Zahlentheorie/Euklidischer Bereich/Einführung/Textabschnitt
Im Nachweis, dass und Hauptidealbereiche sind, haben wir auf die jeweilige Division mit Rest zurückgegriffen. Dieses Konzept kann man im Begriff des euklidischen Bereiches verallgemeinern und damit auch zeigen, dass wichtige Beispielringe wie der Ring der Gaußschen Zahlen und der Ring der Eisensteinzahlen Hauptidealringe und damit faktoriell sind.
Ein euklidischer Bereich (oder euklidischer Ring) ist ein Integritätsbereich , für den eine Abbildung existiert, die die folgende Eigenschaft erfüllt:
Für Elemente mit gibt es mit
Die in der Definition auftauchende Abbildung nennt man auch euklidische Funktion. Die ganzen Zahlen bilden also einen euklidischen Ring mit dem Betrag als euklidischer Funktion.
Für einen Körper ist der Polynomring in einer Variablen ein euklidischer Bereich, wobei die euklidische Funktion durch die Gradfunktion gegeben ist. Viele Parallelen zwischen dem Polynomring und beruhen auf dieser Eigenschaft. Die Gradfunktion hat die Eigenschaft
Eine Gaußsche Zahl ist durch gegeben, wobei und ganze Zahlen sind. Die Menge dieser Zahlen wird mit bezeichnet. Die Gaußschen Zahlen sind die Gitterpunkte, d.h. die Punkte mit ganzzahligen Koordinaten, in der komplexen Ebene. Sie bilden mit komponentenweiser Addition und mit der induzierten komplexen Multiplikation einen kommutativen Ring.
Eine euklidische Funktion ist durch die Norm gegeben, die durch definiert ist. Man kann auch schreiben, wobei die komplexe Konjugation bezeichnet. Die Norm ist das Quadrat des komplexen Absolutbetrages und wie dieser multiplikativ, also .
Mit der Norm lassen sich auch leicht die Einheiten von bestimmen: ist
,
so ist auch
,
also
.
Damit sind genau die Elemente diejenigen Gaußschen Zahlen, die Einheiten sind.
Der Ring der Gaußschen Zahlen ist mit der Normfunktion ein euklidischer Bereich.
Es seien , . Wir betrachten den Quotienten
Dies ist eine komplexe Zahl mit rationalen Koeffizienten, also . Es gibt ganze Zahlen mit . Damit ist
mit . Ferner ist
Multiplikation mit ergibt
Der rechte Summand gehört dabei zu , da man ihn als schreiben kann. Aus der Multiplikativität der Norm folgt
Folgendes Lemma hilft bei der Bestimmung der Primelemente der Gaußschen Zahlen und in ähnlichen Ringen.
Es sei ein euklidischer Bereich mit einer multiplikativen euklidischen Funktion
(es werden also nur positive Werte angenommen). Ist dann für die Zahl prim, so ist irreduzibel in .
Es sei eine Faktorzerlegung. Dann ist und da nach Voraussetzung eine Primzahl ist, folgt, dass einer der Faktoren, sagen wir , eine Einheit ist, also . Wir wenden auf und die Division mit Rest an und erhalten
wobei ist oder . Letzteres ist aber ausgeschlossen, sodass sein muss und damit ist eine Einheit. Also ist irreduzibel.
Wir werden später sehen, dass in euklidischen Bereichen irreduzible Elemente bereits prim sind. Das vorstehende Lemma ist also ein Kriterium für Primelemente. Die Umkehrung gilt übrigens nicht. Z. B. ist ein Primelement in , aber
ist keine Primzahl.
Nach den Gaußschen Zahlen sind die sogenannten Eisenstein-Zahlen ein wichtiges Beispiel für quadratische Zahlbereiche.
Die Eisenstein-Zahlen sind komplexe Zahlen der Form
mit ganzen Zahlen und . Insbesondere ist
eine Eisenstein-Zahl. Diese Zahl ist zugleich eine (primitive) dritte Einheitswurzel (also ), sodass der Ring der Eisenstein-Zahlen zugleich der dritte Kreisteilungsring ist. Wegen und
gilt die Gleichung
Die Eisenstein-Zahlen enthalten den Ring . Im obigen Bild besteht dieser Ring aus jeder zweiten horizontalen Zeile des Gitters und ist damit ein rechtwinkliges Gitter. Es gilt der folgende Satz.
Für den Ring ist die Norm (das Quadrat des komplexen Betrages) keine euklidische Funktion, aber für den Ring der Eisenstein-Zahlen mit ist die Norm eine euklidische Funktion.
Wie dem Beweis zur Euklidizität der Gaußschen Zahlen zu entnehmen ist, ist für einen Unterring der komplexen Zahlen der Form (mit ) die Norm eine euklidische Funktion genau dann, wenn sich zu jedem Element ein Element findet, das zu einen Abstand kleiner als besitzt. Es sei zunächst . Das Element hat den minimalen Abstand zu den vier Gitterpunkten , und dieser ist stets
Für den Ring der Eisenstein-Zahlen sind die Gittermaschen gleichmäßige Dreiecke mit Seitenlänge eins, und jede komplexe Zahl hat zu mindestens einem Gitterpunkt einen Abstand .
Es lässt sich zeigen, dass der Ring auch keine andere euklidische Funktion besitzt
(er ist auch kein Hauptidealbereich, noch nicht mal, wie wir später sehen und erklären werden, normal).
Eine wichtige Konsequenz aus der Existenz einer euklidischen Funktion ist, dass ein Hauptidealbereich vorliegt.
Ein euklidischer Bereich ist ein Hauptidealbereich.
Es sei ein von verschiedenes Ideal. Betrachte die nichtleere Menge
Diese Menge hat ein Minimum , das von einem Element , herrührt, sagen wir . Wir behaupten, dass ist. Dabei ist die Inklusion „“ klar. Zum Beweis der Inklusion „“ sei gegeben. Aufgrund der Definition eines euklidischen Bereiches gilt mit oder . Wegen und der Minimalität von kann der zweite Fall nicht eintreten. Also ist und ist ein Vielfaches von .
Es sei quadratfrei und der zugehörige quadratische Zahlbereich. Dann sind folgende Aussagen äquivalent.
- ist euklidisch.
- ist normeuklidisch.
- Es ist .
(1) (3). Es sei euklidisch mit euklidischer Funktion . Es sei , , keine Einheit, so gewählt, dass unter allen Nichteinheiten den minimalen Wert annimmt. Für jedes ist dann
Wegen der Wahl von bedeutet dies oder ist eine Einheit. Wir betrachten die Restklassenabbildung
Dabei ist . Ab gibt es nur die beiden Einheiten und , sodass das Bild von überhaupt nur aus besteht. Also ist nach Fakt
Bei hat nach Fakt jedes Element aus die Form () mit Norm . Damit ist (bei ) nur bei und möglich, doch dann liegt eine Einheit vor, im Widerspruch zur Wahl von . In diesem Fall verbleiben also nur die Möglichkeiten .
Bei hat nach Fakt jedes Element aus die Form () mit Norm . Damit ist bei die Bedingung wieder nur bei und möglich, sodass erneut eine Einheit vorliegt. Es verbleiben die Möglichkeiten .
(3) (2). Der Ganzheitsring ist genau dann normeuklidisch, wenn es zu jedem ein mit gibt. Dies bedeutet anschaulich, dass es zu jedem Punkt von stets Gitterpunke aus gibt mit einem Abstand kleiner als eins Im Fall ist und es liegt ein rechteckiges Gitter vor, wobei der maximale Abstand im Mittelpunkt eines Gitterrechteckes angenommen wird. Der Abstand zu jedem Eckpunkt ist dort , und dies ist nur für kleiner als eins.
Im Fall wird die komplexe Ebene überdeckt von kongruenten gleichschenkligen Dreiecken, mit einer Grundseite der Länge eins und Schenkeln der Länge , deren Eckpunkte jeweils Elemente aus sind. Der Punkt innerhalb eines solchen Dreiecks mit maximalem Abstand zu den Eckpunkten ist der Mittelpunkt des Umkreises, also der Schnittpunkt der Mittelsenkrechten. Wir berechnen ihn für das Dreieck mit den Eckpunkten . Die Mittelsenkrechte zur Grundseite ist durch gegeben, und die Mittelsenkrechte zum linken Schenkel wird durch beschrieben. Gleichsetzen ergibt
Damit ist die zweite Koordinate gleich und der gemeinsame Abstand zu den drei Eckpunkten ist die Wurzel aus
Dies (und ebenso die Quadratwurzel) ist kleiner als genau dann, wenn ist, was genau bei der Fall ist und den Möglichkeiten entspricht.
(2) (1) ist trivial.