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Kurs:Elliptische Kurven (Osnabrück 2021-2022)/Vorlesung 19

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In den folgenden Vorlesungen werden wir den Satz von Mordell-Weil beweisen, der besagt, dass zu einer elliptischen Kurve über einem Zahlbereich die Gruppe der -rationalen Punkte eine endlich erzeugte Gruppe ist. Wir zeigen zuerst den sogenannten schwachen Satz von Mordell-Weil, der die Endlichkeit der Restklassengruppe besagt. Mittels Höhenfunktionen werden wir darauf die endliche Erzeugtheit zurückführen können. Zu diesem Zweck müssen wir Bewertungen und Beträge auf Zahlkörpern studieren und die dadurch gegebenen Höhenfunktionen auf dem projektiven Raum und auf elliptischen Kurven verstehen.



Der schwache Satz von Mordell-Weil

Zu einer (additiv geschriebenen) Gruppe bezeichnet die Untergruppe derjenigen Elemente, die das Doppelte eines Elementes sind, die also eine Halbierung besitzen. Im Folgenden wird die Restklassengruppe eine wichtige Rolle spielen. Bei der multiplikativen Gruppe eines Körpers ist dies die Restklassengruppe , also die Gruppe der Einheiten modulo der Quadrate.


Es sei

die Gleichung einer elliptischen Kurve in Zerlegungsform über einem Körper mit . Wir definieren die Abbildung (und entsprechend )

durch



Es sei

die Gleichung einer elliptischen Kurve in Zerlegungsform über einem Körper mit .

Dann ist die Abbildung

ein Gruppenhomomorphismus.

Seien und Punkte auf (für den unendlich fernen Punkt sind kleine Sonderüberlegungen nötig). Es sei eine Gleichung für die Verbindungsgerade zwischen den beiden Punkten bzw. der Tangente. Die Schnittpunkte dieser Geraden mit der Kurve sind durch die Bedingung

gegeben. Dies wird durch und und von der -Koordinate des dritten Schnittpunktes und des Summenpunktes erfüllt. Es ist also

Wenn man darin setzt, so erhält man

also ist

modulo der Quadrate.



Es sei

die Gleichung einer elliptischen Kurve in Zerlegungsform über einem Körper mit .

Dann ist ein Punkt genau dann ein Verdoppelungspunkt auf , also von der Form

mit , wenn die drei Elemente allesamt Quadrate in sind.

Es sei ein fixierter Punkt der Kurve. Mit der verschobenen Variablen

können wir die Gleichung als

schreiben mit den neuen Nullstellen der rechten Seite. Die beiden als äquivalent nachzuweisenden Aussagen des Satzes ändern sich bei dieser Transformation nicht. Wir können also annehmen, dass ist. Es ist somit zu zeigen, dass ein Punkt der Form genau dann eine Halbierung auf der elliptischen Kurve besitzt, wenn Quadrate in sind.

Unter den Gruppenhomomorphismen (siehe Lemma 19.2) wird der Punkt auf abgebildet. Wenn der Punkt eine Halbierung besitzt, so gilt dies auch für den Bildpunkt, und das heißt, dass diese drei Zahlen eine Quadratwurzel besitzen.

Es seien nun umgekehrt Quadrate in und zwar sei

Es ist dann , wir betrachten den positiven Fall, im negativen Fall kann man ein durch ersetzen. Wir behaupten, dass der Punkt mit

und

ein Halbierungspunkt von ist. Dass dieser Punkt zur Kurve gehört wird in Aufgabe 18.9 gezeigt. Für die Gleichung siehe Aufgabe 18.10.



Es sei ein faktorieller Bereich, sein Quotientenkörper und sei

die Gleichung einer elliptischen Kurve in Zerlegungsform über mit . Es sei ein Primelement von , das keines der Elemente teile. Es sei ein Punkt der Kurve. Dann ist die Ordnung von in gerade.

Wir schreiben für die Ordnung eines Elementes , , in . Dies ist die Ordnung von im diskreten Bewertungsring bzw. dessen Quotientenkörper (siehe Aufgabe 2.36 und Aufgabe 2.37). Aufgrund der Kurvengleichung gilt die Ordnungsbeziehung

Es sei zuerst . Dann ist

für überhaupt alle . Somit ist

also sind die gerade. Wir können also

annehmen. Aus würde

folgen im Widerspruch dazu, dass kein Teiler der Differenzen der Nullstellen ist. Also ist . Dann ist aber

also hat wieder gerade Ordnung.


Mit der Hilfe von Lemma 19.4 können wir im Zahlkörperfall das Bild von in besser eingrenzen. Hierfür sind zwei Hauptergebnisse zu der algebraischen Zahlentheorie entscheidend, nämlich die Endlichkeit der Klassengruppe und der Dirichletsche Einheitensatz.



Es sei

die Gleichung einer elliptischen Kurve in Zerlegungsform über einem Zahlkörper mit .

Dann gibt es einen faktoriellen Bereich mit den folgenden Eigenschaften.

  1. Es ist .
  2. Es ist .
  3. Die Einheitengruppe ist endlich erzeugt.
  4. Zu jedem Punkt besitzt eine Darstellung mit .

Wir starten mit dem Ganzheitsring von , sodass (1) direkt erfüllt ist. Nach Satz 26.6 (Algebraische Zahlentheorie (Osnabrück 2020-2021)) ist die Klassengruppe von endlich, deshalb gibt es eine Nenneraufnahme an einem Element derart, dass faktoriell ist. Durch eine weitere Nenneraufnahme am Hauptnenner der erreichen wir (2) und durch eine weitere Nenneraufnahme an einem Element erreichen wir, dass die Primteiler von für Einheiten im Ring werden. Diese Nenneraufnahme nennen wir . Es ist

in mit und gewissen Primelementen aus und Exponenten aus . Nach Lemma 19.4 sind diese Exponenten aber gerade, also ist (4) erfüllt. Die Eigenschaft (3) folgt aus Satz 28.7 (Algebraische Zahlentheorie (Osnabrück 2020-2021)) in der Version Aufgabe 28.30 (Algebraische Zahlentheorie (Osnabrück 2020-2021)).



Es sei

die Gleichung einer elliptischen Kurve in Zerlegungsform über einem Zahlkörper mit . Dann besitzt die Abbildung

mit wie in Definition 19.1 folgende Eigenschaften.

  1. ist ein Gruppenhomomorphismus.
  2. Der Kern von ist .
  3. Das Bild von ist endlich.
  1. Dies folgt aus Lemma 19.2.
  2. Es sei . Bei sind beide Seiten der Aussage erfüllt. Es sei also . Nach Satz 19.3 ist genau dann ein Verdoppelungspunkt auf der Kurve, wenn alle Quadrate in sind. Dies ist bei direkt die Behauptung. Bei ist

    und sowohl die Kernbedingung als auch die Halbierungsbedingung aus Satz 19.3 sind genau dann erfüllt, wenn und Quadrate sind.

  3. Nach Lemma 19.5 wird jedes Element des Bildes von einer endlich erzeugten Gruppe repräsentiert. Da eine Torsionsgruppe ist, ist das Bild endlich.



Es sei eine elliptische Kurve über einem Körper und es sei eine Galoiserweiterung. Es sei endlich.

Dann ist auch endlich.

Wir zeigen, dass der Kern der natürlichen Abbildung

endlich ist, woraus die Behauptung folgt. Es sei die Untergruppe der Torsionselemente zur Ordnung , die nach Korollar 18.4 endlich ist und es sei die Galoisgruppe von über . Es sei , repräsentiert durch . Nach Voraussetzung ist in das Doppelte eines Punktes . Wir wählen zu jedem einen solchen Punkt und definieren damit die Abbildung

wobei wir die zu gehörigen Automorphismen auf der Kurve betrachten, siehe Aufgabe 13.27. Wir behaupten, dass die Zuordnung

injektiv ist. Es seien also , repräsentiert von und mit Halbierungspunkten . Die Gleichheit bedeutet

für alle . Dies bedeutet nach Aufgabe 13.28

für alle . D.h., dass invariant unter der Galoisgruppe ist und daher gemäß Aufgabe 13.25 zu gehört. Also ist

und somit ist in . Wegen der Endlichkeit der Abbildungsmenge zwischen den endlichen Mengen und ist auch endlich.


Der folgende Satz heißt der schwache Satz von Mordell-Weil.


Es sei eine elliptische Kurve über einem Zahlkörper .

Dann ist endlich.

Es sei

eine kurze Weierstraßgleichung für über . Das Polynom besitzt in einer endlichen Galoiserweiterung (siehe Lemma 11.5 (Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019)) und Satz 16.6 (Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2018-2019))) drei Nullstellen. Nach Lemma 19.7 können wir die Endlichkeit über nachweisen, d.h. wir können davon ausgehen, dass die Gleichung in der Form

vorliegt. Den neuen Körper nennen wir wieder . Nach Lemma 19.6 ist

endlich.


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Arbeitsblatt zur Vorlesung (PDF)