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Kurs:Invariantentheorie (Osnabrück 2012-2013)/Vorlesung 25

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Zur Berechnung der Invariantenringe

Wir möchten nun die Invariantenringe zu den zuvor klassifizierten Untergruppen der speziellen linearen Gruppe in der Dimension zwei berechnen. Eine typische Besonderheit der speziellen Quotientensingularitäten in der Dimension zwei ist, dass sie sich mit einer einzigen Gleichung beschreiben lassen. Diese Gleichungen wollen wir im Folgenden bestimmen.



Es sei eine endliche Untergruppe mit ihrer natürlichen Operation auf dem Polynomring . Es sei die zugehörige Untergruppe von und es sei eine Bahn zur Operation von auf der Sphäre , die wir auch mit der komplex-projektiven Geraden und der Menge der eindimensionalen Untervektorräume in identifizieren. Dann gelten folgende Aussagen.

  1. Zur Klasse mit den darin enthaltenen Punkten (in )

    ist das Polynom

    - semiinvariant.

  2. Insbesondere ist zu einer Halbachsenklasse

    das Polynom

    - semiinvariant.

  3. Wenn ein homogenes, - semiinvariantes Polynom mit der Faktorzerlegung

    ist, und wenn einer dieser (Nullstellen)-Punkte ist, so ist auch für ein solcher Punkt.

(1). Für ist

Wir wissen, dass projektiv betrachtet gleich einem der Punkte, sagen wir gleich , ist. Dies bedeutet, dass und den gleichen eindimensionalen Untervektorraum von definieren, und daher ist

mit einem gewissen . Da dies für jedes gilt, und da die Wirkung von auf der zugrunde liegenden Punktmenge bijektiv ist, also in die (bis auf Streckung) gleichen Linearfaktoren wie in vorkommen, gilt

mit einem . Wir betrachten die Zuordnung

Dies ist ein Charakter, wie man sieht, wenn man das Verhalten der einzelnen Faktoren betrachtet. Daher ist eine Semiinvariante.
(2) ist ein Spezialfall von (1).
(3). Da semiinvariant ist, ist insbesondere sein Nullstellengebilde, also die Vereinigung der Geraden zu den beteiligten Linearformen, invariant. Das Bild einer solchen Geraden unter muss also eine der Geraden sein. Die Gleichheit von Geraden bedeutet aber, dass ihre zugehörigen Punkte auf der projektiven Gerade übereinstimmen.


Die (Semi)-Invarianten zu den Halbachsenklassen sind besonders wichtig, da sie einen vergleichsweise kleinen Grad besitzen und häufig ein Algebraerzeugendensystem des Invariantenringes bilden.

Satz 25.1 liefert die Grundlage zur Bestimmung der Invariantenringe unter den natürlichen Operationen der endlichen Untergruppen der . Insbesondere erlaubt dieser Satz folgende Strategie: Wenn gar keine nichttrivialen Charaktere besitzt, so sind die im Satz konstruierten Semiinvarianten sogar Invarianten. Andernfalls gibt es einen nichttrivialen Charakter und damit einen surjektiven Gruppenhomomorphismus

mit . Der Kern ist eine echte Untergruppe von und kommt ebenfalls in der Liste aus Satz 24.4 vor, besitzt aber eine kleinere Ordnung. Da ein Normalteiler in ist, können wir den Invariantenring zu aus dem Invariantenring zu mittels Proposition 5.1  (3) ausrechnen.




Die Invariantenringe der zyklischen und der binären Diedergruppe

Der Invariantenring zur Operation der zyklischen Gruppe

wobei eine primitive -te Einheitswurzel bezeichnet, wurde bereits in Beispiel 7.13 bestimmt. Es ist

Diese Ringe nennt man -Singularitäten (man beachte die Indizierung)! Darauf aufbauend können wir den Invariantenring zu den binären Diedergruppen bestimmen.


Es sei und es sei ein Körper der Charakteristik , der eine vierte primitive Einheitswurzel und eine -te primitive Einheitswurzel enthalte. Wir betrachten die von den Matrizen

erzeugte Untergruppe (die man auch als bezeichnet) der mit ihrer natürlichen Operation auf . Es sei die von erzeugte zyklische Untergruppe der Ordnung . Da die Ordnung besitzt, ist ein Normalteiler in . Daher können wir mit Hilfe von Proposition 5.1  (3) und Beispiel 7.13 den Invariantenring ausrechnen. Es ist ja

Die Operation des nichttrivialen Elementes aus auf diesem Invariantenring wird durch die Operation von auf repräsentiert. Sie ist also durch und gegeben und induziert

wobei ist, je nachdem, ob gerade oder ungerade ist.

Durch diese Operation ist -graduiert. Bei gerade sind

invariante Polynome (bei ungerade ) und und sind semiinvariante Polynome. Mittels und lässt sich für jedes Monom die homogene Zerlegung bezüglich dieser Graduierung angeben (wegen kann diese Invariante durch die anderen ausgedrückt werden). Deshalb bilden ein Algebraerzeugendensystem des Invariantenringes

Es besteht die Relation

Da das Polynom

irreduzibel ist, und der Invariantenring zweidimensional sein muss, ist

Unter schwachen Bedingungen an den Körper ist dieser Ring isomorph zu


Man spricht von den -Singularitäten (man beachte die Indizierung). Nach Aufgabe 25.9 ist isomorph zu , also

so dass man diese -Liste bei beginnen lässt. In den ursprünglichen Variablen und sind

ein Algebraerzeugendensystem aus invarianten Polynomen. In Charakteristik kann man die Gleichung, also in transformieren.



Die Invarianten der binären Tetraedergruppe

Die binäre Diedergruppe ist ein Normalteiler in der binären Tetraedergruppe . Die Untergruppenbeziehung kann man direkt aus den expliziten Beschreibungen

(wobei eine primitive achte Einheitswurzel ist) ablesen.



Wir wollen den Invariantenring zur binären Tetraedergruppe berechnen, die auf dem Polynomring operiert. Wir verwenden den Normalteiler . Der Invariantenring wird nach Beispiel 25.3 von

erzeugt mit der Relation

Auf diesem Invariantenring wirkt die Restklassengruppe , wobei das nichttriviale Element (die ) durch

repräsentiert wird. Diese Matrix schickt auf und auf . Daher ist

und

und damit

Ferner wird auf

geschickt. Das Element wird auf

also auf sich selbst geschickt. Neben

sind, wie man direkt nachrechnet, auch

und

invariant. Wegen

einerseits und

andererseits haben wir zwischen diesen Invarianten die Relation

Mit und liegt also die Relation

vor.

Wir müssen noch zeigen, dass damit alle Invarianten erfasst sind, dass also der Invariantenring von erzeugt wird. Dazu lassen wir uns davon leiten, dass eine Operation der vorliegt, die von einer - Graduierung herrühren muss. Nach Korollar 7.11 ist der Invariantenring gleich dem Ring der neutralen Stufe, der häufig einfacher zu bestimmen ist. Wie oben berechnet, wirkt der Erzeuger der Gruppe durch und . Durch Diagonalisierung dieser Matrix erhält man, dass

und

Eigenvektoren zu den Eigenwerten bzw. sind, die dritte Einheitswurzeln sind. Wegen

und

kann man die definierende Gleichung (des Invariantenringes zu ) in den Variablen als

Wir können also davon ausgehen, dass der Ring

vorliegt, der -graduiert ist, wobei den Grad , den Grad und den Grad bekommt. Die definierende Gleichung besitzt den Grad . Der Ring der nullten Stufe wird offenbar von erzeugt. Für die oben gefundenen invarianten Polynome gilt

und

Mit Hilfe der Relation kann man (und ) als Linearkombination von ausdrücken. Daher sind dies Algebraerzeuger des Invariantenrings und dieser ist zu

isomorph. Man spricht von der -Singularität.




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