Riemannsche Flächen/Meromorphe Funktionen/Einführung/Textabschnitt
Es sei eine riemannsche Fläche. Eine meromorphe Funktion auf ist gegeben durch eine diskrete Menge und eine holomorphe Funktion
derart, dass für jedes der Limes in existiert oder gleich ist.
Dabei werden meromorphe Funktionen als gleich angesehen, wenn sie als holomorphe Funktionen auf dem offenen Komplement einer diskreten Teilmenge übereinstimmen. Wenn der Limes gleich ist, was bedeutet, dass für auch gilt, so sagt man, dass ein Pol in vorliegt. Wenn der Limes in einem Punkt existiert (also in ), so kann man nach dem Riemannschen Hebbarkeitssatz die Funktion in diesem Punkt holomorph fortsetzen. Man kann daher jede meromorphe Funktion durch eine holomorphe Funktion auf einer größtmöglichen offenen Menge repräsentieren, nämlich auf dem Komplement der Polstellen. Insbesondere ist eine meromorphe Funktion genau dann eine holomorphe Funktion, wenn sie keine Polstellen besitzt, wenn also gewählt werden kann.
Eine meromorphe Funktion besitzt in jedem Punkt mit einem lokalen Parameter eine Laurent-Entwicklung, also auf dem Kartenbild eine Darstellung
mit und (bei ) . Bei ist die Funktion in holomorph und bei liegt ein Pol vor, wobei die Polstellenordnung heißt (generell heißt die Nullstellenordnung im Punkt).
Es sei eine riemannsche Fläche. es sei eine diskrete Teilmenge und eine holomorphe Funktion. Dann sind folgende Eigenschaften äquivalent.
- ist eine meromorphe Funktion.
- Für jedes Kartengebiet ist die holomorphe Funktion meromorph.
- Es gibt eine offene Überdeckung mit Kartengebieten derart, dass die holomorphen Funktionen meromorph sind.
Beweis
Meromorphe Funktionen
und
auf einer riemannschen Fläche kann man in natürlicher Weise addieren und multiplizieren. Dazu fasst man die jeweiligen diskreten Ausnahmemengen
und
zu einer diskreten Menge
zusammen und addiert bzw. multipliziert die holomorphen Funktionen auf . Die Summe bzw. das Produkt besitzt in den Punkten aus entweder einen Limes oder aber einen Pol.
Es sei eine zusammenhängende riemannsche Fläche.
Dann ist die Menge der meromorphen Funktionen auf mit den natürlichen Verknüpfungen ein Körper.
Es ist klar, dass ein kommutativer Ring vorliegt. Es sei eine meromorphe Funktion auf , die auf holomorph sei. Nach Fakt ist die Nullstellenmenge von innerhalb von diskret. Somit ist auf nach Fakt holomorph und aus den Nullstellen von werden Polstellen und umgekehrt.
Wir bezeichnen diesen Körper mit .
Es sei eine riemannsche Fläche und sei eine offene Teilmenge.
- Die Einschränkung einer meromorphen Funktion von auf ist meromorph.
- Die Zuordnung ist eine Garbe von kommutativen Ringen auf .
- Wenn
und
zusammenhängend
sind, so liegt eine
Körpererweiterung
vor.
Beweis
Die Garbe der meromorphen Funktionen auf wird mit oder mit bezeichnet. Es liegt die Untergarbenbeziehung
vor. Schon das Beispiel
mit zeigt, dass die Restriktionsabbildung für die meromorphen Funktionen im Allgemeinen nicht surjektiv ist, da es zu jedem Radius holomorphe Funktionen mit diesem Konvergenzradius gibt, die nicht über den Rand hinaus fortsetzbar sind.
Wir betrachten
Jedes nichtkonstante Polynom (aufgefasst als holomorphe Funktion auf ) besitzt die Eigenschaft, dass der Limes bestimmt gegen unendlich divergiert (siehe den Beweis zu Fakt). Somit ist jedes Polynom eine meromorphe Funktion auf der projektiven Geraden. Es folgt, dass überhaupt jede rationale Funktion eine meromorphe Funktion auf der projektiven Geraden definiert. D.h. der Körper der rationalen Funktionen ist im Körper der meromorphen Funktionen auf der projektiven Geraden enthalten. In Fakt werden wir sehen, dass hier sogar Gleichheit gilt. Es ist andererseits einfach, meromorphe und auch holomorphe Funktionen auf anzugeben, die auf der projektiven Geraden nicht meromorph sind. Beispielsweise definieren die komplexe Exponentialfunktion oder die komplexe Sinusfunktion keine meromorphe Funktion auf , da diese Funktionen für kein einheitliches Limesverhalten haben (also weder gegen eine feste Zahl noch gegen unendlich gehen).
Wir werden in Fakt sehen, dass auf der projektiven Geraden jede meromorphe Funktion rational ist. Generell besitzt auf einer kompakten zusammenhängenden riemannschen Fläche der Körper der meromorphen Funktionen eine algebraische Beschreibung, was für nichtkompakte riemannsche Flächen keineswegs gilt.