Differenzierbare Mannigfaltigkeit/Tangentialraum über Wege/Einführung/Textabschnitt
Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und ein Punkt. Es seien
und
zwei auf offenen Intervallen definierte differenzierbare Kurven mit . Dann heißen und tangential äquivalent in , wenn es eine offene Umgebung und eine Karte
mit derart gibt, dass
gilt.
Wir brauchen einige einfache Lemmata, um nachzuweisen, dass es sich hierbei um einen sinnvollen Begriff handelt.
Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und ein Punkt. Es seien
und
zwei auf offenen Intervallen definierte differenzierbare Kurven mit .
Dann sind und genau dann tangential äquivalent in , wenn für jede Karte
mit und die Gleichheit
gilt.
Für eine differenzierbare Kurve
mit und und eine Karte
(mit und ) ändert sich der Ausdruck
nicht, wenn man zu einem kleineren offenen Intervall und einer kleineren offenen Menge (mit der induzierten Karte) übergeht. Wir können also davon ausgehen, dass und auf dem gleichen Intervall definiert sind und ihre Bilder in liegen, und dass es für dieses zwei Karten
und
gibt. Dann folgt aus
nach der Kettenregel unter Verwendung der Differenzierbarkeit der Übergangsabbildung sofort
Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und ein Punkt.
Dann ist die tangentiale Äquivalenz von differenzierbaren Kurven durch eine Äquivalenzrelation.
Die Reflexiviät und die Symmetrie der Relation sind unmittelbar klar. Zum Nachweis der Transitivität seien drei differenzierbare Kurven
gegeben, wobei wir sofort annehmen dürfen, dass sie auf dem gleichen offenen Intervall definiert sind. Es seien offene Mengen, mit denen man die tangentiale Gleichheit von und bzw. von und nachweisen kann. Dann kann man nach Fakt mit die tangentiale Gleichheit von und nachweisen.
Aufgrund dieses Lemmas ist die folgende Definition sinnvoll.
Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und ein Punkt. Unter einem Tangentialvektor an versteht man eine Äquivalenzklasse von tangential äquivalenten differenzierbaren Kurven durch . Die Menge dieser Tangentialvektoren wird mit
bezeichnet.
Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit, ein Punkt, offen und
eine Karte. Dann gelten folgende Aussagen.
- Die
Abbildung
ist eine wohldefinierte Bijektion.
- Die durch diese Abbildung auf definierte Vektorraumstruktur ist unabhängig von der gewählten Karte.
(1). Die Wohldefiniertheit der Abbildung ist wegen Fakt klar. Die Injektivität folgt unmittelbar aus der Definition. Zur Surjektivität sei . Wir betrachten die affin-lineare Kurve
dessen Ableitung in gerade ist. Wir schränken diese Kurve auf ein Intervall derart ein, dass ist und betrachten
Für diese Kurve gilt
und
(2). Durch Übergang zu kleineren offenen Mengen können wir annehmen, dass zwei Karten
und
vorliegen. Die Übergangsabbildung
ist ein -Diffeomorphismus und für ihr totales Differential in gilt nach der Kettenregel die Beziehung
Das bedeutet, dass das Diagramm
wobei vertikal das totale Differential zu steht, kommutiert. Da das totale Differential eine
lineare Abbildung
ist, die in der gegebenen Situation bijektiv ist, macht es keinen Unterschied, ob man die Addition und die Skalarmultiplikation auf unter Bezug auf die obere oder die untere horizontale Abbildung definiert.
Es sei eine differenzierbare Mannigfaltigkeit und ein Punkt. Unter dem Tangentialraum an , geschrieben , versteht man die Menge der Tangentialvektoren an versehen mit der durch eine beliebige Karte gegebenen reellen Vektorraumstruktur.
Die Dimension des Tangentialraumes stimmt mit der Dimension der Mannigfaltigkeit überein. Jede Karte induziert einen Isomorphismus zwischen und dem , aber diese Isomorphismen hängen von der gewählten Karte ab. Insbesondere gibt es auf dem Tangentialraum keine Standardbasis.