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Kurs:Differentialgeometrie (Osnabrück 2023)/Vorlesung 19

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Die Weingartenabbildung für parametrisierte Mannigfaltigkeiten

Es sei offen, eine zweifach stetig differenzierbare Funktion und die Faser zu , wobei in jedem Punkt von regulär sei. Es sei

mit offen eine diffeomorphe Parametrisierung einer offenen Menge , man kann also als eine Karte für auffassen. Dabei ist für mit

es liegt also ein linearer Isomorphismus

vor, der den Tangentialraum beschreibt. Die Standardbasisvektoren werden auf abgebildet und bilden eine Basis des Tangentialraumes. Wenn man mit der von der euklidischen Struktur des induzierten riemannschen Struktur versieht, so erhält man die Funktionen

die man zur ersten Fundamentalmatrix (metrischen Fundamentalmatrix)

zusammenfasst. Die erste Fundamentalmatrix ist durch die riemannsche Struktur von vollständig bestimmt.

Die Weingartenabbildung

kann man bezüglich der Basis beschreiben. Dies geschieht am besten, wenn man die sogenannte zweite Fundamentalmatrix einführt. Dazu sei durch ein Einheitsnormalenfeld orientiert, was unter Rückgriff auf die beschreibende Funktion möglich ist. Das Einheitsnormalenfeld eingeschränkt auf kann man unmittelbar auf auffassen. Wegen der vorausgesetzten zweifachen stetigen Differenzierbarkeit von und der von ist das Einheitsnormalenfeld auf differenzierbar. Wir definieren.


Es sei offen, eine zweifach stetig differenzierbare Funktion und die Faser zu , wobei in jedem Punkt von regulär sei. Es sei

, eine zweifach differenzierbare Parametrisierung einer offenen Menge mit den Parametern . Es sei durch ein Einheitsnormalenfeld orientiert, wobei wir als Feld auf auffassen. Dann setzt man

Die zweite Fundamentalmatrix zu ist die (von ) abhängige Matrix

In dieser Definition wird auf das Einheitsnormalenfeld und über das Skalarprodukt auf die riemannsche Struktur von Bezug genommen. Die zweite Fundamentalmatrix ist nach dem Satz von Schwarz symmetrisch.



Es sei offen, eine zweifach stetig differenzierbare Funktion und die Faser zu , wobei in jedem Punkt von regulär sei. Es sei

, eine zweifach differenzierbare Parametrisierung einer offenen Menge mit den Parametern . Es sei durch ein Einheitsnormalenfeld orientiert, wobei wir als Feld auf auffassen.

Dann gilt

Da das Einheitsnormalenfeld senkrecht auf den Tangentialräumen an steht, gilt

Daraus folgt

was die erste Gleichung ergibt. Die zweite folgt direkt aus der Definition der Weingartenabbildung.


Wir beschränken uns nun auf den Fall . Es liegt die erste Fundamentalmatrix

mit

vor, wobei wir im jetzigen Kontext die erste Bezeichnung vorziehen, und die zweite Fundamentalmatrix

vor. Für die in der folgenden Aussage aufgeführten Voraussetzungen sagt man auch kurz, dass eine orientierte Fläche oder eine stückweise parametrisierte orientierte Fläche im vorliegt.


Es sei offen, eine zweifach stetig differenzierbare Funktion und die Faser zu , wobei in jedem Punkt von regulär sei. Es sei

, eine zweifach differenzierbare Parametrisierung einer offenen Menge mit den Parametern . Es sei durch ein Einheitsnormalenfeld orientiert, wobei wir als Feld auf auffassen. Es sei die erste und die zweite Fundamentalmatrix zu . Zu sei die Matrix, die die Weingartenabbildung

bezüglich der Basis und von beschreibt. Dann gelten folgende Aussagen.

  1. Es ist
  2. Es ist
  3. Es ist

    und

  4. Für die Gaußkrümmung von gilt
  1. Es ist nach Definition von

    und

    Daher ist nach Lemma 19.2

  2. Das folgt unmittelbar aus (1) durch Multiplikation mit von links.
  3. Es ist

    und somit folgt die Aussage aus (2) unter Berücksichtigung von

    Damit ist

    und somit

    und

  4. Die Gaußkrümmung ist die Determinante der Weingartenabbildung, daher folgt die Aussage aus (2) mit dem Determinantenmultiplikationssatz.



Die Gaußkrümmung als intrinsisches Konzept

Beispiel 18.5 zeigt, dass es Isometrien zwischen riemannschen Flächen (etwa zwischen einem ebenen Flächenstück und einem Zylindermantel) gibt, unter den die Weingartenabbildung und die Hauptkrümmungen nicht erhalten bleiben. In der Ebene ist die Weingartenabbildung die Nullabbildung, auf dem Zylinder besitzt sie die Eigenwerte und , wenn den Radius bezeichnet. Allerdings ist das Produkt der Eigenwerte, also die Determinante der Weingartenabbildung, die ja wiederum die Gaußsche Krümmung ist, für beide Flächen gleich . Wir werden in der Tat zeigen, dass die Gaußsche Krümmung einer Fläche im allein durch die riemannsche Struktur bestimmt ist.


Es sei eine zweifach stetig differenzierbare orientierte Fläche und sei

offen, eine zweifach stetig differenzierbare lokale Parametrisierung von mit den Parametern . Es sei das Einheitsnormalenfeld aufgefasst auf . Es sei die zweite Fundamentalmatrix zu . Dann nennt man die punktweise über die linearen Gleichungssysteme

definierten Funktionen

die Christoffelsymbole zu .

Man beachte, dass in jedem Punkt eine Basis des bilden und dass daher überhaupt jeder Vektor mit eindeutigen Koeffizienten als Linearkombination bezüglich dieser Basis geschrieben werden kann. Allerdings variiert die Basis mit und entsprechend sind die Christoffelsymbole Funktionen. Da normiert ist und senkrecht auf den beiden anderen Basisvektoren steht, ergibt sich der Koeffizient, der sich auf bezieht, als Skalarprodukt .



Es sei eine zweifach stetig differenzierbare orientierte Fläche und sei

, eine zweifach differenzierbare lokale Parametrisierung von mit den Parametern . Es sei die erste Fundamentalmatrix auf und sei die inverse Matrix zu .

Dann gilt für die Christoffelsymbole

Insbesondere kann man die Christoffelsymbole durch die Daten der ersten Fundamentalmatrix ausdrücken.

Es ist

Somit ist

Es liegt also die Matrixbeziehung

vor, woraus durch Multiplikation mit die Behauptung folgt.


In der Situation von Lemma 19.5 gelten die Beziehungen

und




Es sei eine orientierte Fläche und sei

, eine zweifach differenzierbare lokale Parametrisierung von mit den Parametern . Es sei die erste Fundamentalmatrix auf .

Dann gilt für die Gaußsche Krümmung unter Verwendung der Christoffelsymbole die Beziehung

Wir differenzieren die erste Bestimmungsgleichung für die Christoffelsymbole, also

in Richtung der zweiten Variablen und die zweite Bestimmungsgleichung, also

in Richtung der ersten Variablen und erhalten nach Schwarz

Die Differenz dieser Ausdrücke ist , und wir bestimmen, was sich dabei auf den Basisvektor bezieht. Dazu müssen wir die Bestimmungsgleichungen für die Christoffelsymbole und Lemma 19.3  (3) heranziehen und erhalten

Mit

können wir die beiden hinteren Summanden ersetzen und erhalten mit Lemma 19.3  (4)



Es sei eine orientierte Fläche und sei

, eine zweifach differenzierbare lokale Parametrisierung von mit den Parametern . Es sei die erste Fundamentalmatrix auf .

Dann gilt für die Gaußsche Krümmung

Beweis

Siehe Aufgabe 19.9.


Die beiden vorstehenden Aussagen sind Varianten des Theorema egregiums, der Inhalt bedeutet unabhängig von den genauen Formeln, dass man die Gaußkrümmung auf einer eingebettenen Fläche allein durch Messungen auf der Fläche, also ohne Bezug auf den umgebenden Raum, beschreiben kann. Die Messungen auf der Fläche sind dabei durch die metrische Fundamentalmatrix kodiert, man muss also das Skalarprodukt auf den Tangentialräumen der Fläche kennen, was eben bedeutet, die Fläche als eine riemannsche Mannigfaltigkeit aufzufassen. Die Hauptkrümmungen lassen sich nicht allein intrinsisch bestimmen, siehe Beispiel 18.5 und Aufgabe 19.12.


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