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Kurs:Riemannsche Flächen (Osnabrück 2022)/Vorlesung 29

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Das Residuum einer Kohomologieklasse

Es sei eine kompakte zusammenhängende riemannsche Fläche. Nach Satz 16.15 gibt es eine exakte kurze Garbensequenz

Eine Kohomologieklasse wird wegen über den verbindenden Homomorphismus von einer Flächenform repräsentiert. Diese ist bis auf das Bild einer differenzierbaren -Form, also , eindeutig bestimmt. Nach Korollar 89.3 (Analysis (Osnabrück 2014-2016)) ist

Wir definieren das Residuum zur Kohomologieklasse durch

und dies ist unabhängig von der gewählten Flächenform , die realisiert. Dies definiert einen Homomorphismus

Dieser ist surjektiv, da es auf nach Satz 88.11 (Analysis (Osnabrück 2014-2016)) reelle überall positive Flächenformen gibt, deren Gesamtintegral somit positiv ist.


Wir betrachten auf der projektiven Geraden die Flächenform bzw. auf der affinen Standardüberdeckung bzw. auf . Wegen

stimmen die Flächenformen auf dem Durchschnitt überein, es handelt sich also um eine wohldefinierte positive Flächenform auf der projektiven Geraden.

Wir verfolgen diese Form in der langen exakten Kohomologiesequenz zur kurzen exakten Garbensequenz

aus Satz 16.15. Auf den beiden offenen Mengen ist die Flächenform die äußere Ableitung einer -Form. Auf ist nach Aufgabe 1.15

ein Urbild und auf entsprechend

Aufgrund der Potenzreihenentwicklung sind diese -Formen jeweils auf bzw. auf definiert. Die Differenz der beiden Formen ist unter Verwendung von Aufgabe 21.9 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) gleich

In dieser Form beschreibt diese Differenz, aufgefasst als holomorphe Differentialform auf eine nichttriviale Kohomologieklasse in .

Unter Verwendung von Aufgabe 74.13 (Analysis (Osnabrück 2021-2023)) ist

Das Residuum der zugehörigen Kohomologieklasse ist somit


Nach Lemma 18.15 gibt es auch die kurze exakte Garbensequenz

mit der man ebenfalls die erste Kohomologie der holomorphen Differentialformen beschreiben kann. Auch in dieser Situation definieren wir das Residuum.


Es sei eine kompakte zusammenhängende riemannsche Fläche und eine Hauptteilverteilung von meromorphen Differentialformen. Man nennt

das Residuum (oder Gesamtresiduum) von .

Dabei ist einfach der Koeffizient von zu , wenn die Hauptteilverteilung im Punkt durch die meromorphe Differentialform mit einem lokalen Parameter um beschrieben wird. Wir zeigen, dass die beiden Definitionen miteinander kompatibel sind.


Es sei eine kompakte zusammenhängende riemannsche Fläche und eine Hauptteilverteilung von meromorphen Differentialformen.

Dann ist

wobei den verbindenden Homomorphismus zur kurzen exakten Garbensequenz aus Lemma 18.15 bezeichnet.

Jede Hauptteilverteilung besitzt endlich viele Trägerpunkte. Da der verbindende Homomorphismus und die Residuenabbildung -linear sind, können wir davon ausgehen, das die Hauptteilverteilung in einem einzigen Punkt konzentriert ist. Die Hauptteilverteilung wird dann durch eine meromorphe Differentialform auf einer offenen Kreisscheibenumgebung , wobei auf holomorph sei, und durch die Nullform auf repräsentiert. Der erste Čech-Kozykel in , also , wird dann durch die holomorphe Differentialform auf

repräsentiert. Für diesen gibt es wiederum -Formen und mit

auf . Da holomorph ist, ist

nach Satz 16.15. Somit legen diese -Formen die -Form fest, wobei lokal

gilt. Ferner gilt

in , wobei die beiden verbindende Homomorphismen zu unterschiedlichen Garbensequenzen bezeichnen. Nach der Definition des Residuums für eine holomorphe Kohomologieklasse muss man über der Fläche intergrieren.

Es seien offene Kreisumgebungen (in der Karte) mit unterschiedlichen Radien. Es sei eine reellwertige unendlich oft differenzierbare Funktion auf , die auf den konstanten Wert und außerhalb von den konstanten Wert besitzt, was es nach Satz 25.3 gibt. Wir setzen . Die Form ist auf definiert, da sie aber auf den Wert hat, kann man sie zu einer globalen Form aus fortsetzen. Ferner besitzt auf die Eigenschaft

da holomorph ist. Dies sichert, dass man die Form als globale Form auffassen kann. Insgesamt gilt

wobei dies auf unmittelbar wegen gilt und auf ebenso aufgrund der konstruierten Fortsetzungen. Nach dem Satz von Stokes (ohne Rand) ist

Also ist unter Verwendung des Satzes von Stokes (mit Rand)

wobei eine einfache Umrundung mit dem Uhrzeigersinn von in ist und worauf gleich ist.


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