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Kurs:Zahlentheorie (Osnabrück 2016-2017)/Vorlesung 24

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Divisoren und gebrochene Ideale

Die Menge der effektiven Divisoren bilden mit der natürlichen Addition ein kommutatives Monoid, aber keine Gruppe, da ja die Koeffizienten alle nichtnegativ sind. Lässt man auch negative ganze Zahlen zu, so gelangt man zum Begriff des Divisors, die eine Gruppe bilden. Auch den Begriff des Hauptdivisors kann man so erweitern, dass er nicht nur für ganze Elemente aus , sondern auch für rationale Elemente, also Elemente aus dem Quotientenkörper , definiert ist.


Es sei ein Zahlbereich. Ein Divisor ist eine formale Summe

die sich über alle Primideale aus erstreckt und wobei ganze Zahlen mit für fast alle sind.

Für einen diskreten Bewertungsring lässt sich die Ordnung , , zu einer Ordnungsfunktion auf dem Quotientenkörper fortsetzen,

siehe Aufgabe 22.20.


Es sei ein Zahlbereich und , . Dann heißt die Abbildung, die jedem Primideal in die Ordnung zuordnet, der durch definierte Hauptdivisor. Er wird mit bezeichnet und als formale Summe

geschrieben.

Wenn man die rationale Funktion als ansetzt, so gilt

da dies punktweise an jedem Primideal gilt. Bei

sagt man auch, dass einen Pol an der Stelle besitzt, und zwar mit der Polordnung .

Die Menge der Divisoren bildet eine additive kommutative freie Gruppe, die wir mit bezeichnen. Es liegt (siehe Aufgabe 24.1) unmittelbar ein Gruppenhomomorphismus

vor. Das Bild unter dieser Abbildung ist die Untergruppe der Hauptdivisoren, die wir mit bezeichnen.

Da wir in der letzten Vorlesung eine Bijektion zwischen effektiven Divisoren und von verschiedenen Idealen (und von effektiven Hauptdivisoren mit von verschiedenen Hauptidealen) gestiftet haben, liegt die Frage nahe, welche „Ideal-ähnlichen“ Objekte den Divisoren entsprechen. Wir wollen also wissen, durch welche Objekte wir das Fragezeichen im folgenden Diagramm ersetzen müssen.

Da wir einen Divisor stets als mit effektiven Divisoren und schreiben können, liegt die Vermutung nahe, nach etwas wie dem Inversen (bezüglich der Multiplikation) eines Ideals zu suchen. Im Fall eines faktoriellen Zahlbereichs entsprechen sich (bis auf die Einheiten) Elemente und Hauptdivisoren, und zwar sowohl auf der Ringebene (siehe Bemerkung 23.4) als auch auf der Ebene des Quotientenkörpers. Zu einer rationale Funktion bzw. dem Hauptdivisor gehört in diesem Fall einfach der von erzeugte - Untermodul . Im Fall der rationalen Zahlen sind dies Untergruppen der Form oder . Für allgemeine Zahlbereiche führt die folgende Definition zum Ziel.


Es sei ein Zahlbereich mit Quotientenkörper . Dann nennt man einen endlich erzeugten - Untermodul des - Moduls ein gebrochenes Ideal.



Es sei ein Zahlbereich mit Quotientenkörper und sei eine Teilmenge. Dann sind folgende Aussagen äquivalent.

  1. ist ein gebrochenes Ideal.
  2. Es gibt ein Ideal in und ein Element , , sodass

    gilt.

Es sei zunächst ein gebrochenes Ideal. Dann ist

Nach Übergang zu einem Hauptnenner kann man annehmen, dass ist. Dann hat man mit dem Ideal eine Beschreibung der gewünschten Art. Ist umgekehrt , so ist dies natürlich ein endlich erzeugter - Untermodul von .


Wie für Ideale spielen diejenigen gebrochenen Ideale, die von einem Element erzeugt sind, eine besondere Rolle.


Es sei ein Zahlbereich mit Quotientenkörper . Dann nennt man ein gebrochenes Ideal der Form mit ein gebrochenes Hauptideal.

Aus Lemma 24.4 ergibt sich sofort, dass für einen Hauptidealbereich jedes gebrochene Ideal ein gebrochenes Hauptideal ist.


Es sei ein Zahlbereich mit Quotientenkörper . Dann definiert man für gebrochene Ideale und das Produkt als den von allen Produkten erzeugten -Untermodul von , also

wobei die Produkte in zu nehmen sind.

Wird das gebrochene Ideal als -Modul von erzeugt und wird das gebrochene Ideal von erzeugt, so wird das Produkt von den Produkten , , , erzeugt. Also ist das Produkt in der Tat wieder endlich erzeugt und damit ein gebrochenes Ideal. Für Ideale stimmt natürlich das Idealprodukt mit dem hier definierten Produkt von gebrochenen Idealen überein. Das Produkt von gebrochenen Hauptidealen ist wieder ein gebrochenes Hauptideal. Man kann direkt zeigen, oder aber den Bijektionssatz weiter unten benutzen, dass die Menge der von verschiedenen gebrochenen Ideale eine Gruppe bilden, und die von verschiedenen gebrochenen Hauptideale darin eine Untergruppe.

Zu einem gebrochenen Ideal in einem Zahlbereich nennt man

das zugehörige inverse gebrochene Ideal. Es ist klar, dass dies ein von verschiedener - Untermodul von ist, die endliche Erzeugtheit ist etwas schwieriger zu zeigen. Zunächst beachte man, dass zu zwei gebrochenen Idealen mit der Beziehung mit für die inversen Ideale die Beziehung gilt. Wenn nun durch erzeugt wird, so ist mit und besitzt ein Erzeugendensystem der Form mit . Die Bedingung

impliziert . Daher ist das inverse gebrochene Ideal selbst ein Ideal, also endlich erzeugt.

Für das Produkt ist offenbar

es ist aber nicht unmittelbar klar, dass hier sogar Gleichheit gilt. Dies folgt daraus, dass man die Gleichheit lokal testen kann, die Produktbildung lokal ist und die Lokalisierungen diskrete Bewertungsringe sind.



Wir betrachten im quadratischen Zahlbereich das Ideal

Aufgrund der Gleichung

ist

Wir behaupten, dass das inverse gebrochene Ideal gleich

ist, wobei sich die Inklusion aus der vorstehenden Zeile ergibt. Andererseits gilt wegen

für das Produkt

und dies impliziert nach Aufgabe 24.12 die Gleichheit .


Ein gebrochenes Ideal in einem Zahlbereich ist ein sogenannter invertierbarer Modul. D.h. es ist lokal isomorph zum Ring selbst. Mit diesen Formulierungen ist folgendes gemeint: Für ein maximales Ideal (also für ein von verschiedenes Primideal) ist (dies ist die Lokalisierung eines Moduls an einem Primideal) ein endlich erzeugter -Modul , der zugleich im Quotientenkörper liegt. Solche Moduln sind isomorph zu . Siehe Aufgabe 22.12.


Es sei ein Zahlbereich und

ein Divisor (wobei durch die Menge der Primideale läuft). Dann nennt man

das gebrochene Ideal zum Divisor . Es wird mit bezeichnet.

Das folgende Lemma zeigt, dass man in der Tat ein gebrochenes Ideal erhält, und dass diese Definition mit der früheren Definition 23.11 verträglich ist.


Es sei ein Zahlbereich und ein Divisor.

Dann ist die Menge ein gebrochenes Ideal.

Ist ein effektiver Divisor, dann ist das so definierte gebrochene Ideal ein Ideal und stimmt mit dem Ideal überein, das einem effektiven Divisor gemäß der Definition 23.11 zugeordnet wird.

Es sei . Gemäß der Konvention, dass zu interpretieren ist, ist . Für zwei Elemente mit gilt

und

für , da ja effektiv ist. Also liegt in der Tat ein -Modul vor.

Bevor wir die endliche Erzeugtheit nachweisen, betrachten wir die zweite Aussage. Es sei also ein effektiver Divisor. Wir haben zu zeigen, dass

ist, wobei die Inklusion klar ist. Es sei also und angenommen, der zugehörige Hauptdivisor sei . Dann ist insbesondere effektiv. Die Effektivität bedeutet für jedes von verschiedene Primideal und dies bedeutet . Das heißt, dass zu jedem diskreten Bewertungsring zu jedem maximalen Ideal von gehört. Dies bedeutet aber nach Satz 22.9, dass ist.

Zum Nachweis der endlichen Erzeugtheit bemerken wir, dass es zu jedem Divisor ein derart gibt, dass effektiv ist. Das zu gehörige gebrochene Ideal ist dann ein Ideal, also endlich erzeugt, und dies überträgt sich auf das gebrochene Ideal zu .



Es sei ein Zahlbereich und ein von verschiedenes gebrochenes Ideal. Dann nennt man den Divisor

mit

den Divisor zum gebrochenen Ideal .

Da das gebrochene Ideal nach Definition endlich erzeugt ist, muss man das Minimum nur über eine endliche Menge nehmen. Insbesondere ist der zugehörige Divisor wohldefiniert. Für ein Ideal stimmt diese Definition offensichtlich mit der alten überein.



Es sei ein Zahlbereich. Dann gelten folgende Aussagen.

  1. Es sei ein gebrochenes Ideal mit einer Darstellung mit und einem Ideal . Dann ist
  2. Zu einem Divisor gibt es ein derart, dass effektiv ist.
  3. Zu einem Divisor mit effektiv ist

Beweis

Siehe Aufgabe 24.15.


Auch die Einzelheiten des Beweises des folgenden Satzes überlassen wir dem Leser, siehe Aufgabe 24.16.



Es sei ein Zahlbereich. Dann sind die Zuordnungen

zueinander inverse Abbildungen zwischen der Menge der von verschiedenen gebrochenen Ideale und der Menge der Divisoren. Diese Bijektion ist ein Isomorphismus von Gruppen.

Wir haben zu zeigen, dass die hintereinandergeschalteten Abbildungen jeweils die Identität ergeben. Dies kann man mittels Lemma 24.12 auf den effektiven Fall zurückführen. Die Zuordnung führt die Multiplikation von gebrochenen Idealen in die Addition von Divisoren über, da dies an jedem diskreten Bewertungsring gilt. Wegen der Bijektivität liegt dann auch links eine Gruppe vor und die Abbildungen sind Gruppenisomorphismen.


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Arbeitsblatt zur Vorlesung (PDF)