Kurs:Elliptische Kurven (Osnabrück 2021-2022)/Vorlesung 20
in dieser Vorlesung besprechen wir zwei esentliche Hilfsmittel zum Beweis des Satzes von Mordell-Weil, nämlich die sogenannten (schwachen) Höhenfunktionen auf einer kommutativen Gruppe, mit denen man die endliche Erzeugtheit der Gruppe nachweisen kann, und die Beträge auf Zahlkörpern, mit denen man auf dem projektiven Raum und dann auch auf elliptischen Kurven Höhenfunktionen konstruieren kann.
- Höhenfunktionen auf einer Gruppe
Es sei eine kommutative Gruppe und sei
eine Funktion. Wir nennen eine schwache Höhenfunktion, wenn folgende Eigenschaften erfüllt sind.
- Zu
gibt es eine reelle Zahl derart, dass
für alle gilt.
- Es gibt eine natürliche Zahl
und eine Konstante derart, dass
für alle gilt.
- Für jede Schranke ist die Menge
endlich.
Wenn man die Rolle des aus Teil (2) betonen möchte, so spricht man von einer schwachen Höhenfunktion für die -Vervielfachung.
Auf dem induzierte jede Norm auf über eine schwache Höhenfunktion. Die Endlichkeitsbedingung (3) ist klar (man denke etwa an die Maximumsnorm). Die Dreiecksabschätzung ergibt
wobei die letzte Abschätzung darauf beruht, dass bei fixiertem bis auf endlich viele Ausnahmen gilt. In der Eigenschaft (2) gilt Gleichheit mit ,
Es sei eine kommutative Gruppe und sei eine fixierte natürliche Zahl.
Dann ist genau dann endlich erzeugt, wenn eine schwache Höhenfunktion für die -Vervielfachung besitzt und die Restklassengruppe endlich ist.
Es sei zunächst endlich erzeugt. Dann ist nach dem Hauptsatz über endlich erzeugte abelsche Gruppen
mit einer endlichen Torsionsgruppe . Wir betrachten
Dann ergibt jede Norm auf im Quadrat genommen eine schwache Höhenfunktion auf , siehe Beispiel 20.2. Ferner ist
endlich.
Zum Beweis der Umkehrung sei eine schwache Höhenfunktion gegeben und sei ein Repräsentantensystem für die nach Voraussetzung endliche Restklassengruppe . Zu jedem gibt es eine reelle Zahl derart, dass
für alle . Wir setzen
wobei von der zweiten Eigenschaft einer schwachen Höhenfunktion herrührt. Zu jedem gibt es ein mit in , daher gibt es ein mit in . Dabei gilt
Die Konstruktion
können wir iterieren, wir setzen ,
etc. Dabei gilt die rekursive Abschätzung
und somit unter Verwendung der geometrischen Reihe
Für hinreichend groß ist somit
Es ist daher
mit gewissen und somit ist insgesamt die endliche Menge
ein Erzeugendensystem der Gruppe.
- Bewertungen und Beträge auf einem Zahlkörper
Es sei ein Körper. Eine Funktion
heißt Betrag (oder Absolutbetrag) auf , wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind.
- Es ist für alle .
- Es ist genau dann, wenn ist.
- Es ist
- Es ist
Beispielsweise ist der übliche Betrag auf den rationalen oder reellen oder komplexen Zahlen ein Absolutbetrag in diesem Sinne.
Es sei ein Zahlkörper und sei eine reelle oder komplexe Einbettung. Dann induziert der gewöhnliche Betrag einen Betrag auf .
Zu einer komplexen Einbettung definiert dabei die konjugiert-komplexe Einbettung den gleichen Betrag auf .
Mit der Festlegung
wird ein Körper mit einem Betrag zu einem metrischen Raum, siehe Aufgabe 20.2.
Zu einem Primideal in einem Zahlbereich zu einer endlichen Körpererweiterung ist nach Korollar 22.18 (Zahlentheorie (Osnabrück 2016-2017)) ein diskreter Bewertungsring und die zugehörige Ordnung
besitzt die Eigenschaften
- .
- .
Häufig setzt man
Es sei ein Zahlbereich, ein maximales Ideal und die zugehörige Bewertung auf .
Dann ist zu einer reellen Zahl durch
ein Betrag auf gegeben (hierbei ist als zu interpretieren).
Die drei ersten Eigenschaften eines Betrages folgen unmittelbar aus grundlegenden Gesetzen, siehe Lemma 27.8 (Grundkurs Mathematik (Osnabrück 2022-2023)) und Lemma 27.9 (Grundkurs Mathematik (Osnabrück 2022-2023)). Die Dreiecksabschätzung folgt aus
Ein Betrag ist genau dann nichtarchimedisch, wenn die Dreiecksabschäzung in der verschärften Form
gilt, siehe Aufgabe 20.9. In Lemma 20.6 wurde mitbewiesen, dass die Beträge, die von einer Bewertung herrühren, nichtarchimedisch sind.
Die gewählte Basis in Lemma 20.6 spielt dabei für die topologischen Eigenschaften des Betrags keine wesentliche Rolle. Um aber ein sinnvolles funktorielles (bezüglich von endlichen Körpererweiterungen) Verhalten zu erhalten, sind verschiedene Normierungen sinnvoll. Die wichtigsten Möglichkeiten sind die folgenden, wobei wir die Notation von Lemma 20.6 übernehmen und wobei die Norm von bezeichnet, also die Anzahl der Elemente im Restklassenkörper .
-
Dies ist wohl der natürlichste Betrag.
wobei den Verzweigungsindex und Trägheitsgrad von über bezeichnet. Diese Normierung besitzt den Vorteil, dass die Einschränkung dieses Betrages auf den nichtarchimedischen Standardbetrag
ergibt, es sich also um eine Ausdehnung eines rationalen Standardbetrages handelt. Mit in , , , ist ja und und somit
Zwischen dem natürlichen Betrag aus (1) und dem Standardbetrag aus (2) besteht somit insbesondere der Zusammenhang
wobei wir eben
setzen. Diese Zahl stimmt mit dem sogenannten lokalen Grad überein.
- Der absolute Betrag ist
Diese Normierung berücksichtigt, dass über dem Primideal aus in mehrere Primideale liegen, die jeweils zu Beträgen in Anlass geben und sich sozusagen der eine standardisierte Betrag auf mehrere Beträge verteilt. Nach Satz 20.4 (Algebraische Zahlentheorie (Osnabrück 2020-2021)) gilt dabei
Somit ist, wieder mit wie oben,
Unter versteht man die Menge bestehend aus dem archimedischen Standardbetrag
und aus den Beträgen zu jeder Primzahl , die durch
gegeben sind.
Es sei ein Zahlkörper. Mit bezeichnet man die Menge der Beträge auf , deren Einschränkung auf mit einem rationalen Standardbetrag übereinstimmt.
Man spricht von den Standardbeträgen auf . Die hat unter jedem Standardbetrag den Wert . Das gleiche gilt für jede Einheit aus dem Ring der ganzen Zahlen zu .
Zu einer endlichen Körpererweiterung und einem Betrag nennt man den Grad der Körpererweiterung der Komplettierungen den lokalen Grad in .
Zu schreibt man auch
wobei den lokalen Grad bezeichnet. Für einen nichtarchimedischen Betrag zu einem Primideal (aus dem Zahlbereich zu ) über ist das Produkt aus Trägheitsgrad, also dem Grad der Körpererweiterung
und dem Verzweigungsindex von
Bei einem archimedischen Betrag ist der lokale Grad im reellen und im komplexen Fall.
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