Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2011-2012)/Teil I/Vorlesung 22/latex
\setcounter{section}{22}
\zwischenueberschrift{Kriterien für Extrema}
In der zwanzigsten Vorlesung haben wir gesehen, dass es eine notwendige Bedingung für die Existenz eines Extremums einer differenzierbaren Funktion ist, dass die Ableitung an der in Frage stehenden Stelle gleich $0$ ist. Wir formulieren nun ein wichtiges hinreichendes Kriterium, das auf die höheren Ableitungen Bezug nimmt.
\inputfaktbeweis
{Reelle Funktion/Extremum/Höhere Ableitungen/Fakt}
{Satz}
{}
{
\faktsituation {Es sei $I$ ein
\definitionsverweis {reelles Intervall}{}{,}
\maabbdisp {f} {I} {\R
} {}
eine
\mathl{(n+1)}{-}mal
\definitionsverweis {stetig differenzierbare}{}{}
\definitionsverweis {Funktion}{}{,}
und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a
}
{ \in }{I
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein innerer Punkt des Intervalls.}
\faktvoraussetzung {Es gelte
\mathdisp {f'(a)= f^{\prime \prime}(a) = \ldots = f^{(n)}(a)=0 \text{ und } f^{(n+1)}(a) \neq 0} { . }
}
\faktuebergang {Dann gelten folgende Aussagen.}
\faktfolgerung {\aufzaehlungdrei{Wenn $n$ gerade ist, so besitzt $f$ in $a$ kein
\definitionsverweis {lokales Extremum}{}{.}
}{Es sei $n$ ungerade. Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f^{(n+1)}(a)
}
{ > }{0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
besitzt $f$ in $a$ ein
\definitionsverweis {isoliertes lokales Minimum}{}{.}
}{Es sei $n$ ungerade. Bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f^{(n+1)}(a)
}
{ < }{0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
besitzt $f$ in $a$ ein
\definitionsverweis {isoliertes lokales Maximum}{}{.}
}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
\teilbeweis {}{}{}
{Unter den Voraussetzungen wird die
Taylor-Formel
zu
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f(x)-f(a)
}
{ =} { \frac{ f^{ (n +1) } ( c )}{ (n +1)! } (x-a)^{ n +1 }
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
mit $c$
\zusatzklammer {abhängig von $x$} {} {}
zwischen
\mathkor {} {a} {und} {x} {.}
Je nachdem, ob
\mathkor {} {f^{(n+1)}(a)>0} {oder} {f^{(n+1)}(a) < 0} {}
ist, gilt auch
\zusatzklammer {wegen der vorausgesetzten Stetigkeit der $(n+1)$-ten Ableitung} {} {}
\mathkor {} {f^{(n+1)}(x)>0} {bzw.} {f^{(n+1)}(x) < 0} {}
für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x
}
{ \in }{[a-\epsilon,a+\epsilon]
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
für ein geeignetes
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{\epsilon
}
{ > }{0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Für diese $x$ ist auch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{c
}
{ \in }{ [a-\epsilon,a+\epsilon]
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
sodass das Vorzeichen von
\mathl{f^{(n+1)}(c)}{} vom Vorzeichen von
\mathl{f^{(n+1)}(a)}{} abhängt.}
{}
\teilbeweis {}{}{}
{Bei $n$ gerade ist
\mathl{n+1}{} ungerade und daher wechselt
\mathl{(x-a)^{n+1}}{} das Vorzeichen bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x
}
{ = }{a
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
\zusatzklammer {bei
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{x
}
{ < }{a
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ist das Vorzeichen negativ und bei
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{x
}
{ > }{a
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ist es positiv} {} {.}
Da das Vorzeichen von
\mathl{f^{(n+1)}(c)}{} sich nicht ändert, ändert sich das Vorzeichen von
\mathl{f(x)-f(a)}{.} Das bedeutet, dass kein Extremum vorliegen kann.}
{} \teilbeweis {}{}{}
{Es sei nun $n$ ungerade. Dann ist
\mathl{n+1}{} gerade, sodass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ (x-a)^{n+1}
}
{ > }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
für alle
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x
}
{ \neq }{a
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
in der Umgebung ist. Das bedeutet in der Umgebung bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f^{(n+1)}(a)
}
{ > }{0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f(x)
}
{ > }{ f(a)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ist und in $a$ ein
\definitionsverweis {isoliertes Minimum}{}{}
vorliegt, und bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f^{(n+1)}(a)
}
{ < }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f(x)
}
{ < }{ f(a)
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ist und in $a$ ein
\definitionsverweis {isoliertes Maximum}{}{}
vorliegt.}
{}
Ein Spezialfall davon ist, dass bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f'(a)
}
{ = }{0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f^{\prime \prime}(a)
}
{ > }{0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein isoliertes Minimum und bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f'(a)
}
{ = }{0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f^{\prime \prime}(a)
}
{ < }{0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein isoliertes Maximum vorliegt.
\zwischenueberschrift{Die Taylor-Reihe}
\bild{ \begin{center}
\includegraphics[width=5.5cm]{\bildeinlesung {Sintay.svg} }
\end{center}
\bildtext {Die reelle Sinusfunktion zusammen mit verschiedenen approximierenden Taylorpolynomen (von ungeradem Grad).} }
\bildlizenz { Sintay.svg } {} {Qualc1} {Commons} {CC-by-sa 3.0} {}
\inputdefinition
{}
{
Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{I
}
{ \subseteq }{\R
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ein
\definitionsverweis {Intervall}{}{,}
\maabbdisp {f} {I} { \R
} {}
eine unendlich oft
\definitionsverweis {differenzierbare}{}{}
\definitionsverweis {Funktion}{}{}
und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a
}
{ \in }{I
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Dann heißt
\mathdisp {\sum_{ k = 0}^{ \infty } \frac{ f^{( k )}(a)}{ k !} (x-a)^{ k }} { }
die \definitionswort {Taylor-Reihe}{} zu $f$ im Entwicklungspunkt $a$.
}
\inputfaktbeweis
{Konvergente Potenzreihe/R/Taylor-Reihe/Übereinstimmung/Fakt}
{Satz}
{}
{
\faktsituation {Es sei
\mathl{\sum _{ n= 0}^\infty c_n x^{ n }}{} eine
\definitionsverweis {Potenzreihe}{}{,}
die auf dem
\definitionsverweis {Intervall}{}{}
\mathl{]-r, r[}{}
\definitionsverweis {konvergiere}{}{,}
und es sei
\maabbdisp {f} { ]-r,r[} {\R
} {}
die dadurch
definierte
\definitionsverweis {Funktion}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist $f$ unendlich oft
\definitionsverweis {differenzierbar}{}{}
und die
\definitionsverweis {Taylor-Reihe}{}{}
im Entwicklungspunkt $0$ stimmt mit der vorgegebenen Potenzreihe überein.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}
}
{
Die unendliche Differenzierbarkeit folgt direkt aus
Satz 21.1
durch
\definitionsverweis {Induktion}{}{.}
Daher existiert die Taylor-Reihe insbesondere im Punkt $0$. Es ist also lediglich noch zu zeigen, dass die $n$-te
\definitionsverweis {Ableitung}{}{}
von $f$ in $0$ den Wert
\mathl{c_n n!}{} besitzt. Dies folgt aber ebenfalls aus
Satz 21.1.
\inputbeispiel{}
{
Wir betrachten die Funktion
\maabbeledisp {f} {\R} {\R
} {x} {f(x)
} {,}
mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f(x)
}
{ \defeq} { \begin{cases} 0,\, \text{ falls } x \leq 0\, , \\ e^{- \frac{1}{x} },\, \text{ falls } x > 0 \, . \end{cases}
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
Wir behaupten, dass diese Funktion unendlich oft
\definitionsverweis {differenzierbar}{}{}
ist, was nur im Nullpunkt nicht offensichtlich ist. Man zeigt zunächst durch Induktion, dass sämtliche Ableitungen von
\mathl{e^{- \frac{1}{x} }}{}
\zusatzklammer {und der rechtsseitige Differenzenquotient im Nullpunkt} {} {}
die Form
\mathl{p { \left( \frac{1}{x} \right) } e^{- \frac{1}{x} }}{} mit gewissen Polynomen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{p
}
{ \in }{\R [Z]
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
besitzen und dass davon der
\definitionsverweis {Limes}{}{}
für
\mathl{x \rightarrow 0,\, x >0}{} stets $0$ ist
\zusatzklammer {siehe
Aufgabe 22.4
und
Aufgabe 22.5} {.} {.}
Daher ist der
\zusatzklammer {rechtsseitige} {} {}
Limes für alle Ableitungen gleich $0$ und existiert. Alle Ableitungen am Nullpunkt haben also den Wert $0$
und daher ist die
\definitionsverweis {Taylor-Reihe}{}{}
im Nullpunkt die
\definitionsverweis {Nullreihe}{}{.}
Die Funktion $f$ ist aber in keiner Umgebung des Nullpunktes die
\definitionsverweis {Nullfunktion}{}{,}
da
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ e^{- \frac{1}{x} }
}
{ > }{0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
ist.
}
\zwischenueberschrift{Potenzreihenansatz}
Die Taylor-Reihe einer hinreichend oft differenzierbaren Funktion liefert häufig eine gute Approximation für die Funktion. Definitionsgemäß muss man zur Berechnung der Taylor-Reihe die Funktion ableiten. Für \anfuehrung{implizit}{} gegebene Funktionen kann man sie aber auch direkt bestimmen, was wir hier anhand typischer Beispiele demonstrieren \zusatzklammer {\stichwort {Potenzreihenansatz} {}} {} {.} Als Faustregel gilt dabei, dass man lediglich die $n$-ten Ableitungen der die Funktion definierenden Daten kennen muss, um das $n$-te Taylor-Polynom der Funktion zu bestimmen. Wir verzichten weitgehend auf Konvergenzüberlegungen. Wenn aber die Daten durch Potenzreihen gegeben sind, so konvergieren die im Folgenden beschriebenen Taylor-Reihen auf einem gewissen Intervall und stellen eine Funktion dar.
\inputbemerkung
{}
{
Es seien
\maabbdisp {f} {I} {J
} {}
und
\maabbdisp {g} {J} {\R
} {}
Funktionen, für die die
\definitionsverweis {Taylor-Polynome}{}{}
in den Entwicklungspunkten
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a
}
{ \in }{I
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{b
}
{ \defeq }{ f(a)
}
{ \in }{J
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
bis zum Grad $n$ bekannt seien
\zusatzklammer {insbesondere seien also diese Funktionen bis zur Ordnung $n$ differenzierbar} {} {.}
Dann ist die hintereinandergeschaltete Funktion
\maabbdisp {g \circ f} {I} {\R
} {}
bis zur Ordnung $n$ differenzierbar. Das zugehörige Taylor-Polynom lässt sich direkt berechnen: Es sei dazu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{S
}
{ = }{ \sum_{i = 0}^{ n } c_i (x-a)^{i}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
das Taylor-Polynom zu $f$ und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T
}
{ = }{ \sum_{j = 0}^{ n } d_j (y-b)^{j}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
das Taylor-Polynom zu $g$. Dann stimmt das Taylor-Polynom von
\mathl{g \circ f}{} bis zum Grad $n$ mit dem Polynom
\mathl{T \circ S}{} bis zum Grad $n$ überein
\zusatzklammer {das Polynom
\mathl{T \circ S}{} hat im Allgemeinen einen Grad $> n$. Man denke an
\mathkor {} {f(x)=x^2} {und} {g(y)=y^2} {}
und \mathlk{n=2}{}} {} {.}
D.h. man muss in $T$ überall $y$ durch $S$ ersetzen, durch Umsortieren ein Polynom in
\mathl{x-a}{} erhalten und davon die Monome vom Grad
\mathl{\geq n +1}{} weglassen
\zusatzklammer {diese Monome muss man also nicht ausrechnen} {} {.}
}
\inputbemerkung
{}
{
Es sei
\maabbdisp {f} {I} {\R
} {}
eine $n$-fach
\definitionsverweis {differenzierbare}{}{}
Funktion, für die das
\definitionsverweis {Taylor-Polynom}{}{}
im Entwicklungspunkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a
}
{ \in }{I
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
bis zum Grad $n$ bekannt sei und für die
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(a)
}
{ \neq }{0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
sei. Dann ist die Funktion
\mathl{1/f}{} auf einem offenen Intervall um $a$ definiert und nach
Lemma 19.7 (4)
differenzierbar in $a$. Aufgrund von
Satz 14.13
gilt
\zusatzklammer {für
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{ \betrag { x }
}
{ < }{1
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}} {} {}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ 1 }{ 1-x } }
}
{ =} { \sum^\infty_{i = 0} x^{i}
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
bzw.
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ 1 }{ x } }
}
{ =} { \sum^\infty_{i = 0} (1-x)^{i}
}
{ =} { \sum^\infty_{i = 0} (-1)^{i} (x-1)^{i}
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{}
d.h. für die Funktion
\mathl{{ \frac{ 1 }{ x } }}{} ist die Taylor-Reihe im Entwicklungspunkt $1$ bekannt. Wir ersetzen $f$ durch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{h
}
{ = }{{ \frac{ 1 }{ f(a) } } f
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{,}
sodass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{h(a)
}
{ = }{1
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
gilt. Dann kann man die Funktion
\mathl{1/h}{} als die Verknüpfung von $h$ mit der Funktion
\mathl{{ \frac{ 1 }{ x } }}{} schreiben. Daher erhält man wegen
Bemerkung 22.5
das Taylor-Polynom bis zum Grad $n$ von
\mathl{1/h}{,} indem man in
\mathl{\sum_{i = 0}^{ n } (-1)^{i} (x-1)^{i}}{} das Taylor-Polynom
\zusatzklammer {bis zum Grad $n$} {} {}
von $h$ im Entwicklungspunkt $a$ einsetzt und beim Grad $n$ abschneidet. Das Taylor-Polynom von $1/f$ erhält man, indem man durch
\mathl{f(a)}{} teilt.
}
\inputbeispiel{}
{
Wir möchten die Taylor-Reihe bis zum Grad $6$ von
\mathl{{ \frac{ 1 }{ \cos x } }}{} im Entwicklungspunkt $0$ gemäß
Bemerkung 22.6
bestimmen. Nach
Definition 18.10
ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \cos x
}
{ =} { \sum_{ n = 0}^\infty \frac{ (-1)^{ n } x^{2n} }{(2n)!}
}
{ =} { 1 - { \frac{ 1 }{ 2! } } x^2 + { \frac{ 1 }{ 4! } } x^4 - { \frac{ 1 }{ 6! } } x^6 \ldots
}
{ =} { 1 - { \frac{ 1 }{ 2 } } x^2 + { \frac{ 1 }{ 24 } } x^4 - { \frac{ 1 }{ 720 } } x^6 \ldots
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Zur Berechnung des Taylor-Polynoms bis zum Grad $6$ braucht man nur die angeführte Entwicklung des Kosinus bis zum Grad $6$. Das Taylorpolynom bis zum Grad $6$ von
\mathl{1/ \cos x}{} im Nullpunkt ist somit
\mavergleichskettealigndrucklinks
{\vergleichskettealigndrucklinks
{1- { \left( - { \frac{ 1 }{ 2 } } x^2 + { \frac{ 1 }{ 24 } } x^4 - { \frac{ 1 }{ 720 } } x^6 \right) }
+ { \left( - { \frac{ 1 }{ 2 } } x^2 + { \frac{ 1 }{ 24 } } x^4 - { \frac{ 1 }{ 720 } } x^6 \right) }^2
- { \left( - { \frac{ 1 }{ 2 } } x^2 + { \frac{ 1 }{ 24 } } x^4 - { \frac{ 1 }{ 720 } } x^6 \right) }^3
}
{ =} { 1 + { \frac{ 1 }{ 2 } } x^2 - { \frac{ 1 }{ 24 } } x^4 + { \frac{ 1 }{ 720 } } x^6 + { \frac{ 1 }{ 4 } } x^4 - { \frac{ 1 }{ 24 } } x^6 + \cdots + { \frac{ 1 }{ 8 } } x^6 + \ldots
}
{ =} { 1 + { \frac{ 1 }{ 2 } } x^2 + { \frac{ 5 }{ 24 } } x^4 + { \frac{ 61 }{ 720 } } x^6 + \ldots
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Dabei wurden nur die für den Grad $6$ relevanten Monome ausgerechnet. Das gesuchte Taylorpolynom ist also
\mathdisp {1 + { \frac{ 1 }{ 2 } } x^2 + { \frac{ 5 }{ 24 } } x^4 + { \frac{ 61 }{ 720 } } x^6} { . }
}
\inputbemerkung
{}
{
Es sei
\maabbdisp {f} {I} {J
} {}
\zusatzklammer {$I,J$ seien reelle Intervalle} {} {}
eine bijektive, $n$-mal
\definitionsverweis {differenzierbare}{}{}
Funktion, und in einem festen Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a
}
{ \in }{I
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
gelte
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f'(a)
}
{ \neq }{0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Nach
Satz 19.9
ist die Umkehrfunktion
\maabbdisp {g=f^{-1}} {J} {I
} {}
ebenfalls differenzierbar. Die Taylorreihe bis zum Grad $n$ der Umkehrfunktion $g$ kann man aus der Taylorreihe $S$ bis zum Grad $n$ von $f$ berechnen. Man macht dazu ausgehend von
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f \circ g
}
{ = }{
\operatorname{Id}
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
den Ansatz
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ S \circ T
}
{ \stackrel{!}{ = }} { x
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{.}
Dabei steht rechts die Taylor-Reihe der Identität, und links muss man das zu bestimmende Polynom $T$ mit unbestimmten Koeffizienten ansetzen und in das Polynom $S$ einsetzen
\zusatzklammer {die Gleichung kann nicht als eine polynomiale Identität gelten, sondern nur, wenn man Terme vom Grad $\geq n+1$ ignoriert} {} {.}
Der Einfachheit halber sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{a
}
{ = }{0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{f(a)
}
{ = }{0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{.}
Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{S
}
{ = }{a_1 x+ a_2x^2 + \cdots + a_{ n } x^{ n }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
\zusatzklammer {mit
\mavergleichskettek
{\vergleichskettek
{ a_1
}
{ \neq }{ 0
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}} {} {}
vorgegeben und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{T
}
{ = }{b_1 x+ b_2x^2 + \cdots + b_{ n } x^{ n }
}
{ }{
}
{ }{
}
{ }{
}
}
{}{}{}
gesucht. Dies führt zur Gesamtbedingung
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ x
}
{ =} {S \circ T
}
{ =} { a_1 T+ a_2T^2 + \cdots + a_{ n } T^{ n }
}
{ =} { a_1 (b_1 x + \cdots + b_{ n } x^{ n } )+ a_2 { \left( b_1 x + \cdots + b_{ n } x^{ n } \right) }^2 + \cdots + a_{ n } { \left( b_1 x + \cdots + b_{ n } x^{ n } \right) }^{ n }
}
{ } {
}
}
{}
{}{.}
Damit erhält man die Einzelbedingungen
\zusatzklammer {durch Koeffizientenvergleich zu jedem Grad $\leq n$} {} {}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{1
}
{ =} {a_1b_1
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{,}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{0
}
{ =} {a_1b_2 +a_2b_1^2
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{,}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{0
}
{ =} {a_1b_3 + 2a_2b_1b_2 +a_3b_1^3
}
{ } {
}
{ } {
}
{ } {
}
}
{}{}{,}
aus denen man sukzessive die Koeffizienten
\mathl{b_1,b_2,b_3, \ldots}{} berechnen kann.
}
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