesem Zustand der Bekümmertheit schlafen.

Faridah Hanom, die gespannt darauf wartete, dass ihr Geliebter und seine Eltern kommen würden, um um sie zu werben, erfuhr, was sich zugetragen und was ihr Vater…


dem Vater ihres Geliebten geantwortet hatte. Nachdem ihr Geliebter ohne Annahme seines Heiratsantrags zurückgekehrt war, beschloss sie in ihrem Herzen, Badruddin zu schneiden und sich ihm mit allen Mitteln so lange wie möglich zu entziehen. Deshalb bereitete sie sich vor, am nächsten Morgen ihren Geliebten zu treffen. Als die Zeit des frühen Morgens gekommen war, zog sie sich an, ging hinunter und machte sich mit ihrer Dayang Suad auf den Weg zum Haus von Aliah.

Badruddin Efendi achtete mit Herz und Auge stets auf die Bewegungen von Faridah Hanom. Zu jener Zeit hatte er nur seinen Schlafanzug an, als er plötzlich Faridah Hanom und ihre Dayang aus dem Haus gehen sah. Rasch zog er sich seine Jacke über den Schlafanzug und folgte den beiden, ohne dass sie ihn bemerkten. Als Faridah Hanom schon ziemlich weit von ihrem Haus entfernt war, rief sie eine Droschke, bestieg sie mit ihrer Dayang und gab Anweisung, zum Haus von Aliah zu fahren. Badruddin war der Kutsche nachgerannt und hinten aufgesprungen, ohne dass die beiden es von innen gemerkt hatten. So hörte er es, als der Kutscher sie nach ihrem Ziel fragte und Faridah Hanom den Ort von Aliahs Haus angab. Badruddin spitzte die ganze Zeit die Ohren und hörte einiges von dem, was Faridah Hanom und ihre Dayang in der Kutsche besprachen. So hörte er auch, wie die beiden dann und wann den Namen Shafik Efendis erwähnten, das eine Mal lauter, das andere Mal leiser. So erfuhr Badruddin ein wenig von dem Geheimnis der beiden. Und als die Kutsche am Anfang der Seitenstraße ankam, die sie genannt hatten, sprang er vom Heck der Kutsche ab und stellte sich dort hin,…


um zu sehen, wie die Kutsche zum Halten kam. Die Kutsche hielt auch tatsächlich nicht weit von diesem Ort an, und so konnte er sehen, wie Faridah Hanom zusammen mit ihrer Dayang ausstieg und die beiden in ein Haus von durchschnittlichem Bau und Aussehen hochstiegen. Er ging flink hin und schaute sich das Aussehen des Hauses genau an. Er war sich sicher, dass es gewiss Shafik Efendi war, der in diesem Haus auf die beiden wartete. So rief er rasch eine Droschke, stieg ein und gab Anweisung, schnell zum Haus in der al-Abbasiyah-Straße zurückzufahren. Kaum war er dort angekommen, teilte er rasch seinem Onkel Kasim Bey mit, dass Faridah weggegangen war, um ihren Geliebten Shafik Efendi zu treffen, der am Vorabend um ihre Hand angehalten hatte, und sich die beiden jetzt in einem Haus in der Nähe Bab al-Hadid-Straße träfen. Auch erzählte er ihm, wie er ihnen gefolgt war. Kasim Bey erschrak, als er die Mitteilung über seine Tochter hörte, und war äußerst niedergeschlagen über diese Beschämung. Dann fragte er Badruddin Efendi: „Weiß Tuan, wo dieses Haus ist?“ Badruddin antwortete: „Ja, und Anakanda kann Ayahanda [Fn.] dort hinbringen, wenn er das Haus selbst sehen will.“ Da stand Kasim Bey wütend auf und lud seinen Bruder, den Vater von Badruddin, ein und fuhr zusammen mit ihm und seinem Sohn zum Haus von Aliah. Als sie an dem Haus ankamen, stiegen sie aus und klopften an die Tür. Aliah sprang auf und ging zur Tür, um zu öffnen, denn sie dachte, dass dies bestimmt Shafik Efendi sein würde, der da kommt. Als die Tür offen stand, erschrak sie, als sie sah, dass es der Vater Faridah Hanoms, sein Bruder und der Bräutigam Faridah Hanoms waren, die da gekommen waren. Und sie war sprachlos und konnte nichts mehr sagen. Kasim Bey und seine beiden Begleiter traten ein und untersuchten das Haus. Sie fanden Faridah Hanom vor, die mit ihrer Dayang Suad zusammensaß, ohne dass…


jemand anders bei ihnen war außer Aliah. Faridah Hanom war sehr erschrocken, als sie ihren Vater sah, stand auf und begrüßte ihn. Kasim Bey fragte Faridah Hanom wütend: „Was hat Tuan hier zu suchen?“ Faridah Hanom antwortete: „Anakanda ist hierher gekommen, um Ibu Aliah zu treffen, weil sie sie nach dem Tag des Blumenwettbewerbs, an dem sie in unser Haus gekommen ist und das Kind sie dem Vater vorgestellt hat, nicht mehr getroffen hat. Deshalb ist Anakanda gekommen, weil sie fürchtete, dass sie womöglich krank wäre, Vater. Hat Anakanda falsch gehandelt, wo sie doch nur ein zutrauliches Verhältnis mit jemandem knüpfen wollte, der vorher seinen Edelmut über Anakanda ausgestreut hatte?“ Da verflüchtigte sich Kasim Beys Zorn auf seine Tochter, aber er ging noch weiter herum und untersuchte das Haus. Als er sah, dass niemand anders da war als die drei, wandte er sich um, schaute Badruddin Efendi an und sagte: „Anakanda sollte als erstes den Argwohn wiedergutmachen. Merkt Euch gut, Tuan, bezichtigt Ayahandas Kind nicht noch einmal einer solch verdorbenen Sache! Wenn sie mit Shafik Efendi hätte zusammentreffen wollen, hätte sie ihn doch am besten in seinem Haus in al-Abbasiah in der Nähe ihres Hauses getroffen. Warum sollte sie dafür so weit fahren?“ Badruddin sah seinen Fehler ein, und er wurde blass vor Angst, weil er merkte, dass sein Onkel ärgerlich auf ihn war. Er antwortete nichts mehr, sondern senkte nur sein Gesicht. Dann verließen Kasim Bey und sein Bruder, gefolgt von Badruddin Efendi, das Haus, bestiegen eine Kutsche und fuhren zu ihrem Haus zurück.

Kurz nachdem sie das Haus verlassen hatten, stand Faridah Hanom zusammen mit ihrer Dayang Suad auf und trug Aliah auf, dass sie Shafik Efendi, wenn er kommt, sagen solle, dass er wie gewohnt, um Mitternacht kommen möge. Dann gingen die beiden hinunter, bestiegen eine Kutsche und fuhren mit immer größer werdender Abscheu gegenüber Badruddin Efendi nach Hause.