Kurs:Elliptische Kurven (Osnabrück 2021-2022)/Vorlesung 6/kontrolle
- Die Gruppenstruktur
Ein wesentliches Charakteristikum einer elliptischen Kurve ist, dass es auf ihr die Struktur einer kommutativen Gruppe gibt, die wir additiv schreiben. Dabei ist der Nullpunkt frei wählbar, man kann jeden -Punkt als neutrales Element wählen. Dies ist der Grund, warum man bei der Definition einer elliptischen Kurve die Existenz eines - rationalen Punktes fordert. Allerdings ist die Verknüpfung geometrisch signifikanter, wenn man einen Wendepunkt als Nullpunkt wählt. Meistens arbeitet man mit einer kurzen Weierstraßgleichung und setzt dann den unendlich fernen Punkt als Nullpunkt an.
Die Idee zu dieser Addition ist recht einfach und zeigt, warum hier der Kurvengrad entscheidend ist. Zwei verschiedene Punkte legen eine projektive Gerade in der projektiven Ebene fest. Der Durchschnitt besteht aus drei Punkten, gezählt mit Multiplizitäten, wobei natürlich und zum Durchschnitt gehören. Wenn die Gerade weder zu noch zu tangential ist, so gibt es noch einen weiteren Schnittpunkt . Dieser Punkt ist nun nicht die Summe von und . Dies kann nicht sein, da ja die drei Punkte des Schnittes gleichberechtigt sind (dann würde beispielsweise , also mit dem Nullpunkt für alle Punkte gelten). Stattdessen soll für ein solches kolineares Punktetripel
gelten, also . Wo liegt ? Nach dem gleichen Prinzip gilt
d.h. ist der dritte Schnittpunkt der Kurve mit der durch und festgelegten Geraden. Wenn die Gerade tangential zu und wenn der dritte Schnittpunkt ist, so ist die obige Gleichung als
zu interpretieren und
bzw. . Für den Nullpunkt ergibt sich aus , dass eine Wendepunkt sein muss. Von dieser Idee her kann man sich gut vorstellen, dass es eine wohldefinierte Verknüpfung auf einer elliptischen Kurve gibt. Es ist aber keineswegs klar, dass diese durch polynomiale Ausdrücke gegeben ist, dass sie assoziativ ist und dass es sich wirklich um eine Gruppe handelt.
Definition Definition 6.2 ändern
Es sei eine elliptische Kurve über und sei ein fixierter - Wendepunkt der Kurve. Zu -Punkten sei die projektive Gerade durch und , die bei als Tangente durch zu interpretieren ist, und sei der neben und dritte Punkt auf der Kurve. Dann nennt man
das Negative zu und
die Summe der beiden Punkte.
Es sei eine elliptische Kurve über einem Körper und sei ein fixierter - Wendepunkt der Kurve.
Dann bildet die Menge der -Punkte von mit der Addition eine kommutative Gruppe mit als neutralem Element.
Die Verknüpfung ist wohldefiniert, da auf einer glatten Kurve vom Grad wohldefiniert ist. Die Verknüpfung ist kommutativ, da dies für gilt. Es ist
Rechts steht der neben und dritte Punkt der dadurch definierten Geraden . Dieser Punkt definiert aber mit eben diese Gerade, und daher ist der dritte Punkt darauf neben diesem Punkt und wiederum gleich . Das bedeutet, dass das neutrale Element ist. Ferner ist
wobei die letzte Gleichheit darauf beruht, dass ein Wendepunkt ist.
Zum Nachweis der Assoziativität betrachten wir die folgenden Geraden mit jeweils drei relevanten Punkten, die auf der elliptischen Kurve liegen.
- durch .
- durch .
- durch .
- durch .
- durch .
- durch .
Es sei
und
die selbst kubische Kurven sind, ihr Durchschnitt mit besteht aus den angeführten neun Punkten, die im Allgemeinen aber mit Multiplizitäten auftreten können. Wir nehmen an, dass alle Punkte verschieden sind, die anderen Situationen erfordern Sonderbetrachtungen, siehe Aufgabe 6.2. Die Schnittpunkte sind also
die Schnittpunkte sind die gleichen Punkte mit der Ausnahme, dass ganz hinten steht. Nach Satz Anhang 3.1 folgt in dieser Situation aber (wir können zum algebraischen Abschluss übergehen)
Auch wenn kein Wendepunkt der Kurve ist, so kann man ihn dennoch als neutrales Element einer Gruppenaddition nehmen. In diesem Fall muss man die Definition des Negativen folgendermaßen abändern: Es sei der dritte Schnittpunkt der Tangente an mit der Kurve. Dann ist der dritte Schnittpunkt der Gerade durch
und .
Zu einer elliptischen Kurve über ist nach Satz 6.3 , die Menge der -rationalen Punkte von , eine kommutative Gruppe. Zu einer Körpererweiterung gehört die Gruppe , in der eine Untergruppe ist. Die Gruppe kann endlich oder unendlich sein. Für einen endlichen Körper ist stets endlich, da ja nur endlich viele -Punkte besitzt. Für einen algebraisch abgeschlossenen Körper ist stets unendlich. Für oder einen anderen Zahlkörper ist es eine schwierige Frage, ob endlich oder unendlich ist. Der wichtigste Satz ist hierbei der Satz von Mordell-Weil.
Es sei eine elliptische Kurve über einem Körper mit kurzer Weierstraßgleichung . Es sei der unendlich ferne Punkt als neutrales Element festgelegt.
Dann ist die Negation auf durch
und die Addition auf durch die rationalen Ausdrücke
mit
und
gegeben.
Wir bestimmen zuerst das Negative. Zu einem Punkt
ist die Verbindungsgerade mit durch die affine Gleichung
bzw. die projektive Geichung gegeben. Auf dieser Geraden liegt auch der Punkt , der auch auf der elliptischen Kurve liegt, da ja dort allein quadratisch eingeht. Also ist der dritte Punkt dieser Geraden. Wenn hierbei ist, so ist
und die eben angeführte Gerade ist tangential an diesen Punkt.
Der Ausdruck bedeutet die Steigung der Verbindungsgeraden. Wegen
stimmen die beiden Ausdrücke für als Elemente des Funktionenkörpers zum affinen Koordinatenring und ebenso als -wertige Funktionen außerhalb der Polstellen überein. Die Steigung der Verbindungsgerade besitzt also eine zweifache Darstellung, aus der rechten Darstellung ist klar, dass sie auch bei
bei definiert ist und dass der Zähler in die Ableitung übergeht. Bei und ist der Ausdruck nicht definiert, dies ist der oben behandelte Fall der Negation, wo ja die Summe ergibt.
Gemäß der Definition der Addition müssen wir zu den beiden Punkten und die zugehörige Verbindungsgerade (bzw. Tangente im identischen Fall) und den dritten Schnittpunkt mit der Kurve bestimmen. Es seien die Punkte zunächst verschieden. Die verbindende Gerade ist dann
(einfach die beiden Punkte einsetzen). Da die Punkte verschieden sind, sind sie in mindestens einer Koordinaten verschieden und somit liegt in der Tat eine Gerade vor. Wenn ist, so ist
und die verbindende Gerade wird wie oben zu
mit als drittem Schnittpunkt. In diesem Fall ist
Es sei nun . Wir schreiben die Geradengleichung als
mit
und
Hier tritt also die erste Beschreibung für auf.
Wir betrachten nun den Fall mit . Die Tangente in einem Punkt ist durch die lineare Gleichung
gegeben. Diese Gerade hat mit der Kurve in einen doppelten Schnittpunkt und es muss noch einen weiteren Schnittpunkt geben. Wenn man die Gleichung nach auflöst, so erhält man
hier tritt für die zweite Beschreibung auf.
Ein Punkt auf der Geraden hat die Form . Die Bedingung, dass er auf der Kurve liegt, wird zu
bzw. zu
Von dieser Gleichung in der einen Variablen kennen wir aber schon die Lösungen und , die auch gleich sein können. Deshalb gilt
mit einer dritten, noch nicht bekannten Lösung . Der Koeffizient zu führt auf
und damit
und
Wir möchten auf der durch
gegebenen elliptischen Kurve die beiden Punkte und addieren. Gemäß Satz 6.5 ist und damit
Es sei eine elliptische Kurve über einem Körper mit kurzer Weierstraßgleichung .
Dann ist die Verdoppelung eines Punktes mit durch die rationalen Ausdrücke
mit
gegeben.
Dies folgt aus Satz 6.5, wobei man für wegen den zweiten Ausdruck verwenden muss. Für die letzte Darstellung siehe Aufgabe 6.13.
Es sei eine elliptische Kurve über einem Körper mit kurzer Weierstraßgleichung . Es sei
und wir definieren rekursiv
und
wobei es sich um rationale Funktionen in der einen Variablen handelt.
Dann wird die -te Vervielfachung eines Punktes auf durch die rationalen Ausdrücke
beschrieben.
Für handelt es sich um Korollar 6.7. Wir führen Induktion nach . Nach Satz 6.5 mit , und gilt