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Kurs:Körper- und Galoistheorie (Osnabrück 2011)/Vorlesung 4

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In dieser und der nächsten Vorlesung werden wir uns mit Gruppentheorie, insbesondere mit Restklassenbildung, beschäftigen. Zum einen ist die Restklassenbildung für uns wichtig, um zu einem Ideal den Restklassenring zu konstruieren. Diese Konstuktion ist entscheidend, um die dritte zu Beginn der letzten Vorlesung gestellte Frage beantworten zu können. Zum andern treten Gruppen als Galoisgruppen von Körpererweiterungen auf, und die Korrespondenz zwischen Untergruppen der Galoisgruppe und Zwischenkörpern ist der Hauptgegenstand der Galoistheorie. Um unser hauptsächliches Interesse, die Körper- und Galoistheorie, nicht zu lange aus dem Blick zu verlieren, werden wir uns hier bei den ohnehin einfachen Beweisen kurz halten. Ähnliche Argumente sind von der linearen Algebra bekannt.



Gruppenhomomorphismen

Es seien und Gruppen. Eine Abbildung

heißt Gruppenhomomorphismus, wenn die Gleichheit

für alle gilt.

Die Menge der Gruppenhomomorphismen von nach wird mit

bezeichnet. Aus der linearen Algebra sind vermutlich die linearen Abbildungen zwischen Vektorräumen bekannt, welche insbesondere Gruppenhomomorphismen sind, darüber hinaus aber auch noch mit der skalaren Multiplikation verträglich sind. Die folgenden beiden Lemmata folgen direkt aus der Definition.


Es seien und Gruppen und sei ein Gruppenhomomorphismus.

Dann ist und für jedes .

Beweis

Siehe Aufgabe 4.1.



Es seien Gruppen. Dann gelten folgende Eigenschaften.

  1. Die Identität

    ist ein Gruppenhomomorphismus.

  2. Sind und Gruppenhomomorphismen, so ist auch die Hintereinanderschaltung ein Gruppenhomomorphismus.
  3. Ist eine Untergruppe, so ist die Inklusion ein Gruppenhomomorphismus.
  4. Es sei die triviale Gruppe. Dann ist die Abbildung , die auf schickt, ein Gruppenhomomorphismus. Ebenso ist die (konstante) Abbildung ein Gruppenhomomorphismus.

Beweis

Das ist trivial.



Es sei eine Gruppe.

Dann entsprechen sich eindeutig Gruppenelemente und Gruppenhomomorphismen von nach über die Korrespondenz

Beweis

Siehe Aufgabe 4.2.


Man kann den Inhalt dieses Lemmas auch kurz durch ausdrücken. Die Gruppenhomomorphismen von einer Gruppe nach sind schwieriger zu charakterisieren. Die Gruppenhomomorphismen von nach sind die Multiplikationen mit einer festen ganzen Zahl , also



Gruppenisomorphismen

Es seien und Gruppen. Einen bijektiven Gruppenhomomorphismus

nennt man einen Isomorphismus (oder eine Isomorphie).



Es seien und Gruppen und sei

ein Gruppenisomorphismus.

Dann ist auch die Umkehrabbildung

ein Gruppenisomorphismus.

Beweis

Siehe Aufgabe 4.3.


Isomorphe Gruppen sind bezüglich ihrer gruppentheoretischen Eigenschaften als gleich anzusehen. Isomorphismen einer Gruppe auf sich selbst nennt man auch Automorphismen. Wichtige Beispiele für Automorphismen sind die sogenannten inneren Automorphismen, siehe die nächste Vorlesung.



Der Kern eines Gruppenhomomorphismus

Es seien und Gruppen und sei

ein Gruppenhomomorphismus. Dann nennt man das Urbild des neutralen Elementes den Kern von , geschrieben



Es seien und Gruppen und sei

ein Gruppenhomomorphismus.

Dann ist der Kern von eine Untergruppe von .

Wegen ist . Seien . Dann ist

und daher ist auch . Der Kern ist also ein Untermonoid. Es sei nun und betrachte das inverse Element . Nach Lemma 4.2 ist

also auch .




Es seien und Gruppen.

Ein Gruppenhomomorphismus ist genau dann injektiv, wenn der Kern von trivial ist.

Wenn injektiv ist, so darf auf jedes Element höchstens ein Element aus gehen. Da auf geschickt wird, darf kein weiteres Element auf gehen, d.h. . Es sei umgekehrt dies der Fall und sei angenommen, dass beide auf geschickt werden. Dann ist

und damit ist , also nach Voraussetzung und damit .



Nebenklassen

Es sei eine Gruppe und eine Untergruppe. Wir setzen (und sagen, dass und äquivalent sind) wenn .

Dies ist in der Tat eine Äquivalenzrelation: Aus folgt, dass diese Relation reflexiv ist. Aus folgt sofort und aus und folgt .


Es sei eine Gruppe und eine Untergruppe. Dann heißt zu jedem die Teilmenge

die Linksnebenklasse von in bezüglich . Jede Teilmenge von dieser Form heißt Linksnebenklasse. Entsprechend heißt eine Menge der Form

Rechtsnebenklasse (zu ).

Die Äquivalenzklassen zu der oben definierten Äquivalenzrelation sind wegen

genau die Linksnebenklassen. Die Linksnebenklassen bilden somit eine disjunkte Zerlegung (eine Partition) von . Dies gilt ebenso für die Rechtsnebenklassen. Im kommutativen Fall muss man nicht zwischen Links- und Rechtsnebenklassen unterscheiden.


Es sei eine Gruppe und eine Untergruppe. Es seien Elemente.

Dann sind folgende Aussagen äquivalent.

  1. .
  2. .
  3. .
  4. .
  5. .
  6. .
  7. .

Die Äquivalenz von und (und die von und ) folgt aus Multiplikation mit bzw. mit . Die Äquivalenz von und folgt durch Übergang zum Inversen. Aus folgt wegen . Wenn erfüllt ist, so bedeutet das mit gewissen . Damit ist und ist erfüllt. (4) und (6) sind nach Definition 4.10 äquivalent. Da die Linksnebenklassen die Äquivalenzklassen sind, ergibt sich die Äquivalenz von (5) und (7).



Gruppenordnung und Elementordnung

Zu einer endlichen Gruppe bezeichnet man die Anzahl ihrer Elemente als Gruppenordnung oder als die Ordnung der Gruppe, geschrieben


Es sei eine Gruppe und ein Element. Dann nennt man die kleinste positive Zahl mit die Ordnung von . Man schreibt hierfür . Wenn alle positiven Potenzen von vom neutralen Element verschieden sind, so setzt man .



Es sei eine endliche Gruppe.

Dann besitzt jedes Element eine endliche Ordnung.

Die Potenzen

sind alle verschieden.

Beweis

Siehe Aufgabe 4.9.




Der Satz von Lagrange



Es sei eine endliche Gruppe und eine Untergruppe von .

Dann ist ihre Kardinalität ein Teiler von .

Betrachte die Linksnebenklassen für sämtliche . Es ist

eine Bijektion zwischen und , sodass alle Nebenklassen gleich groß sind (und zwar Elemente haben). Die Nebenklassen bilden (als Äquivalenzklassen) zusammen eine Zerlegung von , sodass ein Vielfaches von sein muss.



Es sei eine endliche Gruppe und sei ein Element.

Dann teilt die Ordnung von die Gruppenordnung.

Es sei die von erzeugte Untergruppe. Nach Lemma 4.15 ist

Daher teilt diese Zahl nach Satz 4.16 die Gruppenordnung von .



Zu einer Untergruppe heißt die Anzahl der (Links- oder Rechts--)Nebenklassen der Index von in , geschrieben

In der vorstehenden Definition ist Anzahl im Allgemeinen als die Mächtigkeit einer Menge zu verstehen. Der Index wird aber hauptsächlich dann verwendet, wenn er endlich ist, wenn es also nur endlich viele Nebenklassen gibt. Das ist bei endlichem automatisch der Fall, kann aber auch bei unendlichem der Fall sein, wie schon die Beispiele , , zeigen. Wenn eine endliche Gruppe ist und eine Untergruppe, so gilt aufgrund des Satzes von Lagrange die einfache Indexformel


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