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Kurs:Singularitätentheorie (Osnabrück 2019)/Vorlesung 31

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Wir beschreiben ohne Beweise einige Hauptresulate zur analytischen und topologischen Bedeutung der Milnorzahl einer isolierten Hyperflächensingularität zu einer holomorphen Funktion.


Eine holomorphe Funktion , offen, heißt Morsefunktion, wenn sie keine ausgearteten kritischen Punkte besitzt und alle kritischen Werte nur einfach vorkommen.


Es sei , offen, eine holomorphe Funktion. Unter einer Morsifikation von versteht man eine Entfaltung

mit offen derart, dass außerhalb einer lebesgueschen Nullmenge von und für gilt, dass eine Morsefunktion ist.

Der Deformationsraum ist also eindimensional und die deformierten Funktionen können zwar auch kritische Punkte haben, aber (zumindest fast überall) nur nichtausgeartete.




Es sei , offen, eine holomorphe Funktion mit einer isolierten Singularität im Nullpunkt .

Dann ist die Milnorzahl von im Nullpunkt gleich der Anzahl der nichtausgearteten kritischen Punkte einer Morsifikation von .

Es sei eine holomorphe Funktion mit offen und einem einzigen kritischen Punkt im Nullpunkt . Dies bedeutet insbesondere, dass die „benachbarten Fasern“ , , Mannigfaltigkeiten sind. Das Bild von umfasst einen offenen Ballumgebung des Nullpunktes von , sodass die eingeschränkte Abbildung

surjektiv ist. Wir nennen wieder . Wir betrachten nun offene Bälle

Der Rand von einem solchen Ball, also die reell -dimensionale Sphäre mit Mittelpunkt und Radius , schneidet die Fasern , . Indem man den Radius verkleinert, kann man erreichen, dass diese Schnitte transversal sind und dass es sich daher um -dimensionale reelle kompakte (als abgeschlossene Teilmenge der kompakten Sphäre) Mannigfaltigkeiten handelt. Dies gilt auch für .


Es sei eine holomorphe Funktion mit offen und einem einzigen kritischen Punkt im Nullpunkt . Dann nennt man

für hinreichend klein den Umgebungsrand der Singularität .


Wir betrachten die Abbildung

die im Nullpunkt einen isolierten kritischen Punkt besitzt. Die Hyperfläche ist das komplexe Achsenkreuz und besteht, aus zwei reellen Ebenen, die sich in einem Punkt treffen. Der Schnitt mit einem abgeschlossenen Ball mit beliebigem Radius besteht entsprechend aus zwei abgeschlossenen Kreisscheiben, die sich in ihrem Mittelpunkt treffen. Der Umgebungsrand

besteht aus zwei disjunkten Kreisen. Den Schnitt mit dem abgeschlossenen Kreis kann man als Kegel über den beiden Kreisen auffassen, die Singularität ist davon die Spitze dieses Doppelkegels.




Es sei eine holomorphe Funktion mit offen () und einem einzigen kritischen Punkt im Nullpunkt . Dann gelten folgende Aussagen.

  1. Der Umgebungsrand ist eine kompakte reell-analytische Mannigfaltigkeit der Dimension .
  2. Der Diffeomorphietyp des Umgebungsrandes

    hängt nicht von (hinreichend klein) ab.

  3. ist eine reell -dimensionale Mannigfaltigkeit mit Rand, wobei der Umgebungsrand der Rand.
  4. ist (topologisch) ein Kegel über dem Umgebungsrand.



Es sei eine holomorphe Funktion mit offen und einem einzigen kritischen Punkt im Nullpunkt . Dann nennt man die eingeschränkte Abbildung

für hinreichend klein die Milnorfaserung zu . Jede Faser davon heißt Milnorfaser.


Wir betrachten die Abbildung

die im Nullpunkt einen isolierten kritischen Punkt besitzt. Die Hyperfläche ist das komplexe Achsenkreuz. Jede Faser über einem Punkt ist eine komplexe Hyperbel und biholomorph zu

und zwar über die Abbildung

mit der Umkehrabbildung . Die Milnorfaser, also der Schnitt von mit dem reellen abgeschlossen Ball , der ja durch

gegeben ist, wird unter der biholomorphen Abbildung zu

Diese Bedingung bedeutet für die reelle Zahl , dass sie zu einem abgeschlossenen Intervall mit positiven Intervallgrenzen gehören muss, und für die komplexe Zahl , dass sie zu einem Annulus (Kreisring) mit irgendeinem Mittelpunkt und gewissen Radien gehören muss. Ein Kreisring ist homotop zu einem Kreis, man kann ihn ja auf einen der Randkreise kontrahieren.




Es sei eine holomorphe Funktion mit offen und einem einzigen kritischen Punkt im Nullpunkt . Dann besitzt die Milnorfaserung

folgende Eigenschaften.

  1. Der Diffeomorphietyp der Milnorfasern hängt nicht von ab.


Obwohl die Fasern in der Milnorfaser zueinander diffeomorph sind, ist die Milnorfaserung im Allgemeinen insgesamt nicht trivial.

Ein Bouquet bestehend aus vier eindimensionalen Sphären.



Unter einem Bouquet (von -dimensionalen Sphären) versteht man den topologischen Raum, der entsteht, wenn man Sphären an einem einzigen gemeinsamen Punkt verklebt.



Es sei eine holomorphe Funktion mit offen und einem einzigen kritischen Punkt im Nullpunkt.

Dann sind die Milnorfasern homotop zu einem Bouquet aus -dimensionalen Sphären, wobei die Milnorzahl von bezeichnet.


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