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Kurs:Bündel, Garben und Kohomologie (Osnabrück 2019-2020)/Vorlesung 28/kontrolle

Aus Wikiversity

Eine projektive Varietät über einem Körper ist nach Definition (realisierbar als) eine abgeschlossene Untervarietät . Hierbei konkurrieren zwei Sichtweisen:

Einerseits (und dies nennt man den extrinsischen Standpunkt) erlaubt die Realisierung von als Teilmenge eines projektiven Raumes, Konzepte, Strukturen, Eigenschaften des umgebenden Raumes durch Einschränkung auf zu verwenden, man kann das Schnittverhalten von mit anderen Untervarietäten untersuchen, man kann nach Beziehungen zum offenen Komplement Ausschau halten. Ferner nimmt jede Visualisierung von Bezug auf einen umgebenden Raum.

Andererseits (und dies nennt man den intrinsischen Standpunkt) kann man sich fragen, welche Eigenschaften von der Varietät selbst inhärent und unabhängig von einer gewissen Realisierung zukommen. Die Varietät ist typischerweise isomorph zu einer „anderen“ Varietät , die als eine abgeschlossene Teilmenge gegeben ist. Welche Eigenschaften von bzw. sind unabhängig von den jeweiligen Einbettungen?

Die beiden Standpunkte überschneiden sich, wenn man folgende Fragen betrachtet: Wie viele Einbettungen für ein gegebenes gibt es? Kann man sich eine Übersicht über alle möglichen Einbettungen von in einen projektiven Raum verschaffen? Gibt es eine beste Einbettung, wo etwa die Dimension des umgebenden Raumes klein ist oder wo die Beziehung zu ihm besonders übersichtlich ist. Gibt es eine besonders natürliche Einbettung, die mit charakteristischen Objekten auf zusammenhängt?

Betrachten wir beispielsweise die abgeschlossene projektive Kurve . Dies ist eine Kurve vom Grad , ihr Durchschnitt mit einer jeden Geraden besteht aus zwei Punkten (gezählt mit Vielfachheiten). Die Abbildung

induziert einen Isomorphismus , d.h. die Kurve ist isomorph zur projektiven Geraden und somit eine „unnötig gekrümmte“ Version der projektiven Geraden. Allerdings sind Kurven vom Grad zwei (Quadriken, Kegelschnitte) natürliche Objekte in der Ebene, und, von der projektiven Geraden aus gesehen, bilden die Elemente eine Basis der zweiten homogenen Stufe des homogenen Koordinatenringes der projektiven Geraden. Diese treten wiederum als globale Schnitte der invertierbaren Garbe auf. In der Tat werden wir sehen, dass die verschiedenen Einbettungen von in einen projektiven Raum mit globalen Schnitten auf invertierbaren Garben auf zusammenhängen.




Invertierbare Garben und Morphismen in den projektiven Raum



Lemma  Lemma 28.1 ändern

Es sei ein Schema über einem kommutativen Ring , es sei eine invertierbare Garbe auf und es seien

Es sei die Vereinigung der offenen Mengen .

Dann ist durch

ein Morphismus gegeben.

Wir betrachten zunächst die Situation auf . Es ist

nach Lemma 13.22 ein Isomorphismus von - Moduln. Dabei entsprechen unter diesem Isomorphismus die den Funktionen

Dabei gilt

und dieser Quotient ist wohldefiniert. Diese Funktionen , , definieren wiederum nach Korollar 10.13 einen Morphismus

Insgesamt liegt das kommutative Diagramm

vor, da links so verklebt wird wie im projektiven Raum rechts. Somit setzen sich diese Morphismen zu einem Morphismus auf der Vereinigung der zusammen.



Es sei ein Schema über einem kommutativen Ring , es sei eine invertierbare Garbe auf und es seien globale Schnitte auf . Dann nennt man den nach Lemma 28.1 auf definierten Morphismus

den durch die Schnitte gegebenen oder den durch das lineare System gegebenen Morphismus. Er wird mit oder mit bezeichnet.


Es sei ein Schema über einem kommutativen Ring und es sei eine invertierbare Garbe auf . Man nennt einen - Untermodul ein lineares System auf .

Wegen Aufgabe 28.9 hängt der durch eine Familie von Schnitten gegebene Morphismus in erster Linie von dem davon erzeugten Untermodul ab (insbesondere, wenn die Schnitte linear unabhängig sind, was man oft ohnehin fordert). Bei spricht man von einem vollen linearen System. Ein lineares System hat eine geometrische Bedeutung. Jeder Schnitt definiert den Invertierbarkeitsort und das Nullstellengebilde . Bei ist eine abgeschlossene Teilmenge von der Kodimension , eine Hyperfläche von (man denke an integres ). Die Familie , , , ist somit eine Familie von Hyperflächen, die dem linearen System zugeordnet ist (oft nennt man dieses System das lineare System). Wenn normal ist, so kann man die als eine Familie von zueinander linear äquialenten Divisoren auffassen.


Auf der projektiven Geraden über einem kommutativen Ring und das (volle) lineare System ist der zugehörige Morphismus die Identität.



Beispiel  Beispiel 28.5 ändern

Auf der projektiven Geraden über einem kommutativen Ring und das (volle) lineare System ist der zugehörige Morphismus ausgeschrieben gleich

Dem Punkt auf der projektiven Geraden mit den homogenen Koordinaten wird also der Punkt in der projektiven Ebene mit den homogenen Koordinaten zugeordnet. Das Bild erfüllt die Gleichung , d.h. das Bild liegt in der ebenen Kurve

In der Tat liegt eine Isomorphie vor.



Es sei ein Schema über einem kommutativen Ring und es sei eine invertierbare Garbe auf . Ein lineares System heißt basispunktfrei, wenn es zu jedem Punkt ein mit gibt.

Dies wird hauptsächlich für Schemata über einem Körper verwendet. Man sagt dann auch, dass die Schnitte basispunktfrei sind, wenn das von ihnen erzeugte lineare System basispunktfrei ist.



Es sei ein Schema über einem kommutativen Ring , es sei eine invertierbare Garbe auf und es seien globale Schnitte auf . Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent.

  1. Es ist .
  2. Der durch das lineare System definierte Morphismus nach ist auf ganz definiert.
  3. Das lineare System ist basispunktfrei.

Beweis

Siehe Aufgabe 28.14.



Satz  Satz 28.8 ändern

Es sei ein Schema über einem kommutativen Ring .

Dann entsprechen sich die folgenden Konzepte.

  1. Eine invertierbare Garbe auf zusammen mit basispunktfreien Schnitten
  2. Ein Morphismus

    über .

Dabei wird den Schnitten der zugehörige Morphismus und dem Morphismus die invertierbare Garbe zusammen mit den Schnitten , , zugeordnet.

Es sei zuerst die invertierbare Garbe mit den Schnitten gegeben. Es ist zu zeigen, dass

ist. Auf dem projektiven Raum gibt es - Modulhomomorphismen

die eingeschränkt auf Isomorphismen sind. Dies induziert -Modulhomomorphismen

und Isomorphismen

die in Verbindung mit den -Isomorphismen

zu -Isomorphismen

führen, bei denen sich und entsprechen. Die Einschränkungen dieser Isomorphismen auf stimmen überein, daher gibt es nach Korollar 4.10 einen globalen Isomorphismus

Wenn umgekehrt ein Morphismus gegeben ist, so definiert dies Schnitte , , und dies wiederum den dadurch festgelegten Morphismus . Es ist zu zeigen, dass diese beiden Morphismen übereinstimmen. Ein Morphismus ist lokal festgelegt. Unter der Einschränkung

werden aber die zugehörigen Variablen auf zurückgezogen, und mit diesen Brüchen wird definiert.



Es sei ein Schema über einem kommutativen Ring , es sei eine invertierbare Garbe auf und es seien globale Schnitte auf und der zugehörige Morphismus.

Dann ist das Urbild der Hyperebene

(mit , nicht alle gleich ) unter gleich der Nullstellenmenge

des zurückgezogenen Schnittes .

Dies folgt aus Lemma Anhang 4.3.


Zur getwisteten Strukturgarbe gehört über die Familie aller globalen Schnitte die Familie aller Hyperebenen im projektiven Raum. Ebenso gehört zu einer invertierbaren Garbe auf einem Schema über die Familie ihrer globalen Schnite die Familie ihrer Nullstellengebilde. Unter der in Satz 28.8 beschriebenen Korrespondenz sind die Urbilder der Hyperebenen gleich den Nullstellengebilden. Wenn durch eine abgeschlossene Untervarietät faktorisiert, also vorliegt, so sind auch die Nullstellengebilde Urbilder von Durchschnitten mit einer Hyperebene . In Beispiel 28.5 etwa stimmt die Familie der Nullstellengebilde zum vollen linearen System aus mit der Familie der Durchschnitte , , überein.



Sehr ample Garben

Es sei ein Schema über einem kommutativen Ring und sei eine invertierbare Garbe auf . Man nennt sehr ampel, wenn es eine Einbettung (für ein gewisses ) derart gibt, dass

ist.



Es sei ein Schema über einem kommutativen Ring und sei eine invertierbare Garbe auf .

Dann ist genau dann sehr ampel, wenn es basispunktfreie globale Schnitte

derart gibt, dass der zugehörige Morphismus eine Einbettung ist.

Dies folgt aus Satz 28.8.



Auf dem projektiven Raum über einem kommutativen Ring sind die invertierbaren Garben für sehr ampel. Es ist

und wir betrachten das durch sämtliche Monome aus vom Grad erzeugte lineare System und den zugehörigen Morphismus

wobei die Anzahl dieser Monome weniger bezeichne. Auf ist die Abbildung durch

gegeben (und entsprechend auf den anderen ). Auf der Ebene der Polynomringe ist dies der Einsetzungshomomorphismus

wobei die Indexmenge aller Monome in Variablen vom Grad (!) bezeichnet. Diese Abbildung ist surjektiv und somit liegt eine abgeschlossene Einbettung vor.

Bei und sind die nicht sehr ampel.



Es sei ein Schema über einem kommutativen Ring und sei eine invertierbare Garbe auf . Man nennt ampel, wenn für ein sehr ampel ist.