Zum Inhalt springen

Kurs:Zahlentheorie (Osnabrück 2008)/Vorlesung 25

Aus Wikiversity

Es sei ein Zahlbereich. Es sei die Gruppe der Divisoren und sei die Untergruppe der Hauptdivisoren. Dann nennt man die Restklassengruppe

die Divisorenklassengruppe von .

Die Divisorenklassengruppe wird häufig auch als Idealklassengruppe oder einfach als Klassengruppe bezeichnet. Sie ist kommutativ. Ihre Elemente sind Äquivalenzklassen und werden durch Divisoren repräsentiert, wobei zwei Divisoren genau dann die gleiche Klasse repräsentieren, wenn ihre Differenz ein Hauptdivisor ist. Ein späteres Hauptresultat wird sein, dass die Klassengruppe endlich ist. Sie ist eine wesentliche (ko)-homologische Invariante eines Zahlbereichs und enthält wesentliche Informationen über diesen. Generell lässt sich sagen, dass ihre Größe zum Ausdruck bringt, wie weit ein Zahlbereich von der Faktorialität entfernt ist. Der nächste Satz charakterisiert die Faktorialität dadurch, dass die Klassengruppe trivial ist.



Es sei ein Zahlbereich und es bezeichne die Divisorenklassengruppe von . Dann sind folgende Aussagen äquivalent.

  1. ist ein Hauptidealbereich.
  2. ist faktoriell.
  3. Es ist .

Die Implikation folgt aus Satz 3.7.

. Es sei also faktoriell, und sei ein Primideal . Sei , , mit Primfaktorzerlegung . Da ein Primideal ist, muss einer der Primfaktoren zu gehören, sagen wir . Dann ist . Das von erzeugte Ideal ist ein Primideal, und in einem Zahlbereich ist nach Satz 18.13 jedes von verschiedene Primideal maximal, sodass hier gelten muss. Auf der Seite der Divisoren gilt aufgrund von Fakt ***** , sodass ein Hauptdivisor vorliegt. Also sind alle Erzeuger der Divisorengruppe Hauptdivisoren und somit ist überhaupt

und die Divisorenklassengruppe ist trivial.

. Es sei nun vorausgesetzt. Wir zeigen zunächst, dass jedes Primideal ein Hauptideal ist. Nach Voraussetzung ist der Divisor ein Hauptdivisor, sodass mit einem gilt. Aufgrund von Fakt ***** entspricht dies auf der Idealseite der Gleichung , sodass jedes Primideal ein Hauptideal ist. Für ein beliebiges Ideal , , ist nach Fakt *****

Dies bedeutet aber, mit , dass ein Hauptideal ist, das von erzeugt wird. Also liegt ein Hauptidealbereich vor.


Wir kennen bereits die euklidischen Bereiche und , die Hauptidealbereiche sind und deren Klassengruppe somit null ist. Der Bereich ist hingegen nicht faktoriell und somit kann seine Klassengruppe nicht null sein. Wir werden später sehen, dass die Klassengruppe davon einfach ist, und wir werden allgemein beweisen, dass die Klassengruppe von quadratischen Zahlbereichen immer eine endliche Gruppe ist. Zunächst charakterisieren wir diejenigen imaginär-quadratischen Zahlbereiche, für die die Norm eine euklidische Funktion ist. Wir werden später Beispiele sehen, wo der Ganzheitsring zwar faktoriell, aber nicht euklidisch ist.


Es sei quadratfrei und der zugehörige quadratische Zahlbereich. Dann heißt normeuklidisch, wenn die Normfunktion auf eine euklidische Funktion ist.

Wir charakterisieren für imaginär-quadratischen Zahlbereiche (also , wann normeuklidisch ist.


Es sei quadratfrei und der zugehörige quadratische Zahlbereich. Dann sind folgende Aussagen äquivalent.

  1. ist euklidisch.
  2. ist normeuklidisch.
  3. Es ist .

(1) (3). Es sei euklidisch mit euklidischer Funktion . Es sei , , keine Einheit, so gewählt, dass unter allen Nichteinheiten den minimalen Wert annimmt. Für jedes ist dann

Wegen der Wahl von bedeutet dies oder ist eine Einheit. Wir betrachten die Restklassenabbildung

Dabei ist . Ab gibt es nur die beiden Einheiten und , sodass das Bild von überhaupt nur aus besteht. Also ist nach Satz 21.6

Bei hat nach Satz 20.9 jedes Element aus die Form () mit Norm . Damit ist (bei ) nur bei und möglich, doch dann liegt eine Einheit vor, im Widerspruch zur Wahl von . In diesem Fall verbleiben also nur die Möglichkeiten .

Bei hat nach Satz 20.9 jedes Element aus die Form () mit Norm . Damit ist bei die Bedingung wieder nur bei und möglich, sodass erneut eine Einheit vorliegt. Es verbleiben die Möglichkeiten .

(3) (2). Der Ganzheitsring ist genau dann normeuklidisch, wenn es zu jedem ein mit gibt. Dies bedeutet anschaulich, dass es zu jedem Punkt von stets Gitterpunke aus gibt mit einem Abstand kleiner als eins Im Fall ist und es liegt ein rechteckiges Gitter vor, wobei der maximale Abstand im Mittelpunkt eines Gitterrechteckes angenommen wird. Der Abstand zu jedem Eckpunkt ist dort , und dies ist nur für kleiner als eins.

Im Fall wird die komplexe Ebene überdeckt von kongruenten gleichschenkligen Dreiecken, mit einer Grundseite der Länge eins und Schenkeln der Länge , deren Eckpunkte jeweils Elemente aus sind. Der Punkt innerhalb eines solchen Dreiecks mit maximalem Abstand zu den Eckpunkten ist der Mittelpunkt des Umkreises, also der Schnittpunkt der Mittelsenkrechten. Wir berechnen ihn für das Dreieck mit den Eckpunkten . Die Mittelsenkrechte zur Grundseite ist durch gegeben, und die Mittelsenkrechte zum linken Schenkel wird durch beschrieben. Gleichsetzen ergibt

Damit ist die zweite Koordinate gleich und der gemeinsame Abstand zu den drei Eckpunkten ist die Wurzel aus

Dies (und ebenso die Quadratwurzel) ist kleiner als genau dann, wenn ist, was genau bei der Fall ist und den Möglichkeiten entspricht.

(2) (1) ist trivial.


Für ein vorgegebenes quadratfreies kann man grundsätzlich effektiv entscheiden, ob der quadratische Zahlbereich faktoriell ist oder nicht. Für ist dies genau für

der Fall. Es war bereits von Gauß vermutet worden, dass dies alle sind, es wurde aber erst 1967 von Heegner und Stark bewiesen. Man weiß auch, für welche von diesen der Ganzheitsbereich euklidisch ist, nämlich nach Satz 25.4 für , aber nicht für die anderen vier Werte.

Für wird vermutet, dass für unendlich viele Werte der Ganzheitsbereich faktoriell ist. Für liegt ein faktorieller Bereich für die Werte

vor. Dagegen weiß man (Chatland und Davenport 1950), für welche positiven der Ganzheitsbereich euklidisch ist, nämlich für .




<< | Kurs:Zahlentheorie (Osnabrück 2008) | >>

PDF-Version dieser Vorlesung

Arbeitsblatt zur Vorlesung (PDF)