Zum Inhalt springen

Kurs:Elemente der Algebra (Osnabrück 2024-2025)/Vorlesung 14

Aus Wikiversity



Restklassenringe

Nach Satz 13.10 ist der Kern eines Ringhomomorphismus ein Ideal. Man kann umgekehrt zu jedem Ideal in einem (kommutativen) Ring einen Ring konstruieren, und zwar zusammen mit einem surjektiven Ringhomomorphismus

dessen Kern gerade das vorgegebene Ideal ist. Ideale und Kerne von Ringhomomorphismen sind also im Wesentlichen äquivalente Objekte, so wie das bei Gruppen für Kerne von Gruppenhomomorphismen und Normalteilern gilt. In der Tat gelten die entsprechenden Homomorphiesätze hier wieder, und können weitgehend auf die Gruppensituation zurückgeführt werden. Wir werden uns bei den Beweisen also kurz fassen können.


Es sei ein kommutativer Ring und ein Ideal in . Zu heißt die Teilmenge

die Nebenklasse von zum Ideal . Jede Teilmenge von dieser Form heißt Nebenklasse zu .

Diese Nebenklassen sind gerade die Nebenklassen zur (additiven) Untergruppe , die wegen der Kommutativität der Addition ein Normalteiler ist. Zwei Elemente definieren genau dann die gleiche Nebenklasse, also , wenn ihre Differenz zum Ideal gehört. Man sagt dann auch, dass und dieselbe Nebenklasse repräsentieren.


Es sei ein kommutativer Ring und ein Ideal in . Dann ist der Restklassenring (sprich „R modulo I“) ein kommutativer Ring, der durch folgende Daten festgelegt ist.

  1. Als Menge ist die Menge der Nebenklassen zu .
  2. Durch

    wird eine Addition von Nebenklassen definiert.

  3. Durch

    wird eine Multiplikation von Nebenklassen definiert.

  4. definiert das neutrale Element für die Addition (die Nullklasse).
  5. definiert das neutrale Element für die Multiplikation (die Einsklasse).

Man muss dabei zeigen, dass diese Abbildungen (also Addition und Multiplikation) wohldefiniert sind, d.h. unabhängig vom Repräsentanten, und dass die Ringaxiome erfüllt sind. Da insbesondere eine Untergruppe der kommutativen Gruppe ist, liegt ein Normalteiler vor, sodass eine Gruppe ist und die Restklassenabbildung

ein Gruppenhomomorphismus ist. Das einzig Neue gegenüber der Gruppensituation ist also die Anwesenheit einer Multiplikation. Die Wohldefiniertheit der Multiplikation ergibt sich so: Seien zwei Restklassen gegeben mit unterschiedlichen Repräsentanten, also und . Dann ist und bzw. und mit . Daraus ergibt sich

Die drei hinteren Summanden gehören zum Ideal, sodass die Differenz ist.

Aus der Wohldefiniertheit folgen die anderen Eigenschaften und insbesondere, dass ein Ringhomomorphismus in den Restklassenring vorliegt. Diesen nennt man wieder die Restklassenabbildung oder den Restklassenhomomorphismus. Das Bild von in wird häufig mit , oder einfach mit selbst bezeichnet und heißt die Restklasse von . Bei dieser Abbildung gehen genau die Elemente aus dem Ideal auf , d.h. der Kern dieser Restklassenabbildung ist das vorgegebene Ideal.

Das einfachste Beispiel für diesen Prozess ist die Abbildung, die einer ganzen Zahl den Rest bei Division durch eine fixierte Zahl zuordnet. Jeder Rest wird dann repräsentiert durch eine der Zahlen . Im Allgemeinen gibt es nicht immer ein solch übersichtliches Repräsentantensystem.



Die Restklassenringe von


Die Restklassengruppen haben wir bereits kennengelernt, es handelt sich um zyklische Gruppen der Ordnung . Diese Gruppen bekommen jetzt aber noch zusätzlich eine Ringstruktur.


Es sei eine natürliche Zahl.

Dann gibt es eine eindeutig bestimmte Ringstruktur auf derart, dass die Restklassenabbildung

ein Ringhomomorphismus ist.

ist ein kommutativer Ring mit Elementen (bei ).

Beweis

Dies ist ein Spezialfall der obigen Überlegungen.


Die Restklassenringe sind ebenfalls gut überschaubar. Wenn den Grad besitzt, so wird jede Restklasse in durch ein eindeutiges Polynom von einem Grad repräsentiert. Dieses ist der Rest, den man erhält, wenn man durch durchdividiert. Die Restklasse zur Variablen wird häufig mit bezeichnet.



Die Homomorphiesätze für Ringe

Für Ringe, ihre Ideale und Ringhomomorphismen gelten die analogen Homomorphiesätze wie für Gruppen, ihre Normalteiler und Gruppenhomomorphismen, siehe die zwölfte Vorlesung. Wir beschränken uns auf kommutative Ringe.



Es seien und kommutative Ringe, es sei ein Ringhomomorphismus und ein surjektiver Ringhomomorphismus. Es sei vorausgesetzt, dass

ist.

Dann gibt es einen eindeutig bestimmten Ringhomomorphismus

derart, dass ist.

Mit anderen Worten: das Diagramm

ist kommutativ.

Aufgrund von Satz 12.5 gibt es einen eindeutig bestimmten Gruppenhomomorphismus

der die Eigenschaften erfüllt. Es ist also lediglich noch zu zeigen, dass auch die Multiplikation respektiert. Es seien dazu , und diese seien repräsentiert durch bzw. aus . Dann wird durch repräsentiert und daher ist

Ferner ist


Die im vorstehenden Satz konstruierte Abbildung heißt wieder induzierte Abbildung oder induzierter Homomorphismus und entsprechend heißt der Satz auch Satz vom induzierten Homomorphismus.



Es seien und kommutative Ringe und sei

ein surjektiver Ringhomomorphismus.

Dann gibt es eine kanonische Isomorphie von Ringen

Aufgrund von Korollar 12.7 liegt ein natürlicher Gruppenisomorphismus vor, der wegen Satz 14.4 auch die Multiplikation respektiert, also ein Ringhomomorphismus ist.



Es seien und kommutative Ringe und sei

ein Ringhomomorphismus.

Dann gibt es eine kanonische Faktorisierung

wobei die kanonische Projektion, ein Ringisomorphismus und die kanonische Inklusion des Bildes ist.

Dies beruht auf Satz 12.8 und Satz 14.4.


Es gilt also wieder:

Bild Urbild modulo Kern.



Es sei ein kommutativer Ring und ein Ideal in mit dem Restklassenring . Es sei ein weiteres Ideal in , das umfasst.

Dann ist das Bild von in ein Ideal und es gilt die kanonische Isomorphie

Beweis

Auch dies ergibt sich aus der Gruppensituation und Satz 14.4.




Anwendung auf

Die Charakteristik von ist . Dies zeigt insbesondere, dass es zu jeder Zahl Ringe gibt mit dieser Charakteristik. Zu einem beliebigen Ring der Charakteristik faktorisiert der charakteristische Ringhomomorphismus nach Satz 14.6 durch Ringhomomorphismen

wobei die hintere Abbildung injektiv ist. Der Ring , , ist der kleinste Unterring von , und wird der Primring von genannt.



Seien und positive natürliche Zahlen, und teile .

Dann gibt es einen kanonischen Ringhomomorphismus

Wir betrachten die Ringhomomorphismen

Aufgrund der Teilerbeziehung haben wir die Beziehung

Aufgrund des Homomorphiesatzes hat man daher einen kanonischen Ringhomomorphismus von links unten nach rechts oben.



Einheiten im Restklassenring



Es sei ein kommutativer Ring und ein Ideal in .

Dann ist ein Element genau dann eine Einheit modulo , wenn und zusammen das Einheitsideal in erzeugen.

Es sei eine Einheit im Restklassenring . Dies ist genau dann der Fall, wenn es ein mit

gibt. Dies bedeutet zurückübersetzt nach , dass

ist, was wiederum äquivalent dazu ist, dass und zusammen das Einheitsideal erzeugen.



<< | Kurs:Elemente der Algebra (Osnabrück 2024-2025) | >>
PDF-Version dieser Vorlesung
Arbeitsblatt zur Vorlesung (PDF)