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Kurs:Diskrete Mathematik (Osnabrück 2020)/Vorlesung 12/kontrolle

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Heute war es besonders anstrengend, Vorli muss noch mehr schlafen. Ein gesunder Schlaf ist für alle Beteiligten wichtig.


In dieser Vorlesung besprechen wir Restklassenbildung. Dies ist ein wichtiger Spezialfall der Bildung einer Quotientenmenge zu einer Äquivalenzrelation. Ein zusätzlicher Aspekt ist, dass man auf diesen Quotientenmengen Verknüpfungen hat, die sich von der Startmenge her vererben. Unmittelbare Anwendungen sind ein besseres Verständnis der Division mit Rest der ganzen Zahlen, insbesondere der algebraischen Struktur der Reste.

Um die folgenden Aussagen prägnanter formulieren zu können, brauchen wir eigene Begriffe für strukturerhaltende Abbildungen, das sind Abbildungen, die mit den gegebenen Verknüpfungen verträglich sind.


Es seien und Gruppen. Eine Abbildung

heißt Gruppenhomomorphismus, wenn die Gleichheit

für alle gilt.

Beispielsweise ist eine lineare Abbildung insbesondere ein Gruppenhomomorphismus.


Es seien und Ringe. Eine Abbildung

heißt Ringhomomorphismus, wenn folgende Eigenschaften gelten:

  1. .
  2. .
  3. .



Restklassengruppen

Bei der folgenden Konstruktion denke man an die Gruppe zusammen mit der Untergruppe aller Vielfachen zu einer fixierten Zahl , also an die Situation , oder an die Situation eines Untervektorraumes , siehe Aufgabe 10.15.


Es sei eine kommutative Gruppe und eine Untergruppe. Für Elemente setzen wir (und sagen, dass und äquivalent sind), wenn .

In dem eingangs erwähnten Beispiel sind zwei ganze Zahlen äquivalent, wenn ihre Differenz ein Vielfaches von ist. Diese Äquivalenzrelation wurde schon in Beispiel 10.14 betrachtet. Wir sichern zuerst, dass wirklich in voller Allgemeinheit eine Äquivalenzrelation vorliegt.



Lemma  Lemma 12.4 ändern

Es sei eine kommutative Gruppe, eine Untergruppe und die durch auf definierte Relation.

Dann liegt eine Äquivalenzrelation vor, und die Äquivalenzklasse zu ist gerade .

Wegen

ist die Relation reflexiv. Mit ist auch , da Untergruppen unter dem Negativen abgeschlossen sind, was die Symmetrie der Relation bedeutet. Mit und , also , ist auch

da Untergruppen unter der Addition abgeschlossen sind, und somit ist auch . Damit ist die Relation auch transitiv. Die Äquivalenz von mit bedeutet , sodass die letzte Aussage auch klar ist.


Die Äquivalenzklassen heißen in dieser Situation auch die Nebenklassen der Relation. Sie haben die Gestalt

sie bestehen also aus allen Elementen, die man von aus durch Addition mit einem Element aus erreichen kann. Man kann sich dabei als einen mehr oder weniger restriktiven Vorrat an Sprungmöglichkeiten oder Bewegungsmöglichkeiten vorstellen, und die Äquivalenz zwischen und bedeutet, dass man von nach mit einem erlaubten Sprung gelangen kann.



Satz  Satz 12.5 ändern

Es sei eine kommutative Gruppe, eine Untergruppe und die Quotientenmenge zur durch definierten Äquivalenzrelation auf mit der kanonischen Projektion

Dann gibt es eine eindeutig bestimmte Gruppenstruktur auf derart, dass ein Gruppenhomomorphismus ist.

Da die kanonische Projektion zu einem Gruppenhomomorphismus werden soll, muss die Verknüpfung durch

gegeben sein, was bereits die Eindeutigkeit sichert. Wir müssen also zeigen, dass durch diese Vorschrift eine wohldefinierte Verknüpfung auf definiert ist, die unabhängig von der Wahl der Repräsentanten ist. D.h. wir haben für und zu zeigen, dass ist. Nach Voraussetzung können wir und mit schreiben. Damit ist

und somit ist . Aus der Wohldefiniertheit der Verknüpfung auf und der Surjektivität der kanonischen Projektion folgen die Gruppeneigenschaften und die Homomorphieeigenschaft der Projektion.



Es sei eine kommutative Gruppe und eine Untergruppe. Die Quotientenmenge

mit der aufgrund von Satz 12.5 eindeutig bestimmten Gruppenstruktur heißt Restklassengruppe von modulo . Die Elemente heißen Restklassen. Für eine Restklasse heißt jedes Element mit ein Repräsentant von .


Die Untergruppen der ganzen Zahlen sind nach Satz 8.4 von der Form mit . Die Restklassengruppen werden mit

bezeichnet (sprich „ modulo “). Bei ist das einfach selbst, bei ist das die triviale Gruppe. Im Allgemeinen ist die durch die Untergruppe definierte Äquivalenzrelation auf dadurch gegeben, dass zwei ganze Zahlen und genau dann äquivalent sind, wenn ihre Differenz zu gehört, also ein Vielfaches von ist. Daher ist (bei ) jede ganze Zahl zu genau einer der Zahlen

äquivalent (oder, wie man auch sagt, kongruent modulo ), nämlich zum Rest, der sich bei Division durch ergibt. Diese Reste bilden also ein Repräsentantensystem für die Restklassengruppe, und diese besitzt Elemente. Diese werden im Allgemeinen mit bezeichnet. Dabei ist das neutrale Element, das negative Element zu ist und die Summe ist bzw. , falls ist. Die Tatsache, dass die Restklassenabbildung

ein Homomorphismus ist, kann man auch so ausdrücken, dass der Rest einer Summe von zwei ganzen Zahlen nur von den beiden Resten, nicht aber von den Zahlen selbst, abhängt.




Restklassenringe

Eine Teilmenge eines kommutativen Ringes heißt Ideal, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

  1. .
  2. Für alle ist auch .
  3. Für alle und ist auch .

Eine Ideal ist insbesondere eine Untergruppe der kommutativen Gruppe . Bei ist jede Untergruppe bereits ein Ideal. Die Restklassengruppe ist in kanonischer Weise nach Satz 12.5 eine kommutative Gruppe und die kanonische Abbildung

ist mit der Addition verträglich. Wir werden sehen, dass man in zusätzlich eine Multiplikation und ein Einselement definieren kann derart, dass zu einem kommutativen Ring wird und dass die kanonische Abbildung auch die Multiplikation respektiert, also ein Ringhomomorphismus ist.

Die Nebenklassen sind gerade die Nebenklassen zur Untergruppe . Zwei Elemente definieren genau dann die gleiche Nebenklasse, also , wenn ihre Differenz zum Ideal gehört.


Lemma  Satz 12.9 ändern

Es sei ein kommutativer Ring, ein Ideal und die Quotientenmenge zur durch definierten Äquivalenzrelation auf mit der kanonischen Projektion

Dann gibt es eine eindeutig bestimmte Ringstruktur auf derart, dass ein Ringhomomorphismus ist.

Nach Satz 12.5 gibt es nur eine Gruppenstruktur auf derart, dass die kanonische Abbildung ein Gruppenhomomorphismus ist. Da ein Ringhomomorphismus insbesondere ein Gruppenhomomorphismus bezüglich der Addition ist, ist dies die einzige additive Struktur, die in Frage kommt.

Da die kanonische Abbildung die Multiplikation respektieren soll, kommt nur als neutrales Element der Multiplikation und

als Multiplikation in Frage. Wir müssen zeigen, dass diese Multiplikation wohldefiniert ist. Es seien zwei Restklassen mit unterschiedlichen Repräsentanten gegeben, also und . Dann ist und bzw. und mit . Daraus ergibt sich

Die drei hinteren Summanden gehören zum Ideal, sodass die Differenz ist.

Aus der Wohldefiniertheit folgen die anderen Eigenschaften und insbesondere, dass ein Ringhomomorphismus in den Restklassenring vorliegt.


Die kanonische Projektion nennt man wieder die Restklassenabbildung oder den Restklassenhomomorphismus. Das Bild von in wird mit , häufig aber auch mit oder einfach mit selbst bezeichnet und heißt die Restklasse von . Bei dieser Abbildung gehen genau die Elemente aus dem Ideal auf , d.h. der Kern dieser Restklassenabbildung ist das vorgegebene Ideal.



Die Restklassenringe von

Für uns sind die Restklassenringe zum Ring und zu den Idealen die wichtigsten Beispiele. Die praktische Bedeutung von Satz 12.9 liegt darin, dass man mit Resten nahezu gedankenlos rechnen darf, wenn man sich für das Restergebnis interessiert. Es ist egal, wann und wie oft man Zahlen durch ihre Reste oder durch andere Zahlen mit dem gleichen Rest ersetzt. In Aufgabe 6.11 und Aufgabe 6.12 hatten wir dies teilweise schon direkt nachgewiesen.

Durch die Konstruktion erhalten wir für jede natürliche Zahl einen kommutativen Ring mit Elementen. Der folgende Satz charakterisiert, wann es sich um einenKörper handelt.


Es sei . Der Restklassenring ist genau dann ein Körper,

wenn eine Primzahl ist.

Bei ist der Restklassenring gleich selbst und kein Körper. Bei besteht der Restklassenring aus nur einem Element und es ist . Dies ist bei einem Körper explizit ausgeschlossen, und ist keine Primzahl. Es sei also von nun an . Wenn keine Primzahl ist, so gibt es eine Darstellung

mit kleineren Zahlen

Im Restklassenring bedeutet dies, dass die Restklassen und nicht sind, dass aber ihr Produkt

ist. Das kann nach Lemma 5.14 in einem Körper nicht sein.

Sei nun eine Primzahl. Wir müssen zeigen, dass jede von verschiedene Restklasse , , ein inverses Element besitzt. Da prim ist, sind und teilerfremd. Nach dem Lemma von Bezout gibt es ganze Zahlen mit

Dies führt im Restklassenring zur Identität

die besagt, dass und invers zueinander sind.


Der Beweis zeigt auch, wie man zu einem Element zwischen und der Primzahl das Inverse in findet. Man muss mit Hilfe des euklidischen Algorithmus in eine Darstellung der finden. Aus

lässt sich dann ablesen, dass die Restklasse von das inverse Element zu ist.


Beispiel  Beispiel 12.11 ändern

Der Restklassenkörper hat die folgenden Verknüpfungstabellen: