Zum Inhalt springen

Kurs:Elemente der Algebra (Osnabrück 2015)/Vorlesung 23

Aus Wikiversity



Weiteres zum Minimalpolynom



Es sei eine Körpererweiterung und sei ein algebraisches Element. Es sei das Minimalpolynom von .

Dann gibt es eine kanonische - Algebraisomorphie

Die Einsetzung ergibt nach Satz 13.7 den kanonischen -Algebrahomomorphismus

Das Bild davon ist genau , sodass ein surjektiver -Algebrahomomorphismus

vorliegt. Daher gibt es nach Korollar 14.5 eine Isomorphie zwischen und dem Restklassenring von modulo dem Kern der Abbildung. Der Kern ist aber nach Lemma 22.11 das vom Minimalpolynom erzeugte Hauptideal.



Es sei eine Körpererweiterung und sei ein algebraisches Element. Dann gelten folgende Aussagen.

  1. Das Minimalpolynom von über ist irreduzibel.
  2. Wenn ein normiertes, irreduzibles Polynom mit ist, so handelt es sich um das Minimalpolynom.
  1. Es sei eine Faktorzerlegung des Minimalpolynoms. Dann gilt in die Beziehung

    Da ein Körper ist, muss ein Faktor sein, sagen wir . Da aber unter allen Polynomen , die annullieren, den minimalen Grad besitzt, müssen und den gleichen Grad besitzen und folglich muss konstant (), also eine Einheit sein.

  2. Wegen ist aufgrund von Lemma 22.11 ein Vielfaches des Minimalpolynoms , sagen wir . Da nach Voraussetzung irreduzibel ist, und da zumindest den Grad besitzt, muss konstant sein. Da schließlich sowohl  als auch normiert sind, ist .




Algebraische Körpererweiterung



Es sei eine Körpererweiterung und sei ein Element. Dann sind folgende Aussagen äquivalent.

  1. ist algebraisch über .
  2. Es gibt ein normiertes Polynom  mit .
  3. Es besteht eine lineare Abhängigkeit zwischen den Potenzen
  4. Die von über erzeugte -Algebra hat endliche -Dimension.
  5. liegt in einer endlichdimensionalen -Algebra .

. Das ist trivial, da man ein von verschiedenes Polynom stets normieren kann, indem man durch den Leitkoeffizienten dividiert. . Nach (2) gibt es ein Polynom , , mit . Sei . Dann ist

eine lineare Abhängigkeit zwischen den Potenzen. . Umgekehrt bedeutet die lineare Abhängigkeit, dass es Elemente gibt, die nicht alle sind mit . Dies ist aber die Einsetzung für das Polynom , und dieses ist nicht das Nullpolynom. . Sei

ein normiertes Polynom mit , also mit

Dann kann man umstellen

D.h. kann man durch kleinere Potenzen ausdrücken. Durch Multiplikation dieser Gleichung mit weiteren Potenzen von ergibt sich, dass man auch die höheren Potenzen durch die Potenzen , , ausdrücken kann. . Das ist trivial. . Wenn in einer endlichdimensionalen Algebra liegt, so liegen darin auch alle Potenzen von . Da es in einem endlichdimensionalen Vektorraum keine unendliche Folge von linear unabhängigen Elementen geben kann, müssen diese Potenzen linear abhängig sein.



Es sei eine Körpererweiterung und sei ein algebraisches Element.

Dann ist die von erzeugte -Algebra ein Körper.

Nach Satz 23.1 liegt eine - Algebraisomorphie vor, wobei das Minimalpolynom zu ist. Nach Lemma 23.2  (2) ist irreduzibel, sodass wegen Satz 15.1 der Restklassenring ein Körper ist.



Es sei eine Körpererweiterung und sei ein algebraisches Element.

Dann stimmen die von über erzeugte Unteralgebra und der von über erzeugte Unterkörper überein.

Es gilt also .

Die Inklusion gilt immer, und nach Voraussetzung ist der Unterring aufgrund von Satz 23.4 schon ein Körper.


Es sei ein Körper, ein irreduzibles Polynom und die zugehörige Körpererweiterung. Dann kann man zu , , (mit ) auf folgende Art das Inverse bestimmen. Es sind und teilerfremde Polynome in und daher gibt es nach Satz 8.3 und Korollar 8.6 eine Darstellung der , die man mit Hilfe des euklidischen Algorithmus finden kann. Wenn ist, so ist die Restklasse von , also , das Inverse zu .



Algebraischer Abschluss

Es sei eine Körpererweiterung. Dann nennt man die Menge

den algebraischen Abschluss von in .



Es sei eine Körpererweiterung und sei der algebraische Abschluss von in .

Dann ist ein Unterkörper von .

Wir müssen zeigen, dass bezüglich der Addition, der Multiplikation, des Negativen und des Inversen abgeschlossen ist. Seien . Wir betrachten die von und erzeugte -Unteralgebra , die aus allen -Linearkombinationen der , , besteht. Da sowohl  als auch algebraisch sind, kann man nach Satz 23.3 gewisse Potenzen und durch kleinere Potenzen ersetzen. Daher kann man alle Linearkombinationen mit den Monomen , , , ausdrücken. D.h. alle Operationen spielen sich in dieser endlichdimensionalen Unteralgebra ab. Daher sind Summe, Produkt und das Negative nach Satz 23.3 wieder algebraisch. Für das Inverse sei algebraisch. Dann ist nach Satz 23.4 ein Körper von endlicher Dimension. Daher ist selbst algebraisch.



Algebraische Zahlen

Die über den rationalen Zahlen algebraischen komplexen Zahlen erhalten einen speziellen Namen.


Eine komplexe Zahl heißt algebraisch oder algebraische Zahl, wenn sie algebraisch über den rationalen Zahlen ist. Andernfalls heißt sie transzendent.

Die Menge der algebraischen Zahlen wird mit bezeichnet.


Eine komplexe Zahl ist genau dann algebraisch, wenn es ein von verschiedenes Polynom mit rationalen Koeffizienten und mit gibt. Durch Multiplikation mit einem Hauptnenner kann man für eine algebraische Zahl auch ein annullierendes Polynom mit ganzzahligen Koeffizienten finden (das allerdings nicht mehr normiert ist). Eine rationale Zahl ist trivialerweise algebraisch, da sie Nullstelle des linearen rationalen Polynoms ist. Weiterhin sind die reellen Zahlen und für algebraisch. Dagegen sind die Zahlen und nicht algebraisch. Diese Aussagen sind keineswegs selbstverständlich, die Transzendenz von wurde beispielsweise von Ferdinand von Lindemann 1882 gezeigt.


<< | Kurs:Elemente der Algebra (Osnabrück 2015) | >>

PDF-Version dieser Vorlesung

Arbeitsblatt zur Vorlesung (PDF)