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Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2019-2020)/Teil I/Repetitorium/3

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Antworten zu Fragen zur Vorlesung

Zu Induktion:


Ist der Beweis im Skript für die vollständige Induktion der einzige oder gibt es auch eine andere Möglichkeit, wie z.B. durch einen Widerspruchsbeweis?


Antwort


Ohne jetzt zu philosophisch zu werden, gibt es zu jedem Satz viele Möglichkeiten ihn zu beweisen oder einen bestehenden Beweis abzuändern. Zum Beispiel kann man einzelne Schritte expliziter machen, andere Formulierungen gebrauchen oder teilweise auch mal ganz andere Wege gehen. Ich bin mir sicher, dass es auch irgendwie möglich ist, in eine Herleitung des Induktionsprinzips einen Widerspruchsbeweis einzubauen. Spontan fällt mir nichts ein und wie sinnvoll es ist bin ich mir auch nicht sicher.


Zu Mengen:


Gibt es in dieser Veranstaltung einen Unterschied zwischen den Symbolen und (also eine definierte "echte Teilmenge") ?


Antwort


Wir verwenden in diesem Kurs ausschließlich , welches eine Teilmengenbeziehung ausdrückt bei der Gleichheit erlaubt ist. Wenn betont werden soll, dass eine echte Teilmenge gemeint ist, empfehlen wir das explizit hinzuschreiben. Wenn man es unbedingt mit einem Symbol ausdrücken möchte gibt es , was wiederum jede Uneindeutigkeit vermeidet.


Wenn ich zwei gleichgroße, endliche Mengen habe, die die gleichen Elemente besitzen, aber in unterschiedlicher Reihenfolgen, z.B. und und ich dann die Produktmengen und bilde, gelten dann die Elemente von und als gleich? Die Produktmenge von , wäre dann ja und die von . Würde bei eine leere Menge rauskommen oder sind die Elemente durch die verschiedenen Reihenfolgen trotz gleichen Zahlenwerten unterschiedlich?


Antwort


Die Elemente in einer Menge sind nicht geordnet. Eine Menge trägt ja nach dem Extensionalitätsprinzip keine weitere Information als welche Elemente in ihr enthalten sind. ist also nur eine andere Schreibweise von .

Bei der Reihenfolge in einer Produktmenge kommt es auf die Reihenfolge innerhalb eines Paars an. Das Paar ist also verschieden vom Paar - es handelt sich um unterschiedliche Elemente in der Produktmenge .

Für tatsächlich unterschiedliche Mengen und ist auch unterschiedlich zu , eben weil es sich bei den Paaren die sie enthalten um Paare in unterschiedlicher Reihenfolge handelt.


Warum kommt es bei der Produktmenge auf die Reihenfolge der Elemente an? In Definition 3.4. wird das erwähnt aber nicht genauer erklärt.


Antwort


Es geht um die Reihenfolge innerhalb der Paarschreibweise der Elemente. Ein Beispiel: Die Produktmenge besteht aus den Elementen , , und . Insbesondere sind und verschieden.


Wie werden Produktmengen für mehr als 2 Mengen gebildet?


Antwort


Rekursiv. Die Produktmenge ist eigentlich .

Damit die Schreibweise Sinn ergibt, muss man natürlich vorher feststellen, dass die Produktmengenoperation assoziativ ist, also dass die Menge , die aus allen Paaren besteht und , die aus allen Paaren besteht, in kanonischer Bijektion zueinander stehen. Hierbei steht kanonisch dafür, dass sich die Bijektion direkt aus der Definition ergibt. Folglich ist es dann auch sinnvoll die Elemente von als Tupel zu schreiben.


Wie kann man sich die Produktmenge von rationalen Zahlen vorstellen?

Wenn man sich die Produktmenge als eine Ebene vorstellt und die Produktmenge als eine Menge von Gitterpunkten, wie würde eine geeignete visuelle Repräsentation einer Produktmenge der rationalen Zahlen aussehen?


Antwort


Der Unterschied zwischen den Körpern der rationalen und der reellen Zahlen ist, dass der Körper der reellen Zahlen vollständig ist (Siehe Vorlesung 8).

Der Körper der reellen Zahlen besitzt also viele Elemente, die in fehlen. Wenn wir aber in der Ebene jeden rationalen Punkt (also mit Werten in ) mit einem beliebig kleinen Kreis markieren würden, wäre trotzdem die gesamte Ebene markiert. Dies ist die Eigenschaft, dass die rationalen Zahlen dicht in den reellen Zahlen liegen. Das ist äquivalent dazu, dass wir für jede reelle Zahl eine rationale Folge finden die gegen konvergiert.

Man könnte also als alle rationalen Näherungen von Punkten der Ebene betrachten.


Wenn ich es richtig verstände habe, ist das Komplement ein Teil der Differenzmenge. Den mathematischen Unterschied zwischen Komplement und Differenzmenge erkenne ich. Allerdings verstehe ich nicht, was genau der Unterschied zwischen Differenzmenge und Komplement ist (nicht mathematisch ausgedrückt)?


Antwort


Ich vermute, deine Frage zielt darauf ab, warum es für zwei so ähnliche Definitionen zwei Begriffe gibt. Es ist sonst nämlich gar nicht so klar, was du unter einer nichtmathematischen Ausdrucksweise verstehst. Streng genommen gibt es im Kontext von mathematischen Begriffen nur richtige oder falsche Aussagen, richtige Aussagen die sich auf mathematische Begriffe beziehen sind immer mathematisch. Selbstverständlich kann man eine Intuition für Begriffe entwickeln in dem man sie für Spezialfälle und Beispiele betrachtet. Bezogen auf diese Beispiele sind sie aber trotzdem mathematisch und richtig - nur lassen sich Beobachtungen daraus nicht immer verallgemeinern.

Zur Erinnerung: Die Differenzmenge besteht aus allen Elementen in , die nicht in enthalten sind. Das Komplement bezieht sich immer auf eine Grundmenge und eine Teilmenge (Achtung, dies ist nicht das gleiche wie in der Definition der Differenzmenge! Bezeichnungen werden häufig neu vergeben). Dann ist das Komplement zu die Differenzmenge .

Der Unterschied zwischen den Begriffen ist darin, wann wir sie verwenden. Wenn wir die Differenzmenge verwenden, implizieren wir, dass die beiden beteiligten Mengen in einer gemeinsamen Grundmenge enthalten sind, aber und bennenen wir explizit. Wenn wir schreiben, gehen wir davon aus, dass die Grundmenge dazu bekannt ist. Wenn wir sowohl als auch explizit benennen müssten, würden wir zur Operation Differenzmenge greifen.


Zu Abbildungen:


Zu folgendem Tortendiagram könnte die Frage, die einer Menge P an Personen gestellt wurde z.B. "Sag uns deine Lieblingssorte Eis" gewesen sein.

Zur Verfügung stand eine Menge an Eissorten. Damit hätten wir dann eine gültige Abbildung von nach , da jedes Element der Menge eindeutig einem Element der Menge zugeordnet werden kann: , .

Formuliert man diese Frage jetzt leicht um und fragt stattdessen nach den drei liebsten Eissorten, wäre es per Definition keine Abbildung mehr. Dennoch funktioniert das Tortendiagramm nach wie vor. Mich irritiert, dass eine so leichte Umstellung der Frage dafür sorgt, dass keine Abbildung mehr vorliegt. Was liegt stattdessen vor?


Antwort


Es liegt immer noch eine Abbildung vor, aber nicht mehr nach . Stattdessen wird dann in die Menge der dreielementigen Teilmengen von abgebildet: , .

Die beiden Mengen zwischen denen abgebildet wird können beliebig komplex werden um komplexere Sachverhalte auszudrücken. Es ist nur wichtig, dass sie eindeutig festgelegt werden. Je komplexer die Mengen werden, desto komplizierter kann es aber natürlich auch sein damit zu arbeiten.


Kann man sagen, dass ein Argument x stets ein Punkt auf der Funktion F(x) ist?


Antwort


Nein, diese Formulierung ergibt mathematisch keinen Sinn. Ein Argument ist eine Zahl, die wir in eine Funktion einsetzen, also ein Element des Definitionsbereichs. Des weiteren gibt es keine "Punkte auf Funktionen", allenfalls Punkte auf dem Graphen der Funktion oder Elemente im Definitions- oder Wertebereich.


Was bedeutet Bijektivität? Eine Abbildung ist bijektiv, wenn F Injektiv und surjektiv ist. Aber was genau bedeutet Bijektivität und wie kann man sich das bildlich (oder verständlicher als die Definition) vorstellen?


Antwort


Zunächst bedeutet in der Mathematik ein Ausdruck nur genau das was in seiner Definition steht. Das ist eine große Stärke da das sehr präzise, relativ kurz und knapp ist und sich nicht verändert.

Das Verständnis eines mathematischen Begriffs ergibt sich aus seinen Beziehungen zu anderen Begriffen und was wir daraus herleiten können. Um dafür eine Intuition zu entwickeln empfiehlt sich eine intensive Beschäftigung damit in verschiedenen Kontexten - so wie zum Beispiel mit den Aufgaben die sich darauf beziehen. Bijektivität zieht sich ja durch das ganze Semester.

Ein direkter Fakt den wir herleiten können ist zum Beispiel, dass eine Abbildung genau dann bijektiv ist, wenn sie eine beidseitige Umkehrabbildung besitzt - also so, dass ist. Wir können die Definitionen von injektiv und surjektiv auch folgendermaßen zusammenfassen: Eine Abbildung ist bijektiv, genau dann wenn es zu jedem Element im Wertebereich genau ein Element im Definitionsbereich gibt, welches darauf abbildet.

Als Beispiel für eine Charakterisierung von Bijektiv in einem speziellen Kontext: Stetige bijektive Funktionen sind darüber charakterisiert, dass sie streng monoton fallen oder wachsen.

Zu den letzten beiden Charakterisierungen finden sich hier [1] graphische Veranschaulichungen. Diese entsprechen vielleicht mehr unserer intuitiven Denkwelt, aber sie sind eigentlich nicht einfacher als die Definition sondern nur Veranschaulichungen - weil wir den gesamten Kontext nicht vergessen dürfen.


Gibt es allgemeine Verfahren um zu prüfen, ob eine Funktion injektiv und/oder bijektiv ist, oder muss dies von Fall zu Fall entschieden werden? Zum Beispiel für ein beliebiges Polynom.


Antwort


Im Allgemeinen gilt natürlich nur die Definition und eine Abbildung ist genau dann injektiv bzw. bijektiv wenn sie die jeweilige Definition erfüllt. Es gibt aber viele Sätze, welche in bestimmten Fällen Methoden für eine einfachere Überprüfung liefern oder ganze Klassen von Funktionen auf einmal behandeln.

Wir werden im weiteren Verlauf der Veranstaltung noch ein paar davon kennenlernen. Hier eine Auswahl:


Kann eine Funktion auch nur in einem bestimmten Bereich injektiv/surjektiv sein, oder müsste dafür der Definitionsbereich der Funktion entsprechend angepasst sein?


Antwort


Eine Abbildung selbst ist nur entweder injektiv oder nicht injektiv, aber die Einschränkung einer nicht injektiven Abbildung auf einen kleineren Definitionsbereich kann injektiv sein. So ist zum Beispiel die Einschränkung einer Polynomfunktion auf das Intervall zwischen zwei benachbarten Extrema injektiv.

Ebenso ist eine Abbildung immer entweder surjektiv oder nicht surjektiv. Man kann aber den Wertebereich einschränken auf das Bild der Abbildung und erhält damit immer eine surjektive Abbildung.

Insgesamt lässt sich sagen, Definitionsbereich und Wertebereich sind Teil der Abbildung. Wenn man diese Bereiche ändert kann sich das Injektivitäts- oder Surjektivitätsverhalten ändern. Aber es handelt sich dabei dann auch um andere Abbildungen - auch wenn die Abbildungsvorschrift die selbe bleibt.


Bei dem Fakt, warum ist die Abbildung , nicht injektiv, aber surjektiv? Ich verstehe nicht warum die Tatsache, dass jede nichtnegative reelle Zahl eine Quadratwurzel hat dazu führt, dass die Abbildung nicht injektiv sein kann. Ist das Problem (im Vergleich zu der Abbildung , ), dass die Wertemenge auf nur positive Zahlen begrenzt ist und die Definitionsmenge nicht?


Antwort


Folgende Aussage ist falsch: "Die Tatsache, dass jede nichtnegative reelle Zahl eine Quadratwurzel hat führt dazu, dass die Abbildung nicht injektiv sein kann." Aber: Weil jede nichtnegative reelle Zahl eine Quadratwurzel hat, ist die Abbildung nach surjektiv. Dies sagt nichts über die Injektivität aus.

Die Funktion ist nicht injektiv, weil manche Werte von mehreren Zahlen getroffen werden. Injektivität widerlegt man am Besten mit einem Gegenbeispiel - zum Beispiel -1 und 1 die beide auf 1 abbilden. Dies widerspricht direkt der Definition von Injektivität.

Jeder Wert hat genau zwei Elemente im Urbild, nämlich die Wurzel und das negative der Wurzel. Deshalb ist die auf die nichtnegativen Zahlen eingeschränkte Funktion , ) auch injektiv, da jeder Wert bezüglich dieser Funktion nur von der positiven Wurzel getroffen wird.


Die Exponentialfunktion hat ja die Umkehrfunktion , folglich ist die Exponentialfunktion bijektiv, die Injektivität ergibt sich ja aus der Tatsache das die Funktion streng monoton steigend ist. Aber wie zeige ich die Surjektivität in einem solchen Fall?


Antwort


Wichtig ist hier zwischen welchen Mengen die Abbildungen definiert sind. Die reelle Exponentialfunktion , ist nicht surjektiv, da die negativen Zahlen nicht getroffen werden. Wenn wir die Exponentialfunktion aber auf ihr Bild einschränken erhalten wir eine Abbildung , die bijektiv ist.

Der reelle Logarithmus ist auch nur auf den positiven reellen Zahlen definiert. Die Existenz einer Umkehrabbildung zeigt dann auch die Surjektivität der Exponentialfunktion, aber eben nur in dem Bereich auf dem die Umkehrabbildung definiert ist.




Bemerkungen zu den abgegebenen Aufgaben von Blatt 3

Klarheit bei der Induktion!

Bei den Abgaben wurde oft nicht klar gemacht, was genau die Behauptung ist die wir durch Induktion zeigen wollen. Außerdem wurde wohl nicht ausreichend gekennzeichnet was Induktionsanfang, Induktionsvoraussetzung und Induktionsschritt sind. Klarheit bei der Formulierung hilft hier nicht nur beim Lesen des Beweises sondern auch dabei nicht einen strukturellen Fehler zu machen.


Meine Frage nimmt Bezug auf Aufgabe 3.28. Wenn ich beim Induktionsschritt den Endwert des Laufindexes setze muss ich das dann auch das vor dem Produktzeichen um erhöhen? Da es sich ja eigentlich um eine Konstante handelt, habe ich gedacht, dass sie nicht von dem Laufindex abhängt.


Antwort


Das ist falsch. Du musst beim Begriff Variable oder Konstante aufpassen. Über alle Faktoren der Produkte bleibt natürlich im Gegensatz zu den Laufvariablen konstant. Aber ist doch die Variable über die wir Induktion führen, also ist es für den Zweck des Induktionsschritts eine Variable.

Der bedeutendere Fehler den du gemacht hast, ist aber in einer Gleichung unterschiedlich zu substitutieren. Wenn du in einer mathematischen Aussage eine Variable (hier ) durch einen anderen Term (hier ) ersetzt, dann musst du das überall tun, damit der mathematische Ausdruck wahr bleibt. Das gilt im Induktionsschritt und überall sonst in der Mathematik.


Der Rest wird nachgetragen sobald das Aufgabenblatt korrigiert wurde.


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