Kurs:Mathematik für Anwender (Osnabrück 2023-2024)/Teil I/Vorlesung 24
- Basiswechsel
Wir wissen nach Satz 23.15, dass in einem endlichdimensionalen Vektorraum je zwei Basen die gleiche Länge haben, also die gleiche Anzahl von Basisvektoren besitzen. Jeder Vektor besitzt bezüglich einer jeden Basis eindeutig bestimmte Koordinaten (oder Koeffizienten). Wie verhalten sich diese Koordinaten zu zwei Basen untereinander? Dies beantwortet die folgende Aussage.
Es sei ein Körper und ein - Vektorraum der Dimension . Es seien und zwei Basen von . Es sei
mit den Koeffizienten , die wir zur - Matrix
zusammenfassen.
Dann hat ein Vektor , der bezüglich der Basis die Koordinaten besitzt, bezüglich der Basis die Koordinaten
Die Matrix , die den Basiswechsel von nach beschreibt, nennt man auch die Transformationsmatrix
(oder Übergangsmatrix).
In der -ten Spalte der Transformationsmatrix stehen also die Koordinaten von bezüglich der Basis . Wenn man zu einer Basis und einem Vektor
das zugehörige Koordinatentupel mit bezeichnet, so kann man den Übergang kurz als
schreiben.
Wir betrachten im die Standardbasis
und die Basis
Die Basisvektoren von lassen sich direkt mit der Standardbasis ausdrücken, nämlich
Daher erhält man sofort
Zum Beispiel hat der Vektor, der bezüglich die Koordinaten besitzt, bezüglich der Standardbasis die Koordinaten
Die Übergangsmatrix ist schwieriger zu bestimmen: Dazu müssen wir die Standardvektoren als Linearkombinationen von und ausdrücken. Eine direkte Rechnung (dahinter steckt das simultane Lösen von zwei linearen Gleichungssystemen) ergibt
und
Somit ist
- Lineare Abbildungen
Es sei ein Körper und es seien und Vektorräume über . Eine Abbildung
heißt lineare Abbildung, wenn die beiden folgenden Eigenschaften erfüllt sind.
- für alle .
- für alle und .
Die erste Eigenschaft nennt man dabei die Additivität und die zweite Eigenschaft die Verträglichkeit mit Skalierung. Wenn man den Grundkörper betonen möchte, spricht man von Linearität. Die Identität , die Nullabbildung und die Inklusionen von Untervektorräumen sind die einfachsten Beispiele für lineare Abbildungen. Insgesamt gilt für eine lineare Abbildung die Verträglichkeit mit beliebigen Linearkombinationen, also die Beziehung
Es sei ein Körper und sei der - dimensionale Standardraum. Dann ist die -te Projektion, also die Abbildung
eine - lineare Abbildung. Dies folgt unmittelbar aus der komponentenweisen Addition und Skalarmultiplikation auf dem Standardraum. Die -te Projektion heißt auch die -te Koordinatenfunktion.
Es sei ein Körper und seien Vektorräume über . Es seien
Dann ist auch die Verknüpfung
eine lineare Abbildung.
Beweis
Es sei ein Körper und es seien und zwei - Vektorräume. Es sei
eine bijektive lineare Abbildung.
Dann ist auch die Umkehrabbildung
Beweis
- Festlegung auf einer Basis
Hinter der folgenden Aussage (dem Festlegungssatz) steckt das wichtige Prinzip, dass in der linearen Algebra (von endlichdimensionalen Vektorräumen) die Objekte durch endlich viele Daten bestimmt sind.
Es sei ein Körper und es seien und Vektorräume über . Es sei , , eine endliche Basis von und es seien , , Elemente in .
Dann gibt es genau eine lineare Abbildung
Da sein soll und eine lineare Abbildung für jede Linearkombination die Eigenschaft
erfüllt, und jeder Vektor
sich als eine solche Linearkombination schreiben lässt, kann es maximal nur eine solche lineare Abbildung geben.
Wir definieren nun umgekehrt eine
Abbildung
indem wir jeden Vektor mit der gegebenen Basis als
schreiben und
ansetzen. Da die Darstellung von als eine solche
Linearkombination
eindeutig ist, ist diese Abbildung wohldefiniert. Die Eigenschaft
ist dabei klar.
Zur Linearität. Für zwei Vektoren
und
gilt
Die Verträglichkeit mit der skalaren Multiplikation ergibt sich ähnlich, siehe
Aufgabe 24.15.
Die einfachsten linearen Abbildungen sind (neben der Nullabbildung) diejenigen von nach . Eine solche lineare Abbildung
ist aufgrund von Satz 24.7 bzw. direkt aufgrund der Definition durch bzw. durch den Wert für ein einziges , , festgelegt. Es ist also mit einem eindeutig bestimmten . Insbesondere im physikalischen Kontext, wenn ist und wenn zwischen zwei messbaren Größen ein linearer Zusammenhang besteht, spricht man von Proportionalität, und heißt der Proportionalitätsfaktor. In der Schule tritt die lineare Beziehung zwischen zwei skalaren Größen als „Dreisatz“ auf.
- Lineare Abbildungen und Matrizen
Eine lineare Abbildung
ist nach Satz 24.7 durch die Bilder , , der Standardvektoren eindeutig festgelegt, und jedes ist eine Linearkombination
und damit durch die Elemente eindeutig festgelegt. Insgesamt ist also eine solche lineare Abbildung durch Elemente , , , aus dem Körper festgelegt. Einen solchen Datensatz kann man wieder als eine Matrix schreiben. Nach dem Festlegungssatz gilt dies, sobald sowohl im Definitionsraum als auch im Zielraum der linearen Abbildung eine Basis fixiert ist.
Es sei ein Körper und sei ein - dimensionaler Vektorraum mit einer Basis und sei ein -dimensionaler Vektorraum mit einer Basis .
Zu einer linearen Abbildung
heißt die - Matrix
wobei die -te Koordinate von bezüglich der Basis ist, die beschreibende Matrix zu bezüglich der Basen.
Zu einer Matrix heißt die durch
gemäß Satz 24.7 definierte lineare Abbildung die durch festgelegte lineare Abbildung.
Bei einer linearen Abbildung wird, wenn nichts anderes gesagt wird, auf die Standardbasen Bezug genommen. Bei einer linearen Abbildung eines Vektorraumes in sich selbst, was man einen Endomorphismus nennt, nimmt man häufig vorne und hinten die gleiche Basis. Die Identität auf einem Vektorraum der Dimension wird bezüglich einer beliebigen Basis durch die Einheitsmatrix beschrieben.
Es sei ein Körper und sei ein - dimensionaler Vektorraum mit einer Basis und sei ein -dimensionaler Vektorraum mit einer Basis .
Dann sind die in Definition 24.9 festgelegten Abbildungen
invers zueinander.
Wir zeigen, dass beide Hintereinanderschaltungen die Identität sind. Wir starten mit einer Matrix und betrachten die Matrix
Es sei nun eine lineare Abbildung, und betrachten wir
Zwei lineare Abbildungen stimmen nach Satz 24.7 überein, wenn man zeigen kann, dass sie auf der Basis übereinstimmen. Es ist
Dabei ist nach Definition der Koeffizient die -te Koordinate von bezüglich der Basis . Damit ist diese Summe gleich .
Eine lineare Abbildung
wird zumeist durch die Matrix bezüglich der Standardbasen links und rechts beschrieben. Das Ergebnis der Matrixmultiplikation
ist dann direkt als Punkt in interpretierbar. Die -te Spalte von ist das Bild des -ten Standardvektors .
- Drehungen
Eine Drehung der reellen Ebene um den Nullpunkt um den Winkel gegen den Uhrzeigersinn bildet auf und auf ab. Daher werden ebene Drehungen folgendermaßen beschrieben.
Eine lineare Abbildung
die durch eine Drehmatrix (mit einem ) bezüglich der Standardbasis gegeben ist, heißt Drehung.
Eine Raumdrehung ist eine lineare Abbildung des in sich, bei der um eine Drehachse (durch den Nullpunkt) um einen bestimmten Winkel gedreht wird. Wenn der Vektor die Drehachse definiert und und auf und aufeinander senkrecht stehen und alle die Länge haben, so wird die Drehung bezüglich der Basis durch die Matrix
beschrieben.
- Der Kern einer linearen Abbildungen
Es sei ein Körper, und seien - Vektorräume und
sei eine - lineare Abbildung. Dann nennt man
den Kern von .
Der Kern ist ein Untervektorraum von .
Wichtig ist das folgende Injektivitätskriterium.
Es sei ein Körper, und seien - Vektorräume und
sei eine - lineare Abbildung.
Dann ist genau dann injektiv, wenn ist.
Wenn die Abbildung injektiv ist, so kann es neben
keinen weiteren Vektor
mit
geben. Also ist
.
Es sei umgekehrt
und seien
gegeben mit
.
Dann ist wegen der Linearität
Daher ist
und damit
.
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- Transformationsmatrix (MSW)
- Übergangsmatrix (MSW)
- Additivität (MSW)
- Verträglichkeit mit Skalierung (MSW)
- Linearität (MSW)
- Projektion (MSW)
- Koordinatenfunktion (MSW)
- Festlegungssatz (MSW)
- Proportionalität (MSW)
- Proportionalitätsfaktor (MSW)
- Endomorphismus (MSW)
- Raumdrehung (MSW)
- Injektivitätskriterium (MSW)
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