Kurs:Invariantentheorie (Bochum 2003)/Vorlesung 1
Sei
eine lineare Operation auf einem - Vektorraum . Dies liefert eine Operation von auf dem Polynomring durch die Verknüpfung , also in natürlicher Weise eine Operation von rechts.
Es sei eine Gruppe, die auf einem kommutativen Ring als Gruppe von Ringautomorphismen operiert (von rechts). Dann bezeichnet man
als den Invariantenring (oder Fixring) von unter der Operation von .
Das ist in der Tat wieder ein Ring, ein Unterring von . Die und die sind invariant, da alle als Ringautomorphismen operieren. Ebenso ist mit invarianten Funktionen auch das Negative , deren Summe und deren Produkt invariant.
- Die Operation der symmetrischen Gruppe - Symmetrische Polynome
Die symmetrische Gruppe ist die Gruppe der Permutation auf der Menge , also
mit der Hintereinanderschaltung als Verknüpfung. Das neutrale Element ist die Identität. Eine Permutation wird typischerweise als Wertetabelle geschrieben,
ist eine Gruppe mit Elementen.
Die Permuationsgruppe operiert als Gruppe von linearen Automorphismen auf wie folgt: Der -te Basisvektor wird auf geschickt, also . Dies definiert nach Fakt ***** einen linearen Automorphismus
den wir ebenfalls mit bezeichnen. In Matrizenschreibweise wird diese lineare Abbildung durch eine sogenannte Permutationsmatrix beschrieben. Dazu sei diejenige Matrix, die genau an der Stelle eine und sonst überall eine als Eintrag besitzt. Dann ist die zu gehörende Permutationsmatrix gleich
Sie hat also in jeder Zeile und in jeder Spalte genau eine stehen. Die Matrix ist im gewissen Sinn der Graph der Permutation. Damit operiert die Permutationsgruppe auf dem .
Wie sehen die Bahnen aus? Die Bahn zu einem -Tupel besteht aus allen Permutationen des Tupels.
Eine Permutationsmatrix lässt sich diagonalisieren, wenn der Körper hinreichend viele Einheitswurzeln enthält. Dabei kann man sich auf eine Permutationsmatrix beschränken, die durch einen Zykel gegeben ist, der also sendet. Die zugehörige Matrix auf dem durch die erzeugten Untervektorraum ist dann
Ein Eigenvektor zum Eigenwert (also die Fixgerade) ist gegeben durch . Jede -te Einheitswurzel liefert einen Eigenvektor zum Eigenwert , nämlich
denn dieser Vektor wird durch die Permutationsmatrix auf
abgebildet.
Die Operation der Permutationsgruppe auf induziert eine Operation der Permutationsgruppe auf dem Polynomring durch . Diese Wahl begründet sich dadurch, dass aus der Koordinatenfunktion die Hintereinanderschaltung
machen soll. Aus einem beliebigen Polynom macht die Operation
Was sind die invarianten Polynome? Ein Polynom ist genau dann invariant unter dieser Operation der symmetrischen Gruppe, wenn sich bei keiner Variablenvertauschung ändert. Diese heißen symmetrische Polyome.
Es sei ein Körper. Ein Polynom heißt symmetrisch, wenn für jede Permutation die Gleichheit
besteht, wobei aus entsteht, indem man überall in die Variable durch ersetzt.
Bei sind alle Polynome symmetrisch, da dort allein die Identität vorliegt. Bei sind die Konstanten und beispielsweise symmetrische Polynome. Bei sind typische Beispiele.
Das -te elementarsymmetrische Polynom in Variablen ist das Polynom (mit )
Die elementar-symmetrischen Polynome treten in folgender Situation auf.
Wir betrachten das Produkt
in . Wenn man dieses Produkt ausmultipliziert, so erhält man ein (normiertes) Polynom in vom Grad , wobei die Koeffizienten selbst Polynome aus sind. Da man beim Ausmultiplizieren alles mit allem multiplizieren muss, gilt
wobei gerade das -te elementarsymmetrische Polynom bezeichnet. Ein Polynom in mit den Nullstellen besitzt also die elementarsymmetrischen Polynome als Koeffizienten.
Mit Hilfe der elementar-symmetrischen Polynomen kann man nun einfach alle symmetrischen Polynome in eindeutiger Form schreiben. Dies ist der Inhalt des Hauptsatzes über symmetrische Polynome. Für den Beweis benötigen wir den Begriff der gradlexikographischen Ordnung.
Es sei ein Körper und der Polynomring über . Die gradlexikographische Ordnung auf der Menge der Monome ist durch
falls der Grad von , (also ), kleiner als der Grad von ist, oder, bei gleichem Grad, wenn , aber ist, gegeben.
Man verwendet also die Ordnung auf der Variablenmenge. Man vergleicht zwei Monome und , indem man zuerst den Grad miteinander vergleicht. Stimmt dieser überein, so vergleicht man die Exponenten der ersten Variable der beiden Monome miteinander (man vergleicht also den „Anfangsbuchstaben“). Wenn es hier einen Größenunterschied gibt, so ist die Sache entschieden. Andernfalls schaut man sich den Exponenten der zweiten Variablen an, und so weiter. Dies führt zu einer totalen Ordung auf der Menge der Monome. Zu einem Monom gibt es jeweils nur endlich viele Monome, die bezüglich dieser Ordnung kleiner sind. Daher kann man über diese Ordnung Induktion führen.
Zu einem Polynom nennt man das Monom aus (mit einem Koeffizienten ) mit dem größten Exponententupel in der gradlexikographischen Ordnung das Leitmonom von .
Jedes symmetrische Polynom lässt sich
eindeutig als Polynom in den elementarsymmetrischen Polynomen schreiben.
D.h. es ist
mit eindeutig bestimmten Koeffizienten .
Wir führen Induktion über die gradlexikographische Ordnung. Zur Existenz. Es sei ein symmetrisches Polynom. Es sei das Leitmonom von (mit dem Koeffizienten ) Es ist für alle . Andernfalls nämlich betrachtet man die Permutation, die und vertauscht. Das resultierende Monom muss wegen der Symmetrie ebenfalls in vorkommen, wäre aber größer in der gradlexikographischen Ordnung.
Wir betrachten das Polynom
Dabei treten rechts die elementarsymmetrischen Polynome mit nichtnegativen Exponenten auf. Das Polynom rechts enthält ebenfalls als Leitmonom: Hierzu muss man sich die Monome in klar machen. Das Leitmonom von ist und das Leitmonom von ist (das Leitmonom ist multiplikativ, siehe Aufgabe *****). Daher hat das Polynom rechts das Leitmonom
In der Differenz verschwindet also dieses Monom, d.h. hat einen kleineren Grad in der gradlexikographischen Ordung. Da ebenfalls symmetrisch ist, liefert die Induktionsvoraussetzung die Behauptung.
Zur Eindeutigkeit. Wir zeigen, dass die elementarsymmetrischen Polynome
algebraisch unabhängig
sind. Es sei also
wobei ein Polynom in den Variablen sei. Wir schreiben als Summe von Monomen der Form
mit . Es sei dasjenige Tupel mit
das in der gradlexikographischen Ordnung maximal ist unter allen Tupeln, für die in vorkommt
(es werden also die verglichen, nicht die Differenzen).
Dann besitzt als Polynom in das Leitmonom und wäre nicht .