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Hikayat Faridah Hanom 17 - Übersetzung

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Siebzehntes Kapitel
VERSTOßUNG UND TRENNUNG

Die Rechtsanwälte der beiden Seiten traten nun gegeneinander an und gaben Erklärungen ab, die beim ägyptischen Gericht eingereicht wurden. Da der Rechtsanwalt, der die Seite Faridah Hanoms vertrat, ein großer Anwalt war, der für seine große Erfahrenheit bekannt war, konnte er den Prozess um einiges in die Länge ziehen. Damit entsprach er dem Wunsch Muhammad Efendis, der genau dies wollte, damit es für Badruddin zur Belastung wurde, der jedes Mal für den Prozess aus Alexandria anreisen musste, damit er schließlich aus Erschöpfung einwilligen würde, die Sache abzuschließen. Aber an jedem Tag, an dem der Fall verhandelt wurde, gab es jemanden, der von Shafik Efendi geschickt war, um zuzuhören. Angesichts der Tatsache, dass sich der Prozess in die Länge zog, hielt es Shafik Efendi jedoch bald nicht mehr aus. Und er fasste den Entschluss, mit Badruddin zusammenzutreffen, um ihm einen Rat zu erteilen. Für den Fall, dass er ihn nicht befolgen würde, wollte er ihn zum Duell mit dem Schwert oder der Pistole herausfordern, denn er dachte, was bringt es, weiter zu leben und lebenslang diese Liebesleidenschaft zu ertragen. Dann wies er einen seiner Leute an, zu schauen, wo Badruddin wohnte, wenn er in die Hauptstadt kam. Als er den Ort herausgefunden hatte, ging er eines Abends in Verkleidung zu der Wohnung Badruddins und passte ihn an einer dunklen Stelle ab, von der er wusste, dass er beim Verlassen der Wohnung an ihr vorbeikommen würde. Als er Badruddin herauskommen sah, trat er schnell hervor und stellte sich ihm in den Weg. Als er auf seiner Höhe angekommen war, ergriff er seine…


Hand und fragte: „Heißt Tuan Badruddin Efendi?“ Badruddin antwortete: „Ja, ich bin Badruddin. Was willst Du? Shafik antwortete: „Hamba findet, dass Tuan sehr gut aussieht. Er fände es sehr schade, wenn er getötet würde.“ Badruddin erschrak und sagte: „Ich getötet? Wer sollte mich töten wollen?“ Shafik antwortete: „Ein Offizier, der sehr mutig ist. Er will Tuan töten, ohne dass sich dieser dessen bewusst ist.“ Er stockte und frage: „Aus welchem Grund?“ Shafik antwortete: „Tuans Ehefrau hat einen Geliebten. Er ist es, der Tuan töten möchte, wenn Tuan noch länger als ein, zwei Tage damit wartet, seine Ehefrau zu verstoßen. Hamba teilt es Tuan nur aus Mitleid mit. Es hat nichts mit Hamba zu tun. Tuan möge nur selbst nachdenken und sich vorsehen, wenn er sich nicht von seiner Ehefrau trennen möchte.“ Badruddin sagte: „Ich möchte dich mit dem, was du sagst, nicht einfach so gehen lassen. Komm mit mir zur Polizei, um Anzeige zu erstatten!“ Shafik Efendi antwortete: „Das ist nicht Hambas Aufgabe. Wenn ihn die Polizei fragt, wird er gewiss sagen, dass er nichts weiß und auch Tuan nichts gesagt hat. Es ist jetzt Tuan überlassen, zu tun, was er möchte. Wenn er sich nicht von seiner Frau trennt, dann wird er gewiss sterben.“ Dann ließ Shafik Baddruddin verblüfft zurück und ging schnurstracks nach Hause. In der Nacht ging er seine Geliebte Faridah Hanom besuchen und erzählte ihr alles. Sie war entsetzt, als sie hörte, wie ihr Geliebter sich verhalten hatte.


Badruddin unterdessen traute sich, nachdem Shafik Efendi weggegangen war, nicht mehr, irgendwohin zu gehen, und kehrte in seine Unterkunft zurück. Er konnte die ganze Nacht nicht schlafen, weil er an die Worte Shafik Efendis denken musste. Am nächsten Morgen stand er früh auf, ging zum Bahnhof und kehrte nach Alexandria zurück, wo er seinen Vater aufsuchte und ihm alles, was Shafik Efendi gesagt hatte, mitteilte. Sein Vater dachte bei sich: „Wenn man das so weiter laufen lässt, wird das große Schmach über mich und meinen Bruder bringen.“ Dann sagte er zu Badruddin: „Der Vater denkt: Da es sich schon so lange hinzieht und auch Faridah nicht mit Tuan übereinstimmt, bringt es nichts, sie zu zwingen. Am Ende entsteht nur Streit mit allen Kindern und zwischen dem Vater und seinen Brü-dern. Nun möchte der Vater Tuan fragen: Hat er noch die Hoffnung, dass ein guter Zustand zwischen ihm und seiner Frau Faridah eintritt?“ Badruddin antwortete: „Nein, die Hoffnung gibt es nicht mehr.“ Dann fragte der Vater wieder: „Ist es nach Tuans Vorstellung ein guter Zustand, wenn er mit seinen Eltern und Verwandten harmoniert und auf gutem Fuß steht?“ Badruddin antwortete: „Bestimmt ist das ein sehr guter Zustand.“ Da sagte sein Vater wiederum: „Dann ist es doch am besten, wenn Tuan das aufgibt, von dem er nichts Gutes erhofft, und für das eintritt, das für ihn sehr gut ist.“ Badruddin antwortete: „Wenn Anakanda jetzt Faridah vorzeitig fallen lässt und sie verstößt, wird man gewiss sagen, dass er fürchtet, von jemandem getötet zu werden, nachdem schon Ayahanda in der Hauptstadt auf ihn zornig ist.“ Sein Vater sagte: „Vernünftige Leute, die sich wirkliche Männer mit geordneten Gedanken nennen dürfen, sind diejenigen, die stets die Handlungen, in denen kein Wohl liegt, von sich werfen und Handlungen, die Wohl bringen, ausführen, ohne sich für das Gerede der Leute,…


ihre Drohungen oder ihren Zorn zu interessieren. Was den Zorn von Ayahanda in der Hauptstadt betrifft, so ist er wegen Tuans Verfehlung und seiner Voreiligkeit und Grobheit eingetreten. Wenn jetzt Tuan Ayahandas Rat befolgen möchte, kann er ihn selbst zu jenem Ayahanda bringen, damit er mit ihm zusammentrifft, um Verzeihung für den vergangenen Fehler bittet und sich dem fügt, was er sagt.“ Badruddin antwortete auf die Worte seines Vaters: „Was Ayahanda für gut befindet, wird Anakanda befolgen.“ Sein Vater antwortete: „Gut, dann fahren wir morgen früh in die Hauptstadt.“

Um zehn Uhr morgens, als Muhammad Efendi gerade zur Tür seines Hauses heraustrat, um zu seinem Büro zu gehen, sah er Badruddin mit seinem Vater von der Stadt her kommen, aus der Kutsche steigen und auf sein Haus zugehen. Muhammad Efendi drehte um und kehrte ins Haus zurück, um seinen Vater zu informieren. Kasim Bey ging in den Salon und wartete auf seinen Bruder. Einen Augenblick später trat er zusammen mit Badruddin ein, küsste die Hand seines Bruders und setzte sich an seine Seite. Auch Muhammad Efendi kam hinzu und setzte sich neben Badruddin, nachdem sie einander die Hände gereicht hatten. Danach fragte Kasim Bey seinen Bruder: „Wo war Tuan so lang und warum ist er nicht vor-her in die Hauptstadt gekommen? Kakanda hat ihm sogar ein Telegramm geschickt, und er ist nicht gekommen.“ Sein Bruder antwortete: „Zum Zeitpunkt, als Kakandas Telegramm ankam, war Adinda nicht in Alexandria. Adinda war wegen seiner Arbeit nach Port Said gefahren. Erst als er drei Tage später zurückkehrte, hat er das Telegramm erhalten. Als er aber hörte, was sich hier zwischen Badruddin und Kakanda zugetragen hatte, hat er es sehr verabscheut, in die Hauptstadt zu fahren, weil er sich schämte, Leute zu sehen, die über die Situation informiert sind. Seit dieser Zeit hat er…


Badruddins Gesicht nicht mehr gesehen. Erst gestern ist er zurückgekehrt, so dass Adinda mit ihm sprechen und ihm Ratschläge geben konnte. Darum ist Adinda jetzt mit ihm zu Kakanda gekommen, in der Hoffnung, dass er ihm seine Sünden vergibt. Und wenn Kakanda sagt, was sein Wunsch ist, wird er sich dem gewiss fügen. Kasim Bey: „Schon gut. Nur was Sorge bereitet, ist die Angelegenheit von Faridah. Adinda weiß doch, dass sie drei Jahre lang krank war, aus Kummer über Kakandas Härte, der sie mit Badruddin verheiraten wollte, obwohl sie dies auf keinen Fall wollte. Kakanda war ihre Krankheit gleichgültig, und seine Widerwilligkeit ging so weit, dass er sich mit seiner Frau gestritten hat, weil er gesagt hatte, dass Faridah besser sterben sollte, als den Sohn ihres Onkels zurückzuweisen. Schließlich hat Kakanda sie mit Badruddin verheiratet, in der Hoffnung, dass, wenn sie Eheleute geworden wären, die Widerwilligkeit dieser Jungfrau durch die Geschicklichkeit ihres Mannes verschwinden würde, so wie wir es bei vielen jungen Leuten sehen. Dann aber, nachdem sie mehr als zwei Monate mit ihrem Ehemann in Alexandria zusammengelebt hatte, stand sie plötzlich alleine mit bleichem, ausgezehrtem Gesicht vor ihrem Vater und brachte vor, dass sie nicht mit Badruddin zurechtkomme und nicht mit ihm nach Art eines Ehepaars zusammenleben könne, weil sie ihm nur die Liebe einer Schwester entgegenbringen könne. Adinda möge sich Kakandas Situation zu dieser Zeit vorstellen: Gerne hätte er sie getötet, aber in diesem Land gibt es einen König, und um getötet zu werden, reichte ihr Vergehen nicht aus. Gerne hätte er sie zwangsweise zurück nach Alexandria gebracht, aber bestimmt hätte sie dann ein anderes Mal erneut sein Haus verlassen. Ja, auch als sie bei diesem…


Mal ihre Situation dem Vater vorbrachte, wenn sie irgendwohin gegangen wäre und unseren Namen in Verruf gebracht hätte, wer hätte sie zurückhalten können? Und während Kakanda darüber nachdachte und Adinda rufen wollte, um diese Angelegenheit zu beraten, kam plötzlich Badruddin mit seiner Grobheit herein, zeigte seine Impertinenz und erzürnte sowohl Faridah als auch Kakanda. In dieser Situation verlor Kakanda den Verstand.“ Sein Bruder antwortete: „Was diese vergangene Angelegenheit anlangt, so bittet Adinda bewusst Kakanda tausend Mal um Vergebung für Anakandas Fehler. Was Kakanda von jetzt an wünscht, kann er ihm auf keinen Fall abschlagen.“ Dabei schaute er zu seinem Sohn Badruddin. Dieser verstand den Blick seines Vaters, sprang auf, kniete sich weinend vor seinem Vaterbruder hin und bat ihn für sein vergangenes Fehlverhalten um Vergebung und begrub sein Gesicht in seinem Schoß. Kasim Bey hatte Mitleid, als er Badruddin weinen sah, hob seinen Kopf und hieß ihn sich hinsetzen, küsste seine Stirn und sagte: „Beruhigt Euch, Tuan. Ayahanda ist nicht nachtragend.“ Badruddin stand auf und setzte sich wieder auf seinen Platz neben Muhammad Efendi. Dann sagte sein Vater: „Was denkt nun Kakanda bezüglich der beiden Anakandas, Mann und Frau?“ Kasim Bey antwortete: „Kakanda hat dazu keine Meinung. Besser, Adinda spricht.“ Sein Bruder antwortete: „Adinda denkt, die beiden sind unsere Kinder. Was wir in der Vergangenheit umzusetzen wünschten, hat unerwarteterweise nicht ihre Zustimmung erhalten. Es wäre nicht schicklich, wenn wir die beiden dadurch quälen würden, dass wir sie weiter zu etwas zwingen, mit dem sie nicht einverstanden sind, denn sonst werden wir uns blamieren. Deshalb möge doch Badruddin, wenn Kakanda dies billigt, sich von seiner Frau trennen und ihr nur in brüderlicher Nähe verbunden bleiben.“ Kasim Bey lächelte, als er die Worte seines Bruders hörte, und schaute zu Badruddin. Badruddin stand rasch auf, ging zum Sekretär,…


schrieb den Scheidebrief, ging zu seinem Vaterbruder und überreichte ihm den Brief. Kasim Bey schaute zu Muhammad Efendi und sagte: „Tuan, geht und lasst Faridah rufen, dass sie zu ihrem Vater kommen möge.“ Muhammad Efendi stand auf, ging hinaus und trug einer Dayang auf, Faridah Hanom zu rufen und ihr noch verschiedene Dinge zu sagen. Einen Augenblick später kam Faridah Hanom herein, küsste den beiden Vätern die Hand und stellte sich dann in der Ferne hin. Kasim Bey rief seine Tochter und zeigte ihr den Scheidebrief, den Badruddin ihm gegeben hatte. Als Faridah Hanom den Brief gelesen hatte, ging sie schnell zu Badruddin und küsste seine Hand. Kasim Bey und sein Bruder lachten, als sie das Verhalten Faridah Hanoms sahen. Und ihr Vaterbruder fragte: „Wessen Hand hat Tuan geküsst?“ Faridah Hanom antwortete: „Die Hand ihres Bruders.“ Kasim Bey sagte: „Tuans Bruder ist Muhammad, nicht Badruddin.“ Faridah Hanom: „Beide sind in ihrem Herzen vom heutigen Tag an auf der gleichen Stufe.“ Da lachten alle, die anwesend waren. Und Kasim Bey sagte zu seinem Bruder: „Von Gott ist etwas anderes vorherbestimmt worden als das, was wir wollten. Nun mag Adinda eine Frau für den Sohn suchen, die er gerne hat. Einige Tausend Pfund Heiratsgeld muss auch Kakanda geben. Darum muss sich Adinda nicht kümmern.“ Dann bewirtete Kasim Bey seinen Bruder. Am Nachmittag kehr-ten dann Badruddin und sein Vater nach Alexandria zurück.