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Kurs:Einführung in die Algebra (Osnabrück 2009)/Vorlesung 23/latex

Aus Wikiversity

\setcounter{section}{23}






\zwischenueberschrift{Die Gradformel}





\inputfaktbeweis
{Endliche Körpererweiterung/Gradformel/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es seien \mathkor {} {K\subseteq L} {und} {L \subseteq M} {} \definitionsverweis {endliche Körpererweiterungen}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist auch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine endliche Körpererweiterung und es gilt
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{grad}_{ K} M }
{ =} { \operatorname{grad}_{ K} L \cdot \operatorname{grad}_{ L} M }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Wir setzen \mathkor {} {\operatorname{grad}_{ K} L=n} {und} {\operatorname{grad}_{ L} M=m} {.} Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x_1 , \ldots , x_n }
{ \in }{ L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine $K$-\definitionsverweis {Basis}{}{} von $L$ und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ y_1 , \ldots , y_m }
{ \in }{ M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine $L$-Basis von $M$. Wir behaupten, dass die Produkte
\mathbeddisp {x_iy_j} {}
{1 \leq i \leq n} {}
{1 \leq j \leq m} {} {} {,} eine $K$-Basis von $M$ bilden. \teilbeweis {Wir zeigen zuerst, dass diese Produkte den Vektorraum $M$ über $K$ \definitionsverweis {erzeugen}{}{.}\leerzeichen{}}{}{}
{Es sei dazu
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ z }
{ \in }{ M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Wir schreiben
\mathbeddisp {z=b_1 y_1 + \cdots + b_m y_m} {mit Koeffizienten}
{b_j \in L} {}
{} {} {} {.} Wir können jedes $b_j$ als
\mathbed {b_j = a_{1j}x_1 + \cdots + a_{nj}x_n} {mit Koeffizienten}
{a_{ij} \in K} {}
{} {} {} {} ausdrücken. Das ergibt
\mavergleichskettealign
{\vergleichskettealign
{ z }
{ =} { b_1y_1 + \cdots + b_my_m }
{ =} { (a_{11}x_1 + \cdots + a_{n1}x_n)y_1 + \cdots + (a_{1m}x_1 + \cdots + a_{nm}x_n)y_m }
{ =} { \sum_{1\leq i \leq n,\, 1\leq j \leq m} a_{ij} x_iy_j }
{ } {}
} {} {}{.} Daher ist $z$ eine $K$-Linearkombination der Produkte
\mathl{x_iy_j}{.}}
{} \teilbeweis {Um zu zeigen, dass diese Produkte \definitionsverweis {linear unabhängig}{}{} sind,\leerzeichen{}}{}{}
{sei
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{0 }
{ =} { \sum_{1\leq i \leq n,\, 1\leq j \leq m} c_{ij} x_iy_j }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} angenommen mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c_{ij} }
{ \in }{ K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Wir schreiben dies als
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{0 }
{ = }{ \sum_{j = 1}^m { \left( \sum_{i = 1}^n c_{ij}x_i \right) } y_j }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Da die $y_j$ linear unabhängig über $L$ sind und die Koeffizienten der $y_j$ zu $L$ gehören, folgt, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \sum_{i = 1}^n c_{ij}x_i }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist für jedes $j$. Da die $x_i$ linear unabhängig über $K$ sind und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c_{ij} }
{ \in }{ K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist, folgt, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ c_{ij} }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für alle
\mathl{i,j}{} ist.}
{}

}







\zwischenueberschrift{Zerfällungskörper}

Wir wollen zu einem Polynom
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ F }
{ \in }{ K[X] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} einen Körper konstruieren, über dem $F$ in Linearfaktoren zerfällt. Dies beruht auf einer recht einfachen Konstruktion. Zu jedem Körper kann man sogar einen Körper
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{ \overline{K} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} konstruieren, der algebraisch abgeschlossen ist, was wir aber nicht ausführen werden. Eine erste Anwendung ist die Konstruktion und die Charakterisierung von endlichen Körpern.





\inputfaktbeweis
{Körpererweiterung/Polynom zerfällt in Linearfaktoren/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und $F$ ein Polynom aus
\mathl{K[X]}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es einen \definitionsverweis {Erweiterungskörper}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} derart, dass $F$ über $L$ in Linearfaktoren zerfällt.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F }
{ = }{P_1 \cdots P_r }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die Zerlegung in Primpolynome in
\mathl{K[X]}{,} und sei $P_1$ nicht linear. Dann ist \maabbdisp {} {K} { K[Y]/(P_1(Y)) =:K' } {} eine \definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{} von $K$ nach Satz 18.5. Wegen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P_1(Y) }
{ = }{ 0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} in $K'$ ist die Restklasse $y$ von $Y$ in $K'$ eine Nullstelle von $P_1$. Daher gilt nach Lemma 18.8 in
\mathl{K'[X]}{} die Faktorisierung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ P_1 }
{ = }{(X-y)\tilde{P} }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} wobei $\tilde{P}$ einen kleineren Grad als $P_1$ hat. Das Polynom $F$ hat also über $K'$ mindestens einen Linearfaktor mehr als über $K$. Induktive Anwendung von dieser Konstruktion liefert eine Kette von Erweiterungen
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K }
{ \subset }{ K' }
{ \subset }{ K^{\prime \prime} }
{ \subset }{ \ldots }
{ }{ }
} {}{}{,} die stationär wird, sobald $F$ in Linearfaktoren zerfällt.

}


Wenn $F$ quadratisch ist, so ist man nach einer einzigen Körpererweiterung fertig, da aus der Existenz einer Nullstelle direkt folgt, dass das Polynom in Linearfaktoren zerfällt. Aber schon ab Grad $3$ ist es eher eine Ausnahme, dass über
\mathl{K[X]/(F)}{} das Polynom bereits in Linearfaktoren zerfällt, und dann muss man wie im Lemma beschrieben induktiv weitermachen.





\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ F }
{ \in }{ K[X] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Polynom und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {Körpererweiterung}{}{,} über der $F$ in Linearfaktoren zerfällt. Es seien
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ a_1 , \ldots , a_n }
{ \in }{ L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} die Nullstellen von $F$. Dann nennt man
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ K[a_1 , \ldots , a_n ] }
{ \subseteq} {L }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} einen \definitionswort {Zerfällungskörper}{} von $F$.\zusatzfussnote {Der Sprachgebrauch ist nicht ganz einheitlich. Manche Autoren nennen jeden Körper, über dem das gegebene Polynom in Linearfaktoren zerfällt, einen Zerfällungskörper, und bezeichnen den von den Nullstellen erzeugten Zerfällungskörper als minimalen Zerfällungskörper} {.} {}

}

Es handelt sich hierbei wirklich um einen Körper, wie wir gleich sehen werden. Häufig beschränkt man sich auf Polynome vom Grad $\geq 1$, bei konstanten Polynomen sehen wir einfach $K$ selbst als Zerfällungskörper an. Über dem Zerfällungskörper zerfällt das gegebene Polynom in Linearfaktoren, da er ja nach Definition alle Nullstellen enthält, mit denen alle beteiligten Linearfaktoren formuliert werden können.


\inputfaktbeweistrivial
{Zerfällungskörper/Ist Zerfällungskörper über Zwischenkörper/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ F }
{ \in }{ K[X] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {Polynom}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L }
{ = }{Z(F) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} der \definitionsverweis {Zerfällungskörper}{}{} von $F$. Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{K' }
{ \subseteq }{L }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Zwischenkörper.}
\faktfolgerung {Dann ist $L$ auch ein Zerfällungskörper des Polynoms
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ F }
{ \in }{ K'[X] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}


}





\inputfaktbeweis
{Zerfällungskörper/Ist endlich/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ F }
{ \in }{ K[X] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein \definitionsverweis {Polynom}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L }
{ = }{Z(F) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} der \definitionsverweis {Zerfällungskörper}{}{} von $F$.}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ K }
{ \subseteq }{ L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine \definitionsverweis {endliche Körpererweiterung}{}{.}}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Es sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} eine Körpererweiterung, über der $F$ in Linearformen zerfällt und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L }
{ = }{K[a_1 , \ldots , a_n] }
{ \subseteq }{M }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} wobei
\mathl{a_i \in M}{} die Nullstellen von $F$ seien. Es liegt eine Kette von $K$-\definitionsverweis {Algebren}{}{}
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq} { K[a_1] }
{ \subseteq} { K[a_1,a_2] }
{ \subseteq} { \cdots }
{ \subseteq} { K[a_1 , \ldots , a_n] }
} {
\vergleichskettefortsetzung
{ =} {L }
{ \subseteq} {M }
{ } {}
{ } {}
}{}{} vor. Dabei ist sukzessive $a_i$ \definitionsverweis {algebraisch}{}{} über
\mathl{K[a_1 , \ldots , a_{i-1}]}{,} da ja $a_i$ eine Nullstelle von
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ F }
{ \in }{ K[X] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist. Daher sind die Inklusionen nach Satz 22.1 \definitionsverweis {endliche Körpererweiterungen}{}{} und nach Satz 23.1 ist dann die Gesamtkörpererweiterung ebenfalls endlich.

}





\inputfaktbeweis
{Zerfällungskörper/Ist eindeutig/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ F }
{ \in }{ K[X] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ein Polynom. Es seien \mathkor {} {K \subseteq L_1} {und} {K \subseteq L_2} {} zwei \definitionsverweis {Zerfällungskörper}{}{} von $F$.}
\faktfolgerung {Dann gibt es einen $K$-\definitionsverweis {Algebraisomorphismus}{}{} \maabbdisp {\varphi} {L_1} {L_2 } {.}}
\faktzusatz {Insbesondere gibt es bis auf Isomorphie nur einen Zerfällungskörper zu einem Polynom.}
\faktzusatz {}

}
{

Wir beweisen die Aussage durch Induktion über den \definitionsverweis {Grad}{}{}
\mathl{\operatorname{grad}_{ K} L_1}{.} Wenn der Grad eins ist, so ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ = }{L_1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und das Polynom $F$ zerfällt bereits über $K$ in Linearfaktoren. Dann gehören alle Nullstellen von $F$ in einem beliebigen Erweiterungskörper
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K }
{ \subseteq }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} zu $K$ selbst. Also ist auch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{L_2 }
{ = }{K }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es sei nun
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \operatorname{grad}_{ K} L_1 }
{ \geq }{ 2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und die Aussage sei für kleinere Grade bewiesen. Dann zerfällt $F$ über $K$ nicht in Linearfaktoren. Daher gibt es einen irreduziblen Faktor $P$ von $F$ mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ \operatorname{grad} \, (P) }
{ \geq }{ 2 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{K' }
{ = }{K[X]/(P) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist nach Satz 18.5 und nach Proposition 21.3 eine Körpererweiterung von $K$ vom Grad $\geq 2$. Da $P$ als Faktor von $F$ ebenfalls über \mathkor {} {L_1} {und über} {L_2} {} in Linearfaktoren zerfällt, gibt es $K$-Algebrahomomorphismen \mathkor {} {K'\rightarrow L_1} {und} {K'\rightarrow L_2} {.} Diese sind injektiv, sodass $K'$ sowohl von \mathkor {} {L_1} {als auch von} {L_2} {} ein Unterkörper ist. Nach Lemma 23.4 sind dann \mathkor {} {L_1} {und} {L_2} {} Zerfällungskörper von
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ F }
{ \in }{ K'[X] }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Nach Satz 23.1 ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ \operatorname{grad}_{ K'} L_1 }
{ <} { \operatorname{grad}_{ K} L_1 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} sodass wir auf
\mathl{K', L_1, L_2}{} die Induktionsvoraussetzung anwenden können. Es gibt also einen $K'$-Algebraisomorphismus \maabbdisp {\varphi} {L_1} {L_2 } {.} Dieser ist erst recht ein $K$-Algebraisomorphismus.

}






\zwischenueberschrift{Konstruktion endlicher Körper}

Endliche Körper mit der Anzahl $p^e$ konstruiert man, indem man ein in
\mathl{( \Z/(p) )[X]}{} irreduzibles Polynom vom Grad $n$ findet. Ob ein gegebenes Polynom irreduzibel ist, lässt sich dabei grundsätzlich in endlich vielen Schritten entscheiden, da es ja zu jedem Grad überhaupt nur endlich viele Polynome gibt, die als Teiler in Frage kommen können. Zur Konstruktion von einigen kleinen endlichen Körpern siehe Aufgabe ***** und Aufgabe *****. Generell kann man einen Körper mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{q }
{ = }{p^e }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} Elementen als Zerfällungskörper des Polynoms
\mathl{X^q-X}{} über
\mathl{\Z/(p)}{} erhalten.





\inputfaktbeweis
{Endliche Körper/Nullstellen von X^q-X/bilden Körper/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} der \definitionsverweis {Charakteristik}{}{} $p$, sei
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{q }
{ = }{p^e }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{e }
{ \geq }{1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es sei
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{M }
{ =} { { \left\{ x \in K \mid x^q = x \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann ist $M$ ein \definitionsverweis {Unterkörper}{}{} von $K$.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Zunächst gilt für jedes Element
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x }
{ \in }{ \Z/(p) }
{ \subseteq }{K }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} dass
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ x^{ p^{e} } }
{ =} { { \left( x^p \right) }^{p^{e-1} } }
{ =} { x^{ p^{e-1} } }
{ =} { \ldots }
{ =} {x }
} {}{}{} ist, wobei wir wiederholt den kleinen Fermat benutzt haben. Insbesondere ist also
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ 0,1,-1 }
{ \in }{ M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Es ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{z^q }
{ = }{F^{e}(z) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und der \definitionsverweis {Frobeniushomomorphismus}{}{} \maabbeledisp {F} {K} {K } {x} {x^p } {,} ist ein \definitionsverweis {Ringhomomorphismus}{}{} nach Aufgabe *****. Daher ist für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x,y }
{ \in }{M }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} einerseits
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ (x+y)^q }
{ =} { F^{e} (x+y) }
{ =} { F^{e}(x) + F^{e}(y) }
{ =} { x^q +y^q }
{ =} { x+y }
} {}{}{} und andererseits
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ (xy)^q }
{ =} { x^qy^q }
{ =} { xy }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{.} Ferner gilt für
\mathbed {x \in M} {}
{x \neq 0} {}
{} {} {} {,} die Gleichheit
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ { \left( x^{-1} \right) }^q }
{ =} { { \left( x^q \right) }^{-1} }
{ =} { x^{-1} }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{,} sodass auch das Inverse zu $M$ gehört und in der Tat ein Körper vorliegt.

}


Im Beweis der nächsten Aussage werden wir die Technik des \stichwort {formalen Ableitens} {} verwenden. Ableiten ist eigentlich eine analytische Technik, und bekanntlich ist die Ableitung eines Monoms $X^m$ gleich
\mathl{mX^{m-1}}{,} und die Ableitung eines Polynoms ergibt sich durch lineare Fortsetzung dieser Regel. Da der Exponent der Variablen zum Vorfaktor wird, und da man jede ganze Zahl in jedem Körper eindeutig interpretieren kann, ergeben solche Ableitungen auch rein algebraisch für jeden Grundkörper Sinn. Wir definieren daher.


\inputdefinition
{}
{

Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} und sei
\mathl{K[X]}{} der \definitionsverweis {Polynomring}{}{} über $K$. Zu einem Polynom
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ F }
{ = }{ \sum_{ i = 0 }^{ n } a_{ i } X^{ i} }
{ \in }{ K[X] }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} heißt das Polynom
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ F' }
{ =} { n a_nX^{n-1} + (n-1)a_{n-1}X^{n-2} + \cdots + 3a_3X^2 +2a_2X+a_1 }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} die \definitionswort {formale Ableitung}{} von $F$.

}

Man beachte, dass, insbesondere bei positiver Charakteristik, das algebraische Ableiten einige überraschende Eigenschaften haben kann. In positiver Charakteristik $p$ ist beispielsweise
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{(X^p)' }
{ =} {p X^{p-1} }
{ =} { 0 }
{ } {}
{ } {}
} {}{}{.} Für einige grundlegende Eigenschaften des Ableitens siehe die Aufgaben. Wichtig ist für uns, dass man mit der formalen Ableitung testen kann, ob die Nullstellen eines Polynoms einfach oder mehrfach sind \zusatzklammer {eine Nullstelle $a$ heißt \stichwort {mehrfach} {,} wenn das zugehörige lineare Polynom
\mathl{X-a}{} das Polynom mehrfach teilt, d.h. wenn es in der Primfaktorzerlegung mit einem Exponenten $\geq 2$ vorkommt} {} {.}





\inputfaktbeweis
{Endliche Körper/Körper/X^q-X zerfällt/Körper mit q Elementen/Fakt}
{Lemma}
{}
{

\faktsituation {Es sei $K$ ein \definitionsverweis {Körper}{}{} der \definitionsverweis {Charakteristik}{}{}
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{p }
{ > }{0 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{,} sei
\mathbed {q=p^{e}} {}
{e \geq 1} {}
{} {} {} {.}}
\faktvoraussetzung {Das Polynom
\mathl{X^q-X}{} zerfalle über $K$ in Linearfaktoren.}
\faktfolgerung {Dann ist
\mavergleichskettedisp
{\vergleichskette
{ M }
{ =} { { \left\{ x \in K \mid x^q = x \right\} } }
{ } { }
{ } { }
{ } { }
} {}{}{} ein Unterkörper von $K$ mit $q$ Elementen.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Nach Lemma 23.7 ist $M$ ein Unterkörper von $K$, und nach Korollar 18.10 besitzt er höchstens $q$ Elemente. Es ist also zu zeigen, dass
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F }
{ = }{X^q-X }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} keine mehrfache Nullstellen hat. Dies folgt aber aus der formalen Ableitung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{F' }
{ = }{-1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} und Aufgabe 23.14.

}





\inputfaktbeweis
{Endliche Körper/Existenz und Eindeutigkeit/Fakt}
{Satz}
{}
{

\faktsituation {Es sei $p$ eine \definitionsverweis {Primzahl}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{e }
{ \in }{\N_+ }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.}}
\faktfolgerung {Dann gibt es bis auf \definitionsverweis {Isomorphie}{}{} genau einen \definitionsverweis {Körper}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{q }
{ = }{p^e }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} Elementen.}
\faktzusatz {}
\faktzusatz {}

}
{

Zur Existenz. Wir wenden Lemma 23.2 auf den Grundkörper
\mathl{\Z/(p)}{} und das Polynom
\mathl{X^q-X}{} an und erhalten einen Körper $L$ der \definitionsverweis {Charakteristik}{}{} $p$, über dem
\mathl{X^q-X}{} in Linearfaktoren zerfällt. Nach Lemma 23.9 gibt es dann einen Unterkörper $M$ von $L$, der aus genau $q$ Elementen besteht.

Zur Eindeutigkeit. Wir zeigen, dass ein Körper mit $q$ Elementen der \definitionsverweis {Zerfällungs\-körper}{}{} des Polynoms
\mathl{X^q-X}{} sein muss, sodass er aufgrund dieser Eigenschaft nach Satz 23.6 eindeutig bestimmt ist. Es sei also $L$ ein Körper mit $q$ Elementen, der dann
\mathl{\Z/(p)}{} als \definitionsverweis {Primkörper}{}{} enthält. Da $L^{\times}$ genau
\mathl{q-1}{} Elemente besitzt, gilt nach Satz 7.4 die Gleichung
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x^{q-1} }
{ = }{ 1 }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für jedes
\mathl{x \in L^{\times}}{} und damit auch
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{x^q }
{ = }{x }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} für jedes
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ x }
{ \in }{ L }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dieses Polynom vom Grad $q$ hat also in $L$ genau $q$ verschiedene Nullstellen, sodass es also über $L$ zerfällt. Zugleich ist der von allen Nullstellen erzeugte Unterkörper gleich $L$, sodass $L$ der Zerfällungskörper ist.

}


\inputnotation{}{

Es sei $p$ eine \definitionsverweis {Primzahl}{}{} und
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ e }
{ \in }{ \N_+ }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Der aufgrund von Satz 23.10 bis auf Isomorphie eindeutig bestimmte \definitionsverweis {endliche Körper}{}{} mit
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{q }
{ = }{p^e }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} Elementen wird mit
\mathdisp {{\mathbb F}_{ q }} { }
bezeichnet.

}

Für
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{q }
{ = }{p }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{} ist
\mavergleichskette
{\vergleichskette
{ {\mathbb F}_p }
{ = }{ \Z/(p) }
{ }{ }
{ }{ }
{ }{ }
} {}{}{.} Dagegen sind für
\mathbed {q=p^{e}} {}
{e \geq 2} {}
{} {} {} {,} die Ringe \mathkor {} {{\mathbb F}_q} {und} {\Z/(q)} {} verschieden, obwohl beide Ringe $q$ Elemente besitzen. Dies liegt einfach daran, dass ${\mathbb F}_q$ ein Körper ist,
\mathl{\Z/(q)}{} aber nicht.



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