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Kurs:Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019)/Vorlesung 18/latex

Aus Wikiversity

\setcounter{section}{18}






\zwischenueberschrift{Kummererweiterungen}






\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Ernst_Eduard_Kummer.jpg} }
\end{center}
\bildtext {Ernst Eduard Kummer (1810-1893)} }

\bildlizenz { Ernst Eduard Kummer.jpg } {unbekannt} {Gian-} {Commons} {PD} {http://people.bath.ac.uk/ma2wyec/kummer.html}

Wir haben in der letzten Vorlesung gesehen, dass sich einige Eigenschaften einer Galoiserweiterung vereinfachen, wenn die Galoisgruppe abelsch ist. Beispielsweise ist dann jeder Zwischenkörper selbst galoissch über dem Grundkörper. Man spricht von \stichwort {abelschen Galoiserweiterungen} {\zusatzfussnote {Es ist eine generelle Bezeichnungsphilosophie, dass ein Eigenschaftswort zu einer Galoiserweiterung sich auf die Galoisgruppe bezieht} {.} {.}} Wichtige Beispiele solcher abelschen Körpererweiterungen sind Erweiterungen von endlichen Körpern und graduierte Körpererweiterungen, wenn hinreichend viele Einheitswurzeln im Grundkörper vorhanden sind\zusatzfussnote {Eine weitere wichtige Beispielsklasse sind die Kreisteilungskörper, siehe die beiden nächsten Vorlesungen} {.} {.} Unter dieser Bedingung folgt umgekehrt, dass sich eine abelsche Erweiterung graduieren lässt. Dies ist der Inhalt der Kummertheorie.




\inputdefinition
{}
{

Es sei
\mathl{m \in \N}{} und sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{,} der eine $m$-te \definitionsverweis {primitive Einheitswurzel}{}{} enthält. Eine \definitionsverweis {Galoiserweiterung}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} heißt eine \definitionswort {Kummererweiterung}{} zum Exponenten $m$, wenn ihre \definitionsverweis {Galoisgruppe}{}{} \definitionsverweis {abelsch}{}{} und ihr \definitionsverweis {Exponent}{}{} ein Teiler von $m$ ist.

}





\inputfaktbeweis
{Kummererweiterung/Graduierte Körpererweiterung/Äquivalenz/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mathl{m \in \N}{} und sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{,} der eine $m$-te \definitionsverweis {primitive Einheitswurzel}{}{} enthält. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {endliche Körpererweiterung}{}{.}}
\faktuebergang {Dann gelten folgende Aussagen.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungzwei {Wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L }
{ = }{ \bigoplus_{d \in D} L_d }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine $D$-\definitionsverweis {graduierte Körpererweiterung}{}{} ist, so ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Kummererweiterung}{}{} zum Exponenten $m$. } {Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine Kummererweiterung zum Exponenten $m$ mit \definitionsverweis {Galoisgruppe}{}{} $G$. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{D }
{ = }{ \operatorname{Char} \, (G, K ) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die \definitionsverweis {Charaktergruppe}{}{} von $G$. Zu
\mathl{\delta \in D}{} sei\zusatzfussnote {Hier orientiert sich die Indizierung \zusatzgs {entgegen der sonst üblichen additiven Schreibweise für eine graduierende Gruppe} {} an der multiplikativen Struktur von $\operatorname{Char} \, (G, K )$. Insbesondere ist $L_1$ die Stufe zum neutralen Element} {.} {}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ L_\delta }
{ =} { { \left\{ x \in L \mid \varphi(x) = \delta(\varphi) \cdot x \text { für alle } \varphi \in G \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}

Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L }
{ = }{\bigoplus_{\delta \in D} L_\delta }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine $D$-\definitionsverweis {graduierte Körpererweiterung}{}{.} }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

\teilbeweis {}{}{}
{(1). Dies ist eine Neuformulierung von Satz 14.11.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{(2). Nach Satz Anhang 8.3 sind sämtliche Automorphismen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi }
{ \in }{G }
{ = }{ \operatorname{Gal}\, ( L {{|}} K ) }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {diagonalisierbar}{}{.} Da die Galoisgruppe \definitionsverweis {abelsch}{}{} ist, folgt aus Satz Anhang 8.4. die simultane Diagonalisierbarkeit aller Automorphismen
\mathl{\varphi_1 , \ldots , \varphi_n}{} \zusatzklammer {$n= { \# \left( G \right) }$} {} {.} Das heißt, dass man
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L }
{ = }{ \bigoplus_{i = 1}^n L_i }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit eindimensionalen $K$-\definitionsverweis {Untervektorräu\-men}{}{} $L_i$ schreiben kann, die unter jedem
\mathl{\varphi \in \operatorname{Gal}\, ( L {{|}} K )}{} auf sich abgebildet werden. Zu jedem $L_i$ und jedem $\varphi$ ist dabei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(x) }
{ = }{ \zeta_{i, \varphi} \cdot x }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für jedes
\mathl{x \in L_i}{,} das Element
\mathl{\zeta_{i, \varphi}}{} beschreibt also den \definitionsverweis {Eigenwert}{}{} von $\varphi$ auf $L_i$. Die Zuordnung \maabbeledisp {\delta_i} {G} {K^\times } {\varphi} { \zeta_{i, \varphi} } {,} ist dabei ein \definitionsverweis {Charakter}{}{.} Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ L_i }
{ \subseteq }{ L_{\delta_i} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} da ja $L_i$ die zu $\delta_i$ gehörende Eigenraumbedingung erfüllt. Wegen
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ n }
{ =} { \operatorname{grad}_{ K} L }
{ =} { { \# \left( G \right) } }
{ =} { { \# \left( D \right) } }
{ } { }
} {}{}{} ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L_i }
{ = }{ L_{\delta_i} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und jeder Charakter $\delta$ tritt als ein $\delta_i$ auf. Also ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L }
{ = }{ \bigoplus_{\delta \in D} L_\delta }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Die Stufe zum konstanten Charakter ist $K$. Für \mathkor {} {x_1 \in L_{\delta_1}} {und} {x_2 \in L_{\delta_2}} {} und
\mathl{\varphi \in G}{} ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi(x_1x_2) }
{ =} { \varphi(x_1) \varphi(x_2) }
{ =} { \delta_1 (\varphi) x_1 \delta_2( \varphi) x_2 }
{ =} { \delta_1 (\varphi) \delta_2( \varphi) x_1 x_2 }
{ =} { { \left( \delta_1 \cdot \delta_2 \right) } (\varphi) x_1 x_2 }
} {}{}{,} also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x_1x_2 }
{ \in }{ L_{\delta_1 \cdot \delta_2} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} sodass in der Tat eine graduierte Körpererweiterung vorliegt.}
{}

}


Ein Beispiel wie
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\Q }
{ \subseteq }{ \Q[\sqrt{-3}, \sqrt[3]{7}] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} zeigt, dass eine graduierte Körpererweiterung galoissch sein kann mit einer nichtkommutativen Galoisgruppe.





\inputfaktbeweis
{Kummererweiterung/Homogene Einheiten und m-Wurzeln/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mathl{m \in \N}{} und sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{,} der eine $m$-te \definitionsverweis {primitive Einheitswurzel}{}{} enthält. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Kummererweiterung}{}{} zum Exponenten $m$ mit \definitionsverweis {Galoisgruppe}{}{} $G$, zugehöriger \definitionsverweis {Charaktergruppe}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{D }
{ = }{ \operatorname{Char} \, (G, K ) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und zugehöriger Graduierung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{L }
{ =} { \bigoplus_{d \in D} L_d }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Es seien $H^\times$ die \definitionsverweis {homogenen Elemente}{}{} $\neq 0$ von $L$.}
\faktfolgerung {Dann ist die natürliche Inklusion \maabbdisp {} {H^\times} { { \left\{ a \in L^\times \mid a^m \in K \right\} } } {} ein \definitionsverweis {Gruppenisomorphismus}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die Charaktergruppe
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{D }
{ = }{ \operatorname{Char} \, (G, K ) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} besitzt wegen der Voraussetzung über die Einheitswurzeln nach Lemma 14.10 den gleichen \definitionsverweis {Exponenten}{}{} wie $G$. Für ein homogenes Element
\mathl{x \in L_d}{} gilt also insbesondere
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x^m }
{ \in }{ L_{dm} }
{ = }{ L_0 }
{ = }{ K }
{ }{ }
} {}{}{\zusatzfussnote {Hier verwenden wir wieder additive Schreibweise} {.} {,}} sodass die linke Menge eine Teilmenge der rechten ist. Die Multiplikation ist links und rechts gleich, sodass eine \definitionsverweis {Untergruppe}{}{} vorliegt. Zum Nachweis der \definitionsverweis {Surjektivität}{}{} sei
\mathbed {a \in L^\times} {mit}
{a^m \in K} {}
{} {} {} {} vorgegeben. Wir zeigen, dass ein solches Element einen \definitionsverweis {Charakter}{}{} der Galoisgruppe definiert. Zu
\mathl{\varphi \in \operatorname{Gal}\, ( L {{|}} K )}{} ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \left( { \frac{ \varphi(a) }{ a } } \right) }^m }
{ =} { { \frac{ (\varphi(a))^m }{ a^m } } }
{ =} { { \frac{ \varphi(a^m) }{ a^m } } }
{ =} { { \frac{ a^m }{ a^m } } }
{ =} {1 }
} {}{}{.} Der Bruch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \delta_a(\varphi) }
{ = }{ { \frac{ \varphi(a) }{ a } } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist also eine $m$-te \definitionsverweis {Einheitswurzel}{}{} und gehört somit zu $K^\times$. Für zwei Automorphismen
\mathl{\varphi, \psi \in \operatorname{Gal}\, ( L {{|}} K )}{} ist dabei
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ { \frac{ (\varphi \circ \psi )(a) }{ a } } }
{ =} { { \frac{ \varphi (\psi(a)) }{ a } } }
{ =} { { \frac{ \varphi (a) }{ a } } \cdot { \frac{ \varphi (\psi(a)) }{ \varphi(a) } } }
{ =} { { \frac{ \varphi (a) }{ a } } \cdot \varphi { \left( { \frac{ \psi(a) }{ a } } \right) } }
{ =} { { \frac{ \varphi (a) }{ a } } \cdot { \frac{ \psi(a) }{ a } } }
} {} {}{,} sodass \maabbeledisp {\delta_a} { \operatorname{Gal}\, ( L {{|}} K ) } { K^\times } {\varphi} { { \frac{ \varphi(a) }{ a } } } {,} ein Charakter ist. Wegen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\varphi(a) }
{ = }{ { \frac{ \varphi(a) }{ a } } a }
{ = }{ \delta_a (\varphi ) a }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist
\mathl{a \in L_{\delta_a}}{,} also homogen.

}





\inputfaktbeweis
{Kummererweiterung/Radikalerweiterung/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mathl{m \in \N}{} und sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{,} der eine $m$-te \definitionsverweis {primitive Einheitswurzel}{}{} enthält.}
\faktvoraussetzung {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Kummererweiterung}{}{} zum Exponenten $m$.}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Radikalerweiterung}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies folgt direkt aus Satz 18.2 und aus Lemma 12.10  (5).

}


Innerhalb der Radikalerweiterungen sind die Kummererweiterungen speziell, nämlich von der folgenden Gestalt.




\inputfaktbeweis
{Kummererweiterung/Simultane Radikalerweiterung/Äquivalenz/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mathl{m \in \N}{} und sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{,} der eine $m$-te \definitionsverweis {primitive Einheitswurzel}{}{} enthält. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} genau dann eine \definitionsverweis {Kummererweiterung}{}{} zum Exponenten $m$, wenn es eine Beschreibung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{L }
{ =} { K { \left( \sqrt[m]{a_1} , \ldots , \sqrt[m]{a_r} \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit
\mathl{a_i \in K}{} gibt.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

\teilbeweis {}{}{}
{Aus Satz 18.2 und Lemma 12.10  (3) folgt, dass eine Kummererweiterung die angegebene Radikaldarstellung besitzt.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Zum Beweis der Umkehrung sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L }
{ = }{K { \left( x_1 , \ldots , x_r \right) } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x_i^m }
{ = }{ a_i }
{ \in }{ K }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Wir müssen zeigen, dass diese Erweiterung \definitionsverweis {galoissch}{}{} mit \definitionsverweis {abelscher}{}{} \definitionsverweis {Galoisgruppe}{}{} ist. Es sei
\mathl{\zeta \in K}{} eine \definitionsverweis {primitive}{}{} $m$-te \definitionsverweis {Einheitswurzel}{}{.} Die Produkte
\mathl{\zeta^\ell x_i}{} erfüllen ebenfalls
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ { \left( \zeta^\ell x_i \right) }^m }
{ = }{ a_i }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Da man die $x_i$ als von $0$ verschieden annehmen kann, und $\zeta$ primitiv ist, sind diese Produkte für jedes $i$ untereinander verschieden. Dies bedeutet, dass die Polynome
\mathl{X^m-a_1 , \ldots , X^m-a_r}{} über $L$ in verschiedene Linearfaktoren zerfallen. Damit ist $L$ der \definitionsverweis {Zerfällungskörper}{}{} dieser \definitionsverweis {separablen Polynome}{}{,} sodass nach Satz 16.6 eine \definitionsverweis {Galoiserweiterung}{}{} vorliegt. Sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{G }
{ = }{ \operatorname{Gal}\, ( L {{|}} K ) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die \definitionsverweis {Galoisgruppe}{}{} dieser Erweiterung. Für jedes
\mathl{\varphi \in G}{} und jedes $i$ ist
\mathl{\varphi (x_i)}{} ebenfalls eine Lösung der Gleichung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{X^m }
{ = }{a_i }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und daher ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi(x_i) }
{ = }{ \zeta^\ell x_i }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit einem gewissen \zusatzklammer {von $\varphi$ und $i$ abhängigen} {} {} $\ell$. Für zwei Automorphismen
\mathl{\varphi_1, \varphi_2 \in G}{} ist daher
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ (\varphi_1 \circ \varphi_2 )(x_i) }
{ =} { \varphi_1 ( \varphi_2 (x_i)) }
{ =} { \varphi_1 ( \zeta^{\ell_2} x_i) }
{ =} { \zeta^{\ell_2} \varphi_1 (x_i) }
{ =} { \zeta^{\ell_2} \zeta^{\ell_1} x_i }
} {
\vergleichskettefortsetzung
{ =} { \zeta^{\ell_2 + \ell_1} x_i }
{ } {}
{ } {}
{ } {}
}{}{.} Somit wirken die Automorphismen auf dem Erzeugendensystem kommutativ und daher ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi_1 \circ \varphi_2 }
{ = }{ \varphi_2 \circ \varphi_1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Damit ist die Galoisgruppe abelsch.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Für jedes $x_i$ ist ferner
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\varphi^m(x_i) }
{ =} { { \left( \zeta^\ell \right) }^m x_i }
{ =} {x_i }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit einem gewissen $\ell$. Also ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi^m }
{ = }{ \operatorname{Id} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} sodass $m$ ein Vielfaches des \definitionsverweis {Exponenten}{}{} ist.}
{}

}





\inputbeispiel{}
{

Der achte Kreisteilungskörper über $\Q$, also die \zusatzklammer {siehe Beipiel 9.15} {} {} \zusatzklammer {mehrfach} {} {} \definitionsverweis {graduierte Körpererweiterung}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{\Q }
{ \subseteq} { L }
{ =} { K_{ 8 } }
{ =} { \Q[ { \mathrm i} , \sqrt{2}] }
{ =} { \Q[X]/(X^4+1) }
} {}{}{} ist eine \definitionsverweis {Kummererweiterung}{}{} zum Exponenten $2$ mit \definitionsverweis {Galoisgruppe}{}{}
\mathl{\Z/(2) \times \Z/(2)}{.} Die gemäß Satz 18.2 zugehörige
\mathl{\Z/(2) \times \Z/(2)}{-}Graduierung ist
\mathdisp {\Q \oplus \Q { \mathrm i} \oplus \Q \sqrt{2} \oplus \Q { \mathrm i} \sqrt{2}} { . }
Nach Korollar 18.3 gilt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ H^\times }
{ = }{ { \left\{ a \in L^\times \mid a^2 \in \Q \right\} } }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} d.h. die Menge der rationalen Quadratwurzeln von $L$ sind einfach beschreibbar. Es gibt aber auch noch weitere Wurzeln aus rationalen Zahlen in $L$, beispielsweise die achte Einheitswurzel $\zeta_8$, die eine vierte Wurzel von $-1$ ist.


}






\zwischenueberschrift{Das Lemma von Gauss und das Eisensteinkriterium}

In der nächsten Vorlesung werden wir uns mit Kreisteilungskörpern beschäftigen. Dazu brauchen wir einige wichtige Irreduzibilitätskriterien für Polynome aus $\Q[X]$.

Die folgende Aussage heißt \stichwort {Lemma von Gauß} {.}




\inputfaktbeweis
{Polynomring/Z und Q/Lemma von Gauß/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f }
{ \in }{\Z [X] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein nichtkonstantes Polynom derart,}
\faktvoraussetzung {dass in
\mathl{\Z [X]}{} nur Faktorzerlegungen
\mathbed {f=gh} {mit}
{g \in \Z \text{ oder } h \in \Z} {}
{} {} {} {} möglich sind.}
\faktfolgerung {Dann ist $f$ \definitionsverweis {irreduzibel}{}{} in
\mathl{\Q [X]}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

 Nehmen wir an, es gebe eine nicht-triviale Faktorzerlegung
\mathbed {f=gh} {mit nicht-konstanten Polynomen}
{g,h \in \Q[X]} {}
{} {} {} {.} Sowohl in \mathkor {} {g} {als auch in} {h} {} kommen nur endlich viele Nenner aus $\Z$ vor, sodass man mit einem gemeinsamen Hauptnenner
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ r }
{ \in }{ \Z }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} multiplizieren kann und somit eine Darstellung
\mathbed {rf = \tilde{g} \tilde{h}} {mit}
{\tilde{g}, \tilde{h} \in \Z[X]} {}
{} {} {} {} erhält. Dabei haben sich die Grade der beteiligten Polynome nicht geändert. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{r }
{ = }{ p_1 { \cdots } p_n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die Primfaktorzerlegung von $r$. Nach Aufgabe 3.19 ist $p_1$ auch im Polynomring
\mathl{\Z[X]}{} prim. Da es das Produkt
\mathl{\tilde{g} \tilde{h}}{} teilt, muss es einen der Faktoren teilen, sagen wir $\tilde{h}$. Dann kann man mit $p_1$ kürzen und erhält eine Gleichung der Form
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ r'f }
{ =} { \tilde{g} \tilde{h} ' }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Dabei ändern sich wieder die Grade nicht. So kann man sukzessive alle Primfaktoren wegkürzen und erhält schließlich eine Zerlegung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{f }
{ =} { g'h' }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit nicht konstanten Polynomen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ h',g' }
{ \in }{ \Z[X] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} im Widerspruch zur Voraussetzung.

}





\inputfaktbeweis
{Eisenstein Irreduzibilitätskriterium/Integritätsbereich/Prim/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $R$ ein \definitionsverweis {Integritätsbereich}{}{} und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F }
{ = }{ \sum_{ i = 0 }^{ n } c_{ i } X^{ i} }
{ \in }{ R[X] }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Polynom.}
\faktvoraussetzung {Es sei
\mathl{p\in R}{} ein \definitionsverweis {Primelement}{}{} mit der Eigenschaft, dass $p$ den \definitionsverweis {Leitkoeffizienten}{}{} $c_n$ nicht teilt, alle anderen Koeffizienten teilt, aber dass $p^2$ nicht den \definitionsverweis {konstanten Koeffizienten}{}{} $c_0$ teilt.}
\faktfolgerung {Dann besitzt $F$ keine Zerlegung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F }
{ = }{GH }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit nicht-konstanten Polynomen
\mathl{G,H \in R[X]}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

 Es sei angenommen, dass es eine Zerlegung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F }
{ = }{GH }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit nicht-kon\-stan\-ten Polynomen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ G,H }
{ \in }{ R[X] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} gebe, und sei \mathkor {} {G=\sum_{ i = 0 }^{ k } a_{ i } X^{ i}} {und} {H=\sum_{ j = 0 }^{ m } b_{ j } X^{ j}} {.} Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{c_0 }
{ = }{a_0b_0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und dies ist ein Vielfaches von $p$, aber nicht von $p^2$. Da $p$ prim ist, teilt es einen der Faktoren, sagen wir $a_0$, aber nicht den anderen. Es ist nicht jeder Koeffizient von $G$ ein Vielfaches von $p$, da sonst $G$ und damit auch $F$ ein Vielfaches von $p$ wäre, was aber aufgrund der Bedingung an den Leitkoeffizienten ausgeschlossen ist. Es sei $r$ der kleinste Index derart, dass $a_r$ kein Vielfaches von $p$ ist. Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{r }
{ \leq }{\operatorname{grad} \, (G) }
{ < }{\operatorname{grad} \, (F) }
{ }{}
{ }{}
} {}{}{,} da $H$ nicht konstant ist. Wir betrachten den Koeffizienten $c_r$, für den
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{c_r }
{ =} {a_0b_r +a_1b_{r-1} + \cdots + a_{r-1}b_1 + a_r b_0 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} gilt. Hierbei sind $c_r$ und alle Summanden
\mathbed {a_i b_{r-i}} {}
{i=0 , \ldots , r-1} {}
{} {} {} {,} Vielfache von $p$. Daher muss auch der letzte Summand
\mathl{a_r b_0}{} ein Vielfaches von $p$ sein. Dies ist aber ein Widerspruch, da \mathkor {} {p \nmid a_r} {und} {p \nmid b_0} {.}

}


Das folgende Kriterium für die Irreduzibilität von Polynomen heißt \stichwort {Eisenstein-Kriterium} {.}




\inputfaktbeweis
{Eisenstein Irreduzibilitätskriterium/Z und Q/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F }
{ = }{ \sum_{ i = 0 }^{ n } c_{ i } X^{ i} }
{ \in }{ \Z [X] }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Polynom.}
\faktvoraussetzung {Es sei
\mathl{p \in \Z}{} eine \definitionsverweis {Primzahl}{}{} mit der Eigenschaft, dass $p$ den \definitionsverweis {Leitkoeffizienten}{}{} $c_n$ nicht teilt, aber alle anderen Koeffizienten teilt, aber dass $p^2$ nicht den \definitionsverweis {konstanten Koeffizienten}{}{} $c_0$ teilt.}
\faktfolgerung {Dann ist $F$ \definitionsverweis {irreduzibel}{}{} in
\mathl{\Q[X]}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies folgt aus Lemma 18.8 und Lemma 18.7.

}