Kurs:Einführung in die Algebra (Osnabrück 2009)/Vorlesung 12/kontrolle
- Ringe
Wir beginnen einen neuen Abschnitt dieser Vorlesung, in dem es um Ringe geht.
Ein Ring ist eine Menge mit zwei Verknüpfungen und und mit zwei ausgezeichneten Elementen und derart, dass folgende Bedingungen erfüllt sind:
- ist eine abelsche Gruppe.
- ist ein Monoid.
- Es gelten die Distributivgesetze, also und für alle .
Ein Ring heißt kommutativ, wenn die Multiplikation kommutativ ist.
In einem kommutativen Ring muss man nicht zwischen den beiden Formen des Distributivgesetzes unterscheiden. Das Basismodell für einen (kommutativen) Ring bildet die Menge der ganzen Zahlen mit der natürlichen Addition und Multiplikation. Die ist das neutrale Element der Addition und die ist das neutrale Element der Multiplikation. Der Nachweis, dass die Axiome eines Ringes, also die oben aufgelisteten Eigenschaften, erfüllt, beruht letztlich auf den Peano-Axiomen für die natürlichen Zahlen und ist ziemlich formal. Darauf wollen wir verzichten und stattdessen diese seit langem vertrauten Gesetzmäßigkeiten akzeptieren (in diesem Arbeitsblatt stehen die wichtigsten Beweisschritte).
Die natürlichen Zahlen bilden keinen Ring, da sie noch nicht einmal eine additive Gruppe bilden. Die Zahlbereiche sind ebenfalls kommutative Ringe, wobei der Nachweis der Eigenschaften dadurch geschieht, dass man die Konstruktion dieser Zahlbereiche aus den „vorhergehenden“ betrachtet (etwa aus ) und die Gültigkeit (in ) auf die Gültigkeit im „Vorgänger“ () zurückführt.
Wir benutzen allgemein die Klammerkonvention, dass Punktrechnung stärker bindet als Strichrechnung, d.h. wir schreiben einfach statt . Das Inverse zu bezüglich der Addition, das es ja immer gibt, schreiben wir als und nennen es das Negative von . Statt schreiben wir . An weiteren Notationen verwenden wir für ein Ringelement und eine natürliche Zahl die Schreibweisen und . Bei negativen ist zu interpretieren (dagegen macht mit negativen Exponenten im Allgemeinen keinen Sinn). Statt schreiben wir einfach (bzw. manchmal ), d.h. jede ganze Zahl findet sich in jedem Ring wieder.
Die einelementige Menge kann man zu einem Ring machen, indem man sowohl die Addition als auch die Multiplikation auf die einzig mögliche Weise erklärt, nämlich durch und . In diesem Fall ist , dies ist also ausdrücklich erlaubt. Diesen Ring nennt man den Nullring.
Nach dem Nullring ist der folgende Ring der zweitkleinste Ring.
Wir suchen nach einer Ringstruktur auf der Menge . Wenn das neutrale Element einer Addition und das neutrale Element der Multiplikation sein soll, so ist dadurch schon alles festgelegt, da sein muss. Die Operationstafeln sehen also wie folgt aus.
und
Durch etwas aufwändiges Nachrechnen stellt man fest, dass es sich in der Tat um einen
kommutativen Ring
handelt
(sogar um einen
Körper).
Es sei ein Ring und seien Elemente aus .
Dann gelten folgende Aussagen.
-
(Annullationsregel),
-
(Vorzeichenregel),
- und ,
(allgemeines Distributivgesetz).
Wir beweisen im nicht kommutativen Fall je nur eine Hälfte.
- Es ist . Durch beidseitiges Abziehen von ergibt sich die Behauptung.
nach Teil (1). Daher ist das (eindeutig bestimmte) Negative von .
- Nach (2) ist und wegen (dies gilt in jeder Gruppe) folgt die Behauptung.
- Dies folgt auch aus dem bisher Bewiesenen.
- Dies folgt aus einer Doppelinduktion.
- Die Binomialkoeffizienten
Es seien und natürliche Zahlen mit . Dann nennt man
den Binomialkoeffizienten „ über “.
Wenn ist oder wenn negativ ist so setzt man den Binomialkoeffizienten gleich null.
Wir führen Induktion nach . Für steht einerseits und andererseits . Es sei die Aussage bereits für bewiesen. Dann ist
- Nichtnullteiler und Integritätsbereiche
Ein Element in einem kommutativen Ring heißt Nullteiler, wenn es ein von verschiedenes Element mit gibt. Andernfalls heißt es ein Nichtnullteiler.
Im nicht kommutativen Fall hat man zwischen Links- und Rechtsnullteilern zu unterscheiden. Die Eins ist stets ein Nichtnullteiler, da aus sofort folgt. Andererseits ist das Nullelement stets ein Nullteiler, es sei denn, der Nullring liegt vor.
Es sei ein kommutativer Ring und sei ein Nichtnullteiler.
Dann folgt aus einer Gleichung
dass sein muss.
Man kann die Gleichung zu
umschreiben. Da ein Nichtnullteiler ist, ist , also .
Ein Ring, bei dem es außer der Null keine Nullteiler gibt, heißt nullteilerfrei.
Ein kommutativer, nullteilerfreier, von verschiedener Ring heißt Integritätsbereich.
Die Eigenschaft, dass jedes Element ein Nichtnullteiler ist, kann man auch so ausdrücken, dass aus stets oder folgt, bzw., dass mit und auch ist.
- Unterringe
Eine Teilmenge eines Ringes nennt man einen Unterring, wenn sowohl eine Untergruppe von als auch ein Untermonoid von ist.
Diese Bedingung besagt insbesondere, dass sich die Addition und die Multiplikation von auf einschränken lässt. Ein Unterring ist selbst ein Ring. Zum Nachweis, dass eine gegebene Teilmenge ein Unterring ist, hat man Folgendes zu zeigen.
- .
- ist abgeschlossen unter der Addition und der Multiplikation.
- Mit ist auch .
Die natürlichen Zahlen erfüllen in die ersten beiden Bedingungen, aber nicht die dritte. Die Menge aller geraden Zahlen erfüllen alle Bedingungen außer der, dass dazugehört. Ebenso ist kein Unterring, da darin die fehlt (obwohl im Nullring für sich betrachtet ist, das ist aber nicht die von ). Die Menge erfüllt die erste und die dritte Bedingung und ist abgeschlossen unter der Multiplikation, aber nicht unter der Addition. Die ganzen Zahlen haben überhaupt nur sich selbst als Unterring. Wir haben die Kette von Unterringen
- Endomorphismenringe
Es sei eine kommutative Gruppe. Dann nennt man
den Endomorphismenring zu . Er wird mit der Addition
und der Hintereinanderschaltung als Multiplikation
versehen.
Der Endomorphismenring zu einer Gruppe ist mit den angegebenen Verknüpfungen in der Tat ein Ring. Dabei folgt die kommutative Gruppenstruktur für die Addition aus einer direkten Rechnung. Die Hintereinanderschaltung von zwei Gruppenhomomorphismen ergibt nach Lemma 5.3 wieder einen Gruppenhomomorphismus. Die Assoziativität der Multiplikation und dass die Identität das neutrale Element ist, gilt allgemeiner für die Verknüpfung von Abbildungen. Für die Distributivität seien Gruppenhomomorphismen gegeben. Dann gilt für jedes
Es sei ein kommutativer Ring und . Wie aus der linearen Algebra bekannt (zumindest für den Fall ) beschreiben -Matrizen lineare Abbildungen von nach . Die Matrizenverknüpfung (gemäß der Regel „Zeile mal Spalte“) definiert dabei die Hintereinanderschaltung von linearen Abbildungen. Die Addition von Matrizen, die komponentenweise für jeden Eintrag erklärt ist, beschreibt die Summe von linearen Abbildungen. Mit diesen zwei Verknüpfungen und mit der Nullmatrix als Nullelement und der Einheitsmatrix als Einselement bildet die Menge der Matrizen einen (nicht-kommutativen) Ring, den sogenannten Matrizenring über . Er wird mit bezeichnet.
Zu einem (sagen wir reellen) Vektorraum der Dimension hängen der Endomorphismenring zur additiven Gruppe und der Matrizenring in folgender Weise zusammen. Nach Wahl einer Basis von entsprechen die -linearen Endomorphismen den Matrizen, wobei sich die Additionen entsprechen und die Matrizenmultiplikation der Hintereinanderschaltung von linearen Abbildungen entspricht. Andererseits ist jede lineare Abbildung insbesondere ein Gruppenhomomorphismus von nach , so dass sich die Situation
ergibt, wobei hier ein Unterring vorliegt.