Kurs:Analysis/Teil I/39/Klausur mit Lösungen/kontrolle

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Aufgabe 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Punkte 3 3 2 3 2 5 3 4 5 7 3 3 5 4 5 4 3 64




Aufgabe (3 Punkte)


Lösung

  1. Das Bild von ist die Menge
  2. Eine Menge heißt ein Körper, wenn es zwei Verknüpfungen (genannt Addition und Multiplikation)

    und zwei verschiedene Elemente gibt, die die folgenden Eigenschaften erfüllen.

    1. Axiome der Addition
      1. Assoziativgesetz: Für alle gilt: .
      2. Kommutativgesetz: Für alle gilt .
      3. ist das neutrale Element der Addition, d.h. für alle ist .
      4. Existenz des Negativen: Zu jedem gibt es ein Element mit .
    2. Axiome der Multiplikation
      1. Assoziativgesetz: Für alle gilt: .
      2. Kommutativgesetz: Für alle gilt .
      3. ist das neutrale Element der Multiplikation, d.h. für alle ist .
      4. Existenz des Inversen: Zu jedem mit gibt es ein Element mit .
    3. Distributivgesetz: Für alle gilt .
  3. Eine Folge von abgeschlossenen Intervallen

    in heißt eine Intervallschachtelung, wenn für alle ist und wenn die Folge der Intervalllängen, also

    gegen konvergiert.

  4. Die Funktion heißt gleichmäßig stetig, wenn es zu jedem ein gibt mit folgender Eigenschaft: Für alle mit ist .
  5. Man sagt, dass -mal differenzierbar ist, wenn -mal differenzierbar ist und die -te Ableitung differenzierbar ist.
  6. Eine Treppenfunktion

    heißt eine obere Treppenfunktion zu , wenn für alle ist.


Aufgabe (3 Punkte)


Lösung

  1. Jede nichtleere nach oben beschränkte Teilmenge der reellen Zahlen besitzt ein Supremum in .
  2. Es sei eine Teilmenge und es sei
    eine Folge von stetigen Funktionen, die gleichmäßig gegen die Funktion konvergiert. Dann ist stetig.
  3. Die -ten komplexen Einheitswurzeln besitzen die Darstellung


Aufgabe (2 Punkte)

Anna kann sich nicht zwischen Heinrich und Konrad entscheiden, deshalb lässt sie sich vom Zufall leiten. Sie wohnt an einer U-Bahn-Station der Linie , die von Heinsheim nach Konsau fährt. Heinrich wohnt in Heinsheim und Konrad in Konsau. Wenn Anna Lust auf ein Date hat, geht sie einfach zu ihrer Station und nimmt die erstbeste U-Bahn, die gerade kommt. Die U-Bahnen fahren in beide Richtungen im Zehn-Minuten-Takt und die U-Bahnen nach Heinsheim fahren etc. Nach einiger Zeit stellt Anna fest, dass sie Konrad viermal so häufig besucht wie Heinrich. Wann fahren die U-Bahnen nach Konsau ab?


Lösung

Die Wahrscheinlichkeit, dass als erstes eine U-Bahn nach Konsau kommt, muss viermal so groß sein wie die Wahrscheinlichkeit, dass zuerst eine U-Bahn nach Heinsheim kommt. Deshalb muss in einem Zehn-Minuten-Intervall acht Minuten lang eine U-Bahn nach Konsau die nächste sein (und zwei Minuten lang eine U-Bahn nach Heinsheim). Die U-Bahnen nach Konsau fahren also etc. ab.


Aufgabe (3 Punkte)

Es sei

eine injektive Abbildung. Zeige, dass es eine Teilmenge derart gibt, dass man als Abbildung

auffassen kann ( und unterscheiden sich nur hinsichtlich des Wertebereichs) und dass bijektiv ist.


Lösung

Es sei

Da sämtliche Elemente aus enthält, die überhaupt unter getroffen werden, kann man als eine Abbildung

auffassen. Diese Abbildung ist surjektiv, da ja jedes Element aus nach Definition getroffen wird. Die Injektivität überträgt sich direkt von auf , da die Gleichheit von Elementen in einer Teilmenge mit der Gleichheit in der Menge übereinstimmt. Daher ist bijektiv.


Aufgabe (2 Punkte)

Es stehen zwei Eimer ohne Markierungen zur Verfügung, ferner eine Wasserquelle. Der eine Eimer hat ein Fassungsvermögen von und der andere ein Fassungsvermögen von Litern. Zeige, dass man allein durch Auffüllungen, Ausleerungen und Umschüttungen erreichen kann, dass in einem Eimer genau ein Liter Wasser enthalten ist.


Lösung

Die folgende Kette von Inhaltspaaren kann man bei den gegebenen Möglichkeiten offensichtlich erreichen.


Aufgabe (5 (1+1+1+2) Punkte)

Ein Zug ist Meter lang (ohne Lokomotive) und bewegt sich mit Stundenkilometer. Lucy Sonnenschein hat ihr Fahrrad mit in den Zug genommen und fährt mit einer Geschwindigkeit von Metern pro Sekunde von ganz vorne nach ganz hinten.

  1. Wie viele Sekunden benötigt Lucy für die gesamte Zuglänge?
  2. Welche Geschwindigkeit (in Meter pro Sekunde) hat Lucy bezogen auf die Umgebung?
  3. Welche Entfernung (in Meter) legt der Zug während der Fahrradfahrt zurück?
  4. Berechne auf zwei verschiedene Arten, welche Entfernung Lucy während ihrer Fahrradfahrt bezogen auf die Umgebung zurücklegt.


Lösung

  1. Lucy benötigt Sekunden für den Meter langen Zug.
  2. In Meter pro Sekunde hat der Zug eine Geschwindigkeit von

    Da die beiden Bewegungen sich überlagern, aber in umgekehrter Richtung ausgerichtet sind, ist die Gesamtgeschwindigkeit von Lucy gleich Meter pro Sekunde.

  3. In den Sekunden legt der Zug

    Meter zurück.

  4. Man kann von der vom Zug zurückgelegten Strecke die von Lucy im Zug zurückgelegte Strecke subtrahieren, dies ergibt

    Meter. Ebenso kann man mit ihrer Geschwindigkeit bezogen auf die Umgebung rechnen, und erhält ebenfalls

    Meter.


Aufgabe (3 Punkte)

Erläutere das Konzept „Approximation“ anhand typischer Beispiele.


Lösung Approximation/Erläuterung/Aufgabe/Lösung


Aufgabe (4 Punkte)

Es sei ein angeordneter Körper und es seien und konvergente Folgen in . Zeige, dass die Produktfolge ebenfalls konvergent mit

ist.


Lösung

Sei vorgegeben. Die konvergente Folge ist nach Lemma 5.10 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) insbesondere beschränkt und daher existiert ein mit für alle . Sei und . Wir setzen . Aufgrund der Konvergenz gibt es natürliche Zahlen und mit

Diese Abschätzungen gelten dann auch für alle . Für diese Zahlen gilt daher


Aufgabe (5 Punkte)

Zeige, dass die komplexen Zahlen einen Körper bilden.


Lösung

Die Körpereigenschaften für die komponentenweise definierte Addition sind klar, da die entsprechenden Eigenschaften für gelten. Es ist

somit ist die das neutrale Element der Multiplikation. Die Kommutativität der Multiplikation ist ebenfalls von der Formel her klar. Zum Nachweis der Assoziativität der Multiplikation berechnen wir

Ebenso ist

Wenn

ist, so ist mindestens eine der Zahlen oder von verschieden und damit ist . Somit ist eine komplexe Zahl und es gilt

also besitzt jedes Element ein Inverses bezüglich der Multiplikation. Das Distributivgesetz folgt aus


Aufgabe (7 Punkte)

Beweise das Folgenkriterium für die Stetigkeit einer Funktion in einem Punkt .


Lösung

Es bezeichne (1) die Stetigkeit von im Punkt und (2) die Eigenschaft, dass für jede gegen konvergente Folge die Bildfolge gegen konvergiert. Wir müssen die Äquivalenz von (1) und (2) zeigen.

Es sei (1) erfüllt und sei eine Folge in , die gegen konvergiert. Wir müssen zeigen, dass

ist. Dazu sei vorgegeben. Wegen (1) gibt es ein mit der angegebenen Abschätzungseigenschaft und wegen der Konvergenz von gegen gibt es eine natürliche Zahl derart, dass für alle die Abschätzung

gilt. Nach der Wahl von ist dann

so dass die Bildfolge gegen konvergiert.
Es sei (2) erfüllt.  Wir nehmen an, dass nicht stetig ist. Dann gibt es ein derart, dass es für alle Elemente gibt, deren Abstand zu maximal gleich ist, deren Wert unter der Abbildung aber zu einen Abstand besitzt, der größer als ist. Dies gilt dann insbesondere für die Stammbrüche , . D.h. für jede natürliche Zahl gibt es ein mit

Diese so konstruierte Folge konvergiert gegen , aber die Bildfolge konvergiert nicht gegen , da der Abstand der Bildfolgenglieder zu zumindest ist. Dies ist ein Widerspruch zu (2).


Aufgabe (3 Punkte)

Es sei

Zeige, dass zwischen und eine Nullstelle besitzt, und bestimme diese bis auf einen Fehler von .


Lösung

Es ist

und

deshalb gibt es nach dem Zwischenwertsatz eine Nullstelle zwischen und . Es ist

Deshalb gibt es eine Nullstelle in . Es ist

Eine Nullstelle liegt also in .


Aufgabe (3 Punkte)

Bestimme die Schnittpunkte des Einheitskreises mit der durch

gegebenen Geraden.


Lösung

Der Einheitskreis ist durch

gegeben. Darin setzen wir

ein und erhalten

Also ist

und damit

Somit ist

Die Schnittpunkte sind also und .


Aufgabe (5 Punkte)

Beweise die Quotientenregel für differenzierbare Funktionen.


Lösung

Wir betrachten zuerst den Fall und behaupten

Für einen Punkt ist

Da nach Korollar 18.6 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) stetig in ist, konvergiert für der linke Faktor gegen und wegen der Differenzierbarkeit von in konvergiert der rechte Faktor gegen . Somit ist mit der Produktregel


Aufgabe (4 Punkte)

Wir betrachten die positiven reellen Zahlen mit den Verknüpfungen

als neuer Addition und

als neuer Multiplikation. Ist mit diesen Verknüpfungen (und mit welchen neutralen Elementen) ein Körper?


Lösung

Wir betrachten die reelle Exponentialfunktion zur Basis , also die Abbildung

Diese Abbildung ist bijektiv, da wir den Bildbereich entsprechend eingeschränkt haben, mit dem natürlichen Logarithmus als Umkehrabbildung. Unter dieser Abbildung gilt

d.h. die Addition wird auf die neue Addition abgebildet, und

d.h. die Multiplikation wird auf die neue Addition abgebildet. Unter dieser Abbildung bleiben alle Gesetzmäßigkeiten erhalten, deshalb ist mit den neuen Verknüpfungen ebenfalls ein Körper. Die neutralen Elemente sind die Bilder der neutralen Elemente, d.h. die ist neutrales Element der neuen Addition und ist neutrales Element der neuen Multiplikation.


Aufgabe (5 Punkte)

Es sei ein reelles Intervall,

eine zweimal stetig differenzierbare Funktion und ein innerer Punkt des Intervalls. Es gelte . Zeige die folgenden Aussagen.

  1. Wenn ist, so besitzt in ein isoliertes lokales Minimum.
  2. Wenn ist, so besitzt in ein isoliertes lokales Maximum.


Lösung

Wir beweisen die erste Aussage, die zweite kann man darauf zurückführen, indem man das Negative der Funktion betrachtet. Wegen der zweifachen stetigen Differenzierbarkeit und

gibt es ein derart, dass die zweite Ableitung auf dem Intervall positiv ist. Nach Satz 19.5 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) ist dann auf diesem Intervall streng wachsend. Wir behaupten, dass in ein isoliertes lokales Minimum besitzt, und zwar dass

für alle , , gilt. Nehmen wir an, dass dies nicht stimmt, und sei ein Element mit

(das Argument bei verläuft genauso). Dann gibt es mit dem Mittelwertsatz ein mit

und mit

Doch dies widerspricht wegen der strengen Monotonie der Ableitung.


Aufgabe (4 (3+1) Punkte)

Es sei die Funktion, die eine reelle Zahl auf ihre zweite Nachkommastelle im Zehnersystem abbildet.

  1. Berechne .
  2. Erfüllt den Mittelwertsatz der Integralrechnung?


Lösung

  1. Die Funktion ist auf Intervallen der Form mit konstant gleich , es handelt sich insbesondere um eine Treppenfunktion. Daher ist das Integral gleich der Summe
  2. Der Mittelwertsatz ist nicht anwendbar, da nicht stetig ist, und er gilt auch nicht, da der Mittelwert auf dem Einheitsintervall gleich ist, aber nur ganzzahlige Werte angenommen werden.


Aufgabe (3 Punkte)

Finde die Lösungen zur Differentialgleichung

für .


Lösung

Wir müssen für die invertierte Funktion, also für

eine Stammfunktion finden. Eine solche ist

Über den Ansatz

erhalten wir

und damit

Daher sind

Lösungen der Differentialgleichung.