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Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2019-2020)/Teil I/Repetitorium/Vorlesung 24

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„Durch starkes Denken kann man ein Kamel zu Fall bringen.“



Basiswechsel

Wir wissen bereits, dass in einem endlichdimensionalen Vektorraum je zwei Basen die gleiche Länge haben, also die gleiche Anzahl von Basisvektoren besitzen. Jeder Vektor besitzt bezüglich einer jeden Basis eindeutig bestimmte Koordinaten (oder Koeffizienten). Wie verhalten sich diese Koordinaten zu zwei Basen untereinander? Dies beantwortet die folgende Aussage.


Es sei ein Körper und ein - Vektorraum der Dimension . Es seien und zwei Basen von . Es sei

mit den Koeffizienten , die wir zur - Matrix

zusammenfassen.

Dann hat ein Vektor , der bezüglich der Basis die Koordinaten besitzt, bezüglich der Basis die Koordinaten

Dies folgt direkt aus

und der Definition der Matrizenmultiplikation.


Die Matrix , die den Basiswechsel von nach beschreibt, nennt man auch die Transformationsmatrix (oder Übergangsmatrix). In der -ten Spalte der Transformationsmatrix stehen also die Koordinaten von bezüglich der Basis . Wenn man zu einer Basis und einem Vektor das zugehörige Koordinatentupel mit bezeichnet, so kann man den Übergang kurz als

schreiben.


Wir betrachten im die Standardbasis

und die Basis

Die Basisvektoren von lassen sich direkt mit der Standardbasis ausdrücken, nämlich

Daher erhält man sofort

Zum Beispiel hat der Vektor, der bezüglich die Koordinaten besitzt, bezüglich der Standardbasis die Koordinaten

Die Übergangsmatrix ist schwieriger zu bestimmen: Dazu müssen wir die Standardvektoren als Linearkombinationen von und ausdrücken. Eine direkte Rechnung (dahinter steckt das simultane Lösen von zwei linearen Gleichungssystemen) ergibt

und

Somit ist




Lineare Abbildungen

Es sei ein Körper und es seien und Vektorräume über . Eine Abbildung

heißt lineare Abbildung, wenn die beiden folgenden Eigenschaften erfüllt sind.

  1. für alle .
  2. für alle und .

Die erste Eigenschaft nennt man dabei die Additivität und die zweite Eigenschaft die Verträglichkeit mit Skalierung. Wenn man den Grundkörper betonen möchte spricht man von -Linearität. Die Identität , die Nullabbildung und die Inklusionen von Untervektorräumen sind die einfachsten Beispiele für lineare Abbildungen.


Es sei ein Körper und sei der - dimensionale Standardraum. Dann ist die -te Projektion, also die Abbildung

eine - lineare Abbildung. Dies folgt unmittelbar aus der komponentenweisen Addition und Skalarmultiplikation auf dem Standardraum. Die -te Projektion heißt auch die -te Koordinatenfunktion.




Es sei ein Körper und seien Vektorräume über . Es seien

lineare Abbildungen.

Dann ist auch die Verknüpfung

eine lineare Abbildung.

Beweis

Siehe Aufgabe 24.16.



Es sei ein Körper und es seien und zwei - Vektorräume. Es sei

eine bijektive lineare Abbildung.

Dann ist auch die Umkehrabbildung

linear.

Beweis

Siehe Aufgabe 24.17.




Festlegung auf einer Basis

Hinter der folgenden Aussage (dem Festlegungssatz) steckt das wichtige Prinzip, dass in der linearen Algebra (von endlichdimensionalen Vektorräumen) die Objekte durch endlich viele Daten bestimmt sind.


Es sei ein Körper und es seien und Vektorräume über . Es sei , , eine endliche Basis von und es seien , , Elemente in .

Dann gibt es genau eine lineare Abbildung

mit


Der Funktionsgraph einer linearen Abbildung von nach , die Abbildung ist allein durch den Proportionalitätsfaktor festgelegt.

Die einfachsten linearen Abbildungen sind (neben der Nullabbildung) diejenigen von nach . Eine solche lineare Abbildung

ist aufgrund von Satz 24.7 bzw. direkt aufgrund der Definition durch bzw. durch den Wert für ein einziges , , festgelegt. Es ist also mit einem eindeutig bestimmten . Insbesondere im physikalischen Kontext, wenn ist und wenn zwischen zwei messbaren Größen ein linearer Zusammenhang besteht, spricht man von Proportionalität, und heißt der Proportionalitätsfaktor. In der Schule tritt die lineare Beziehung zwischen zwei skalaren Größen als „Dreisatz“ auf.




Lineare Abbildungen und Matrizen
Die Wirkungsweise von verschiedenen linearen Abbildungen des in sich, dargestellt an einer Gehirnzelle.

Eine lineare Abbildung

ist nach Satz 24.7 durch die Bilder , , der Standardvektoren eindeutig festgelegt, und jedes ist eine Linearkombination

und damit durch die Elemente eindeutig festgelegt. Insgesamt ist also eine solche lineare Abbildung durch Elemente , , , aus dem Körper festgelegt. Einen solchen Datensatz kann man wieder als eine Matrix schreiben. Nach dem Festlegungssatz gilt dies, sobald sowohl im Definitionsraum als auch im Zielraum der linearen Abbildung eine Basis fixiert ist.


Es sei ein Körper und sei ein - dimensionaler Vektorraum mit einer Basis und sei ein -dimensionaler Vektorraum mit einer Basis .

Zu einer linearen Abbildung

heißt die - Matrix

wobei die -te Koordinate von bezüglich der Basis ist, die beschreibende Matrix zu bezüglich der Basen.

Zu einer Matrix heißt die durch

gemäß Satz 24.7 definierte lineare Abbildung die durch festgelegte lineare Abbildung.

Bei einer linearen Abbildung wird, wenn nichts anderes gesagt wird, auf die Standardbasen Bezug genommen. Bei einer linearen Abbildung eines Vektorraumes in sich selbst, was man einen Endomorphismus nennt, nimmt man häufig vorne und hintem die gleiche Basis. Die Identität auf einem Vektorraum der Dimension wird bezüglich einer beliebigen Basis durch die Einheitsmatrix beschrieben.



Es sei ein Körper und sei ein - dimensionaler Vektorraum mit einer Basis und sei ein -dimensionaler Vektorraum mit einer Basis .

Dann sind die in Definition 24.9 festgelegten Abbildungen

invers zueinander.



Eine lineare Abbildung

wird zumeist durch die Matrix bezüglich der Standardbasen links und rechts beschrieben. Das Ergebnis der Matrixmultiplikation

ist dann direkt als Punkt in interpretierbar. Die -te Spalte von ist das Bild des -ten Standardvektors .




Drehungen

Eine Drehung der reellen Ebene um den Nullpunkt um den Winkel gegen den Uhrzeigersinn bildet auf und auf ab. Daher werden ebene Drehungen folgendermaßen beschrieben.


Eine lineare Abbildung

die durch eine Drehmatrix (mit einem ) bezüglich der Standardbasis gegeben ist, heißt Drehung.

Eine Raumdrehung ist eine lineare Abbildung des in sich, bei der um eine Drehachse (durch den Nullpunkt) um einen bestimmten Winkel gedreht wird. Wenn der Vektor die Drehachse definiert und und auf und aufeinander senkrecht stehen und alle die Länge haben, so wird die Drehung bezüglich der Basis durch die Matrix

beschrieben.



Der Kern einer linearen Abbildungen

Es sei ein Körper, und seien - Vektorräume und

sei eine - lineare Abbildung. Dann nennt man

den Kern von .

Der Kern ist ein Untervektorraum von .

Wichtig ist das folgende Injektivitätskriterium.


Es sei ein Körper, und seien - Vektorräume und

sei eine - lineare Abbildung.

Dann ist genau dann injektiv, wenn ist.

Wenn die Abbildung injektiv ist, so kann es neben keinen weiteren Vektor mit geben. Also ist .
Es sei umgekehrt und seien gegeben mit . Dann ist wegen der Linearität

Daher ist und damit .



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