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Kurs:Einführung in die Algebra (Osnabrück 2009)/Vorlesung 22

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Algebraische Körpererweiterung



Es sei eine Körpererweiterung und sei ein Element. Dann sind folgende Aussagen äquivalent.

  1. ist algebraisch über .
  2. Es gibt ein normiertes Polynom  mit .
  3. Es besteht eine lineare Abhängigkeit zwischen den Potenzen
  4. Die von über erzeugte -Algebra hat endliche -Dimension.
  5. liegt in einer endlichdimensionalen -Algebra .

. Das ist trivial, da man ein von verschiedenes Polynom stets normieren kann, indem man durch den Leitkoeffizienten dividiert. . Nach (2) gibt es ein Polynom , , mit . Sei . Dann ist

eine lineare Abhängigkeit zwischen den Potenzen. . Umgekehrt bedeutet die lineare Abhängigkeit, dass es Elemente gibt, die nicht alle sind mit . Dies ist aber die Einsetzung für das Polynom , und dieses ist nicht das Nullpolynom. . Sei

ein normiertes Polynom mit , also mit

Dann kann man umstellen

D.h. kann man durch kleinere Potenzen ausdrücken. Durch Multiplikation dieser Gleichung mit weiteren Potenzen von ergibt sich, dass man auch die höheren Potenzen durch die Potenzen , , ausdrücken kann. . Das ist trivial. . Wenn in einer endlichdimensionalen Algebra liegt, so liegen darin auch alle Potenzen von . Da es in einem endlichdimensionalen Vektorraum keine unendliche Folge von linear unabhängigen Elementen geben kann, müssen diese Potenzen linear abhängig sein.



Es sei eine Körpererweiterung und sei ein algebraisches Element.

Dann ist die von erzeugte -Algebra ein Körper.

Nach Satz 22.1 ist eine endlichdimensionale -Algebra. Wir müssen zeigen, dass ein Körper ist. Es sei dazu ein von verschiedenes Element. Damit ist auch , sodass wieder eine endlichdimensionale Algebra ist. Daher ist, wiederum nach Satz 22.1, das Element algebraisch über und es gibt ein Polynom , , mit . Wir ziehen aus diesem Polynom die höchste Potenz von heraus und schreiben , wobei der konstante Term von von verschieden sei. Die Ersetzung von durch ergibt

Da ist und sich alles im Körper abspielt, folgt . Wir können durch den konstanten Term von dividieren und erhalten die Gleichung

Umstellen ergibt

Das heißt, dass das Inverse zu sich als Polynom in schreiben lässt und daher zu und erst recht zu gehört.



Es sei eine Körpererweiterung und sei ein algebraisches Element.

Dann stimmen die von über erzeugte Unteralgebra und der von über erzeugte Unterkörper überein.

Es gilt also .

Die Inklusion gilt immer, und nach Voraussetzung ist der Unterring aufgrund von Satz 22.1 schon ein Körper.


Es sei ein Körper, ein irreduzibles Polynom und die zugehörige Körpererweiterung. Dann kann man zu , , (mit ) auf folgende Art das Inverse bestimmen. Es sind und teilerfremde Polynome in und daher gibt es nach Satz 16.11 und  Satz 17.12 eine Darstellung der , die man mit Hilfe des euklidischen Algorithmus finden kann. Wenn ist, so ist die Restklasse von , also , das Inverse zu .



Algebraischer Abschluss

Es sei eine Körpererweiterung. Dann nennt man die Menge

den algebraischen Abschluss von in .



Es sei eine Körpererweiterung und sei der algebraische Abschluss von in .

Dann ist ein Unterkörper von .

Wir müssen zeigen, dass bezüglich der Addition, der Multiplikation, des Negativen und des Inversen abgeschlossen ist. Seien . Wir betrachten die von und erzeugte -Unteralgebra , die aus allen -Linearkombinationen der , , besteht. Da sowohl  als auch algebraisch sind, kann man nach Satz 22.1 gewisse Potenzen und durch kleinere Potenzen ersetzen. Daher kann man alle Linearkombinationen mit den Monomen , , , ausdrücken. D.h. alle Operationen spielen sich in dieser endlichdimensionalen Unteralgebra ab. Daher sind Summe, Produkt und das Negative nach Satz 22.1 wieder algebraisch. Für das Inverse sei algebraisch. Dann ist nach Satz 22.1 ein Körper von endlicher Dimension. Daher ist selbst algebraisch.



Algebraische Zahlen

Die über den rationalen Zahlen algebraischen komplexen Zahlen erhalten einen speziellen Namen.


Eine komplexe Zahl heißt algebraisch oder algebraische Zahl, wenn sie algebraisch über den rationalen Zahlen ist. Andernfalls heißt sie transzendent.

Die Menge der algebraischen Zahlen wird mit bezeichnet.


Eine komplexe Zahl ist genau dann algebraisch, wenn es ein von verschiedenes Polynom mit rationalen Koeffizienten und mit gibt. Durch Multiplikation mit einem Hauptnenner kann man für eine algebraische Zahl auch ein annullierendes Polynom mit ganzzahligen Koeffizienten finden (das allerdings nicht mehr normiert ist). Eine rationale Zahl ist trivialerweise algebraisch, da sie Nullstelle des linearen rationalen Polynoms ist. Weiterhin sind die reellen Zahlen und für algebraisch. Dagegen sind die Zahlen und nicht algebraisch. Diese Aussagen sind keineswegs selbstverständlich, die Transzendenz von wurde beispielsweise von Ferdinand von Lindemann 1882 gezeigt.



Quadratische Körpererweiterungen

Die aller einfachste Körpererweiterung ist die identische Körpererweiterung , die den Grad besitzt. Die nächst einfachsten sind die vom Grad zwei.


Eine endliche Körpererweiterung vom Grad zwei heißt eine quadratische Körpererweiterung.

Beispiele sind , wobei eine Primzahl ist (oder sonst eine rationale Zahl ohne rationale Quadratwurzel) oder zu einem irreduziblen quadratischen Polynom .



Es sei ein Körper mit einer Charakteristik und es sei eine quadratische Körpererweiterung.

Dann gibt es ein  ,  und .

Nach Voraussetzung ist ein zweidimensionaler Vektorraum über , und darin ist ein eindimensionaler Untervektorraum. Nach dem Basisergänzungssatz gibt es ein Element derart, dass und eine -Basis von bilden. Wir können

schreiben, bzw. (da eine Einheit ist),

Mit gilt also und und bilden ebenfalls eine -Basis von .



Es sei eine endliche Körpererweiterung der reellen Zahlen.

Dann ist isomorph zu oder zu .

Das reelle normierte Polynom zerfällt über den komplexen Zahlen nach dem Fundamentalsatz der Algebra in Linearfaktoren, d.h. es ist

mit . Da reelle Koeffizienten hat, stimmt es mit seinem komplex-konjugierten überein, d.h. es ist insgesamt

Wegen der Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung gibt es zu jedem ein mit

D.h. entweder, dass ist, und dann liegt ein reeller Linearfaktor vor, oder aber und dann ist

ein reelles Polynom. In der reellen Primfaktorzerlegung von kommen also nur lineare und quadratische Faktoren vor, und insbesondere haben im Reellen alle irreduziblen Polynome den Grad eins oder zwei.

Es sei nun eine endliche Körpererweiterung. Es sei und , . Dann ist algebraisch über und nach Satz 21.12 ist mit einem irreduziblen Polynom (dem Minimalpolynom zu ). Das Polynom besitzt in Nullstellen, sodass es einen - Algebrahomomorphismus gibt. Da beides reell-zweidimensionale Körper sind, muss eine Isomorphie vorliegen. Wir erhalten also eine endliche Körpererweiterung . Da algebraisch abgeschlossen ist, muss nach Aufgabe ***** sein.



Das Irreduzibilitätskriterium von Eisenstein



Es sei ein Integritätsbereich und sei ein Polynom. Es sei ein Primelement mit der Eigenschaft, dass den Leitkoeffizienten nicht teilt, alle anderen Koeffizienten teilt, aber dass nicht den konstanten Koeffizienten teilt.

Dann besitzt keine Zerlegung mit nicht-konstanten Polynomen .

 Es sei angenommen, dass es eine Zerlegung mit nicht-konstanten Polynomen gebe, und sei und . Dann ist und dies ist ein Vielfaches von , aber nicht von . Da prim ist, teilt es einen der Faktoren, sagen wir , aber nicht den anderen. Es ist nicht jeder Koeffizient von ein Vielfaches von , da sonst und damit auch ein Vielfaches von wäre, was aber aufgrund der Bedingung an den Leitkoeffizienten ausgeschlossen ist. Es sei der kleinste Index derart, dass kein Vielfaches von ist. Es ist , da nicht konstant ist. Wir betrachten den Koeffizienten , für den

gilt. Hierbei sind und alle Summanden , , Vielfache von . Daher muss auch der letzte Summand ein Vielfaches von sein. Dies ist aber ein Widerspruch, da und .



Es sei ein faktorieller Bereich mit Quotientenkörper und sei ein Polynom. Es sei ein Primelement mit der Eigenschaft, dass den Leitkoeffizienten nicht teilt, aber alle anderen Koeffizienten teilt, aber dass nicht den konstanten Koeffizienten teilt.

Dann ist irreduzibel in .

Dies folgt aus Lemma 22.12 und Lemma 20.13.



Es sei eine Primzahl und .

Dann sind die Polynome irreduzibel in .

Dies folgt direkt aus Satz 22.13 angewendet mit der Primzahl .



Es gibt endliche Körpererweiterungen von von beliebigem Grad.

Aufgrund von Satz 22.13 sind zu einer Primzahl die Polynome irreduzibel und nach Satz 17.15 auch prim. Aufgrund von Satz 18.5 sind dann die Restklassenringe Körper. Diese haben den Grad nach Proposition 21.3.



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