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Kurs:Lineare Algebra (Osnabrück 2017-2018)/Teil II/Vorlesung 50/kontrolle

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... und ein Würfel. Das sind die platonischen Körper.

Jede Symmetrie an einen Körper im Raum (beispielsweise einem Würfel) ist insbesondere eine abstandserhaltende, affin-lineare Abbildung des umgebenden Raumes. Die Gesamtmenge der abstandserhaltenden, linearen (eigentlichen) Abbildungen des Raumes bildet die sogenannte orthogonale Gruppe (bzw. , wenn die Determinante ist). Dies ist natürlich eine sehr große, unendliche Gruppe. Interessant ist aber, dass die endlichen Untergruppen darin übersichtlich beschrieben werden können. Diese endlichen Untergruppen lassen sich stets als Symmetriegruppe zu einem geeigneten geometrischen Objekt auffassen. Dass eine einfache Klassifikation dieser endlichen Bewegungsgruppen möglich ist, beruht auf intrinsischen Struktureigenschaften des Raumes und liefert unter Anderem eine präzise Version dafür, dass es nur fünf reguläre Polyeder (die platonischen Körper) gibt. Den Würfel haben wir schon in der letzten Vorlesung behandelt, er besitzt eigentliche Symmetrien. Ein weiteres wichtiges Beispiel ist der Tetraeder.

Tetraeder treten auch in der Chemie auf, hier ein Methanmolekül.



Wir betrachten einen Tetraeder, also eine Pyramide mit vier gleichseitigen Dreiecken als Flächen. Das einfachste Modell dafür ergibt sich, wenn man bei einem Würfel jeden „zweiten“ Punkt nimmt, also beispielsweise die Eckpunkte

Der Abstand der Eckpunkte zum Nullpunkt ist dann und die Kantenlängen sind . Eine eigentliche Bewegung des Tetraeders ist auch eine eigentliche Bewegung des zugehörigen Würfels (in den der Tetraeder eingeschrieben werden kann).[1]


Die Symmetrien des Tetraeders kann man unterschiedlich beschreiben. Bei einer solchen Symmetrie müssen die Eckpunkte aufeinander abgebildet werden. Dabei müssen die zu den Eckpunkten zugehörigen Geraden, die bei der erwähnten Beziehung zum Würfel dessen Raumdiagonalen sind, aufeinander abgebildet werden und somit müssen dabei auch die Würfeleckpunkte aufeinander abgebildet werden. Deshalb ist die Symmetriegruppe des Tetraeders eine Untergruppe der Symmetriegruppe des Würfels. Es gibt Drehungen um Achsen durch einen Eckpunkt und die gegenüber liegende Seite und Drehungen um Achsen durch Kantenmittelpunkte, siehe auch Aufgabe 49.33.


Zu heißt die Untergruppe

der geraden Permutationen die alternierende Gruppe.

Die alternierende Gruppe besitzt (bei ) Elemente. Nach Aufgabe 50.24 ist die Tetraedergruppe isomorph zu .

Wir wollen im Folgenden sämtliche endlichen Untergruppen der Bewegungsgruppe des Raumes verstehen. Die Bewegungsgruppe eines affinen Raumes über einem euklidischen Vektorraum besteht aus allen affin-linearen eigentlichen Isometrien, es kommen also (im Vergleich zur eigentlichen Isometriegruppe) noch zusätzlich die Verschiebungen dazu. Für endliche Untergruppen ist dieser Unterschied unerheblich, da man mit dem folgenden Lemma die endliche Untergruppen der affinen Bewegungsgruppe als eine Gruppe von linearen Abbildungen realisieren kann.


Es sei eine endliche Untergruppe der Bewegungsgruppe eines affinen Raumes über einem euklidischen Vektorraum .

Dann besitzen die Bewegungen der Gruppe einen gemeinsamen Fixpunkt.

Insbesondere kann man eine solche Gruppe als Untergruppe der auffassen.

Es sei die Ordnung der Gruppe. Es sei ein beliebiger Punkt. Wir betrachten die baryzentrische Kombination[2]

Da jedes insbesondere eine affin-lineare Abbildung ist, gilt nach Lemma 30.9 die Gleichheit

Da eine Gruppe vorliegt, durchläuft die Menge , , einfach die gesamte Gruppe. Deshalb ist der Ausdruck rechts gleich selbst, und somit ist ein Fixpunkt für alle . Wir wählen als Ursprung und können dann mit identifizieren, wodurch wegen Lemma 30.11 die affin-linearen Abbildungen zu linearen Abbildungen werden. Dadurch erhalten wir als Untergruppe der Isometriegruppe von . Da isometrisch zum mit dem Standardskalarprodukt ist, ist .



Endliche Bewegungsgruppen in der Ebene

Bevor die Symmetiegruppen des Raumes weiter untersuchen, betrachten wir zuerst die Ebene.



Satz  Satz 50.4 ändern

Es sei eine endliche Untergruppe der linearen Bewegungsgruppe der reellen Ebene.

Dann ist eine zyklische Gruppe.

Jedes Element aus ist nach Satz 34.4 eine Drehung der Ebene um einen bestimmten Winkel . Wir betrachten den surjektiven Gruppenhomomorphismus

der einen Winkel auf die zugehörige Drehung abbildet. Es sei das Urbild von unter dieser Abbildung, d.h. besteht aus allen Drehwinkeln zu Drehungen, die zu gehören. Die Gruppe wird von einem Repräsentantensystem für die Elemente aus zusammen mit erzeugt. Insbesondere ist also eine endlich erzeugte Untergruppe von . Da jedes Gruppenelement aus eine endliche Ordnung besitzt, muss jedes die Gestalt mit einer rationalen Zahl haben. Dies bedeutet, dass eine endlich erzeugte Untergruppe von ist. Damit ist isomorph zu einer endlich erzeugten Untergruppe der rationalen Zahlen. Nach Aufgabe 44.5 ist zyklisch, sagen wir mit einem eindeutig bestimmten Winkel . Dann ist die Gruppe als Bild von ebenfalls zyklisch.


Der eindeutig bestimmte Winkel ist dabei , wobei die Gruppenordnung von ist. Die Gruppe besteht aus den Drehmatrizen

Wenn man auch noch uneigentliche Symmetrien zulässt, so gibt es noch eine weitere Familie von endlichen Untergruppen der , nämlich die Diedergruppen.


Zu einem regelmäßigen -Eck () heißt die Gruppe der (eigentlichen oder uneigentlichen) linearen Symmetrien die Diedergruppe .

Die Diedergruppe besteht aus den Drehungen des -Ecks und aus den Achsenspiegelungen an den folgenden Achsen durch den Nullpunkt: bei gerade die Achsen durch gegenüberliegende Eckpunkte und gegenüberliegende Kantenmittelpunkte, bei ungerade die Achsen durch einen Eckpunkt und einen gegenüberliegenden Kantenmittelpunkt.
In beiden Fällen besteht die Diedergruppe aus Elementen.

Im Raum lassen sich die Diedergruppen als eigentliche Symmetriegruppen einer Doppelpyramide über einem regelmäßigen -Eck realisieren.



Halbachsensysteme

Wir betrachten nun die dreidimensionale Situation.

Es sei eine endliche Untergruppe der Gruppe der eigentlichen, linearen Isometrien. Jedes Element , , ist nach Satz 34.8 eine Drehung um eine eindeutig bestimmte Drehachse . Insbesondere sind an einer endlichen Symmetriegruppe nur endlich viele Drehachsen beteiligt. Jedes Gruppenelement bewirkt dann eine Permutation der Drehachsenmenge, und diese Bedingung schränkt die möglichen Gruppen wesentlich ein. Eine Drehachse zerfällt in zwei Halbachsen, und es ist sinnvoll, die Wirkungsweise der Gruppe auf diesen Halbachsen zu untersuchen.

Würfel und Oktaeder besitzen
isomorphe Symmetriegruppen.


Bei einem Würfel gibt es drei verschiedene Arten von Drehachsen: Es gibt drei Drehachsen, die durch die Seitenmittelpunkte gegeben sind, vier Drehachsen, die durch die Eckpunkte gegeben sind und sechs Drehachsen, die durch die Kantenmittelpunkte gegeben sind. Betrachtet man alle Durchstoßungspunkte dieser Achsen mit der Sphäre vom Radius , so ergeben sich Punkte. Diese Punkte entsprechen den Halbachsen. Dabei gibt es zu je zwei Eckpunkten (bzw. den zugehörigen Durchstoßungspunkten) (mindestens) eine Würfelbewegung, die sie ineinander überführt, ebenso zu je zwei Kantenmittelpunkten und zu je zwei Seitenmittelpunkten. Jede Bewegung permutiert diese charakteristischen Punkte. Wenn man eine Achse (oder einen Durchstoßungspunkt) fixiert, so kann man die Menge der Bewegungen betrachten, die diese Achse als Drehachse haben. Es kann natürlich auch die Achse zwar auf sich selbst abgebildet werden, aber nicht fix sein. Dann werden die gegenüberliegenden Durchstoßungspunkte ineinander überführt.


Es sei eine endliche Untergruppe der Gruppe der eigentlichen, linearen Isometrien im . Dann nennt man jede Gerade durch den Nullpunkt, die als Drehachse eines Elementes auftritt, eine Achse von . Die Halbgeraden dieser Drehachsen nennt man die Halbachsen der Gruppe und die Gesamtmenge dieser Halbachsen nennen wir das zu gehörige Halbachsensystem. Es wird mit bezeichnet. Zwei Halbachsen heißen äquivalent, wenn es ein mit gibt. Die Äquivalenzklassen zu dieser Äquivalenzrelation nennt man Halbachsenklassen.

Da jede von verschiedene Drehung genau eine Drehachse hat, ist das Halbachsensystem zu einer endlichen Symmetriegruppe endlich (und zwar ist die Anzahl maximal gleich ). Wenn eine Halbachse ist und , so ist auch eine Halbachse: wenn nämlich die durch definierte Achse als Drehachse besitzt, so ist

Mit „äquivalenten Halbachsen“ ist also wirklich eine Äquivalenzrelation definiert.

Beispiel

Beim Würfel werden die Halbachsen durch die Eckpunkte, die Seitenmittelpunkte und die Kantenmittelpunkte repräsentiert. Diese drei Arten bilden dann auch die Äquivalenzklassen, also die Halbachsenklassen. Der Vergleich mit dem Oktaeder zeigt, dass die Sprechweise mit den Halbachsen für die Bewegungsgruppe als solche angemessener ist als die Sprechweise mit Ecken, Kanten, Mittelpunkten.


Beispiel

Bei einem Tetraeder gibt es vier Eck-Seitenmittelpunkt-Achsen und vier Kantenmittelpunktachsen. Die Kantenmittelpunkthalbachsen sind dabei alle untereinander äquivalent, während die zuerst genannten Achsen in zwei Halbachsenklassen zerfallen, nämlich die Eckhalbachsen und die Seitenhalbachsen.

An diesem Beispiel sieht man auch, dass die beiden durch eine Drehachse gegebenen Halbachsen nicht zueinander äquivalent sein müssen.



Die Isotropiegruppe



Lemma  Lemma 50.9 ändern

Es sei eine endliche Untergruppe der Gruppe der eigentlichen, linearen Isometrien des . Zu einer Halbachse von sei

Dann sind für zwei äquivalente Halbachsen und die Gruppen und isomorph.

Insbesondere besitzen sie die gleiche Ordnung.

Es sei , was es gibt, da die beiden Halbachsen nach Voraussetzung äquivalent sind. Dann hat man aber sofort den Gruppenisomorphismus

Wegen

führt dieser innere Automorphismus von in der Tat die beiden Gruppen ineinander über.

Bei handelt es sich trivialerweise um eine Untergruppe von . Man nennt sie die Isotropiegruppe zur Halbachse . Das Lemma besagt also, dass äquivalente Halbachsen isomorphe Isotropiegruppen besitzen. Wenn ist und eine Halbachse in der Halbachsenklasse , und die Untergruppe Elemente besitzt, so gibt es in genau verschiedene Halbachsen. Die fixierte Halbachse definiert nämlich eine surjektive Abbildung

Dabei geht auf , und ebenso gibt es für jede Halbachse genau Urbilder.



Fußnoten
  1. Von einem Würfel aus gesehen erhält man einen Tetraeder, indem man jeden zweiten, in einer Seite gegenüberliegenden Eckpunkt des Würfels nimmt.
  2. Das ist also der Schwerpunkt der beteiligten Punkte.