Zum Inhalt springen

Kurs:Riemannsche Flächen (Osnabrück 2022)/Vorlesung 15/latex

Aus Wikiversity

\setcounter{section}{15}






\zwischenueberschrift{Das Kotangentialbündel}

Zu einer \definitionsverweis {holomorphen Funktion}{}{} \maabb {f} {M} { {\mathbb C} } {} auf einer \definitionsverweis {komplexen Mannigfaltigkeit}{}{} $M$ und einem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{ M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die \definitionsverweis {Tangentialabbildung}{}{} \maabbdisp {T_Pf} { T_PM} { T_P {\mathbb C} \cong {\mathbb C} } {} eine nach Lemma 5.3  (3) komplex-lineare Abbildung, wobei die hintere Identifizierung unmittelbar gegeben ist \zusatzklammer {siehe etwa Lemma 4.11 für die identische Karte} {} {.} Somit kann man $T_Pf$ als ein Element des \definitionsverweis {Dualraumes}{}{} zum Tangentialraum in $P$ auffassen. Wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ M }
{ \subseteq }{ {\mathbb C}^n }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine offene Teilmenge ist, so ist nach Lemma 5.3  (1) die Tangentialabbildung im Punkt $P$ einfach das totale Differential. Daher werden wir im Folgenden auch $(df)_P$ statt $T_Pf$ schreiben.




\inputdefinition
{}
{

Es sei $M$ eine \definitionsverweis {komplexe Mannigfaltigkeit}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{P }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Punkt. Man nennt den komplexen \definitionsverweis {Dualraum}{}{} des \definitionsverweis {Tangentialraumes}{}{}
\mathl{T_PM}{} an $P$ den \zusatzklammer {holomorphen} {} {} \definitionswort {Kotangentialraum}{} an $P$. Er wird mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ T^*_PM }
{ =} { \operatorname{Hom}_{ {\mathbb C} } { \left( T_PM, {\mathbb C} \right) } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} bezeichnet.

}




\inputdefinition
{}
{

Es seien \mathkor {} {M} {und} {N} {} \definitionsverweis {komplexe Mannigfaltigkeiten}{}{} und \maabbdisp {\varphi} {M} {N } {} eine \definitionsverweis {holomorphe Abbildung}{}{.} Es sei \mathkor {} {P \in M} {und} {Q=\varphi(P)} {.} Dann nennt man die zur \definitionsverweis {Tangentialabbildung}{}{} \maabbdisp {T_P(\varphi)} {T_PM } {T_QN } {} \definitionsverweis {duale Abbildung}{}{} \maabbeledisp {} {T^*_QN} {T^*_PM } {h} {h \circ T_P(\varphi) } {,} die \definitionswort {Kotangentialabbildung}{} im Punkt $P$. Sie wird mit
\mathl{T^*_P(\varphi)}{} bezeichnet.

}

Ausgeschrieben handelt es sich dabei um die Abbildung \maabbeledisp {} {T^*_QN} {T^*_PM } {h} {( [\gamma] \mapsto h([\varphi \circ \gamma])) } {.}

Wie die Tangentialräume zum Tangentialbündel zusammengefasst werden, so werden auch die Kotangentialräume zum Kotangentialbündel zusammengefasst.




\inputdefinition
{}
{

Es sei $M$ eine \definitionsverweis {komplexe Mannigfaltigkeit}{}{.} Dann nennt man die Menge
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ T^*M }
{ =} {\biguplus_{P \in M} T^*_PM }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} versehen mit der Projektionsabbildung \maabbeledisp {\pi} {T^*M} {M } {(P,u)} {P } {,} und derjenigen \definitionsverweis {Topologie}{}{,} bei der eine Teilmenge
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ W }
{ \subseteq }{ T^*M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} genau dann \definitionsverweis {offen}{}{} ist, wenn für jede \definitionsverweis {Karte}{}{} \maabbdisp {\alpha} {U} {V } {} die Menge
\mathl{(T^*(\alpha))^{-1} { \left( W \cap \pi^{-1}(U) \right) }}{} offen in
\mathl{V \times ( {\mathbb C}^n)^*}{} ist, das \definitionswort {Kotangentialbündel}{} von $M$.

}

Das Kotangentialbündel ist selbst eine komplexe Mannigfaltigkeit der doppelten Dimension. Bei
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ M }
{ \cong} { V }
{ \subseteq} { {\mathbb C}^n }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ist das Kotangentialbündel biholomorph zu
\mathl{V \times {\mathbb C}^n}{} und damit in diesem Fall auch biholomorph zum Tangetialbündel. Als globales Objekt über einer komplexen Mannigfaltigkeit muss man aber stets zwischen Tangentialbündel und Kotangentialbündel unterscheiden.






\zwischenueberschrift{Holomorphe Differentialformen}




\inputdefinition
{}
{

Eine \definitionswort {holomorphe Differentialform}{} auf einer \definitionsverweis {riemannschen Fläche}{}{} $X$ ist ein \definitionsverweis {holomorpher Schnitt}{}{} im \definitionsverweis {Kotangentialbündel}{}{} $T^*X$.

}

Eine holomorphe Differentialform $\omega$ ordnet also jedem Punkt
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P }
{ \in }{ X }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} einen Vektor $\omega(P)$ im Kotangentialraum $T^*_PX$ zu, also eine komplexwertige Linearform auf dem Tangentialraum $T_PX$. Wenn
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ v }
{ \in }{ T_PX }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Tangentialvektor ist, so versteht man unter
\mathl{\omega(P,v)}{} diejenige komplexe Zahl, die sich ergibt, wenn man die Linearform $\omega(P)$ auf den Vektor $v$ anwendet. Wir beschreiben zuerst die holomorphen Differentialformen auf einer offenen Menge von ${\mathbb C}$, was dann auch die lokale Beschreibung für die holomorphen Differentialformen auf einer beliebigen riemannschen Fläche ergibt.





\inputfaktbeweis
{Riemannsche Fläche/Offene Teilmenge von C/Holomorphe Differentialform/Grundlegende Eigenschaften/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {}
\faktfolgerung {\aufzaehlungzwei {Auf einer \definitionsverweis {offenen Teilmenge}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U }
{ \subseteq }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} besitzt jede \definitionsverweis {holomorphe Differentialform}{}{} $\omega$ eine eindeutige Darstellung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \omega }
{ = }{ f dz }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit einer holomorphen Funktion $f$. } {Zu einer holomorphen Funktion $f$ ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ df }
{ =} { f' dz }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} eine holomorphe Differentialform. }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

\aufzaehlungzwei {Den \definitionsverweis {Tangentialbündel}{}{} zu $U$ können wir mit $U \times {\mathbb C}$ und das \definitionsverweis {Kotangentialbündel}{}{} können wir entsprechend mit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ U \times \operatorname{Hom}_{ {\mathbb C} } { \left( {\mathbb C} , {\mathbb C} \right) } }
{ \cong} { U \times {\mathbb C} }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} identifizieren. Die Differentialform $dz$ ist diejenige Differentialform, die jedem Punkt die Identität zuordnet, was der konstanten $1$ bei der natürlichen Identifizierung entspricht. Jeder Schnitt im Kotangentialbündel kann man daher eindeutig als $fdz$ schreiben. Dabei liegt genau dann ein holomorpher Schnitt und damit eine holomorphe Differentialform vor, wenn $f$ eine holomorphe Funktion ist. } {Die Gleichung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ df }
{ = }{ f'dz }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} folgt mit Lemma 5.3  (1) aus
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ (df)_P }
{ =} { T_Pf }
{ =} { \left(Df\right)_{P} }
{ =} { f'(P) \cdot \operatorname{Id}_{ {\mathbb C} } }
{ =} { f'(P)dz }
} {}{}{.} Die Holomorphie von $f'$ folgt aus (1) und Satz 1.2. }

}





\inputfaktbeweis
{Riemannsche Fläche/Holomorphe Differentialform/Grundlegende Eigenschaften/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Auf einer \definitionsverweis {riemannschen Fläche}{}{} $X$}
\faktfolgerung {gelten die folgenden Aussagen. \aufzaehlungdrei{Die Summe $\omega_1+\omega_2$ von \definitionsverweis {holomorphen Differentialformen}{}{} \mathkor {} {\omega_1} {und} {\omega_2} {} ist wieder eine holomorphe Differentialform. }{Zu einer holomorphen Funktion $f$ ist $df$ ist eine holomorphe Differentialform. }{Zu einer holomorphen Funktion $f$ und einer holomorphen Funktion ist auch $f \omega$ eine holomorphe Differentialform. }}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Sowohl die Eigenschaft, ein Schnitt im Kotangentialbündel zu sein als auch die Eigenschaft, holomorph zu sein, sind lokal. Ebenso sind die in den Aussagen vorkommenden Operationen lokal. Daher folgen die Aussagen aus Lemma 15.5.

}


Eine holomorphe Differentialform $\omega$ auf einer riemannschen Fläche wird häufig in der Form
\mathl{U_i, f_idz_i}{} gegeben, wobei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ U }
{ = }{ \bigcup_{i \in I} U_i }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine offene Überdeckung mit Kartengebieten, $z_i$ ein \definitionsverweis {lokaler Parameter}{}{} und $f_i$ eine holomorphe Funktion auf $U_i$ ist, wobei die $f_idz_i$ auf den Kartenüberlappungen zusammenpassen müssen.


\inputfaktbeweis
{Riemannsche Fläche/Holomorphe Differentialformen/Garbe/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Auf einer \definitionsverweis {riemannschen Fläche}{}{} $X$ bilden die \definitionsverweis {holomorphen Differentialformen}{}{}}
\faktfolgerung {eine \definitionsverweis {Garbe von kommutativen Gruppen}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{ Siehe Aufgabe 15.4. }


Die Garbe der holomorphen Differentialformen auf einer riemannschen Fläche $X$ wird mit $\Omega_X$ bezeichnet. Es ist also
\mathl{\Gamma { \left( U, \Omega_X \right) }}{} der Vektorraum aller holomorphen Differentialformen auf $U$ und speziell
\mathl{\Gamma { \left( X, \Omega_X \right) }}{} der Vektorraum der globalen holomorphen Differentialformen. Insbesondere für kompakte riemannschen Flächen ist es eine wichtige Frage, wie viele globale holomorphe Differentialformen es gibt. Es handelt sich im kompakten Fall um einen endlichdimensionalen Vektorraum, dessen Dimension auch das \stichwort {differentielle Geschlecht} {} der riemannschen Fläche heißt, siehe hierzu Lemma 15.9, Korollar 15.14, Bemerkung 20.13 und vor allem Korollar 30.7, Korollar 30.9 und Korollar 32.8.

Man nennt die holomorphe Differentialform $df$ auch die \stichwort {Ableitung} {} zu $f$ und ebenso nennt man die Abbildung \maabbeledisp {d} { \Gamma (X, {\mathcal O}_X ) } { \Gamma { \left( X, \Omega_X \right) } } {f} {df } {,} Ableitung oder den Ableitungsoperator. Man beachte, dass es keine Ableitung in dem Sinne gibt, dass einer holomorphen Funktion wieder eine holomorphe Funktion zugeordnet wird. Dies lässt sich zwar lokal definieren, passt aber global nicht zusammen. Um einen sinnvollen Ableitungsprozess zu bekommen, muss man die Ableitung als eine Differentialform verstehen.





\inputfaktbeweis
{Riemannsche Fläche/Konstante Funktionen/Holomorphe Funktionen/Holomorphe Differentialform/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Auf einer \definitionsverweis {riemannschen Fläche}{}{} $X$}
\faktfolgerung {liegt die kurze exakte Garbensequenz
\mathdisp {0 \, \stackrel{ }{\longrightarrow} \, {\mathbb C} \, \stackrel{ }{ \longrightarrow} \, {\mathcal O}_{ X } \, \stackrel{ d }{\longrightarrow} \, \Omega_X \,\stackrel{ } {\longrightarrow} \, 0} { }
vor, wobei ${\mathbb C}$ hier die \definitionsverweis {Garbe}{}{} der lokal konstanten Funktionen mit Werten in ${\mathbb C}$ bezeichnet.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dies ist eine lokale Aussage, die auf einer Kreisscheibe aus den entsprechenden Aussagen der Funktionentheorie folgt: Eine holomorphe Funktion ist genau dann konstant, wenn ihre Ableitung gleich $0$ ist, und eine holomorphe Differentialform besitzt auf einer Kreisscheibe eine Stammfunktion, da man zu einer Potenzreihe direkt eine Stammreihe angeben kann, die den gleichen Konvergenzradius besitzt.

}


Im Allgemeinen ist die globale Auswertung \maabbeledisp {d} { \Gamma (X, {\mathcal O}_X ) } { \Gamma { \left( X, \Omega_X \right) } } {f} {df } {,} nicht surjektiv. Wenn eine holomorphe Differentialform $\omega$ von der Form $df$ ist, so heißt $f$ eine \stichwort {Stammfunktion} {} der Form. Die Surjektivität der globalen Auswertung ist also äquivalent dazu, dass jede holomorphe Differentialform eine Stammfunktion besitzt. Siehe u. A. Aufgabe 15.3 und Aufgabe 15.6.





\inputfaktbeweis
{Riemannsche Sphäre/Globale holomorphe Differentialformen/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Auf der \definitionsverweis {riemannschen Sphäre}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ S^2 }
{ \cong }{ {\mathbb P}^{1}_{{\mathbb C}} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}}
\faktfolgerung {ist die Nullform die einzige globale \definitionsverweis {holomorphe Differentialform}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die Projektive Gerade ist nach Beispiel 2.6 bzw. Satz 5.6 die Verklebung von den beiden komplexen Zahlebenen ${\mathbb C}, z$ und ${\mathbb C}, w$ entlang der Identifizierung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ z }
{ = }{ w^{-1} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} auf ${\mathbb C} ^{\times}$. Nach Lemma 15.5 ist eine holomorphe Differentialform auf dem ersten ${\mathbb C}$ gleich
\mathl{f(z)dz}{} mit einer holomorphen Funktion $f$ auf ${\mathbb C}$. Diese kann man in $w$ wegen Aufgabe 15.5 auf ${\mathbb C} ^{\times}$ als
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ f(z)dz }
{ =} { f(w^{-1} )dw^{-1} }
{ =} { - f(w^{-1}) { \frac{ 1 }{ w^2 } } dw }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} schreiben. Dabei ist außer bei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die beschreibende Funktion in $w$ sicher nicht holomorph auf ${\mathbb C}$.

}





\inputfaktbeweis
{Riemannsche Fläche/Hyperelliptisch/Über C/Holomorphe Differentialformen/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ f }
{ \in }{ {\mathbb C} [Z] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Polynom vom \definitionsverweis {Grad}{}{} $m$ ohne mehrfache Nullstelle und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ V }
{ = }{ { \left\{ (z,w) \mid w^2 = f(z) \right\} } }
{ \subseteq }{ {\mathbb C}^2 }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die zugehörige riemannsche Wurzelfläche.}
\faktfolgerung {Dann sind ${ \frac{ z^{j} dz }{ w } }$ für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ j }
{ = }{ 0 , \ldots , \left \lfloor { \frac{ m-3 }{ 2 } } \right \rfloor }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} \definitionsverweis {holomorphe Differentialformen}{}{} auf $V$.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Aus
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ w^2 }
{ = }{ f(z) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ergibt sich die algebraische Relation
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ 2wdw }
{ = }{ f'(z) dz }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Daher ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \frac{ z^j }{ w } } dz }
{ =} { { \frac{ 2z^j }{ f'(z) } } dw }
{ } { }
{ } { }
{ } {}
} {}{}{} und da \mathkor {} {w} {und} {f'(z)} {} keine gemeinsame Nullstelle haben, ist eine solche Differentialform überall definiert.

}


Dieses Argument würde auch bei allgemeiner angesetzten Differentialformen durchgehen, allerdings bilden die angegebenen Formen auf dem projektiven Abschluss schon eine Basis.






\zwischenueberschrift{Der Rückzug von holomorphen Differentialformen}

Der Rückzug einer Differentialform $\omega$ auf einer komplexen Mannigfaltigkeit $Y$ unter einer holomorphen Abbildung \maabb {p} {X} {Y } {} ist eine Differentialform $p^* \omega$ auf $X$, die durch
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ p^* \omega (x,v) }
{ =} { \omega (p(x), T_x p(v)) }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} definiert ist, siehe auch Vorlesung 82 von Analysis III für die reelle Situation.





\inputfaktbeweis
{Riemannsche Flächen/Holomorphe Abbildung/Holomorphe Differentialform/Rückzug/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei \maabb {p} {X} {Y } {} eine \definitionsverweis {holomorphe Abbildung}{}{} zwischen \definitionsverweis {riemannschen Flächen}{}{} \mathkor {} {X} {und} {Y} {} und sei $\omega$ eine \definitionsverweis {holomorphe Differentialform}{}{} auf $Y$.}
\faktfolgerung {Dann ist der \definitionsverweis {Rückzug}{}{} $p^* \omega$ eine holomorphe Differentialform auf $X$}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Die Aussage ist lokal, wir können also davon ausgehen, dass $p$ eine \definitionsverweis {holomorphe Funktion}{}{} zwischen offenen Kreisscheiben \mathkor {} {X} {und} {Y} {} ist und dass
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \omega }
{ =} { fdz }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} mit einem lokalen Parameter $z$ auf $Y$ und einer holomorphen Funktion $f$ auf $Y$ ist. In dieser Situation ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ p^* \omega }
{ =} { p^* { \left( fdz \right) } }
{ =} { ( f \circ p) d (z \circ p ) }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}

}





\inputfaktbeweis
{Riemannsche Flächen/Normale Überlagerung/Holomorphe Differentialform/Invariant und Rückzug/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei \maabb {p} {X} {Y } {} eine \definitionsverweis {normale Überlagerung}{}{} zwischen den \definitionsverweis {riemannschen Flächen}{}{} \mathkor {} {X} {und} {Y} {.}}
\faktfolgerung {Dann entsprechen die \definitionsverweis {holomorphen Differentialformen}{}{} den holomorphen Differentialformen auf $X$, die unter den \definitionsverweis {Decktransformationen}{}{} invariant sind.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Dass der Rückzug $p^*\omega$ einer holomorphen Differentialform $\omega$ auf $Y$ invariant ist, folgt mit Lemma 15.11 unmittelbar aus
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \varphi^* { \left( p^* \omega \right) } }
{ =} { { \left( p \circ \varphi \right) }^* \omega }
{ =} { p^*\omega }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} für alle Decktransformationen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \varphi }
{ \in }{ G }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Wenn umgekehrt eine $G$-invariante holomorphe Differentialform $\alpha$ auf $X$ vorliegt, so gelangt man in folgender Weise zu einer holomorphen Differentialform auf $Y$

Man wählt zu jedem Punkt


\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ Q }
{ \in }{ Y }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine offene Umgebung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ Q }
{ \in }{ V }
{ \subseteq }{Y }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} mit einer disjunkten Zerlegung
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ p^{-1}(V) }
{ =} { \biguplus_{i \in I} U_i }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} und induzierten biholomorphen Abbildungen \maabb {p_i} {U_i} {V } {.} Man definiert $\omega$ auf $V$ durch
\mathl{{ \left( p_i \right) }_* \alpha}{} zu einem beliebigen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ i }
{ \in }{ I }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Da es wegen der Normalität der Überlagerung stets eine eindeutige Decktransformation \maabbdisp {\varphi} {U_i} {U_j } {} gibt, ist es egal, welches $i$ man wählt. Daraus folgt auch die Unabhängigkeit von der Wahl von $V$ und ebenso die Verträglichkeit bei Überschneidungen.

}


Die vorstehende Aussage gilt allgemeiner auch für endliche holomorphe Abbildungen, die normal sind, siehe Satz Anhang.. Den wichtigen Fall einer Potenzabbildung kann man direkt erledigen.


\inputbeispiel{}
{

Wir betrachten die komplexe Potenzierung \maabbele {} {U} {V } {w} {w^n = z } {} zwischen Kreisscheiben \zusatzklammer {oder auf ganz ${\mathbb C}$} {} {.} Die \definitionsverweis {holomorphe Differentialform}{}{} $dz$ wird auf
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ dw^n }
{ = }{ nw^{n-1} dw }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} abgebildet, die invariant unter den Multiplikationen
\mathl{w \mapsto \zeta w}{} zu einer $n$-ten \definitionsverweis {Einheitswurzel}{}{} ist. Generell entsprechen die holomorphen Differentialformen
\mathl{g(z)dz}{} auf $V$ den Differentialformen
\mathl{\sum_{k = 1}^\infty c_k w^{kn-1} dw}{} auf $U$, und das sind genau die Differentialformen, die invariant unter den Multiplikationen mit $n$-ten Einheitswurzeln sind.


}





\inputfaktbeweis
{Komplexer Torus/1/Holomorphe Differentialformen/Bestimmung/Fakt}
{Korollar}
{}
{

\faktsituation {Auf einem \definitionsverweis {komplexen Torus}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ X }
{ = }{ {\mathbb C} /\Gamma }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} zu einem \definitionsverweis {Gitter}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \Gamma }
{ \subseteq }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{}}
\faktfolgerung {sind die \definitionsverweis {holomorphen Differentialformen}{}{} gleich $sdz$ mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ s }
{ \in }{ {\mathbb C} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} wobei $dz$ die durch die $\Gamma$-invariante Differentialform $dz$ auf ${\mathbb C}$ induzierte Form auf $X$ bezeichnet.}
\faktzusatz {Insbesondere ist der Raum der holomorphen Differentialformen auf $X$ \definitionsverweis {eindimensional}{}{.}}
\faktzusatz {}

}
{

Wir verwenden Lemma 15.12. Die holomorphen Differentialformen auf ${\mathbb C}$ haben die Form
\mathl{fdz}{} mit einer holomorphen Funktion $f$ auf ${\mathbb C}$. Da $dz$ invariant unter der Operation von $\Gamma$ ist, bedeutet die Invarianz der Differentialform, dass $f$ invariant unter $\Gamma$ ist. D.h. $f$ ist eine $\Gamma$-\definitionsverweis {doppeltperiodische Funktion}{}{.} Nach Lemma 11.3 (Elliptische Kurven (Osnabrück 2021-2022)) sind diese konstant.

}


Die Schreibweise $dz$ für die holomorphe Differentialform auf einem Torus ist insofern problematisch, dass sie dahingehend missverstanden werden kann, dass es sich um das Differential zu einer Funktion auf dem Torus handeln könnte, was nicht der Fall ist.