Holomorphe Funktion/Rechtsäquivalenz/Einführung/Textabschnitt

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Definition  

Es seien und holomorphe Funktionen mit offen, mit und . Dann heißen rechtsäquivalent (im Nullpunkt), wenn es offene Teilmengen und und eine biholomorphe Abbildung

mit

gibt.

Es liegt dann ein kommutatives Diagramm

vor. Man beachte, dass man dabei die offenen Definitionsbereiche durch kleinere ersetzen darf. Typischerweise wird diese Verkleinerung stillschweigend durchgenommen, man ändert die Bezeichnung der offenen Menge nicht. Statt von einer biholomorphen Abbildung spricht man auch von einer (holomorphen) Transformation oder einem (holomorphen) Koordinatenwechsel. Von Rechtsäquivalenz spricht man, da die vermittelnde biholomorphe Abbildung rechts steht. Mit der Umkehrabbildung gilt dann die Beziehung , was die Symmetrie dieses Konzeptes sicherstellt. Insgesamt liegt eine Äquivalenzrelation auf der Menge der Paare bzw. auf der Menge der holomorphen Abbildungskeime vor.

Wenn man sich nicht auf den Nullpunkt konzentrieren möchte, so gilt eine entsprechende Definition, bei der dann den Punkt auf den Punkt abbilden muss und wo im Bildraum noch die Bildpunkte ineinander verschoben werden.


Lemma  

Es seien und holomorphe Funktionen mit offen, mit und . Für beide Funktionen sei ein regulärer Punkt.

Dann sind und zueinander rechtsäquivalent.

Beweis  

Da die Rechtsäquivalenz eine Äquivalenzrelation ist, können wir annehmen dass die Projektion

die Projektion auf die erste Koordinate ist. Dann folgt die Aussage direkt aus der holomorphen Version des Satzes über implizite Abbildungen.

Insofern ist das Konzept Rechtsäquivalenz hauptsächlich für kritische Punkte von holomorphen Funktionen relevant. Im rein algebraischen Kontext gibt es keinen Satz über implizite Abbildungen und dort gibt es im Allgemeinen keinen Isomorphismus zwischen regulären Ringen gleicher Dimension.


Lemma  

Es seien und holomorphe Funktionen mit offen, mit und . Die beiden Funktionen seien rechtsäquivalent.

Dann sind die Hyperflächen und im Nullpunkt zueinander lokal analytisch isomorph und es liegt ein -Algebraisomorphismus vor.

Beweis  

Die biholomorphe Abbildung , die es aufgrund der Rechtsäquivalenz gibt, überführt die Faser unmittelbar in die Faser . Die biholomorphe Abbildung definiert dabei einen -Algebraisomorphismus

der in überführt. Dies induziert einen -Algebraisomorphismus



Beispiel  

Eine nichtkonstante holomorphe Funktion in einer Variablen (mit offen) ist im Nullpunkt rechtsäquivalent zu einer Potenz . Die Potenzreihenentwicklung von im Nullpunkt hat die Form

mit , , und . Dann ist in einer offenen Umgebung von die Funktion nullstellenfrei und daher ist auf einer offenen Umgebung der auch eine Wurzel wohldefiniert und holomorph. Daher ist dort durch eine biholomorphe Abbildung gegeben, die und als rechtsäquivalent erweist. Verschiedene Potenzen sind untereinander nicht rechtsäquivalent nach Fakt.


Bemerkung  

Die Rechtsäquivalenz bedeutet insbesondere, dass es konvergente Potenzreihen in Variablen (nämlich den Komponentenfunktionen zu ) gibt, sagen wir

derart, dass die Determinante der Matrix

(die ja die lineare Approximation von im Nullpunkt ist) von verschieden ist und dass die Potenzreihengleichheit

gilt.



Lemma  

Es seien und holomorphe Funktionen mit offen, mit und . Die beiden Funktionen seien rechtsäquivalent.

Dann überführt der zur biholomorphen Abbildung

gehörende -Algebraisomorphismus

das Jacobiideal in das Jacobiideal , also

Insbesondere haben die beiden Funktionen im Nullpunkt die gleiche Milnorzahl.

Beweis  

Aufgrund der Rechtsäquivalenz gibt es eine biholomorphe Abbildung und dadurch einen -Algebraisomorphismus

(die Indizes beziehen sich auf die Räume, nicht auf die Dimension). Es seien die Koordinaten von und die Koordinaten von . Nach der Kettenregel gilt die Beziehung

für bzw., mit den partiellen Ableitungen und als Gleichheit von Funktionstupeln auf geschrieben,

Insbesondere gilt

im lokalen Ring und das bedeutet

für alle , also

Wegen der Symmetrie der Situation gilt Gleichheit.