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Kurs:Elliptische Kurven (Osnabrück 2021-2022)/Vorlesung 16

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Differentialformen

in dieser Vorlesung besprechen wir Differentialformen auf einer elliptischen Kurve. Im komplexen Fall sind das die holomorphen Differentialformen im Sinne der (komplexen) Differentialgeometrie, also im Wesentlichen das duale Konzept zu Tangentialbündel und Vektorfelder, im Allgemeinen arbeiten wir mit den rein algebraisch definierten Kähler-Differentialen. Zur Konstruktion siehe den Kurs zur Singularitätentheorie. Wichtig ist hier, dass es für den Modul der Kähler-Differentiale eine einfache Restklassenkonstruktion gibt.

Auf einer ebenen affinen Kurve mit dem affinen Ring ist der Modul der Kähler-Differentiale gleich dem - Modul

es handelt sich also um eine Darstellung als Restklassenmodul eines freien Moduls vom Rang modulo einer Gleichung. Wenn die Kurve glatt ist, so ist in jedem Punkt eine der partiellen Ableitungen eine Einheit und somit ist lokal dieser Modul frei vom Rang . Es handelt sich also um einen invertierbaren Modul. Die Gleichung

kann man auch als

schreiben, wobei die linke Darstellung für den Ort gilt, wo nicht vercshwindet. Da im glatten Fall die partiellen Ableitungen das Einheitsideal erzeugen, handelt es sich um eine auf ganz definierte nullstellenfreie Differentialform.

Bei einer projektiven Varietät muss man den Modul der Kähler-Differentialformen vergarben. Im Fall von Kurven lässt sich der Grundgedanke dieses Konzeptes einfach beschreiben. Für eine ebene projektive Kurve mit vom Grad und der Form bilden und eine affine Überdeckung der Kurve und für die globalen Funktionen liegt das Diagramm

vor. Eine globale Funktion (links oben) wird genauer durch ein Paar bestehend aus einer Funktion rechts oben und einer Funktion links unten beschrieben, das die Bedingung erfüllt, dass es rechts unten auf das gleiche Element abbildet. Die Abbildungen sind bei einer integren Kurve injektiv und somit spielt sich alles im Funktionenkörper der Kurve ab.

Ein entsprechendes Diagramm gibt es für den Modul der Kähler-Differentiale, nämlich

Im integren Fall sind die Abbildungen wieder injektiv, und das Diagramm stellt die Definition für die globalen Differentialformen dar. Eine globale Differentialform ist nämlich ein Paar bestehend aus einer Differentialform rechts oben und einer Differentialform links unten, das die Bedingung erfüllt, dass es rechts unten auf die gleiche Differentialform abbildet. Im integren Fall spielt sich alles im Modul dere Kähler-Differentiale des Funktionenkörpers, also in ab. Für die affinen Ausschnitte haben wir die oben angegebene Restklassendarstellung.



Es sei ein homogenes Polynom vom Grad , das eine glatte projektive Kurve

definiere.

Dann ist für jedes homogene Polynom vom Grad die Differentialform

auf global definiert.

Unmittelbar ist die Differentialform auf der offenen Menge definiert. Man beachte, dass die Quotienten in der Differentialform den Grad haben. Es ist zu zeigen, dass man die Form auch mit anderen Nennern schreiben kann, sodass die zugehörigen offenen Mengen die Kurve überdecken.

Wir betrachten die Differentialform

und die entsprechend gebildeten Formen, also ohne den Faktor . Dies ist dann keine Differentialform auf der Kurve (außer bei ), sondern auf einer offenen Menge der affinen Varietät zum homogenen Koordinantering . Im Nenner steht die partielle Ableitung nach der Variablen, die im Differential rechts nicht vorkommt, und im Zähler steht das Quadrat der Variablen im Differential rechts im Nenner. Das Vorzeichen wählen wir derart, dass es, wenn hinten oder steht, positiv und bei negativ und dreht sich um, wenn man im Differential Zähler und Nenner vertauscht.

Wir behaupten, dass es sich stets um die gleiche Differentialform handelt. Wegen der Quotientenregel

kann man die Zähler und Nenner im Bruch vertauschen. In gilt (unter Verwendung von und Aufgabe 2.8)

woraus sich

ergibt. Entsprechend gilt

und somit auch

Wenn man alles mit multipliziert, ergeben sich entsprechende Darstellungen für die Differentialform der Satzaussage.

Auf besitzt die Form Darstellungen mit und mit im Nenner. Wegen

auf folgt für einen Punkt , in dem die beiden partiellen Ableitungen, die als Nenner der Form auftreten, verschwinden, dass auch die dritte partielle Ableitung verschwindet. Dies ist aber ein Widerspruch zur Glattheit. D.h. für jeden Punkt gibt es eine Darstellung der Form und die Form ist global definiert.


Mit dieser expliziten Methode erhält man auf einer glatten ebenen projektiven Kurve vom Grad genau globale Differentialformen, die linear unabhängig über sind. In der Tat gibt es keine weiteren.


Es sei ein homogenes Polynom vom Grad in den Variablen , das eine elliptische Kurve definiere. Dann ist nach Lemma 16.1 die Differentialform

global definiert. Die Beschreibungen auf den anderen offenen Mengen sind entsprechend gebildet. Da die angegebene Beschreibung auf , folgt ferner, dass diese Differentialform keine Nullstelle besitzt.



Wir betrachten die homogene Gleichung (kurze Weierstaßform)

bzw.

über einem Körper der Charakteristik . Nach Beispiel 16.2 bzw. Lemma 16.1 ist

eine globale Differentialform ohne Nullstelle. Auf mit und ist die Form gleich

was man auch direkt aus der affinen Gleichung ableiten kann.


Auf einer elliptischen Kurve in Weierstraßform werden wir zumeist mit der Form arbeiten, jede andere globale Differentialform ist ein skalares Vielfaches davon.


Wir betrachten die Differentialform

aus Beispiel 16.3 (bis auf den Faktor ) für auf der algebraischen Realisierung einer elliptischen Kurve

im Sinne von Satz 12.13. Unter der holomorphen Abbildung

gilt

da ja gilt (vergleiche Lemma 82.7 (Analysis (Osnabrück 2014-2016)) und Lemma 82.8 (Analysis (Osnabrück 2014-2016)) für das Zurückziehen von Differentialformen im reellen Fall).




Es sei eine elliptische Kurve über einem Körper .

Dann ist die Garbe der Differentialformen auf isomorph zur Strukturgarbe von . Insbesondere ist der Raum der globalen Differentialformen auf ein eindimensionaler Vektorraum über .

Wir können annehmen, dass algebraisch abgeschlossen ist. Die Aussage ist somit ein Spezialfall von Korollar 19.12 (Bündel, Garben und Kohomologie (Osnabrück 2019-2020)).


Man kann auch direkt mit Beispiel 16.2 argumentieren.



Differentialformen unter Morphismen



Es sei eine elliptische Kurve über einem Körper mit kurzer Weierstraßgleichung

Dann wird unter der Additionsabbildung

die Differentialform auf abgebildet.

Die Addition wird gemäß Satz 6.5 durch

mit beschrieben. Diese Terme kann man als funktionale Ausdrücke auf der affinen offenen Menge bzw. als Ringelemente in

bzw. im Tensorprodukt

auffassen, bei der letzten Interpretation geht es um den Ringhomomorphismus

der durch die Einsetzungen und festgelegt ist. Unter diesem Ringhomomorphismus wird nach Lemma 18.4 (Bündel, Garben und Kohomologie (Osnabrück 2019-2020))  (5) auf

abgebildet, wobei der nicht angeführte Term vor symmetrisch gebildet ist.

Der Term vor ist

Der Zähler links ist

Der Zähler rechts ist

Wir haben also eine Beschreibung der zurückgezogenen Differentialform der Gestalt

mit explizit bestimmten Polynomen und in . Für die Differentialform gilt

wobei einfach den Rückzug der Funktion bezeichnet, also einfach . In Aufgabe 6.15 haben wir dies berechnet, es ist

mit

und

Die behauptete Gleichheit

ergibt sich somit (für den -Anteil) aus

Dies folgt nun direkt aus und .



Es sei eine elliptische Kurve über einem Körper und sei eine Differentialform auf . Es seien

Morphismen auf .

Dann gilt für den Rückzug die Gleichheit .

Die Abbildung ist die zusammengesetzte Abbildung

wir können damit den Rückzug einer Differentialform berechnen, wobei jede Differentialform ein skalares Vielfaches von ist. Nach Lemma 16.6 ist

Wenn die Projektionen bezeichnen, so ergibt sich



Es sei eine elliptische Kurve über einem algebraisch abgeschlossenen Körper und sei eine Differentialform auf .

Dann ist für jede Translation

Die Translation mit kann man als Hintereinanderschaltung

auffassen. Da der Rückzug einer Differentialform unter einer konstanten Abbildung gleich ist, ergibt sich mit Satz 16.7



Es sei eine elliptische Kurve über einem Körper und sei eine Differentialform auf .

Dann gilt für den Rückzug unter der Multiplikation mit die Gleichheit .

Dies folgt aus Satz 16.7 durch Induktion über .



Es sei eine elliptische Kurve über einem Körper und sei die Multiplikationsabbildung auf .

Dann ist genau dann separabel, wenn kein Vielfaches der Charakteristik von ist.

Nach Lemma 16.9 ist bei der Rückzug der Differentialformen die Nullabbildung und bei ist er surjektiv. Wegen Lemma 19.3 (Algebraische Zahlentheorie (Osnabrück 2020-2021)) entspricht dies den Fällen, dass der relative Kählermodul ungleich oder gleich ist, was nach Satz Anhang 7.10 (Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019)) die (Nicht-)separabilität der Erweiterung der Funktionenkörper charakterisiert.


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PDF-Version dieser Vorlesung

Arbeitsblatt zur Vorlesung (PDF)